Unterbelichtet
Text
Christoph Wagner
Ausgabe
Verschwörungstheorien sind wie die orangen Halteschleifen in der U-Bahn: Sie geben Sicherheit. Ein Klassiker dabei: der 11. September 2001. Die Argumentationskette der Verschwörungstheoretiker beginnt bei Michael Moore und den entglittenen Gesichtszügen von George Bush jun., nach dem er von den Terroranschlägen erfahren hatte. Den Verdacht verstärken: seltsame Rauchsäulen, die aus den Twin Towers aufsteigen, Rettungstrupps, die Tage vorher abgezogen wurden, tausende Juden, die an jenem Tag nicht an ihrem Arbeitsplatz in einem der Türme erschienen, Fotos, die zeigen sollen, dass im Pentagon kein Flugzeug sondern eine Rakete detonierte. Klar daher: Die Terroranschläge müssen von Bush, CIA, kriegslüsternen Falken und/oder einem jüdischen Geheimbund verübt worden sein. Anders gesagt: In einem demokratischen Land werden 4000 Menschen vor laufenden Kameras von der eigenen Regierung auf einen - logistisch ungemein aufwendigen - Schlag ermordet, um danach in einen schlecht vorbereiteten Krieg zu ziehen. Von den unzähligen Menschen, die in dieses gigantische Komplott eingeweiht sein müssen oder die an seiner Aufklärung höchstes Interesse haben, liefert niemand handfeste Beweise. Macht das Sinn? Nein. Alle Verschwörungstheorien sind als solche entlarvt worden. Nur ist das nicht spannend und daher weniger publik.
Nach Karl Popper sind Verschwörungstheorien ein Religionsersatz in säkularen Gesellschaften. Sie liefern erstaunlich einfache Erklärungen in einer Welt, die immer mehr aus den Fugen gerät. Gerade deshalb gilt: Nicht alles glauben! Wobei: Maria war ja auch Jungfrau, als sie …
unterbelichtet@kstp.at
Nach Karl Popper sind Verschwörungstheorien ein Religionsersatz in säkularen Gesellschaften. Sie liefern erstaunlich einfache Erklärungen in einer Welt, die immer mehr aus den Fugen gerät. Gerade deshalb gilt: Nicht alles glauben! Wobei: Maria war ja auch Jungfrau, als sie …
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