Die vierte Dimension
Text
Johannes Reichl
Ausgabe
Rudi Vajda wird gemeinhin mit seinem Fernsehsender P3 assoziiert. Dabei ist der Mann bei weitem vielschichtiger, als man rein von seinem Job auf der Mattscheibe her schließen könnte. „Bei mir gibt es immer mehrere Ebenen gleichzeitig!“ Wir wollten wissen welche, und trafen uns mit ihm im neuen P3-Fernsehstudio. Ein Plausch über die Hainburger Au, einen Bauernhof in Traisen, die Wüste Afrikas und immer wieder neue Geschäftsideen.
Aufgewachsen ist Vajda in Hainburg. „Als Kind waren wir viel in den Donauauen unterwegs, waren sehr verwachsen“, erinnert er sich. Ein Umstand, der sich späterhin ändern sollte, als es den jungen Mann in die Welt hinauszieht.
Nach der Grundschule „wollte ich irgendetwas mit Innenarchitektur machen, das hätte mir sehr gefallen.“ An der HTL Mödling gäbe es sogar einen Zweig in diese Richtung, und auch der Vater – ein gestandener Maschinenschlosser steht der Schule positiv gegenüber „damit es der Bua einmal besser hat.“ Nur, wenn schon, dann was Gescheites wie Elektrotechnik. Eine Rechnung, die nicht aufgeht, weil Sohnemann daraufhin die Aufnahmsprüfung boykottiet. „Ich hab mutwillig Kreuzerl gesetzt und bin durchgefallen.“ Der junge Rudi hat schon damals seinen eigenen Kopf, und zieht sein Ding kompromisslos durch. Eine Eigenschaft, die ihn bis heute auszeichnet. Auch der Vater-Sohnkonflikt, das sich Behauptenmüssen und Beweisenwollen, ist ein Grundakzent in seinem Leben. „Mein Vater war immer ein Typ, der gleich die Knute geschwungen hat. Er hat mich sozusagen negativ motiviert. Wenn er gesagt hat, das ist ein Blödsinn, dann hab ich mir gedacht: ‚Na warte, ich beweise dir das Gegenteil!’“, erinnert er sich und fügt dann nachdenklich hinzu. „Er ist leider früh gestorben. Heut hab ich ein anderes Bild von ihm, versteh ihn besser. Er war später auch sehr stolz auf mich, das weiß ich.“
Der Optiker
Nachdem schulisch kein Konsens gefunden wird, beginnt Vajda „eher durch Zufall“ eine Optikerlehre. Im Lehrherren findet er einen verständnisvollen Mann. Als der Junior im zweiten Lehrjahr Anzeichen von Fadesse zeigt, „gab er mir die Möglichkeit, seine Geschäfte zu adaptieren, mit Möbeln auszustatten.“ Er nimmt ihn also bei seiner Innenarchitektur-Neigung. Späterhin, Vajda hat mittlerweile die 20 übersprungen und düst mit einer Ente durch die Lande, hilft ihm sein Chef beim Schritt in die Selbständigkeit – wenn auch vielleicht nicht ganz selbstlos. „Ich bin ein Typ, der nur schwer unter jemanden arbeiten kann. Ich glaub, er hat sich gedacht, bevor ich ihm in Hainburg Konkurrenz mache, unterstützt er mich beim Aufbau eines eigenen Geschäftes.“ Und dafür kommt Hainburg für Vajda nicht in Frage „weil ich nur weg wollte. Wohin, war mir eigentlich wurscht.“
Dass es schließlich Traisen wird, wo er 1972 seinen ersten Optikerladen aufsperrt, hat sodenn nichts mit einer etwaigen Vorliebe fürs Alpenvorland zu tun, sondern rein marktrelevanten Überlegungen. Ein weiterer Wesenszug Vajdas – Pragmatik. „Ich hab mir die Landkarte hergefasst, die Bevölkerungsstruktur angesehen, und dann eruiert, wo noch ein Bedarf besteht.“ Das Ergebnis: Traisen. Auch hier frönt der Geschäftsmann seiner Innenarchitekturneigung, baut sogar die Möbel selbst. Und seine „Rechnung“ geht auf. Die Firma floriert, so dass im Laufe der Jahre noch vier weitere Filialen hinzukommen. Heute betreibt Vajda noch immer zwei davon!
Der Nebenerwerbsbauer
In Traisen erfüllt sich Vajda zudem einen langgehegten Wunsch: Er wird für sieben Jahre Nebenerwerbsbauer: „Das war immer ein Lebens-traum von mir. Ich hab mit meiner damaligen Gattin einen Bergbauernhof gepachtet, weit weg vom Tal.“ Wurde er, der immer unter Strom steht, nicht trübsinnig in der Einöde. „Nein, ich bin ein Kontrastmensch: Einerseits mag ich den Trubel, andererseits schätz ich auch die Ruhe!“
40 Schafe betreut der Neobauer, steht frühmorgens um vier Uhr zur Stallarbeit auf, geht um 8 ins Geschäft, nach Feierabend wiederum in den Stall zum Ausmisten und Melken. Da Vajda ein wiss- und lernbegieriger Mensch ist „und die Dinge selbst ausprobieren möchte, um mitreden zu können“, macht er bei Bäuerinnen einen Kurs für Schafkäsezubereitung. „Die haben mich ungläubig angeschaut und gefragt: ‚Du bist aber ka Bauer!‘“ Als er Optiker als Beruf angibt, ist die Verwirrung vollends „’So a Bledsinn!’, haben sie gemeint“, muss Vajda beim Gedanken daran lachen. Aber er überzeugt die Damen durch Praxis und melkt zum Beweis fachkundig ein Schaf.
Beim Schafscheren hingegen hat er so seine Probleme: „Ich hab pro Schaf 25 Minuten gebraucht. Deshalb hab ich einen Neuseeländer engagiert, um das ordentlich zu lernen.“ Der meint allen Ernstes, er schaffe die selbe Aufgabe in 25 Sekunden. „Ich hab ihm kein Wort geglaubt.“ Als ihm dieser das Gegenteil beweist, zahlt ihm Vajda aus Respekt das doppelte Salär. „Ich selbst hab es nie unter 20 Minuten geschafft, und die armen Tiere waren nachher ein bisserl ramponiert“, lacht er.
Der Fotograf
Doch Vajdas nimmermüder Dynamo verlangt nach mehr Input, und so beginnt er Anfang der 90’er eine zweite Lehre – Fotografie. “Das war mir irgendwie durch meinen Vater in die Wiege gelegt. Der hat selbst fotografiert. Und mein Großvater war eine Art Kriegsberichterstatter.“
Schon als Bub hat Vajda seine eigene Kamera. Mit 14 „heuert“ er beim „Grenzboten“ an und macht Sportfotos, als Jugendlicher matcht er sich schließlich mit seinem Vater bei Ausstellungen, wer denn die ansprechenderen Fotos schießt. „Das war recht witzig, weil er glaub’ ich immer ein bisserl neidisch war auf mich. Während er Motive wie Brücken, Landschaften etc. fotografierte, hat der junge Sohnemann Aktfotos geschossen. Bei mir haben die Mädels sozusagen die Hüllen fallen lassen“, schmunzelt er.
Eine neue Firma wird gegründet. VVF Produktion. Vajda macht alles quer durch den Gemüsegarten: Industriefotos, Werbungen, Kataloge etc. Außerdem ist Vajda schon damals in Sachen Video unterwegs. „Das hat mich immer fasziniert. Mit bewegten Bildern kannst du eine Geschichte erzählen, das leistet ein Foto nicht“, sinniert er und denkt an die Anfangsjahre zurück. „Das ist 20 Jahre her, aber wenn ich mir anschau, was sich auf dem Sektor technisch getan hat, kommt es mir vor wie 200.“ Zum Beweis holt er eine alte Kamera aus einem Schrank und lässt mich das Riesending heben. Schwer – verdammt schwer! „Anfangs gab es noch einen eigenen Sklaven, der hinter dir nach ist und den Ton getragen hat. Unvorstellbar.“
Viel getan hat sich auch für das Unternehmen. Der ORF wird auf VVF aufmerksam. Da es das Landesstudio noch nicht gibt, ist man über einen kompetenten Partner in der Landeshauptstadt froh. „Auf den Schnittplätzen der VVF hat der ORF die Beiträge für St. Pölten gemacht. Die bauten auf unser technisches Equipment, unsere Kameraleute, unsere Schnittplätze“, erinnert sich der Unternehmer. „Wir haben viel für den ORF gemacht! Für die ISPR im Auftrag des ORF auch die Fußballmatches der 1. Division!“
Als Vajda freilich selbst ins Fernsehbusiness einsteigt, kühlt die Liebe des ORF ab. „Mit Twaroch hat sich die Zusammenarbeit aufgehört. Der hat uns als Konkurrenz gesehen, was natürlich Blödsinn ist. Ich bin nie in den Größenwahn verfallen, mich mit dem ORF zu vergleichen. Das wär absoluter Schwachsinn. Wir machen letztlich das, was der ORF nicht machen kann. Wir grenzen uns nach unten ab.“
Der Fernsehmacher
Dann also Privatfernsehen. Die Stadt, damals noch Miteigentümerin der Kabelsignal, möchte einen eigenen Infokanal aufbauen und lädt auch Vajda zum Hearing ein, der letztlich das Rennen macht. Dies, obwohl er den Stadtvätern – die, so darf man mutmaßen, ein neues „Propagandainstrument“ wittern – klar macht, dass er sein eigenes Ding durchzieht. „Die wollten Programmsitzungen. Ich hab aber gesagt, das ist für mich ausgeschlossen. Ich wollte ja kein Bürgermeister- oder Parteienfernsehen.“
Am 12. Dezember 1995 geht die erste Ausgabe von P3 auf Sendung. Aus Vajdas VVF, die seit 1989 bestand, wird P3, wobei schon der Name auf ein gewisses Selbstverständis schließen lässt. „P3, das hieß schlicht Programm 3. So haben wir uns verstanden, als drittes Programm für die Leute nach ORF 1 und ORF 2.“
Dabei war die Anfangszeit des Privatfernsehens skurril. „Per Gesetz durften wir nur Standbilder senden! Das zeitigte dann etwa die Kuriosität, dass man zwar die Moderatorin sprechen gehört hat, aber nur ein Standbild von ihr sah.“ Die ersten fünf Sendungen laufen derart ab, „bis ich gesagt hab, das geht einfach nicht und wir bewegt gespielt haben.“ Auch, weil der Fernsehmacher indirekt vom damals zuständigen Minister Viktor Klima grünes Licht bekommt. Als Vajda diesen bei einem Besuch in St. Pölten auf die Perversion anspricht, „hat Klima gemeint ‚So ein Blödsinn’. Der Minister löst es österreichisch, in dem er zu verstehen gibt: Wo kein Kläger, da kein Richter!
Die Bilder des Lokalfernsehens lernen also laufen, damit auch die Entwicklung des Senders! Die Ausgaben werden mit der Zeit länger, das Sendegebiet wächst kontinuierlich, P3 führt relativ früh Internet-Fernsehen ein, „weil ich gefühlt hab, dass das wichtig wird“, ein stylisches Studio wird realisiert, Live-Übertragungen (als jüngstes „Baby“ die St. Pöltner Gemeinderatswahlen im Internet!) hinzu. Das Portefeuille des Senders wächst stetig. Was hingegen im Grunde genommen all die Jahre gleich bleibt, ist die Grundphilosophie: Fernsehen für die Menschen vorort, Fernsehen auf der Mikroebene. „Das schönste Kompliment ist letztlich, wenn die Leute sagen: ‚Ah super, schau unser Fernsehen ist da!’, wenn sie sich mit P3 identifizieren.“
Der Nimmermüde
Die nächste Stufe steht aktuell an, und wird ohne Zweifel ein Quantensprung: Nach Jahren im Kabelnetz wagt Vajda den Schritt ins Antennenfernsehen: DVBT machts möglich, ab 1. März geht’s los. Der Fernsehmacher hat mit der Sparkasse NÖ Mitte West einen potenten Partner mit an Bord, zudem soll ab heuer erstmals Medienförderung auch für regionale Rundfunkmedien fließen. „Wir haben einen Fünfjahresplan – dann möchten wir den Break Even erreichen!“, so Vajda. Die Mannschaft, derzeit 12 fixe Leute und in etwa ebenso viele Freelancer, wird aufgestockt werden. Immerhin vervierfacht sich die potentielle Zuseherzahl. „Wir senden dann zwischen Tulln und bis knapp vor Amstetten. Damit erreichen wir nicht mehr 100.000, sondern 400.000 Menschen!“
Mit den Neuerungen einhergehen wird auch eine Programmreform. Studiodiskussionen, Liveübertragungen wie etwa die Landtagswahl, eine eigene Tiersendung, noch mehr Sport sind ins Auge gefasst. Diesbezüglich (wie in allen Themenbereichen) fällt ja schon bislang auf, dass sich P3 nicht nur dem Mainstream widmet, sondern auch den sogenannten Randgruppen. „Ich bin selbst einer, der eher zur Extremsorte zählt. Ich glaube außer Fechten hab’ ich schon so ziemlich alles ausprobiert, wobei immer ein Abenteuer mitschwingen muss: Drachenfliegen, Paragleiten, Segeln, Springreiten. Ich teste gerne meine Grenzen aus.“ Und der 57jährige ist auch neugierig genug, immer wieder Neues anzugehen. „Springreiten hab ich z.B. mit 47 begonnen – da hören die meisten anderen normalerweise schon wieder auf“, lacht er. „Das Faszinierende ist, dass es keine Altersklassen gibt. Du misst dich bei den Turnieren mit den Jüngeren. Und du kannst den Sport bis ins hohe Alter ausüben.“ Darüberhinaus hat Vajda auch noch andere neue Formate im P3-Köcher, verraten möchte er sie aber noch nicht.
Der Reisende
Neugierde, das Austesten von Grenzen, das Bedürfnis, sich stetig weiterzuentwickeln, Abenteuerlust, Impulsivität sind letztlich auch die Ingredienzen Vajdas Reiseleidenschaft. Wenig verwunderlich, dass seine Urlaube nicht zum gemütlichen Sonnenbad ans Meer führen, sondern in die „Wildnis“. Insbesondere Afrika hat es ihm angetan. „Afrika hat mich schon immer interessiert. Als Kind hab ich einen Spielzeugelefanten geschenkt bekommen, den hab ich in meinen Bauernhof reingestellt zu den Kühen, Ziegen und Schweinen. Die Verwandten haben zwar gesagt, der gehört da aber nicht rein – mir aber war das egal.“ 1980 bricht er zu seinem ersten Trip auf. „Ich hab mir einen Land Rover bei der OMV in Traisen gekauft, ihn selbst umgebaut, bin dann los nach Genua, per Schiff nach Tunis und dann durch die Sahara, bis zum Hoggar Gebirge und in den Tschad. Insgesamt 15.000 Kilometer!“ Dies freilich zu einer Zeit, wo es kein Internet zum Recherchieren, keine ordentlichen Karten vom schwarzen Kontinent und schon gar kein GPS gibt. „Ich bin nur mit dem Kompass durch die Sahara. Heut würd ich mich das nimmer trauen!“
Vier Wochen ist er unterwegs, und fängt sich, wie er es selbst formuliert, seinen „Afrika-Virus“ ein. „Beim zweiten Mal waren es schon 8 Wochen.“ Die längste Reise wird sogar 10 Wochen in Anspruch nehmen! „Als ich dann den ersten Tag zurück in mein Optikergeschäft gekommen bin, hab ich mir im ersten Moment gedacht: Was tust du da eigentlich? Ich hab sicher eine Woche gebraucht, bis ich wieder in der Maschinerie drinnen war.“ Nachsatz: „Das kannst du sowieso nur machen, wenn du wirklich gute Leute hast.“ Und die hat Vajda, wie er überzeugt ist, auch weil es mit ihm sozusagen gar nicht so leicht ist: „Ich hab eine sehr direkte Art, da kommt nicht jeder zurecht damit. Bei mir sind die Leute deshalb entweder sehr lang oder nur sehr kurz.“ Auffallend ist, dass Vajda auch immer wieder junge Menschen einstellt – ganz bewusst. „Es geht darum, dass man sich selbst und sein Tun immer wieder auch selbst hinterfragt. Junge Menschen bringen neue und enorm wichtige Inputs!“, streut er den Jugendlichen Rosen!
Der soziale Mensch
An die 20 Mal war Vajda schon in Afrika. Vielfach, und dies ist ein bemerkenswerter Zug des Abenteurers, auch in sozialer Mission. Für die Aktion „Brillen für Afrika“ ist er mit einem Entwicklungshelfer in Burkina Faso unterwegs, bringt nicht nur Sehbehelfe mit, sondern untersucht an die 40.000 Kinder auf Fehlsichtigkeit.
Auch für ein Lepraprojekt engagiert sich Vajda, nachdem er darüber in der Zeitung gelesen hat. „Ich bin dann gleich nach Radstadt gefahren, um mich darüber zu informieren. Ich bin ein sehr impulsiver Typ. Wenn mich etwas begeistert, könnten wir jetzt sagen, wir fahren in einer Stunde fort, und ich wär zur besagten Zeit mit Gepäck am Flughafen.“
Vajda gründet selbst ein Lepraprojekt, organisiert einen Flieger, der gratis Spenden nach Afrika bringt. „Beim ersten Mal haben wir ihn mit 3.000 Kilogramm beladen - Medikamente, Rollstühle, Krankenbetten!“ Insgesamt sammelt das Leprahilfeprojekt unter seiner Ägide an die 1,5 Millionen Schilling! Auch an der Gründung eines Krankenhaus hilft Vajda während seines Urlaubes vorort handanlegend mit.
Fotografien, Diavorträge, Bücher, Dokumentarfilme zeugen von seinen Reisen, die immer auch einen persönlichkeitsbildenden Hintergrund haben. „Du lernst einfach viel, bekommst einen anderen Horizont. Und du kannst auf Reisen deinen eigenen Standpunkt verlassen!“
Bleibt zuletzt die Frage, wie er das alles eigentlich unter einen Hut bekommt. Vajda lacht: „Gar nicht. Ich bräuchte einen 48 Stunden Tag.“ Und Leisertreten? Da winkt er ab: „Bei mir erlischt das Feuer erst, wenn man mich mit dem Holzpyjama rausträgt. In mir existieren immer mehrere Ebenen nebeneinander.“ Man darf auf die nächsten gespannt sein.
Infos zum Thema:
INFOS P3 TV
www.p3tv.at, p3@p3tv.at
Nach der Grundschule „wollte ich irgendetwas mit Innenarchitektur machen, das hätte mir sehr gefallen.“ An der HTL Mödling gäbe es sogar einen Zweig in diese Richtung, und auch der Vater – ein gestandener Maschinenschlosser steht der Schule positiv gegenüber „damit es der Bua einmal besser hat.“ Nur, wenn schon, dann was Gescheites wie Elektrotechnik. Eine Rechnung, die nicht aufgeht, weil Sohnemann daraufhin die Aufnahmsprüfung boykottiet. „Ich hab mutwillig Kreuzerl gesetzt und bin durchgefallen.“ Der junge Rudi hat schon damals seinen eigenen Kopf, und zieht sein Ding kompromisslos durch. Eine Eigenschaft, die ihn bis heute auszeichnet. Auch der Vater-Sohnkonflikt, das sich Behauptenmüssen und Beweisenwollen, ist ein Grundakzent in seinem Leben. „Mein Vater war immer ein Typ, der gleich die Knute geschwungen hat. Er hat mich sozusagen negativ motiviert. Wenn er gesagt hat, das ist ein Blödsinn, dann hab ich mir gedacht: ‚Na warte, ich beweise dir das Gegenteil!’“, erinnert er sich und fügt dann nachdenklich hinzu. „Er ist leider früh gestorben. Heut hab ich ein anderes Bild von ihm, versteh ihn besser. Er war später auch sehr stolz auf mich, das weiß ich.“
Der Optiker
Nachdem schulisch kein Konsens gefunden wird, beginnt Vajda „eher durch Zufall“ eine Optikerlehre. Im Lehrherren findet er einen verständnisvollen Mann. Als der Junior im zweiten Lehrjahr Anzeichen von Fadesse zeigt, „gab er mir die Möglichkeit, seine Geschäfte zu adaptieren, mit Möbeln auszustatten.“ Er nimmt ihn also bei seiner Innenarchitektur-Neigung. Späterhin, Vajda hat mittlerweile die 20 übersprungen und düst mit einer Ente durch die Lande, hilft ihm sein Chef beim Schritt in die Selbständigkeit – wenn auch vielleicht nicht ganz selbstlos. „Ich bin ein Typ, der nur schwer unter jemanden arbeiten kann. Ich glaub, er hat sich gedacht, bevor ich ihm in Hainburg Konkurrenz mache, unterstützt er mich beim Aufbau eines eigenen Geschäftes.“ Und dafür kommt Hainburg für Vajda nicht in Frage „weil ich nur weg wollte. Wohin, war mir eigentlich wurscht.“
Dass es schließlich Traisen wird, wo er 1972 seinen ersten Optikerladen aufsperrt, hat sodenn nichts mit einer etwaigen Vorliebe fürs Alpenvorland zu tun, sondern rein marktrelevanten Überlegungen. Ein weiterer Wesenszug Vajdas – Pragmatik. „Ich hab mir die Landkarte hergefasst, die Bevölkerungsstruktur angesehen, und dann eruiert, wo noch ein Bedarf besteht.“ Das Ergebnis: Traisen. Auch hier frönt der Geschäftsmann seiner Innenarchitekturneigung, baut sogar die Möbel selbst. Und seine „Rechnung“ geht auf. Die Firma floriert, so dass im Laufe der Jahre noch vier weitere Filialen hinzukommen. Heute betreibt Vajda noch immer zwei davon!
Der Nebenerwerbsbauer
In Traisen erfüllt sich Vajda zudem einen langgehegten Wunsch: Er wird für sieben Jahre Nebenerwerbsbauer: „Das war immer ein Lebens-traum von mir. Ich hab mit meiner damaligen Gattin einen Bergbauernhof gepachtet, weit weg vom Tal.“ Wurde er, der immer unter Strom steht, nicht trübsinnig in der Einöde. „Nein, ich bin ein Kontrastmensch: Einerseits mag ich den Trubel, andererseits schätz ich auch die Ruhe!“
40 Schafe betreut der Neobauer, steht frühmorgens um vier Uhr zur Stallarbeit auf, geht um 8 ins Geschäft, nach Feierabend wiederum in den Stall zum Ausmisten und Melken. Da Vajda ein wiss- und lernbegieriger Mensch ist „und die Dinge selbst ausprobieren möchte, um mitreden zu können“, macht er bei Bäuerinnen einen Kurs für Schafkäsezubereitung. „Die haben mich ungläubig angeschaut und gefragt: ‚Du bist aber ka Bauer!‘“ Als er Optiker als Beruf angibt, ist die Verwirrung vollends „’So a Bledsinn!’, haben sie gemeint“, muss Vajda beim Gedanken daran lachen. Aber er überzeugt die Damen durch Praxis und melkt zum Beweis fachkundig ein Schaf.
Beim Schafscheren hingegen hat er so seine Probleme: „Ich hab pro Schaf 25 Minuten gebraucht. Deshalb hab ich einen Neuseeländer engagiert, um das ordentlich zu lernen.“ Der meint allen Ernstes, er schaffe die selbe Aufgabe in 25 Sekunden. „Ich hab ihm kein Wort geglaubt.“ Als ihm dieser das Gegenteil beweist, zahlt ihm Vajda aus Respekt das doppelte Salär. „Ich selbst hab es nie unter 20 Minuten geschafft, und die armen Tiere waren nachher ein bisserl ramponiert“, lacht er.
Der Fotograf
Doch Vajdas nimmermüder Dynamo verlangt nach mehr Input, und so beginnt er Anfang der 90’er eine zweite Lehre – Fotografie. “Das war mir irgendwie durch meinen Vater in die Wiege gelegt. Der hat selbst fotografiert. Und mein Großvater war eine Art Kriegsberichterstatter.“
Schon als Bub hat Vajda seine eigene Kamera. Mit 14 „heuert“ er beim „Grenzboten“ an und macht Sportfotos, als Jugendlicher matcht er sich schließlich mit seinem Vater bei Ausstellungen, wer denn die ansprechenderen Fotos schießt. „Das war recht witzig, weil er glaub’ ich immer ein bisserl neidisch war auf mich. Während er Motive wie Brücken, Landschaften etc. fotografierte, hat der junge Sohnemann Aktfotos geschossen. Bei mir haben die Mädels sozusagen die Hüllen fallen lassen“, schmunzelt er.
Eine neue Firma wird gegründet. VVF Produktion. Vajda macht alles quer durch den Gemüsegarten: Industriefotos, Werbungen, Kataloge etc. Außerdem ist Vajda schon damals in Sachen Video unterwegs. „Das hat mich immer fasziniert. Mit bewegten Bildern kannst du eine Geschichte erzählen, das leistet ein Foto nicht“, sinniert er und denkt an die Anfangsjahre zurück. „Das ist 20 Jahre her, aber wenn ich mir anschau, was sich auf dem Sektor technisch getan hat, kommt es mir vor wie 200.“ Zum Beweis holt er eine alte Kamera aus einem Schrank und lässt mich das Riesending heben. Schwer – verdammt schwer! „Anfangs gab es noch einen eigenen Sklaven, der hinter dir nach ist und den Ton getragen hat. Unvorstellbar.“
Viel getan hat sich auch für das Unternehmen. Der ORF wird auf VVF aufmerksam. Da es das Landesstudio noch nicht gibt, ist man über einen kompetenten Partner in der Landeshauptstadt froh. „Auf den Schnittplätzen der VVF hat der ORF die Beiträge für St. Pölten gemacht. Die bauten auf unser technisches Equipment, unsere Kameraleute, unsere Schnittplätze“, erinnert sich der Unternehmer. „Wir haben viel für den ORF gemacht! Für die ISPR im Auftrag des ORF auch die Fußballmatches der 1. Division!“
Als Vajda freilich selbst ins Fernsehbusiness einsteigt, kühlt die Liebe des ORF ab. „Mit Twaroch hat sich die Zusammenarbeit aufgehört. Der hat uns als Konkurrenz gesehen, was natürlich Blödsinn ist. Ich bin nie in den Größenwahn verfallen, mich mit dem ORF zu vergleichen. Das wär absoluter Schwachsinn. Wir machen letztlich das, was der ORF nicht machen kann. Wir grenzen uns nach unten ab.“
Der Fernsehmacher
Dann also Privatfernsehen. Die Stadt, damals noch Miteigentümerin der Kabelsignal, möchte einen eigenen Infokanal aufbauen und lädt auch Vajda zum Hearing ein, der letztlich das Rennen macht. Dies, obwohl er den Stadtvätern – die, so darf man mutmaßen, ein neues „Propagandainstrument“ wittern – klar macht, dass er sein eigenes Ding durchzieht. „Die wollten Programmsitzungen. Ich hab aber gesagt, das ist für mich ausgeschlossen. Ich wollte ja kein Bürgermeister- oder Parteienfernsehen.“
Am 12. Dezember 1995 geht die erste Ausgabe von P3 auf Sendung. Aus Vajdas VVF, die seit 1989 bestand, wird P3, wobei schon der Name auf ein gewisses Selbstverständis schließen lässt. „P3, das hieß schlicht Programm 3. So haben wir uns verstanden, als drittes Programm für die Leute nach ORF 1 und ORF 2.“
Dabei war die Anfangszeit des Privatfernsehens skurril. „Per Gesetz durften wir nur Standbilder senden! Das zeitigte dann etwa die Kuriosität, dass man zwar die Moderatorin sprechen gehört hat, aber nur ein Standbild von ihr sah.“ Die ersten fünf Sendungen laufen derart ab, „bis ich gesagt hab, das geht einfach nicht und wir bewegt gespielt haben.“ Auch, weil der Fernsehmacher indirekt vom damals zuständigen Minister Viktor Klima grünes Licht bekommt. Als Vajda diesen bei einem Besuch in St. Pölten auf die Perversion anspricht, „hat Klima gemeint ‚So ein Blödsinn’. Der Minister löst es österreichisch, in dem er zu verstehen gibt: Wo kein Kläger, da kein Richter!
Die Bilder des Lokalfernsehens lernen also laufen, damit auch die Entwicklung des Senders! Die Ausgaben werden mit der Zeit länger, das Sendegebiet wächst kontinuierlich, P3 führt relativ früh Internet-Fernsehen ein, „weil ich gefühlt hab, dass das wichtig wird“, ein stylisches Studio wird realisiert, Live-Übertragungen (als jüngstes „Baby“ die St. Pöltner Gemeinderatswahlen im Internet!) hinzu. Das Portefeuille des Senders wächst stetig. Was hingegen im Grunde genommen all die Jahre gleich bleibt, ist die Grundphilosophie: Fernsehen für die Menschen vorort, Fernsehen auf der Mikroebene. „Das schönste Kompliment ist letztlich, wenn die Leute sagen: ‚Ah super, schau unser Fernsehen ist da!’, wenn sie sich mit P3 identifizieren.“
Der Nimmermüde
Die nächste Stufe steht aktuell an, und wird ohne Zweifel ein Quantensprung: Nach Jahren im Kabelnetz wagt Vajda den Schritt ins Antennenfernsehen: DVBT machts möglich, ab 1. März geht’s los. Der Fernsehmacher hat mit der Sparkasse NÖ Mitte West einen potenten Partner mit an Bord, zudem soll ab heuer erstmals Medienförderung auch für regionale Rundfunkmedien fließen. „Wir haben einen Fünfjahresplan – dann möchten wir den Break Even erreichen!“, so Vajda. Die Mannschaft, derzeit 12 fixe Leute und in etwa ebenso viele Freelancer, wird aufgestockt werden. Immerhin vervierfacht sich die potentielle Zuseherzahl. „Wir senden dann zwischen Tulln und bis knapp vor Amstetten. Damit erreichen wir nicht mehr 100.000, sondern 400.000 Menschen!“
Mit den Neuerungen einhergehen wird auch eine Programmreform. Studiodiskussionen, Liveübertragungen wie etwa die Landtagswahl, eine eigene Tiersendung, noch mehr Sport sind ins Auge gefasst. Diesbezüglich (wie in allen Themenbereichen) fällt ja schon bislang auf, dass sich P3 nicht nur dem Mainstream widmet, sondern auch den sogenannten Randgruppen. „Ich bin selbst einer, der eher zur Extremsorte zählt. Ich glaube außer Fechten hab’ ich schon so ziemlich alles ausprobiert, wobei immer ein Abenteuer mitschwingen muss: Drachenfliegen, Paragleiten, Segeln, Springreiten. Ich teste gerne meine Grenzen aus.“ Und der 57jährige ist auch neugierig genug, immer wieder Neues anzugehen. „Springreiten hab ich z.B. mit 47 begonnen – da hören die meisten anderen normalerweise schon wieder auf“, lacht er. „Das Faszinierende ist, dass es keine Altersklassen gibt. Du misst dich bei den Turnieren mit den Jüngeren. Und du kannst den Sport bis ins hohe Alter ausüben.“ Darüberhinaus hat Vajda auch noch andere neue Formate im P3-Köcher, verraten möchte er sie aber noch nicht.
Der Reisende
Neugierde, das Austesten von Grenzen, das Bedürfnis, sich stetig weiterzuentwickeln, Abenteuerlust, Impulsivität sind letztlich auch die Ingredienzen Vajdas Reiseleidenschaft. Wenig verwunderlich, dass seine Urlaube nicht zum gemütlichen Sonnenbad ans Meer führen, sondern in die „Wildnis“. Insbesondere Afrika hat es ihm angetan. „Afrika hat mich schon immer interessiert. Als Kind hab ich einen Spielzeugelefanten geschenkt bekommen, den hab ich in meinen Bauernhof reingestellt zu den Kühen, Ziegen und Schweinen. Die Verwandten haben zwar gesagt, der gehört da aber nicht rein – mir aber war das egal.“ 1980 bricht er zu seinem ersten Trip auf. „Ich hab mir einen Land Rover bei der OMV in Traisen gekauft, ihn selbst umgebaut, bin dann los nach Genua, per Schiff nach Tunis und dann durch die Sahara, bis zum Hoggar Gebirge und in den Tschad. Insgesamt 15.000 Kilometer!“ Dies freilich zu einer Zeit, wo es kein Internet zum Recherchieren, keine ordentlichen Karten vom schwarzen Kontinent und schon gar kein GPS gibt. „Ich bin nur mit dem Kompass durch die Sahara. Heut würd ich mich das nimmer trauen!“
Vier Wochen ist er unterwegs, und fängt sich, wie er es selbst formuliert, seinen „Afrika-Virus“ ein. „Beim zweiten Mal waren es schon 8 Wochen.“ Die längste Reise wird sogar 10 Wochen in Anspruch nehmen! „Als ich dann den ersten Tag zurück in mein Optikergeschäft gekommen bin, hab ich mir im ersten Moment gedacht: Was tust du da eigentlich? Ich hab sicher eine Woche gebraucht, bis ich wieder in der Maschinerie drinnen war.“ Nachsatz: „Das kannst du sowieso nur machen, wenn du wirklich gute Leute hast.“ Und die hat Vajda, wie er überzeugt ist, auch weil es mit ihm sozusagen gar nicht so leicht ist: „Ich hab eine sehr direkte Art, da kommt nicht jeder zurecht damit. Bei mir sind die Leute deshalb entweder sehr lang oder nur sehr kurz.“ Auffallend ist, dass Vajda auch immer wieder junge Menschen einstellt – ganz bewusst. „Es geht darum, dass man sich selbst und sein Tun immer wieder auch selbst hinterfragt. Junge Menschen bringen neue und enorm wichtige Inputs!“, streut er den Jugendlichen Rosen!
Der soziale Mensch
An die 20 Mal war Vajda schon in Afrika. Vielfach, und dies ist ein bemerkenswerter Zug des Abenteurers, auch in sozialer Mission. Für die Aktion „Brillen für Afrika“ ist er mit einem Entwicklungshelfer in Burkina Faso unterwegs, bringt nicht nur Sehbehelfe mit, sondern untersucht an die 40.000 Kinder auf Fehlsichtigkeit.
Auch für ein Lepraprojekt engagiert sich Vajda, nachdem er darüber in der Zeitung gelesen hat. „Ich bin dann gleich nach Radstadt gefahren, um mich darüber zu informieren. Ich bin ein sehr impulsiver Typ. Wenn mich etwas begeistert, könnten wir jetzt sagen, wir fahren in einer Stunde fort, und ich wär zur besagten Zeit mit Gepäck am Flughafen.“
Vajda gründet selbst ein Lepraprojekt, organisiert einen Flieger, der gratis Spenden nach Afrika bringt. „Beim ersten Mal haben wir ihn mit 3.000 Kilogramm beladen - Medikamente, Rollstühle, Krankenbetten!“ Insgesamt sammelt das Leprahilfeprojekt unter seiner Ägide an die 1,5 Millionen Schilling! Auch an der Gründung eines Krankenhaus hilft Vajda während seines Urlaubes vorort handanlegend mit.
Fotografien, Diavorträge, Bücher, Dokumentarfilme zeugen von seinen Reisen, die immer auch einen persönlichkeitsbildenden Hintergrund haben. „Du lernst einfach viel, bekommst einen anderen Horizont. Und du kannst auf Reisen deinen eigenen Standpunkt verlassen!“
Bleibt zuletzt die Frage, wie er das alles eigentlich unter einen Hut bekommt. Vajda lacht: „Gar nicht. Ich bräuchte einen 48 Stunden Tag.“ Und Leisertreten? Da winkt er ab: „Bei mir erlischt das Feuer erst, wenn man mich mit dem Holzpyjama rausträgt. In mir existieren immer mehrere Ebenen nebeneinander.“ Man darf auf die nächsten gespannt sein.
Infos zum Thema:
INFOS P3 TV
www.p3tv.at, p3@p3tv.at