Vom Fünf-Uhr Tee zum Frequency
Text
Wolfgang Matzl
Ausgabe
Wie schon in der letzten Ausgabe geschrieben – die St. Pöltner Musikszene war seit Beginn eine lebendige und mit Vertretern wie den „Swing Boys“ oder später der „New Malformation“ auch landesweit an der Spitze. Aber was Mitte der 80er Jahre plötzlich abging, das war doch einzigartig.
Buchstäblich aus den Probekellern schafften es zwei junge Bands, „Peter Pan“ und „Espresso“, in die Ö3 Charts, und bald darauf folgte ihnen „Paul Coxx“. Drei St. Pöltner Bands zur gleichen Zeit in den Top Ten!
Wie so oft hatte auch hier der Erfolg mehrere Väter . Es gab ja schon Erfahrungen, auf die man aufbauen konnte, das Umfeld hatte bereits eine gewisse Professionalität entwickelt. So waren etwa die meisten Mitglieder von Espresso familiär vorbelastet – der Vater von Keyboarder Oliver Jung war selbst Musiker, der Bruder von Sänger Christian Deix – als Cartoonist weltberühmt – war Schlagzeuger bei „Top Secret“, der Bruder von Mario und Silvio Berger, Chico, war und ist selbst einer der bekanntesten Musiker der Stadt. In Kombination mit einem professionellen Management durch Edwin und Stefan Prochaska („2P Management“) waren das gute Voraussetzungen für den rasanten Erfolg. Die beiden Musikmanager nahmen auch Peter Pan unter ihre Fittiche. Paul Coxx wiederum wurde vom ehemaligen Sänger der „New Malformation“, Albin Wegerbauer, gemanagt. Und alle hatten sie viel von Ed Knappl, einem der Wegbereiter als Musiker und Manager, gelernt.
Und damit sind wir schon bei einer Besonderheit der St. Pöltner Musikszene, die beinahe, um es mit einem Wort aus dem Marketing zu benennen, ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Es gab nämlich bei aller Rivalität und kleineren Reibereien immer einen Zusammenhalt, einen Austausch und eine gegenseitige Unterstützung unter den Bands. Das geht so weit, dass Mitglieder verschiedener Bands in diversen Projekten miteinander auf der Bühne stehen, von „De Icco & The Stoolgang“ über „Ugly Fritz“ bis zu den „wilden Jungen“ von „A.I.D.S. – The Band“. Und großartige Musiker haben wir in St. Pölten immer schon gehabt: Helmut Scherner, Wolfgang Blaha, Reinhard Flatischler, Werner Sandhacker, Peter Pansky, Bernd Tenner, Mario Berger, Silvio Berger, Oliver Jung, Dieter Libuda, Georg Domböck, Sam Gilly, Johannes Maria Knoll, Martin Rotheneder, Paulus und Johannes Unterweger, Johannes Forstreiter, Gerald Schaffhauser, Harry Stöckl … die Aufzählung würde den Platz hier sprengen. Und da haben wir noch nicht mal von der äußerst lebendigen DJ-Szene gesprochen.
Aber zuerst nochmal ein Stück zurück – oder vor, nämlich von den 80ern in die 90er Jahre und was danach noch kam. Zuerst einmal kam Punk und in seinem Windschatten der Grunge und definierte für viele den Bandbegriff neu: nicht monatelang im Proberaum schwitzen, bevor man auf der Bühne das Erlernte darbietet, sondern gleich on Stage, roh und direkt. Virtuosität ist Nebensache, wenn nicht gar hinderlich. Bands und Bandprojekte schossen aus dem Boden, die Szene war bunt und vielfältig wie noch nie.
Mit der Ausdifferenzierung der Szene wuchs der Bedarf an Treffpunkten, man schielte nach Wien, nach Linz und Graz, wo die Punks, die Skater, die Rocker, die Elektroniker, die Heavy-Metaler und alle anderen ihre eigenen Locations hatten, in denen sie ihr cooles Wissen pflegten und vermehrten. St. Pölten war schließlich schon einige Zeit Landeshauptstadt, also wurde verglichen. Was hatten wir vorzuweisen?
Nun, das war überschaubar. Der Koll beim Alpenbahnhof, das Café Kuckucksnest am Mühlweg, ein paar Lokale, die sich bemühten und hin und wieder Konzerte veranstalteten, ein Jugendzentrum für kleinere Underground-Veranstaltungen und die Stadtsäle, wo ein paarmal im Jahr was Größeres stattfinden konnte. Relativ unbefriedigend für eine junge, hungrige Szene, die sich folgerichtig auch formierte und bei der Stadtpolitik ihre Forderung nach einer standesgemäßen Location deponierte. Zuerst in Gesprächen, dann in Form einer großen Demo vor dem Rathaus.
Um die Geschichte abzukürzen, nach einigen Planungen und Wirren wurde 2005 der frei:raum am Gelände des stillgelegten Schlachthofs eröffnet, aber schon zuvor entstanden einige Lokale und Bühnen durch Privatinitiative wie Drunter & Drüber, Egon, Warehouse, Underground, Salzamt. Und kreative Veranstalter wie dasProton, Rock’n’Roll Highschool, lames, Kuhbus oder Norbert „Pauli“ Bauer entwickelten neue Veranstaltungskonzepte in diesen und ganz neuen Locations. Die alte Dampfbäckerei, der ehemalige „Wintergarten“ in Ober-Grafendorf, das Gasthaus Kloiber in Karlstetten, die Kulturwerkstatt, überall fand die Szene temporär ihre Homebase. Mit der Öffnung des VAZ für (Groß-)Konzerte durch den ehemaligen „Büro V“-Leiter René Voak war auch dieses Segment abgedeckt.
Und es war auch Voak, der 2006 den großen Coup landete und das NUKE Festival sowie das Lovely Days Festival nach St. Pölten lotste, dem ab 2009 das Beatpatrol und das Frequency folgten.
Hier schließt sich für’s erste der Kreis „Vom Fünf-Uhr-Tee zum Frequency“, ein Rückblick auf sechs Jahrzehnte Musikszene in St. Pölten. Wenn Ihr Interesse geweckt ist, lassen Sie sich die gleichnamige Ausstellung nicht entgehen. Eröffnet wird am 27. April mit dem ersten Fünf-Uhr-Tee in St. Pölten seit Jahrzehnten. Welche Band spielen wird? So viel wird hier noch nicht verraten. Aber eines: „It’s gonna be legen… wait for it …dary! AUSSTELLUNG
„Vom Fünf-Uhr-Tee zum Frequency“, eine multimediale Retrospektive über sechs Jahrzehnte Musikszene St. Pölten im Parkhaus der im Bau befindlichen Landesstelle der Arbeiterkammer St. Pölten, Herzogenburgerstraße 10. Es erwarten Sie hunderte Großformatbilder, Videos und Artefakte von Bands, KünstlerInnen und Events von den 50er Jahren bis heute.
Von 27. April bis 15. September bei freiem Eintritt geöffnet, jeweils Fr/Sa/So und Feiertags von 14:00 - 21:00 Uhr. Beachten Sie die Ankündigungen für das Rahmenprogramm!
Wie so oft hatte auch hier der Erfolg mehrere Väter . Es gab ja schon Erfahrungen, auf die man aufbauen konnte, das Umfeld hatte bereits eine gewisse Professionalität entwickelt. So waren etwa die meisten Mitglieder von Espresso familiär vorbelastet – der Vater von Keyboarder Oliver Jung war selbst Musiker, der Bruder von Sänger Christian Deix – als Cartoonist weltberühmt – war Schlagzeuger bei „Top Secret“, der Bruder von Mario und Silvio Berger, Chico, war und ist selbst einer der bekanntesten Musiker der Stadt. In Kombination mit einem professionellen Management durch Edwin und Stefan Prochaska („2P Management“) waren das gute Voraussetzungen für den rasanten Erfolg. Die beiden Musikmanager nahmen auch Peter Pan unter ihre Fittiche. Paul Coxx wiederum wurde vom ehemaligen Sänger der „New Malformation“, Albin Wegerbauer, gemanagt. Und alle hatten sie viel von Ed Knappl, einem der Wegbereiter als Musiker und Manager, gelernt.
Und damit sind wir schon bei einer Besonderheit der St. Pöltner Musikszene, die beinahe, um es mit einem Wort aus dem Marketing zu benennen, ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Es gab nämlich bei aller Rivalität und kleineren Reibereien immer einen Zusammenhalt, einen Austausch und eine gegenseitige Unterstützung unter den Bands. Das geht so weit, dass Mitglieder verschiedener Bands in diversen Projekten miteinander auf der Bühne stehen, von „De Icco & The Stoolgang“ über „Ugly Fritz“ bis zu den „wilden Jungen“ von „A.I.D.S. – The Band“. Und großartige Musiker haben wir in St. Pölten immer schon gehabt: Helmut Scherner, Wolfgang Blaha, Reinhard Flatischler, Werner Sandhacker, Peter Pansky, Bernd Tenner, Mario Berger, Silvio Berger, Oliver Jung, Dieter Libuda, Georg Domböck, Sam Gilly, Johannes Maria Knoll, Martin Rotheneder, Paulus und Johannes Unterweger, Johannes Forstreiter, Gerald Schaffhauser, Harry Stöckl … die Aufzählung würde den Platz hier sprengen. Und da haben wir noch nicht mal von der äußerst lebendigen DJ-Szene gesprochen.
Aber zuerst nochmal ein Stück zurück – oder vor, nämlich von den 80ern in die 90er Jahre und was danach noch kam. Zuerst einmal kam Punk und in seinem Windschatten der Grunge und definierte für viele den Bandbegriff neu: nicht monatelang im Proberaum schwitzen, bevor man auf der Bühne das Erlernte darbietet, sondern gleich on Stage, roh und direkt. Virtuosität ist Nebensache, wenn nicht gar hinderlich. Bands und Bandprojekte schossen aus dem Boden, die Szene war bunt und vielfältig wie noch nie.
Mit der Ausdifferenzierung der Szene wuchs der Bedarf an Treffpunkten, man schielte nach Wien, nach Linz und Graz, wo die Punks, die Skater, die Rocker, die Elektroniker, die Heavy-Metaler und alle anderen ihre eigenen Locations hatten, in denen sie ihr cooles Wissen pflegten und vermehrten. St. Pölten war schließlich schon einige Zeit Landeshauptstadt, also wurde verglichen. Was hatten wir vorzuweisen?
Nun, das war überschaubar. Der Koll beim Alpenbahnhof, das Café Kuckucksnest am Mühlweg, ein paar Lokale, die sich bemühten und hin und wieder Konzerte veranstalteten, ein Jugendzentrum für kleinere Underground-Veranstaltungen und die Stadtsäle, wo ein paarmal im Jahr was Größeres stattfinden konnte. Relativ unbefriedigend für eine junge, hungrige Szene, die sich folgerichtig auch formierte und bei der Stadtpolitik ihre Forderung nach einer standesgemäßen Location deponierte. Zuerst in Gesprächen, dann in Form einer großen Demo vor dem Rathaus.
Um die Geschichte abzukürzen, nach einigen Planungen und Wirren wurde 2005 der frei:raum am Gelände des stillgelegten Schlachthofs eröffnet, aber schon zuvor entstanden einige Lokale und Bühnen durch Privatinitiative wie Drunter & Drüber, Egon, Warehouse, Underground, Salzamt. Und kreative Veranstalter wie dasProton, Rock’n’Roll Highschool, lames, Kuhbus oder Norbert „Pauli“ Bauer entwickelten neue Veranstaltungskonzepte in diesen und ganz neuen Locations. Die alte Dampfbäckerei, der ehemalige „Wintergarten“ in Ober-Grafendorf, das Gasthaus Kloiber in Karlstetten, die Kulturwerkstatt, überall fand die Szene temporär ihre Homebase. Mit der Öffnung des VAZ für (Groß-)Konzerte durch den ehemaligen „Büro V“-Leiter René Voak war auch dieses Segment abgedeckt.
Und es war auch Voak, der 2006 den großen Coup landete und das NUKE Festival sowie das Lovely Days Festival nach St. Pölten lotste, dem ab 2009 das Beatpatrol und das Frequency folgten.
Hier schließt sich für’s erste der Kreis „Vom Fünf-Uhr-Tee zum Frequency“, ein Rückblick auf sechs Jahrzehnte Musikszene in St. Pölten. Wenn Ihr Interesse geweckt ist, lassen Sie sich die gleichnamige Ausstellung nicht entgehen. Eröffnet wird am 27. April mit dem ersten Fünf-Uhr-Tee in St. Pölten seit Jahrzehnten. Welche Band spielen wird? So viel wird hier noch nicht verraten. Aber eines: „It’s gonna be legen… wait for it …dary! AUSSTELLUNG
„Vom Fünf-Uhr-Tee zum Frequency“, eine multimediale Retrospektive über sechs Jahrzehnte Musikszene St. Pölten im Parkhaus der im Bau befindlichen Landesstelle der Arbeiterkammer St. Pölten, Herzogenburgerstraße 10. Es erwarten Sie hunderte Großformatbilder, Videos und Artefakte von Bands, KünstlerInnen und Events von den 50er Jahren bis heute.
Von 27. April bis 15. September bei freiem Eintritt geöffnet, jeweils Fr/Sa/So und Feiertags von 14:00 - 21:00 Uhr. Beachten Sie die Ankündigungen für das Rahmenprogramm!