Wirt & Winzer
Text
Beate Steiner
Ausgabe
Michael Nährer ist bodenständiger Wirt, Star-Koch, Wein-Entdecker, kulinarischer Schatzsucher, Genuss-Philosoph.
Die Stimmung ist sensationell. Auf einer Bretter-Bühne rocken Clara Luzia und ihre Band in voller Lautstärke, davor tanzen begeisterte Fans, manche mit umgebundener Gastro-Schürze, mittendrin Wirt Mike Nährer. Der Gastgeber schaffte es, bei seinem Event „Rock & Wein“, die Gäste mit feinem Fingerfood zu verwöhnen, besonderen Wein auszuschenken und samt seinem Team Spaß zu haben. Und damit Teil der NÖ-Tourismusserie „Kultur bei Winzerinnen und Winzern“ zu sein.
Haubenkoch Mike Nährer ist Winzer? Richtig, mit Unterstützung, und ein ganz besonderer. Er hat nicht mehr bewirtschaftete Gärten rund um sein Haus gefunden, mit uralten überwachsenen Rebstöcken. Und weil Mike Nährer ein Schatzsucher ist, der sich freut, wenn er Vergessenes wiederbeleben – und verkochen – kann, wollte er herausfinden, wie Wein im Traisental schmeckt und schmeckte. Denn hier, zwischen der Donau und den Alpen, wurde schon vor tausenden von Jahren Wein gekeltert, hier wurden die ältesten Weinsamen Österreichs gefunden.
Mike Nährer hat die mehr als 70 Jahre alten Rebstöcke in den „Vergessenen Gärten“ rund um Rassing revitalisiert, sie tragen jetzt wieder g‘schmackige Trauben. Aus den unterschiedlichen Weiß- und Rotweinsorten keltert Nährer mit Winzer Tom Dockner und Weinspezialist Jürgen Leithameyer außergewöhnliche „Gemischte Sätze“, die ihren Geschmack aus tiefverwurzelten Reben ziehen. Nährers Weine werden von Kennern geschätzt und mittlerweile auch in Berlin und Basel ausgeschenkt. „Jede Riede schmeckt anders. Die Weine sind authentisch, aber nicht vom ersten Schluck an gefällig, sie haben Ecken und Kanten. Bei mir muss Spannung und Abwechslung drin sein“, so Nährer. Und Geschmack: „Es geht immer ums Schmecken und Abschmecken“.
Selbstverständlich auch bei den Gerichten, die in der Nährerschen Küche kreiert werden, aus dem, „was die Natur uns vergibt, mit Putz und Stingel“ und mit einem hochgelobten Gespür für das Zusammenspiel von Aromen, für das Mike Nährer als „Junger Wilder“ ausgezeichnet wurde.
Gewohnter und überraschender Geschmack aus lokalen Produkten
Begonnen hat die kulinarische Laufbahn des Mike Nährer im elterlichen Gasthaus. Seine ersten Salzburger Nockerl zauberte der spätere Starkoch bereits mit acht Jahren. „Da hab‘ ich entdeckt, dass Speisen einmal so und einmal so schmecken können, und ich habe das dann selbst ausprobiert.“
Nach der Tourismusschule folgten Lehrjahre in „tollen Betrieben in der Wachau und dann im Taubenkobel im Burgenland. Da habe ich Faszinierendes über Aromen und Texturen gelernt.“ Bei Ferran Adria, dem wohl einflussreichsten Koch der letzten Jahrzehnte, absolvierte Mike Nährer ein Praktikum. „Das habe ich aus eigener Kraft geschafft, weil ich einen Wettbewerb gewonnen habe.“ Der junge Koch eignete sich damals viel Wissen aus Büchern an, auch aus spanischen, „ich habe Wort für Wort übersetzt.“ Schon vorher hatte Mike Nährer bei Marc Veyrat in Frankreich eine einfache Küche aus besten regionalen Produkten entdeckt. Und das setzt er seit einigen Jahren mit Begeisterung und Erfolg im Traisental um, bringt Gerichte auf die Teller, die gewohntem Geschmack eine eigene Note geben. „Zum Kochen gehört dazu, dass Rezepte ihre Wirkung verlieren“, philosophiert Mike Nährer. Er hat sich viel mit Aromen beschäftigt, die hier zuhause sind, die unsere Gegend prägen. Und er weiß, dass es im Mostviertel sehr viele Produkte in überdurchschnittlicher Qualität gibt.
Mit diesen lokalen Lebensmitteln starteten Mike Nährer und einige neugierige und ausgezeichnete Kollegen ein kulinarisches Experiment, die Mostviertler Feldversuche. Die Köche experimentieren mit den bekannten Produkten, manchmal an außergewöhnlichen Orten, oft gemeinsam. Und die Gäste dürfen das Ergebnis testen und genießen.
Saisonale Schmankerl im Jahreszeiten-Gasthaus
Seine Grundprodukte bezieht Mike Nährer von Biobauern aus der Umgebung, von regionalen Fischzüchtern, von lokalen Produzenten. „Das sind Partnerschaften auf Augenhöhe, mit gegenseitiger Wertschätzung. Wenn es deinen Nachbarn gut geht, geht es dir auch gut.“ Jetzt, im Spätsommer, stehen zum Beispiel Eierschwammerl-Cremesuppe, Paradeiserraritäten-Salat und Sommertrüffel-Nudeln auf der Speisekarte im Nährerschen Gasthaus. Aber auch traditionelles Rieslingbeuscherl, Mostviertler Krenfleisch und Kalbsbutterschnitzel. „Ich bin keiner, der Trends nachläuft“, sagt der Wirt, der überzeugt ist, dass ehrlich gekochte Küche Bestand hat, weil Geschmäcker Emotionen hervorrufen und Erinnerungen, etwa an Omas Topfenknödeln. „Da sieht man dann freudiges Glitzern in den Augen“, strahlt der Koch.
Das neue Lokal: Gläsernes Gartenhaus in den vergessenen Gärten
Ab Herbst servieren Mike Nährer und sein Team ihre Schmankerl – mit „Weinglas auf Augenhöhe mit dem Teller“ – im neu gebauten Gasthaus, in dem Mike Nährer seine Vision als Koch und Gastgeber verwirklicht und das Clara Luzia quasi noch als Baustelle zur Bühne gemacht hat.
Der große offene Gastraum ist ein riesiges gläsernes Gartenhaus in den vergessenen Gärten, in dem das Draußen mit Obst, Gemüse und Blütenpflanzen und das Drinnen mit gemütlichen Holzbänken und Tischen optisch verschmelzen und so die Jahreszeiten spürbar werden. Wie bei den Speisen von Mike Nährer: „Möglich wär‘ ja alles, aber bei mir kommen Erdbeeren im Winter nicht auf den Teller.“
TOURISMUS-GRANDEN BEI ROCK & WEIN ÜBER MIKE NÄHRER
„Jung, wild, experimentierfreudiger Koch“
Michael Duscher, Geschäftsführer NÖ-Werbung
„Begnadeter Koch, der sogar aus Dachs ein schmackhaftes Gericht zaubert.“
Andreas Purt, Geschäftsführer Mostviertel Tourismus
„Innovativer, bodenständiger Highend-Gastronom“
Stefan Bauer, Tourismusdirektor St. Pölten