DIE MAUERN NIEDER – mehr Gerechtigkeit für St. Pölten?
Text
Georg Renner
Ausgabe
GEORG RENNER
Der Wilhelmsburger ist ab Juli Journalist bei „Quo vadis veritas“.
Der Wilhelmsburger ist ab Juli Journalist bei „Quo vadis veritas“.
Wie eng Pragmatik und Absurdität in der Kommunalpolitik zusammenliegen.
Wenn in der Politik die Rede von „Kooperation“ zwischen zwei Ebenen ist, geht es grundsätzlich v. a. einmal um Geld. Um viel Geld meistens, aus Steuern, natürlich.
Das ist bei der „neuen Zusammenarbeit“ zwischen Land und Landeshauptstadt, die die neue Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und gerade nicht mehr-Landes-SPÖ-Chef Matthias Stadler vor kurzem präsentiert haben, nicht anders: Niederösterreich beteiligt sich an Landestheater und FH, lässt Geld für die Erneuerung von Domplatz, Sommerbad und VAZ springen und die Wirtschaftsagentur des Landes soll künftig auch in St. Pölten tätig werden dürfen – insgesamt geht es um zweistellige Millionenbeträge. Dazu kommen 3,5 Millionen Euro, die das Land St. Pölten als „Bedarfszuweisungen“ zur Verfügung stellt – eine Arbeitsgruppe soll klären, welche Projekte davon profitieren.
Das ganze Paket zeigt ziemlich gut, zwischen welchen Extremen Landes- und Kommunalpolitik schwanken: Viele der Maßnahmen sind grundvernünftig, etwa die ecoplus-Zuständigkeit. Dass Niederösterreichs Standortmarketing gerade die Landeshauptstadt mit ihrer herausragenden Infrastruktur nicht vermarktet hat, war, wie viele andere Nachteile, die St. Pölten zum Ausgleich für die Vorteile durch die Landeshauptstadtwerdung bekommen hat, schlicht absurd: Ein gesundes Verhältnis zwischen Stadt und Land muss heißen, dass nach klaren Kriterien gefördert wird – Hauptstadt hin oder her.
Genau dem läuft dagegen die Idee zuwider, dass das Land St. Pölten nun bereits im Voraus ein „Kontingent“ an Bedarfszuweisungen zusichert. Diese wären eigentlich dazu gedacht, Gemeinden bei der Verwirklichung sinnvoller Projekte zu unterstützen – und idealerweise einen „Wettbewerb“ um die Gelder zu entfachen, wer die sinnvollsten Vorhaben einreicht. Genau das wird ad absurdum geführt, wenn eine Gemeinde von vornherein eine fixe Summe zugesagt bekommt, für die sie erst Inhalte finden muss.
Schade, dass man den „Neuanfang“ nicht genutzt hat, um das Verhältnis von Land und Hauptstadt zu normalisieren – und statt Geschenken transparente Kriterien für alle Förderungen anzulegen.
Wenn in der Politik die Rede von „Kooperation“ zwischen zwei Ebenen ist, geht es grundsätzlich v. a. einmal um Geld. Um viel Geld meistens, aus Steuern, natürlich.
Das ist bei der „neuen Zusammenarbeit“ zwischen Land und Landeshauptstadt, die die neue Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und gerade nicht mehr-Landes-SPÖ-Chef Matthias Stadler vor kurzem präsentiert haben, nicht anders: Niederösterreich beteiligt sich an Landestheater und FH, lässt Geld für die Erneuerung von Domplatz, Sommerbad und VAZ springen und die Wirtschaftsagentur des Landes soll künftig auch in St. Pölten tätig werden dürfen – insgesamt geht es um zweistellige Millionenbeträge. Dazu kommen 3,5 Millionen Euro, die das Land St. Pölten als „Bedarfszuweisungen“ zur Verfügung stellt – eine Arbeitsgruppe soll klären, welche Projekte davon profitieren.
Das ganze Paket zeigt ziemlich gut, zwischen welchen Extremen Landes- und Kommunalpolitik schwanken: Viele der Maßnahmen sind grundvernünftig, etwa die ecoplus-Zuständigkeit. Dass Niederösterreichs Standortmarketing gerade die Landeshauptstadt mit ihrer herausragenden Infrastruktur nicht vermarktet hat, war, wie viele andere Nachteile, die St. Pölten zum Ausgleich für die Vorteile durch die Landeshauptstadtwerdung bekommen hat, schlicht absurd: Ein gesundes Verhältnis zwischen Stadt und Land muss heißen, dass nach klaren Kriterien gefördert wird – Hauptstadt hin oder her.
Genau dem läuft dagegen die Idee zuwider, dass das Land St. Pölten nun bereits im Voraus ein „Kontingent“ an Bedarfszuweisungen zusichert. Diese wären eigentlich dazu gedacht, Gemeinden bei der Verwirklichung sinnvoller Projekte zu unterstützen – und idealerweise einen „Wettbewerb“ um die Gelder zu entfachen, wer die sinnvollsten Vorhaben einreicht. Genau das wird ad absurdum geführt, wenn eine Gemeinde von vornherein eine fixe Summe zugesagt bekommt, für die sie erst Inhalte finden muss.
Schade, dass man den „Neuanfang“ nicht genutzt hat, um das Verhältnis von Land und Hauptstadt zu normalisieren – und statt Geschenken transparente Kriterien für alle Förderungen anzulegen.
JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.
Unter Stadler und Mikl-Leitner heißt es nun: Stadt, Land, Liebe!
Matthias Stadler und Johanna Mikl-Leitner sind einander ähnlicher, als beiden lieb ist: Der Bürgermeister und die Landeshauptfrau regieren Stadt und Land mit absoluten Mehrheiten, die es im Rest Österreichs längst nicht mehr gibt. Sie müssen nicht nächtelang um Kompromisse mit dem Koalitionspartner ringen, denn ihr Koalitionspartner sind sie selbst. Sie trommeln im Wahlkampf für „klare Verhältnisse“ – und solange sie bei Wahlen Erfolge einfahren, folgen ihnen ihre Parteien bedingungslos.
Trotz des weiträumigen Gestaltungsspielraums und trotz ihrer politischen Differenzen wissen beide: Sie brauchen einander – wenn es etwa um finanzintensive Großprojekte geht oder um die engere Verbindung von Landeshauptstadt und Peripherie.
Was liegt, das pickt. Wenn sich zwei Quasi-Alleinregenten etwas ausschnapsen, können sie auf die Handschlagqualität ihres Gegenübers vertrauen. Wer sollte denn motzen? Die Stadtschwarzen gegen die eigene Landeshauptfrau, die Landhausroten gegen ihren Stadtchef? Wohl kaum.
Zwar war schon das Verhältnis zwischen Erwin Pröll und dem Bürgermeister gut gewesen – doch unter Stadler und Mikl-Leitner heißt es nun: Stadt, Land, Liebe. Der Pakt ist ein starkes Indiz dafür – und schwer vernünftig.
Mikl-Leitner war unter Zugzwang, hat sie doch im Frühjahr ihre erste Landtagswahl zu schlagen. Entsprechend gut war die Verhandlungsposition des Bürgermeisters, wie sonst hätte er für die Stadt Landesgelder in Millionenhöhe ausverhandelt. Um den Preis freilich, dass das Land nun auch an der Fachhochschule beteiligt ist und dort mehr mitzureden hat. Mikl-Leitner wiederum hat sich als Landeshauptfrau mit Macherqualitäten präsentiert, die nicht auf die Hauptstadt vergisst – eine win-win-Situation also.
Dass dem Traisen-Tandem nach dem Wahlgang ein Ende droht, ist unwahrscheinlich. Mikl-Leitner, im Gegensatz zu Pröll deutlich urbaner sozialisiert, lebt seit Jahrzenten in einer Stadt: in Klosterneuburg. Und Stadler ist die rote Landespartei, deren Chef er bis vor wenigen Wochen war, rechtzeitig vor den Landtagswahlen losgeworden. Damit kommt es nicht zum direkten Duell der beiden.
Matthias Stadler und Johanna Mikl-Leitner sind einander ähnlicher, als beiden lieb ist: Der Bürgermeister und die Landeshauptfrau regieren Stadt und Land mit absoluten Mehrheiten, die es im Rest Österreichs längst nicht mehr gibt. Sie müssen nicht nächtelang um Kompromisse mit dem Koalitionspartner ringen, denn ihr Koalitionspartner sind sie selbst. Sie trommeln im Wahlkampf für „klare Verhältnisse“ – und solange sie bei Wahlen Erfolge einfahren, folgen ihnen ihre Parteien bedingungslos.
Trotz des weiträumigen Gestaltungsspielraums und trotz ihrer politischen Differenzen wissen beide: Sie brauchen einander – wenn es etwa um finanzintensive Großprojekte geht oder um die engere Verbindung von Landeshauptstadt und Peripherie.
Was liegt, das pickt. Wenn sich zwei Quasi-Alleinregenten etwas ausschnapsen, können sie auf die Handschlagqualität ihres Gegenübers vertrauen. Wer sollte denn motzen? Die Stadtschwarzen gegen die eigene Landeshauptfrau, die Landhausroten gegen ihren Stadtchef? Wohl kaum.
Zwar war schon das Verhältnis zwischen Erwin Pröll und dem Bürgermeister gut gewesen – doch unter Stadler und Mikl-Leitner heißt es nun: Stadt, Land, Liebe. Der Pakt ist ein starkes Indiz dafür – und schwer vernünftig.
Mikl-Leitner war unter Zugzwang, hat sie doch im Frühjahr ihre erste Landtagswahl zu schlagen. Entsprechend gut war die Verhandlungsposition des Bürgermeisters, wie sonst hätte er für die Stadt Landesgelder in Millionenhöhe ausverhandelt. Um den Preis freilich, dass das Land nun auch an der Fachhochschule beteiligt ist und dort mehr mitzureden hat. Mikl-Leitner wiederum hat sich als Landeshauptfrau mit Macherqualitäten präsentiert, die nicht auf die Hauptstadt vergisst – eine win-win-Situation also.
Dass dem Traisen-Tandem nach dem Wahlgang ein Ende droht, ist unwahrscheinlich. Mikl-Leitner, im Gegensatz zu Pröll deutlich urbaner sozialisiert, lebt seit Jahrzenten in einer Stadt: in Klosterneuburg. Und Stadler ist die rote Landespartei, deren Chef er bis vor wenigen Wochen war, rechtzeitig vor den Landtagswahlen losgeworden. Damit kommt es nicht zum direkten Duell der beiden.