In was für einer Stadt leben wir eigentlich...
Text
Johannes Reichl
Ausgabe
… in der der Bürgermeister mittlerweile für alles persönlich verantwortlich ist, zumindest wenn es nach der ÖVP geht, die Stadlers Machtentfaltung sonst ja eher skeptisch gegenüber steht. So deckte man per Presseaussendung gnadenlos auf: „4.000 Stadtteil-Bewohner ohne Bankomat, SPÖ Stadler sieht tatenlos zu.“ Tatsächlich war im leidgeprüften Stattersdorf die letzte Bankfiliale samt Bankomt geschlossen worden – seither soll der Zahlungsverkehr dort komplett zusammengebrochen sein. Und der Bürgermeister hatte sich nicht aktionistisch an den letzten Geldautomaten gekettet, er konnte offensichtlich auch nicht das Bankinstitut vom Bankomatmord abhalten – und das, obwohl er Bürgermeister ist! Dank des Hinweises der Stadtschwarzen sind nun übrigens neue Begehrlichkeiten in Stattersdorf aufgetaucht. So fordert die Bevölkerung vom Bürgermeister höchstpersönlich u. a. die Wiederbelebung des Fußballvereins, die Wiederinbetriebnahme der 1878 geschlossenen Schraubenfabrik und manch Schwerenöter auch eine Rückkehr der Pussycat-Bar – für deren Absiedlung war tatsächlich der Bürgermeister verantwortlich gewesen. Aussendung seitens der ÖVP wurde damals keine gemacht.
… in der St. Pöltens längst dienende Discothek, der Club Maquie in Pottenbrunn, sanft entschlafen ist. Über 30 Jahre existierte die Institution, die in der Regel erst nach Mitternacht nachhaltig zu Leben erwachte und gleich mehreren Generationen von St. Pöltner Nachtschwärmern ein spät- bzw. frühzeitiges Zuhause gab. Der Weg nach Pottenbrunn stellte dabei selten ein Problem dar – die Rückkehr schon eher, wobei ohnedies manch Gast sanft vorort entschlummerte. Der Dancefloor wurde in all den Jahren von tanzwütigen Kids bevölkert, die sich wechselnden Stilen hingaben. Dennoch behielt sich die vermeintliche „Bauerndisco“ doch immer – vielleicht auch nur in der Illusion – den matten Abglanz der großen 80er Disco-Ära und wirkte deshalb ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Das nunmehrige Schließen erscheint wie das Verscheuchen eines Gespenstes. Das stimmt ein wenig melancholisch, denn was vorerst an Tanzlokalen in der Stadt übrig bleibt, fällt in die Kategorie Discostadl mit Aprés-Ski-Charme – nicht dass das schlecht wäre, aber der Coolnessfaktor in der Diktion FALCOS „wer sich an die 80er erinnert, war nicht dabei“ ist endgültig Geschichte.
… in der es zu einer „Zwangsbeglückung“ der Betriebe kommt. So soll das NÖ Abfallwirtschaftsgesetz dahingehend novelliert werden, dass fortan auch Unternehmen Restmüll in die öffentlichen Abfallverbände einbringen müssen – Stichwort Andienungspflicht, und zwar im Ausmaß von mindestens 3.120 Litern pro Jahr. Dies wird rund 200 Euro Kosten verursachen. Um die geht es vielen Unternehmen vordergründig aber gar nicht, sondern v. a. um den damit verbundenen bürokratischen Aufwand, wie etwa IV-NÖ Präsident Thomas Salzer moniert: „Ein Bereich, der funktioniert, wird mutwillig aufgeschnürt. Viele Betriebe haben ein eigenes, gut funktionierendes Müllsystem mit Privaten, das sie jetzt adaptieren müssen.“ Wieder eine neue Hürde, anstatt Entlastung.
„Viel wichtiger wäre, die Tausenden Regelungen im Steuerrecht, in der Lohnverrechnung, beim Arbeitnehmerschutz etc. mit Sachverstand zu entrümpeln!“
Den kommunalen Abfallverbänden, die gern das Liberalisierungsgespenst an die Wand malen, wirds egal sein. Sie haben damit eine fixe zusätzliche Einnahmequelle und Auslastung erschlossen. Ihr Argument: Sicherung des öffentlichen Abfallsystems. Zwangsweise.
„Viel wichtiger wäre, die Tausenden Regelungen im Steuerrecht, in der Lohnverrechnung, beim Arbeitnehmerschutz etc. mit Sachverstand zu entrümpeln!“
Den kommunalen Abfallverbänden, die gern das Liberalisierungsgespenst an die Wand malen, wirds egal sein. Sie haben damit eine fixe zusätzliche Einnahmequelle und Auslastung erschlossen. Ihr Argument: Sicherung des öffentlichen Abfallsystems. Zwangsweise.