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Tobias Zuser
Ausgabe
„Europa fängt zu Hause an!“, hieß das Motto der EU-Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten, die im April mit einem Scharfschützen-Betriebsausflug auf den Klangturm über die Bühne ging. In Zeiten wie diesen, wo die EU-Verfassung scheitert und BürgerRECHTler ein Volksbegehren anzetteln, macht es direkt Freude eine EU mit so viel Hang zur Selbstironie zu sehen. Eine Konferenz für mehr Bürgernähe hinter dem Fachvokabel Subsidiarität zu verstecken – einmalig. Da versteht man es auch wie St. Pölten das eigentlich meint, wenn man verkündet „Wir haben die größte Sandkiste Zentraleuropas!“, denn man weiß dann sofort, warum die anderen Länder im Herzen der EU nicht so etwas haben. Mutiger Zynismus, der gefällt. Eine Form der Vermarktung, die man sich bei so einem hohen internationalen Stellenwert durchaus leisten kann. Sieht man doch in der Innenstadt bei jedem Wetter – egal ob’s regnet, hagelt oder schneit – interessierte Schulkinder die Teller des Zwiebelmusterhauses zählen. Das macht dann nicht nur den Schülern Spaß, nein, auch der Lehrerin, die gleich einmal die Mathematik-Noten verteilt, je nachdem, wer das 1x1 gebraucht oder wer das Geschirr einzeln addiert. Und welche Erziehungsberechtigten freuen sich nicht, wenn das geliebte Kind einen ausgeknipsten Film der St. Pöltner Innenstadt nach Hause bringt, auch wenn dann bei manch einem Elternteil die kleine Erleichterung aufflammt, dem Kind doch noch nicht gezeigt zu haben, wie man einen Film wechselt. Denn St. Pölten hat viel mehr zu bieten als sieben Ansichten von der Pestsäule. Zum Beispiel 5.310.000 Einträge auf google. Eine beachtliche Leistung für 20 Jahre Landeshauptstadt.