MFG - Vier Minuten der King
Vier Minuten der King


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Vier Minuten der King

Text Andreas Reichebner
Ausgabe 11/2014

Stehe da und hab eine Message!

Mit Bauchklang befindet sich Gerald Huber zurzeit im Pausenmodus, trotzdem treibt er gerade seinen kreativen und sozialvisionären Output beharrlich an die Grenze. Im Chor seiner schöpferischen Handlungen ragt dabei ein Soloprojekt ganz besonders hervor. Als „Schattenkoenig“ – einer kongenialen Mischung aus Alter Ego und Kunstfigur – betritt der St. Pöltner Musiker nun die Bühne.
„Beim  Schattenkoenig war zuerst die Musik, es gibt etwa schon ein fertiges Album“, skizziert Huber die anfängliche Phase seiner Kunstfigur, mit der er nun antritt auch gegen seine eigenen Schattenseiten anzukämpfen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Denn eigentlich ist der Ursprung in seiner Auseinandersetzung mit Elvis zu finden. „Ich habe viele Musikerbiografien, auch von Elvis, gelesen. Dabei bin ich in einem von mir entworfenen, chronologischen Tagebuch auf ein tiefenpsychologisches Bild von ihm gestoßen“, so Huber, dem sich Abgründe offenbarten, „Elvis war ja das erste Opfer des Unterhaltungskapitalismus.“ Geplagt vom eigenen und dem Druck von außen, „wurde Elvis ja von der Musikindustrie förmlich überrollt.“ Das Projekt „Ki!NG“ war geboren.

Götterdämmerung
Mit Bauchklang tunlichst vermieden – „wir waren nie Teil der industrialisierten Musikwelt, haben das Ding immer unter Kontrolle gehabt, der persönliche Kontakt zum Publikum war uns immer sehr wichtig“  – setzt sich Huber nun mit dem künstlichen Hype der Musikindustrie, dem Schleifen der temporär gepushten Künstlerinnen und Künstler durch die Gazetten und den austauschbaren Formaten wie „Deutschland sucht den Superstar“ auseinander.
Ein erheblicher Baustein in der Weiterentwicklung seiner Kunstfigur zum Schattenkoenig ist in der Begegnung mit der Theatermacherin Ivana Rauchmann auszumachen. Bei den Sommerfestspielen in Melk schmeckte Huber heuer das erste Mal in die Welt des Theaters hinein. In „Metropolis“ verfrachtete er etwa den Chor der Arbeiter in ein rhythmisiertes Gewand und stand selbst auf der Bühne. Dabei diagnostizierten Rauchmann und Huber, wie gut die Ideen und Texte ihres aktuellen Stückes mit seiner Musik zusammenpassen. Das Projekt „Götterdämmerung“, eine Theaterperformance über die Schattenseiten des Menschseins und die Frage nach einem höheren Sinn, wurde aus der Taufe gehoben. Fragen, wie „Was ist Glück? Welche Sehnsüchte haben die Menschen?“ werden, wie Huber betont „schwarzhumorig dargeboten.“ Premiere war in Villach, im Dezember ist das Teil in St. Pölten zu sehen.
„Im Stück selbst spielt der Schattenkoenig eine große Rolle, die Figur ist auf der Bühne zwar für die anderen Protagonisten nicht sichtbar, tätigt aber immer wieder Einwürfe, agiert auf einer anderen Ebene. Darüber kann man nachdenken oder auch nicht“, umreißt der umtriebige St. Pöltner Künstler seine Figur.   

Habe eine Message
„Eigentlich sollte ich jetzt neben dir als Schattenkoenig sitzen“, wirft er ins Gespräch mit dem mfg-Redakteur ein, den er zwecks Artikelfindung im Schanigarten eines St. Pöltner Kaffeehauses trifft, „aber das wäre vielleicht zu anmaßend, so in St. Pölten aufzutreten.“ Die Chuzpe etwa eines David Bowie, der seine Kunstfiguren schon seit Jahrzehnten zelebriert, hat er diesbezüglich noch nicht, aber Huber hat viel zu erzählen, via künstlerisches Alter Ego. „Aufgrund der Verwandlung und zum Beispiel durch den Einsatz einer tiefen Stimme kann ich andere Dinge von mir geben, vieles auf den Punkt bringen, das ich sonst nicht sagen könnte.“
Bei den Texten bedient er sich eines durchwegs hohen Interpretationsgrades. „Die Sachen kommen verschlüsselt daher. Ich genieße das, stehe auf der Bühne und habe eine Message.“ Immer schon ein Gegner der Gewinnmaximierung, kommt ihm sein sozialempfindliches, alternatives Gemüt hierbei zu Gute.
Denn, neben seinen vielen künstlerischen Projekten, hat Huber auch soziale Visionen. Gemeinsam mit seiner Frau Lena Weiderbauer und einem befreundeten Pärchen, Susanne Binder und Gebhart Fartacek, hat er VISCH, den Verein für integratives Schaffen gegründet. Seit geraumer Zeit sucht man einen Bauernhof in der Nähe von St. Pölten, in dem man ein alternatives Wohnprojekt starten will. „Gemeinsam mit geflüchteten Menschen wollen wir dort leben, im besten Fall haben wir drei Wohnbereiche mit einem Gemeinschaftsraum und Platz für Veranstaltungen, die Freizeit- und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten“, sinniert Huber über das integrativ, kreative Projekt, das gerade jetzt ein sehr brisantes Thema darstellt. „Meine soziale Seite habe ich noch nicht so richtig ausgelebt“, versucht Huber nun auf dem Eckpfeiler der Integration die ewige Forderung an sich selbst, nämlich politisch zu sein, umzusetzen. Allein, „die Kohle fehlt, aber vielleicht ist uns jemand wohlgesonnen, der uns bei der Bauernhoffindung etwas entgegenkommt.“ Durchaus positive Reaktionen von Bürgermeistern aus der Umgebung hat man schon erfahren, aber konkret ist leider noch nichts.

Künstlerischer Output
Zurück zum künstlerischen Ausstoß. Huber, der „extreme Teamplayer“, wie er selbst von sich sagt, ist gerade im Gespräch mit seinem „Uraltfreund aus Kirchberg“ Antonin B. Pevny, einem erfolgreichen internationalen Regisseur, um ein Video zum Schattenkoenig zu drehen. Zurzeit läuft sein Lied „In Pose“ auf FM4 und gemeinsam werkt Huber mit Flora Königsberger am „Chor 50 plus“ mit Homebase im Festspielhaus St. Pölten. „Das soll in erster Linie Spaß machen, eine spannende Geschichte mit einem hohen Energielevel. Ideal, um seine Ecken und Kanten auszuweiten.“ Daneben hält er Workshops in Sachen „Beatboxen“ ab und hat sich bei der Einspielung seines Albums – die ausschließlich vokalen Teile sind natürlich von ihm selbst dargeboten – seines kreativen Netzwerkes rund um Martin Rotheneder alias Ben Martin, Martin Scheer und Daniel Letschka bedient.
Auch der künstlerische Austausch mit seinen Kumpanen von Bauchklang funktioniert nach wie vor prächtig. Soeben steuert Bauchklang zur internationalen Jugendkonferenz „Was im Leben wirklich zählt“ einen Song als Auftragsarbeit bei. „Dabei geht es um Vermittlung von Werten abseits von Religiösem. Prominente Menschen erzählen bei der Konferenz, wie sie Probleme bewältigten, in Positives umwandelten. Bei unserem Lied haben wir den Zeigefinger natürlich hintan gelassen.“
Tröpferlweise macht nun Huber das Publikum auf seinen künstlerischen Output neugierig, neue Medien wie I-Tunes, Facebook, Spotify sind dabei seine Helfer. „Ich habe das Gefühl, mich bremst fast nichts“, strotzt Huber voll kreativer Energie, die sich im nächsten Jahr nicht nur in einem „großen Projekt“ entladen wird. Denn, „nur vier Minuten der King“, wie er im Lied „In Pose“ singt, sind ihm zu wenig, dann schon lieber nachhaltig.
SCHATTENKOENIG
www.schattenkoenig.at
„Götterdämmerung“ am 19. Dezember 2014 um 20 Uhr im frei:raum St. Pölten. info@freiraum-stp.com
EP Release: „Götterdämmerung“, 5.12.2014 (label: monkey.music)