#visitstpoelten – Ist St. Pölten einen Besuch wert?
Text
Georg Renner
, Jakob Winter
Ausgabe
GEORG RENNER
Der Wilhelmsburger arbeitet als Journalist bei der „Kleinen Zeitung“.
„Es müssen nicht alle nach St. Pölten kommen. Aber ein paar dürfen es schon sein.“
#visitstpoelten hieß der Hashtag, unter dem die Stadt vor einigen Wochen ihre neue Tourismus-Broschüre präsentiert hat. Nicht nur auf den ersten Blick hielten viele das für eine gelungene Satire, „hey, hey, Tagespresse“.
Ein Image wie jenes von St. Pölten – glanzlos, aber glanzstoff, sozusagen – wird man nicht so leicht los, und dementsprechend rangiert die Gemeinde unter den Landeshauptstädten auf dem letzten Platz, was den Wunsch angeht, sie einmal zu besuchen.
Klar, Wien ist es nicht, was das Leben angeht, auch kein Salzburg, was die Schönheit betrifft, und Innsbruck an den Bergen oder Klagenfurt am See schon gar nicht. Stadttouren hin, bemerkenswerte Barockbauten her: Klassische Wochenend-, Sightseeing- und Städtereisende wird man nach St. Pölten, sorry to say, selten bringen. Es ist eine schöne Stadt zum Leben, aber zum Bereisen eher nicht.
Heißt das, dass St. Pölten als Destination tot ist? Keineswegs. Wenn man Tourismus ein wenig weiter denkt als über die klassische Urlaubs- oder Wochenendreise hinaus, wird St. Pölten dann doch attraktiv. Dieser Tage werden wieder zehntausende Jugendliche und Junggebliebene zum Frequency pilgern und St. Pölten traumhafte Nächtigungszahlen bescheren zum Beispiel. Rund um Spartan Race und Triathlon nutzen Sportlerinnen und Sportler sonder Zahl die städtische Infrastruktur. Und auch Vortragende, Studenten und Gäste von FH-, Uni- und Seminarkursen brauchen Betten.
Und dann ist da noch die Kultur: Festspielhaus, Landestheater und Bühne im Hof können Magneten für Besucher aus Land und Großstadt sein – die Vorbereitung auf das Leider-Nein-Kulturhauptstadtjahr sollte auch die Anbindung an (Spät-)Züge und Shuttlebusse für diverse Events mitdenken.
Nein, eine Tourismusmetropole wird St. Pölten zu unseren Lebzeiten wohl nicht mehr werden – und das ist schon ok so. Aber ja, die Stadt hat ihre Stärken für manche Arten von Besuchern. Und die sollte es weiter ausbauen; also: #visit weiter.
JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.
„Urlaub in St. Pölten? Bleiben Sie lieber daheim!“
Das ist ein Aufruf an alle Nicht-St. Pöltner, die mit dem verrückten Gedanken spielen, die Stadt als Touristen zu besuchen – und sei es auch nur für einen Tag: Tun Sie das nicht! Im Ernst: Bleiben Sie lieber daheim.
Wenn Sie trotz aller Warnungen doch kommen, dann erzählen Sie bitte auf keinen Fall weiter, dass es hier eigentlich ganz fesch ist.
Langweilig, stinkig, provinziell – das ist das Bild, das viele Externe von den inneren Vorgängen St. Pöltens haben. Das kann sogar ein Asset sein: Schließlich macht einen guten Teil des Charmes der barocken Innenstadt aus, dass sich hier keine Touristenmassen aneinander vorbeischieben, sondern Locals entspannt flanieren. Die autofreien Plätze, deren Flächen immer mehr von den Tischen kleiner Lokale eingenommen werden, erinnern entfernt an südliche Plazas und Piazzas. Hier gibt es Urlaubsflair für Arme, die wenig Wert auf ausgedehntes Nachtleben legen.
Nicht auszudenken, wenn Wiener in Scharen die Badeseen im Norden der Stadt zum Plantschen entdeckten, die – ich sollte es hier gar nicht erwähnen – auch noch kostenlos sind. Oder wenn sie den von Künstlerkollektiven besetzten Sonnenpark zu ihrem Rückzugsort erklärten. In Wien sind die Kämpfe um Freiräume wie die Arena oder das WUK bestenfalls Nostalgie, im Sonnenpark lebt noch der Geist der Aufmüpfigkeit. Das würde so manchem Großstädter gefallen. Das würde St. Pölten aber auch zu dem machen, was der frühere Wiener Grünen-Politiker Christoph Chorherr einmal zugespitzt formulierte: „Wiens 24. Bezirk“.
Die Chancen stehen gut, dass das noch ein bisschen dauert. Denn wer sich St. Pölten zum ersten Mal von außen nähert, der wird eine unspektakuläre Stadt vorfinden, die arm an eindrucksvollen Sehenswürdigkeiten ist, die an einer Kreuzung hässlich und an der nächsten wundervoll sein kann. Eine Stadt, die zwar kulturell und kulinarisch inzwischen einiges zu bieten hat – deren Lebensqualität sich aber kaum bei einem Städtetrip erschließt. Vermutlich ist auch das ganz gut so.
#visitstpoelten hieß der Hashtag, unter dem die Stadt vor einigen Wochen ihre neue Tourismus-Broschüre präsentiert hat. Nicht nur auf den ersten Blick hielten viele das für eine gelungene Satire, „hey, hey, Tagespresse“.
Ein Image wie jenes von St. Pölten – glanzlos, aber glanzstoff, sozusagen – wird man nicht so leicht los, und dementsprechend rangiert die Gemeinde unter den Landeshauptstädten auf dem letzten Platz, was den Wunsch angeht, sie einmal zu besuchen.
Klar, Wien ist es nicht, was das Leben angeht, auch kein Salzburg, was die Schönheit betrifft, und Innsbruck an den Bergen oder Klagenfurt am See schon gar nicht. Stadttouren hin, bemerkenswerte Barockbauten her: Klassische Wochenend-, Sightseeing- und Städtereisende wird man nach St. Pölten, sorry to say, selten bringen. Es ist eine schöne Stadt zum Leben, aber zum Bereisen eher nicht.
Heißt das, dass St. Pölten als Destination tot ist? Keineswegs. Wenn man Tourismus ein wenig weiter denkt als über die klassische Urlaubs- oder Wochenendreise hinaus, wird St. Pölten dann doch attraktiv. Dieser Tage werden wieder zehntausende Jugendliche und Junggebliebene zum Frequency pilgern und St. Pölten traumhafte Nächtigungszahlen bescheren zum Beispiel. Rund um Spartan Race und Triathlon nutzen Sportlerinnen und Sportler sonder Zahl die städtische Infrastruktur. Und auch Vortragende, Studenten und Gäste von FH-, Uni- und Seminarkursen brauchen Betten.
Und dann ist da noch die Kultur: Festspielhaus, Landestheater und Bühne im Hof können Magneten für Besucher aus Land und Großstadt sein – die Vorbereitung auf das Leider-Nein-Kulturhauptstadtjahr sollte auch die Anbindung an (Spät-)Züge und Shuttlebusse für diverse Events mitdenken.
Nein, eine Tourismusmetropole wird St. Pölten zu unseren Lebzeiten wohl nicht mehr werden – und das ist schon ok so. Aber ja, die Stadt hat ihre Stärken für manche Arten von Besuchern. Und die sollte es weiter ausbauen; also: #visit weiter.
JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.
„Urlaub in St. Pölten? Bleiben Sie lieber daheim!“
Das ist ein Aufruf an alle Nicht-St. Pöltner, die mit dem verrückten Gedanken spielen, die Stadt als Touristen zu besuchen – und sei es auch nur für einen Tag: Tun Sie das nicht! Im Ernst: Bleiben Sie lieber daheim.
Wenn Sie trotz aller Warnungen doch kommen, dann erzählen Sie bitte auf keinen Fall weiter, dass es hier eigentlich ganz fesch ist.
Langweilig, stinkig, provinziell – das ist das Bild, das viele Externe von den inneren Vorgängen St. Pöltens haben. Das kann sogar ein Asset sein: Schließlich macht einen guten Teil des Charmes der barocken Innenstadt aus, dass sich hier keine Touristenmassen aneinander vorbeischieben, sondern Locals entspannt flanieren. Die autofreien Plätze, deren Flächen immer mehr von den Tischen kleiner Lokale eingenommen werden, erinnern entfernt an südliche Plazas und Piazzas. Hier gibt es Urlaubsflair für Arme, die wenig Wert auf ausgedehntes Nachtleben legen.
Nicht auszudenken, wenn Wiener in Scharen die Badeseen im Norden der Stadt zum Plantschen entdeckten, die – ich sollte es hier gar nicht erwähnen – auch noch kostenlos sind. Oder wenn sie den von Künstlerkollektiven besetzten Sonnenpark zu ihrem Rückzugsort erklärten. In Wien sind die Kämpfe um Freiräume wie die Arena oder das WUK bestenfalls Nostalgie, im Sonnenpark lebt noch der Geist der Aufmüpfigkeit. Das würde so manchem Großstädter gefallen. Das würde St. Pölten aber auch zu dem machen, was der frühere Wiener Grünen-Politiker Christoph Chorherr einmal zugespitzt formulierte: „Wiens 24. Bezirk“.
Die Chancen stehen gut, dass das noch ein bisschen dauert. Denn wer sich St. Pölten zum ersten Mal von außen nähert, der wird eine unspektakuläre Stadt vorfinden, die arm an eindrucksvollen Sehenswürdigkeiten ist, die an einer Kreuzung hässlich und an der nächsten wundervoll sein kann. Eine Stadt, die zwar kulturell und kulinarisch inzwischen einiges zu bieten hat – deren Lebensqualität sich aber kaum bei einem Städtetrip erschließt. Vermutlich ist auch das ganz gut so.