Stolz und Vorurteil
Text
Michael Müllner
Ausgabe
Die Regenbogenfahne am Rathaus stärkt diskriminierten Menschen den Rücken, zugleich provoziert sie Polemik und stößt Diskussionen an. Die jungen Gemeindepolitiker Florian Krumböck und Michael Kögl erzählen ihre eigenen LGBTIQ-Geschichten. Und die Diözese weist einen polemischen Pfarrer zurecht.
Der Juni steht weltweit im Zeichen der LGBTIQ-Community, einer zunehmend breiten Bevölkerungsgruppe, der sich bi- und homosexuelle, ebenso wie intersexuelle und transsexuelle Menschen zugehörig fühlen. Das, was im Englischen mit dem Ausdruck als „queer“ einen Bogen spannt, würde sich ins Deutsche wohl am besten als positiv gemeintes „Anderssein“ übersetzen lassen. Und diese positive Grundhaltung steht im Mittelpunkt dieser Geschichte. Dass man sich nicht schämen muss, für sich selbst. Als im Juni 2020 das ganze Land versuchte die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen, waren auch viele Veranstaltungen und Aktivitäten der LGBTIQ-Community abgesagt. So auch das jährliche Highlight dieser Szene, die Regenbogenparade im Rahmen der Vienna Pride. Dennoch sollte ein Lebenszeichen gesetzt werden. Der SPÖ-Gemeinderat Michael Kögl schlug St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler vor, die Regenbogenfahne am Rathaus zu hissen. In dieselbe Kerbe schlug auch der ÖVP-Gemeinderat Florian Krumböck, der in der Kronenzeitung anregte, am Rathaus die bunte Fahne zu hissen.
Mitte Juni war es dann soweit und die Fahne hing am Rathaus. Die NÖN berichteten darüber mit einem Foto von Bürgermeister Stadler, Gemeinderat Kögl und der Leiterin des St. Pöltner Büros für Diversität, Martina Eigelsreiter. Die Fahne sei als Zeichen gegen Diskriminierung und für Toleranz gedacht. Doch nicht alle hatten damit ihre Freude. Der St. Pöltner FPÖ-Stadtrat Klaus Otzelberger empfand „diesen Akt als deplatziert“, wie die Wochenzeitung berichtete. Vielmehr wünsche er sich eine Fahne für jene Menschen, die keinen Anspruch auf ihre Besonderheit stellen und in ihrer Normalität einfach ihren Alltag meistern. Auf Facebook legte er nach: Die wahren Helden seien jene, die nicht um jeden Preis beachtet werden müssten.
Doch was will die Fahne wirklich erreichen und warum haben manche offenbar ein Problem mit diesem Stück Stoff? Für Florian Krumböck ist die gehisste Regenbogenfahne ein Zeichen der Sichtbarkeit. Gerade als alles andere abgesagt werden musste, war es sein Ziel im Kleinen vorzupreschen und mit diesem Stück Stoff einen Beitrag zu leisten, dass sich Menschen bestärkt und weniger allein fühlen: „Natürlich würde ich mir wünschen, dass Symbole wie die Regenbogen-Fahne am Rathaus nicht mehr nötig wären, wenn das Miteinander in der Gesellschaft wirklich funktionieren würde. Aber ein Viertel der queeren Menschen verschweigt sich selbst am Arbeitsplatz. Das sind Menschen, die sich nicht trauen ein Bild ihres geliebten Partners am Schreibtisch aufzustellen. Eben, weil es noch immer nicht egal ist, wen man liebt.“ Und deshalb überbringt die Fahne für Krumböck zwei ganz wichtige Botschaften. Zum ersten nach innen, an die LGBTIQ-Szene selbst: „Du bist nicht allein und in unserer Stadt ist es okay, dass du so bist, wie du bist.“ Die zweite Botschaft geht nach außen und sagt sinngemäß: „Debattieren wir, was noch nicht gut genug läuft.“ Umfragen zeigen, dass mehr Sichtbarkeit auch zur echten Verbesserung der Lebenssituation beiträgt.
Mitte Juni war es dann soweit und die Fahne hing am Rathaus. Die NÖN berichteten darüber mit einem Foto von Bürgermeister Stadler, Gemeinderat Kögl und der Leiterin des St. Pöltner Büros für Diversität, Martina Eigelsreiter. Die Fahne sei als Zeichen gegen Diskriminierung und für Toleranz gedacht. Doch nicht alle hatten damit ihre Freude. Der St. Pöltner FPÖ-Stadtrat Klaus Otzelberger empfand „diesen Akt als deplatziert“, wie die Wochenzeitung berichtete. Vielmehr wünsche er sich eine Fahne für jene Menschen, die keinen Anspruch auf ihre Besonderheit stellen und in ihrer Normalität einfach ihren Alltag meistern. Auf Facebook legte er nach: Die wahren Helden seien jene, die nicht um jeden Preis beachtet werden müssten.
Doch was will die Fahne wirklich erreichen und warum haben manche offenbar ein Problem mit diesem Stück Stoff? Für Florian Krumböck ist die gehisste Regenbogenfahne ein Zeichen der Sichtbarkeit. Gerade als alles andere abgesagt werden musste, war es sein Ziel im Kleinen vorzupreschen und mit diesem Stück Stoff einen Beitrag zu leisten, dass sich Menschen bestärkt und weniger allein fühlen: „Natürlich würde ich mir wünschen, dass Symbole wie die Regenbogen-Fahne am Rathaus nicht mehr nötig wären, wenn das Miteinander in der Gesellschaft wirklich funktionieren würde. Aber ein Viertel der queeren Menschen verschweigt sich selbst am Arbeitsplatz. Das sind Menschen, die sich nicht trauen ein Bild ihres geliebten Partners am Schreibtisch aufzustellen. Eben, weil es noch immer nicht egal ist, wen man liebt.“ Und deshalb überbringt die Fahne für Krumböck zwei ganz wichtige Botschaften. Zum ersten nach innen, an die LGBTIQ-Szene selbst: „Du bist nicht allein und in unserer Stadt ist es okay, dass du so bist, wie du bist.“ Die zweite Botschaft geht nach außen und sagt sinngemäß: „Debattieren wir, was noch nicht gut genug läuft.“ Umfragen zeigen, dass mehr Sichtbarkeit auch zur echten Verbesserung der Lebenssituation beiträgt.
Role Model
Früher war Homosexualität an sich noch ein großes Thema und deren Darstellung in der Populärkultur verkrampft und skandalbehaftet, etwa wenn man an den ersten Kuss zwischen zwei Männern im deutschen Vorabendfernsehen („Lindenstraße“, 1987) denkt. In Folge gab es sogar Morddrohungen gegen die Darsteller. Die heutige Netflix-Generation wächst mit Erfolgsformaten auf, in denen queere Liebesbeziehungen nicht abgefahrener sind als die ihrer Hetero-Freunde. Wesentlichen Beitrag zur Sichtbarkeit der LGBTIQ-Szene leisten naturgemäß jene Vertreter der Szene selbst, die sich öffentlich zu ihrem Liebesleben äußern. Doch nicht nur Leinwand-Heldinnen und Musik-Stars taugen als „role model“. Auch dem St. Pöltner Gemeinderat, also der lokalen Volksvertretung gehören zwei Männer an, die Männer lieben.
Florian Krumböck ist wohl der erste offen homosexuelle Gemeinderat St. Pöltens. Über seinen Weg als schwuler Mann in die Politik spricht er offen, auch wenn er das Thema eigentlich „nie an die große Glocke gehängt hat.“ Eher unabsichtlich denkt er irgendwann darüber nach, was passieren würde, wenn er mit seinem Partner zu einem offiziellen Termin gehen würde. Da steht für ihn fest: „Es geht um mein persönliches Glück. Ich bin gerne Politiker. Und ich bin gerne glücklich. Also war mir klar, dass ich das unter einen Hut bringen muss und dass es da nichts zu verstecken gibt. Zudem möchte ich meinen Partner auch in mein politisches Leben einbinden und ihn keinesfalls verstecken.“ Ein Outing mit großem Knall gab es nicht. Nach den Freunden erfuhr es die Familie, später die Parteikollegen, an die große Glocke hängte er seine sexuelle Orientierung nicht. Sie ist einfach, wie sie ist – und eigentlich gar kein großes Thema. Krumböck: „Jeder muss selbst entscheiden, ob man als schwuler Politiker sichtbar sein will. Meiner Meinung nach ist es sehr gut, wenn man sichtbar ist, denn somit rücken Homosexuelle zunehmend in die Mitte der Gesellschaft und dadurch verschwinden Berührungsängste. Mein unverkrampfter Umgang kann hoffentlich ein bisschen helfen, andere auf ihrem Weg zum Glücklichsein zu bestärken.“ Sehr geholfen habe ihm dabei, dass seine Familie stets hinter ihm und seiner sexuellen Orientierung stand. „Es gab in meinem Umfeld immer schon homosexuelle Paare, also das war für uns jetzt auch nicht so unglaublich neu. Dennoch ist es ein Privileg, wenn du in der Familie Rückhalt genießt.“
Beruflich sei seine Homosexualität nie ein wirkliches Thema gewesen: „In meiner Partei gibt es viele Homosexuelle, wir sind in der Mitte der Gesellschaft. Auch Homophobie kommt in allen Parteien und Schichten vor. Es ist auch kein Widerspruch konservativ und gleichzeitig für die Ehe für alle zu sein. Familie als Keimzelle der Gesellschaft soll natürlich auch Männern offenstehen!“
Warum dann gerade aus dem rechten politischen Spektrum gerne gegen LGBTIQ-Themen aufgetreten wird? „Weil es der FPÖ immer ums Gegeneinander geht. Sie macht Politik indem sie Gruppen ausspielt. Beim Pride Month geht es genau ums Gegenteil, ums Gleichsein. Darum verstehen die Freiheitlichen das Thema einfach nicht.“ Und auch wenn sich in weiten Teilen der Bevölkerung mittlerweile das Verständnis für LGBTIQ-Themen durchsetzt, so gebe es seiner Wahrnehmung nach Gesellschaftsschichten „wo wir mit dem Thema noch nicht durch sind.“
Früher war Homosexualität an sich noch ein großes Thema und deren Darstellung in der Populärkultur verkrampft und skandalbehaftet, etwa wenn man an den ersten Kuss zwischen zwei Männern im deutschen Vorabendfernsehen („Lindenstraße“, 1987) denkt. In Folge gab es sogar Morddrohungen gegen die Darsteller. Die heutige Netflix-Generation wächst mit Erfolgsformaten auf, in denen queere Liebesbeziehungen nicht abgefahrener sind als die ihrer Hetero-Freunde. Wesentlichen Beitrag zur Sichtbarkeit der LGBTIQ-Szene leisten naturgemäß jene Vertreter der Szene selbst, die sich öffentlich zu ihrem Liebesleben äußern. Doch nicht nur Leinwand-Heldinnen und Musik-Stars taugen als „role model“. Auch dem St. Pöltner Gemeinderat, also der lokalen Volksvertretung gehören zwei Männer an, die Männer lieben.
Florian Krumböck ist wohl der erste offen homosexuelle Gemeinderat St. Pöltens. Über seinen Weg als schwuler Mann in die Politik spricht er offen, auch wenn er das Thema eigentlich „nie an die große Glocke gehängt hat.“ Eher unabsichtlich denkt er irgendwann darüber nach, was passieren würde, wenn er mit seinem Partner zu einem offiziellen Termin gehen würde. Da steht für ihn fest: „Es geht um mein persönliches Glück. Ich bin gerne Politiker. Und ich bin gerne glücklich. Also war mir klar, dass ich das unter einen Hut bringen muss und dass es da nichts zu verstecken gibt. Zudem möchte ich meinen Partner auch in mein politisches Leben einbinden und ihn keinesfalls verstecken.“ Ein Outing mit großem Knall gab es nicht. Nach den Freunden erfuhr es die Familie, später die Parteikollegen, an die große Glocke hängte er seine sexuelle Orientierung nicht. Sie ist einfach, wie sie ist – und eigentlich gar kein großes Thema. Krumböck: „Jeder muss selbst entscheiden, ob man als schwuler Politiker sichtbar sein will. Meiner Meinung nach ist es sehr gut, wenn man sichtbar ist, denn somit rücken Homosexuelle zunehmend in die Mitte der Gesellschaft und dadurch verschwinden Berührungsängste. Mein unverkrampfter Umgang kann hoffentlich ein bisschen helfen, andere auf ihrem Weg zum Glücklichsein zu bestärken.“ Sehr geholfen habe ihm dabei, dass seine Familie stets hinter ihm und seiner sexuellen Orientierung stand. „Es gab in meinem Umfeld immer schon homosexuelle Paare, also das war für uns jetzt auch nicht so unglaublich neu. Dennoch ist es ein Privileg, wenn du in der Familie Rückhalt genießt.“
Beruflich sei seine Homosexualität nie ein wirkliches Thema gewesen: „In meiner Partei gibt es viele Homosexuelle, wir sind in der Mitte der Gesellschaft. Auch Homophobie kommt in allen Parteien und Schichten vor. Es ist auch kein Widerspruch konservativ und gleichzeitig für die Ehe für alle zu sein. Familie als Keimzelle der Gesellschaft soll natürlich auch Männern offenstehen!“
Warum dann gerade aus dem rechten politischen Spektrum gerne gegen LGBTIQ-Themen aufgetreten wird? „Weil es der FPÖ immer ums Gegeneinander geht. Sie macht Politik indem sie Gruppen ausspielt. Beim Pride Month geht es genau ums Gegenteil, ums Gleichsein. Darum verstehen die Freiheitlichen das Thema einfach nicht.“ Und auch wenn sich in weiten Teilen der Bevölkerung mittlerweile das Verständnis für LGBTIQ-Themen durchsetzt, so gebe es seiner Wahrnehmung nach Gesellschaftsschichten „wo wir mit dem Thema noch nicht durch sind.“
Sichtbar sein
Zurück zur Regenbogenfahne am St. Pöltner Rathaus. Auch wenn Krumböck diese medial als Erster gefordert hat, gehisst wurde sie letztlich auf Initiative von Michael Kögl, der erst im Februar 2020 als Mandatar der SPÖ in den Gemeinderat nachgerückt ist. Während der Oppositionspolitiker Krumböck also medial forderte, ging Kögl zu „seinem“ Bürgermeister und konnte rasch Fakten schaffen: „Das Schwierigste war so rasch eine passende Fahne zu bekommen, damit sie noch an jenem Wochenende hängen konnte, an dem eigentlich die Regenbogenparade hätte stattfinden sollen.“ Die Idee hatte er schon länger, nun sei es aber einfach an der Zeit gewesen um „Sichtbarkeit zu schaffen und Unterstützung zu zeigen, gerade für junge Leute: Ihr könnt hier ohne Angst so leben, wie ihr wollt. Die Stadt steht an eurer Seite und zeigt das für alle sichtbar am wichtigsten Repräsentationsort, dem Rathaus.“
Doch selbst die gleichmachende Fahne musste scheinbar Parteigrenzen respektieren. Am offiziellen Pressefoto der Stadt wird sie nur von Bürgermeister Matthias Stadler, Initiator Michael Kögl und der Leiterin des städtischen Büros für Diversität Martina Eigelsreiter in die Kamera gehalten. Was wäre das für ein Hingucker gewesen, wenn das verbindende Thema auch den Oppositionspolitiker Florian Krumböck zum gemeinsamen Fotoshooting geladen hätte? Die Beteiligten betonen, das Foto entstand kurzfristig und Corona-bedingte Abstandsregeln verhinderten viel mehr Leute am Foto. Außerdem sei kein parteipolitisches Geplänkel gewollt. Kögl: „Ich hatte gar nicht am Schirm, dass Krumböck zu dem Thema aktiv war, er wurde sicher nicht geschnitten. Ich würde gerne in Zukunft gemeinsame Aktionen mit ihm planen, immerhin kenn ich ihn schon seit vielen Jahren aus unserer Zeit als Schülervertreter. Und außerdem: Die Fahne hängt ja nicht für uns Gemeinderäte!“
Zurück zur Regenbogenfahne am St. Pöltner Rathaus. Auch wenn Krumböck diese medial als Erster gefordert hat, gehisst wurde sie letztlich auf Initiative von Michael Kögl, der erst im Februar 2020 als Mandatar der SPÖ in den Gemeinderat nachgerückt ist. Während der Oppositionspolitiker Krumböck also medial forderte, ging Kögl zu „seinem“ Bürgermeister und konnte rasch Fakten schaffen: „Das Schwierigste war so rasch eine passende Fahne zu bekommen, damit sie noch an jenem Wochenende hängen konnte, an dem eigentlich die Regenbogenparade hätte stattfinden sollen.“ Die Idee hatte er schon länger, nun sei es aber einfach an der Zeit gewesen um „Sichtbarkeit zu schaffen und Unterstützung zu zeigen, gerade für junge Leute: Ihr könnt hier ohne Angst so leben, wie ihr wollt. Die Stadt steht an eurer Seite und zeigt das für alle sichtbar am wichtigsten Repräsentationsort, dem Rathaus.“
Doch selbst die gleichmachende Fahne musste scheinbar Parteigrenzen respektieren. Am offiziellen Pressefoto der Stadt wird sie nur von Bürgermeister Matthias Stadler, Initiator Michael Kögl und der Leiterin des städtischen Büros für Diversität Martina Eigelsreiter in die Kamera gehalten. Was wäre das für ein Hingucker gewesen, wenn das verbindende Thema auch den Oppositionspolitiker Florian Krumböck zum gemeinsamen Fotoshooting geladen hätte? Die Beteiligten betonen, das Foto entstand kurzfristig und Corona-bedingte Abstandsregeln verhinderten viel mehr Leute am Foto. Außerdem sei kein parteipolitisches Geplänkel gewollt. Kögl: „Ich hatte gar nicht am Schirm, dass Krumböck zu dem Thema aktiv war, er wurde sicher nicht geschnitten. Ich würde gerne in Zukunft gemeinsame Aktionen mit ihm planen, immerhin kenn ich ihn schon seit vielen Jahren aus unserer Zeit als Schülervertreter. Und außerdem: Die Fahne hängt ja nicht für uns Gemeinderäte!“
Thematisieren, normalisieren
Auch Michael Kögl gibt ein spannendes „role model“, obwohl wohl viele gar nicht wissen, mit wem er zusammenlebt: „Ich bin sicher nicht als schwuler Politiker gelabelt, obwohl ich meine sexuelle Orientierung nie verborgen habe. Als Sozialdemokrat stehe ich sowieso für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung, also dafür bräuchte es gar nicht meine persönliche Situation. Bei offiziellen Anlässen ist mein Umgang unverkrampft – wenn mein Freund möchte, nehme ich ihn gerne mit. So gesehen gibt es auch genug Fotos von uns als Paar. Ich äußere mich auch zu LGBTIQ-Themen, aber ich bin kein Feigenblatt, jedmand der sich nur zu diesem Thema äußert.“ Seine Homosexualität sieht er kaum als großes Thema in seiner Politiker-Laufbahn: „Ich erinnere mich aber an eine Schuldiskussion anlässlich der letzten Landtagswahl, in der ein freiheitlicher Kandidat meinte, nur heterosexuelle Paare könnten eine Familie gründen. Da wird es dann schon persönlich und emotional und ich fragte ihn direkt, ob er wirklich der Meinung ist, dass es mir nicht zusteht eine Familie zu haben? Das ist dann wahre Politik, wenn man Leuten gegenübersitzt und über bloße Parolen hinweg die Folgen von Politik diskutieren kann.“
Womit wir wieder bei den Kritikern der Fahnen-Aktion wären. So wünscht sich Klaus Otzelberger „Fahnen für normale Menschen, etwa für alleinerziehende Mütter, die ihren Alltag meistern, ohne dass groß über sie geredet würde.“ Kann Kögl nachvollziehen, was Otzelberger stört? „Nein, das verstehe ich nicht. Ich habe selten so eine blöde Argumentation gehört. Wir haben ihm nichts weggenommen und wir wollten ihm keine Angst machen. Wenn man ein Zeichen für eine Gruppe setzt, schadet man damit ja nicht anderen. Wenn die Fahne nicht am Rathaus hängt, hilft das der Alleinerziehenden ja auch nicht. Tatsache ist, dass die ganze LGBTIQ-Community von Diskriminierung betroffen ist. Nach wie vor ist es schwierig für Betroffene, weil sie marginalisiert werden. Darum ist jeder Beitrag zur Sichtbarkeit wichtig um das Thema zu normalisieren.“
Wie schaffte er den Sprung vor den Vorhang, quasi das politische Coming-out? „Ich bin seit 16 Jahren politisch aktiv, vor ungefähr zehn Jahren begann ich mit Freunden und Familie, später dann in der Partei darüber zu reden. Ich habe heute kein Problem damit zu sagen, dass ich mit einem Mann zusammen bin. Aber es ist nicht mein zweiter Satz. In meiner politischen Laufbahn hatte ich damit nie Probleme, außer vielleicht bei Diskussionen mit Rechten.“
Wie lassen sich die Probleme dieser Community lösen? Ist Homophobie ein Generationenthema, ist die jüngere Generation aufgeschlossener? „Ich bin überzeugt, dass auch ältere Leute sehr lernfähig sind, also denke ich nicht, dass es mit Generationen zu tun hat. Homophobie ist eher ein Bildungsproblem, weil viel nicht thematisiert wird, was sehr in die Bildungspolitik reinspielt. Ich denke da an Entrüstungsstürme, wenn man im Bildungswesen Sexualität anspricht. Das ist das ursprünglichste Problem überhaupt: Was geschieht mit meinem Körper? Vor fünf Jahren war ich freiwillig beim Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen und habe mit geflohenen Menschen gearbeitet. Meine Erfahrung ist: Es gibt oft einen kulturellen Rucksack, den man mit sich trägt. Themen wie Homosexualität oder Frausein waren zwar nie ein Problem, aber oft ein großes Thema. Es ist wichtig, dass wir klar sagen, was hier bei uns normal und voll okay ist. Dann wird das auch akzeptiert. Oder dass man zum Nachdenken über Sprache anregt. Was das bedeutet, wenn man beispielsweise die Wörter ‚schwul‘ oder ‚behindert‘ abfällig einsetzt. Das lässt sich mit vernünftigen Gesprächen oft schnell auflösen.“
Auch Michael Kögl gibt ein spannendes „role model“, obwohl wohl viele gar nicht wissen, mit wem er zusammenlebt: „Ich bin sicher nicht als schwuler Politiker gelabelt, obwohl ich meine sexuelle Orientierung nie verborgen habe. Als Sozialdemokrat stehe ich sowieso für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung, also dafür bräuchte es gar nicht meine persönliche Situation. Bei offiziellen Anlässen ist mein Umgang unverkrampft – wenn mein Freund möchte, nehme ich ihn gerne mit. So gesehen gibt es auch genug Fotos von uns als Paar. Ich äußere mich auch zu LGBTIQ-Themen, aber ich bin kein Feigenblatt, jedmand der sich nur zu diesem Thema äußert.“ Seine Homosexualität sieht er kaum als großes Thema in seiner Politiker-Laufbahn: „Ich erinnere mich aber an eine Schuldiskussion anlässlich der letzten Landtagswahl, in der ein freiheitlicher Kandidat meinte, nur heterosexuelle Paare könnten eine Familie gründen. Da wird es dann schon persönlich und emotional und ich fragte ihn direkt, ob er wirklich der Meinung ist, dass es mir nicht zusteht eine Familie zu haben? Das ist dann wahre Politik, wenn man Leuten gegenübersitzt und über bloße Parolen hinweg die Folgen von Politik diskutieren kann.“
Womit wir wieder bei den Kritikern der Fahnen-Aktion wären. So wünscht sich Klaus Otzelberger „Fahnen für normale Menschen, etwa für alleinerziehende Mütter, die ihren Alltag meistern, ohne dass groß über sie geredet würde.“ Kann Kögl nachvollziehen, was Otzelberger stört? „Nein, das verstehe ich nicht. Ich habe selten so eine blöde Argumentation gehört. Wir haben ihm nichts weggenommen und wir wollten ihm keine Angst machen. Wenn man ein Zeichen für eine Gruppe setzt, schadet man damit ja nicht anderen. Wenn die Fahne nicht am Rathaus hängt, hilft das der Alleinerziehenden ja auch nicht. Tatsache ist, dass die ganze LGBTIQ-Community von Diskriminierung betroffen ist. Nach wie vor ist es schwierig für Betroffene, weil sie marginalisiert werden. Darum ist jeder Beitrag zur Sichtbarkeit wichtig um das Thema zu normalisieren.“
Wie schaffte er den Sprung vor den Vorhang, quasi das politische Coming-out? „Ich bin seit 16 Jahren politisch aktiv, vor ungefähr zehn Jahren begann ich mit Freunden und Familie, später dann in der Partei darüber zu reden. Ich habe heute kein Problem damit zu sagen, dass ich mit einem Mann zusammen bin. Aber es ist nicht mein zweiter Satz. In meiner politischen Laufbahn hatte ich damit nie Probleme, außer vielleicht bei Diskussionen mit Rechten.“
Wie lassen sich die Probleme dieser Community lösen? Ist Homophobie ein Generationenthema, ist die jüngere Generation aufgeschlossener? „Ich bin überzeugt, dass auch ältere Leute sehr lernfähig sind, also denke ich nicht, dass es mit Generationen zu tun hat. Homophobie ist eher ein Bildungsproblem, weil viel nicht thematisiert wird, was sehr in die Bildungspolitik reinspielt. Ich denke da an Entrüstungsstürme, wenn man im Bildungswesen Sexualität anspricht. Das ist das ursprünglichste Problem überhaupt: Was geschieht mit meinem Körper? Vor fünf Jahren war ich freiwillig beim Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen und habe mit geflohenen Menschen gearbeitet. Meine Erfahrung ist: Es gibt oft einen kulturellen Rucksack, den man mit sich trägt. Themen wie Homosexualität oder Frausein waren zwar nie ein Problem, aber oft ein großes Thema. Es ist wichtig, dass wir klar sagen, was hier bei uns normal und voll okay ist. Dann wird das auch akzeptiert. Oder dass man zum Nachdenken über Sprache anregt. Was das bedeutet, wenn man beispielsweise die Wörter ‚schwul‘ oder ‚behindert‘ abfällig einsetzt. Das lässt sich mit vernünftigen Gesprächen oft schnell auflösen.“
Des Teufels Meme
Schnell gelöst war auch eine weitere Aufregung. Kurz nachdem die Regenbogenfahne am Rathaus gehisst war, hängte der Rektor der St. Pöltner Prandtauerkirche als Reaktion einen Zettel in seinen Schaukasten, der einen regenbogenfarbenen Wolf im Schafspelz zeigte. Die wenig subtile Botschaft: Die Gefahr für die Herde geht vom schwulen Wolf aus, der vorgibt nur lieb um Gleichberechtigung zu fragen, während er aber in Wahrheit alle auffressen will. Der Wirbel war vorprogrammiert und vielleicht sogar gewollt. In einer ersten Reaktion wurde der Aushang um eine „Erklärung“ ergänzt, die aber alles noch zweifelhafter machte. Die Reaktion der Diözese fiel dafür umso klarer aus. Der Pfarrer musste Zettel samt Erklärung abnehmen, die offizielle Kirchenleitung stellt nach einer Entschuldigung klar: Der Blick von Seelsorgern auf die Lebensrealität von Menschen müsse verständnisvoll, breit und dialogisch sein. Und: „Gerade weil Sexualität zutiefst persönlich und ganzheitlich den Menschen betrifft, umfasst unser Verständnis von Diskurs und Dialog jedenfalls keine Aushangzetteln mit solch fragwürdigen Inhalten; in Bezug auf die Lebensführung der Menschen ist jede Polemik abzulehnen.“ Ein Statement, das auch Vertreter der LGBTIQ-Community als beachtlich klar und händereichend aufgefasst haben. Florian Krumböck etwa meint, „die Aussage der Diözese und ihre Positionierung gegen jede Polemik zählt wesentlich mehr als der ursprüngliche Aushang.“
Wo kommen wir nun also zum Stehen, am Ende des Regenbogens? Bei Menschen, die lieben, wen sie lieben. Bei zeitweise weithin sichtbaren Symbolen, die jenen Mut machen wollen, die im Alltag oft Angst erleben. Und bei vielfältigen Reaktionen darauf, wenn sich eine Minderheit zur Abwechslung ins Bewusstsein ruft. Ab hier liegt die Reaktion dann übrigens nur mehr an uns selbst.
LGBTIQ – BITTE, WAS?
Das Akronym LGBT steht für homosexuelle (Lesbian, Gay) und bisexuelle Menschen sowie für Transgender. Verwendet wird es seit den 1990er-Jahren um auf gemeinsame Interessen dieser Bevölkerungsgruppe hinzuweisen. Mit der Zeit wurde häufig ein I für intersexuelle Menschen eingefügt. Das Q steht für „questioning“ im Sinne von auf der Suche sein oder für „queer“ im Sinne eines positiv gemeinten Andersseins.
FAKTEN ZU LGBTIQ
• 39% der homosexuellen Paare in Österreich vermeiden oft oder immer in der Öffentlichkeit Hände zu halten.
• 19% vermeiden oft oder immer, aus Angst dort angegriffen zu werden, bestimmte Gebiete.
• Nur 55% zeigen immer offen, dass sie Teil der LGBTIQ-Community sind. 20% fühlten sich deswegen im letzten Jahr am Arbeitsplatz diskriminiert. 40% empfanden sich in zumindest einem Bereich des öffentlichen Lebens deswegen diskriminiert.
• 41% der jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahre haben in ihrer Schulzeit nicht über ihr LGBTIQ-Sein gesprochen.
• 54% denken, dass Vorurteile und Intoleranz gegenüber LGBTIQ in den letzten fünf Jahren zurückgegangen sind.
Quelle: EU LGBTI Survey II, Länderdaten für Österreich 2020, European Union Agency for Fundamental Rights.
Schnell gelöst war auch eine weitere Aufregung. Kurz nachdem die Regenbogenfahne am Rathaus gehisst war, hängte der Rektor der St. Pöltner Prandtauerkirche als Reaktion einen Zettel in seinen Schaukasten, der einen regenbogenfarbenen Wolf im Schafspelz zeigte. Die wenig subtile Botschaft: Die Gefahr für die Herde geht vom schwulen Wolf aus, der vorgibt nur lieb um Gleichberechtigung zu fragen, während er aber in Wahrheit alle auffressen will. Der Wirbel war vorprogrammiert und vielleicht sogar gewollt. In einer ersten Reaktion wurde der Aushang um eine „Erklärung“ ergänzt, die aber alles noch zweifelhafter machte. Die Reaktion der Diözese fiel dafür umso klarer aus. Der Pfarrer musste Zettel samt Erklärung abnehmen, die offizielle Kirchenleitung stellt nach einer Entschuldigung klar: Der Blick von Seelsorgern auf die Lebensrealität von Menschen müsse verständnisvoll, breit und dialogisch sein. Und: „Gerade weil Sexualität zutiefst persönlich und ganzheitlich den Menschen betrifft, umfasst unser Verständnis von Diskurs und Dialog jedenfalls keine Aushangzetteln mit solch fragwürdigen Inhalten; in Bezug auf die Lebensführung der Menschen ist jede Polemik abzulehnen.“ Ein Statement, das auch Vertreter der LGBTIQ-Community als beachtlich klar und händereichend aufgefasst haben. Florian Krumböck etwa meint, „die Aussage der Diözese und ihre Positionierung gegen jede Polemik zählt wesentlich mehr als der ursprüngliche Aushang.“
Wo kommen wir nun also zum Stehen, am Ende des Regenbogens? Bei Menschen, die lieben, wen sie lieben. Bei zeitweise weithin sichtbaren Symbolen, die jenen Mut machen wollen, die im Alltag oft Angst erleben. Und bei vielfältigen Reaktionen darauf, wenn sich eine Minderheit zur Abwechslung ins Bewusstsein ruft. Ab hier liegt die Reaktion dann übrigens nur mehr an uns selbst.
LGBTIQ – BITTE, WAS?
Das Akronym LGBT steht für homosexuelle (Lesbian, Gay) und bisexuelle Menschen sowie für Transgender. Verwendet wird es seit den 1990er-Jahren um auf gemeinsame Interessen dieser Bevölkerungsgruppe hinzuweisen. Mit der Zeit wurde häufig ein I für intersexuelle Menschen eingefügt. Das Q steht für „questioning“ im Sinne von auf der Suche sein oder für „queer“ im Sinne eines positiv gemeinten Andersseins.
FAKTEN ZU LGBTIQ
• 39% der homosexuellen Paare in Österreich vermeiden oft oder immer in der Öffentlichkeit Hände zu halten.
• 19% vermeiden oft oder immer, aus Angst dort angegriffen zu werden, bestimmte Gebiete.
• Nur 55% zeigen immer offen, dass sie Teil der LGBTIQ-Community sind. 20% fühlten sich deswegen im letzten Jahr am Arbeitsplatz diskriminiert. 40% empfanden sich in zumindest einem Bereich des öffentlichen Lebens deswegen diskriminiert.
• 41% der jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahre haben in ihrer Schulzeit nicht über ihr LGBTIQ-Sein gesprochen.
• 54% denken, dass Vorurteile und Intoleranz gegenüber LGBTIQ in den letzten fünf Jahren zurückgegangen sind.
Quelle: EU LGBTI Survey II, Länderdaten für Österreich 2020, European Union Agency for Fundamental Rights.