Scheindebatte
Text
Dominik Leitner
Ausgabe
Der Politologe Werner T. Bauer ist studierter Ethnologe und bei der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung beschäftigt. Im Vorjahr legte er seine Studie „Der Islam in Österreich“ vor.
Wie ist Ihre Einschätzung zum aktuell debattierten Neutralitätsgebot?
Generell ist die Debatte komplex, auch aus juristischen Gründen. Das sieht man etwa in Frankreich oder Deutschland bei den dortigen Kopftuch- und Burkaverboten. Grundsätzlich sollte man unterscheiden zwischen religiösen Symbolen, wie dem Kreuz oder dem Davidstern, und zwischen Kleidungsstücken wie Niqab, Burka und Kopftuch, die vor allem symbolisch aufgeladen sind.
Was halten Sie von den in Diskussion stehenden Verboten?
Das Grundproblem ist auf der einen Seite, dass ein Verbot von Kleidungsstücken im Widerspruch zu unserer freiheitlich, demokratischen Rechtsordnung steht. Im Moment wird deshalb versucht Kleidungsvorschriften etwa durch Vermummungsverbote im öffentlichen Raum umzusetzen. Was aber geht und was ein Staat kann und vielleicht auch soll, ist zu beschließen, dass staatliche Bedienstete nach außen hin neutral aufzutreten haben. Es ist aber auch unter Experten – denkt man etwa an ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen – umstritten wie weit man dabei gehen soll.
Wird beim Thema Schule das Kopftuch der Lehrerin und das Kreuz an der Wand unterschiedlich bewertet?
Die Frage, was Kreuze in Schulen verloren haben, kann man stellen. Was das Kopftuch angeht, begibt man sich mit Verboten jedenfalls auf gefährliches Terrain. Ein Beispiel: Wenn im ländlichen Raum eine Lehrerin im Dirndl unterrichten möchte, Eltern aus einer urbanen Region damit, wegen der symbolischen Bedeutung der Tracht, aber ein Problem haben, sollte man es dann verbieten? Im Grunde geht es um das Terrain zwischen Selbstbestimmung und öffentlich gezeigter Neutralität, Entscheidungen sollten wahrscheinlich im Einzelfall getroffen werden. Die Tendenz, alles regeln zu wollen, ist in diesem Bereich fehl am Platz.
Die Debatte dreht sich derzeit auch um Richter und Polizisten, deren Bekleidung aber ohnehin bereits geregelt ist. Fehlt die Tiefe in der Diskussion?
Wie fast alles in Österreich ist es vor allem eine populistische Scheindebatte, um gewisse Boulevardmedien zufrieden zu stellen, beziehungsweise gewissen politischen Parteien den Wind aus den Segeln zu nehmen. Eine wirklich intellektuell fundierte Debatte wird nicht geführt. Mit Verboten löst man Probleme in diesem Bereich jedenfalls nicht. Man sollte eine gewisse Wachsamkeit walten lassen, sich dabei aber nicht auf Äußerlichkeiten beschränken.
Generell ist die Debatte komplex, auch aus juristischen Gründen. Das sieht man etwa in Frankreich oder Deutschland bei den dortigen Kopftuch- und Burkaverboten. Grundsätzlich sollte man unterscheiden zwischen religiösen Symbolen, wie dem Kreuz oder dem Davidstern, und zwischen Kleidungsstücken wie Niqab, Burka und Kopftuch, die vor allem symbolisch aufgeladen sind.
Was halten Sie von den in Diskussion stehenden Verboten?
Das Grundproblem ist auf der einen Seite, dass ein Verbot von Kleidungsstücken im Widerspruch zu unserer freiheitlich, demokratischen Rechtsordnung steht. Im Moment wird deshalb versucht Kleidungsvorschriften etwa durch Vermummungsverbote im öffentlichen Raum umzusetzen. Was aber geht und was ein Staat kann und vielleicht auch soll, ist zu beschließen, dass staatliche Bedienstete nach außen hin neutral aufzutreten haben. Es ist aber auch unter Experten – denkt man etwa an ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen – umstritten wie weit man dabei gehen soll.
Wird beim Thema Schule das Kopftuch der Lehrerin und das Kreuz an der Wand unterschiedlich bewertet?
Die Frage, was Kreuze in Schulen verloren haben, kann man stellen. Was das Kopftuch angeht, begibt man sich mit Verboten jedenfalls auf gefährliches Terrain. Ein Beispiel: Wenn im ländlichen Raum eine Lehrerin im Dirndl unterrichten möchte, Eltern aus einer urbanen Region damit, wegen der symbolischen Bedeutung der Tracht, aber ein Problem haben, sollte man es dann verbieten? Im Grunde geht es um das Terrain zwischen Selbstbestimmung und öffentlich gezeigter Neutralität, Entscheidungen sollten wahrscheinlich im Einzelfall getroffen werden. Die Tendenz, alles regeln zu wollen, ist in diesem Bereich fehl am Platz.
Die Debatte dreht sich derzeit auch um Richter und Polizisten, deren Bekleidung aber ohnehin bereits geregelt ist. Fehlt die Tiefe in der Diskussion?
Wie fast alles in Österreich ist es vor allem eine populistische Scheindebatte, um gewisse Boulevardmedien zufrieden zu stellen, beziehungsweise gewissen politischen Parteien den Wind aus den Segeln zu nehmen. Eine wirklich intellektuell fundierte Debatte wird nicht geführt. Mit Verboten löst man Probleme in diesem Bereich jedenfalls nicht. Man sollte eine gewisse Wachsamkeit walten lassen, sich dabei aber nicht auf Äußerlichkeiten beschränken.