MFG - Weltenklang made in STP
Weltenklang made in STP


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Weltenklang made in STP

Text Johannes Reichl
Ausgabe 06/2024

Mittlerweile ist er ja so etwas wie ein verlorener Sohn, zog Dietmar „Hasi“ Haslinger doch vor gut einem Jahr in den Raum Baden, wenngleich er regelmäßig in seine hometown St. Pölten zurückkehrt. Ebendort schlug vor 30 Jahren die Geburtsstunde seiner Agentur „Weltenklang“.

Und weil niemand besser beschreiben kann, wie das damals von statten ging, sei anbei ein launiges Mail des Kulturveranstalters himself wiedergegeben, das er unlängst in den Internet-Äther schleuderte: „Vor 30 Jahren, als ich das St.Pöltner Höfefest veranstaltete, kontaktierte mich der Veranstalter des damals legendären ‚Folkfestival Mistelbach‘ Otmar Biringer, ob ich Interesse hätte, mit ihm einen irischen Sänger einzufliegen, den er am Tönder Festival in Dänemark gehört habe. Er würde mir eine Kassette (!) mit Songs schicken ... die Kassette (hab sie noch vor Augen – eine 90-er Maxell) kam eine Woche später, ich war am Weg nach Wien und steckte sie im Mazda 323 Kombi in den – richtig – Kassettenrecorder ... Dann kam ... „There were roses“ ... und ich war gefangen! Gespannt auf den nächsten Song kam dann aber NICHTS mehr, ok ... „There were Roses” zurückgespult und nochmals angehört, und nochmals, und nochmals … bis ich in Auhof nach Wien einfuhr. Vor Schönbrunn blieb ich in der Hadikgasse bei einer Telefonzelle (! Ja, auch die gabs damals noch, das Mobiltelefonzeitalter steckte noch nicht mal in den Kinderschuhen, sondern war ein Fötus) stehen, wählte Otmars Nummer und fixierte unser Vorhaben, Sean Keane gemeinsam einzufliegen – fürs Höfefest und fürs Folkfest Mistelbach.
Ungefähr zur selben Zeit lernte ich auch die Holmes Brothers kennen. Sean Keane bat mich dann beim Höfefest sein österreichischer Agent zu werden, ich kündigte meinen Job als Bar-Mann im „Narrnkastl” – der Rest ist Geschichte ...“

4.000 Konzerte
Eine, die durchaus beachtlich ist. So hat Hasi in diesen 30 Jahren rund 4.000 Konzerte in ganz Europa und Kanada als Agent und Veranstalter auf die Beine gestellt – bis heute versorgt er auch seine Heimatstadt regelmäßig mit gediegenen Konzerten. Legendär die Konzerte der grandiosen Holmes Brothers, von denen leider nur mehr Sherman lebt. „Die Holmes Brothers und Weltenklang waren ein enges, untrennbares Geflecht. Sie waren meine erste Band, mit der ich – neben Sean Keane – 1994 zu arbeiten begonnen habe, und sie haben mir auch die Türen zu Peter Gabriel geöffnet, bei dem ich 1995 eine Woche lang in den Real World Studios verbringen durfte. Wir haben auf 16 Tourneen in 20 Jahren 225 Tage unseres Lebens gemeinsam verbracht!“, so Hasi, der aber auch über die Zusammenarbeit mit anderen Musikgrößen ins Schwärmen gerät „etwa mit Dire Straits-Gründer David Knopfler oder Grammy-Gewinnerin Catherine Russell, die auf drei Welttourneen und einigen Alben in David Bowies Band arbeitete, oder Odetta, eine der legendärsten Figuren der amerikanischen Civil Rights Movement, die 1954 ihr erstes Album einspielte und von Bob Dylan, Joan Baez oder Janis Joplin als wichtigster Einfluss genannt wurde!“ Als Glücksfall, ja Privileg bezeichnet er zudem, „dass ich noch mit der ‚alten Garde‘ des Blues arbeiten durfte, etwa bei unvergesslichen Konzerten mit Clarence „Gatemouth” Brown, Grammy-Star Buckwheat Zydeco aus New Orleans oder dem damals bereits 84-jährigen Robert Lockwood jr., Jahrgang 1915!“
Dabei war Hasis „Weltenklang“ immer mehr als nur ein schöner Name, sondern quasi Programm schlechthin. Neben Blues made in USA „oder fast dem gesamten Folk-Zirkus Irlands, Schottlands und Kanadas“ gesellte sich im Laufe der Jahre Musik rund um den Erdball hinzu. „Unvergessen ist natürlich meine 20-jährige Verbundenheit mit dem italienischen Cantautore Giorgio Conte“, Weltenklang zählte aber auch zu den ersten Agenturen „die beim Balkan-Boom der 1990er dabei war und Blasmusik-Ziganis aus Rumänien, Serbien und Mazedonien nach Österreich holte. Und auch zur Popularität des Lissabonner ‚Fado‘ oder des westafrikanischen Sahara-Blues habe ich wesentlich mit beigetragen“, meint Hasi nicht ohne Stolz. 

Auf einen Tee mit Johnny Depp
Zugleich liebte er in seiner Arbeit in der Musikbranche schon immer auch die positiven Nebengeräusche, etwa das Kennenlernen außergewöhnlicher, ja berühmter Persönlichkeiten. „Über die vielen Jahre in der Szene lernt man halt auch schillernde Figuren kennen, wie etwa Joe Strummer von The Clash, mit dem ich mir einige Nächte um die Ohren schlagen durfte, oder den Fotografen der Rolling Stones Dominique Tarle, der die ikonenhaftesten Fotos der Band überhaupt geschossen hat, nämlich 1971 während ihres halbjährigen Steuer-Exils an der Côte d‘Azur!“ Ein paar Bierchen zwitscherte er auch mit Robert Redford „in London beim von ihm veranstalteten Placebo-Konzert im Rahmen des Sundance Film Festivals“, und einmal – ohne es gleich zu merken – saß er im Zuge der Real World Recording Week in Peter Gabriels Real World Studio in Südengland am selben Frühstückstisch mit Johnny Depp und Kate Moss, „und dann rührt man Johnny den Tee“, lacht er. Grund abzuheben seien derlei Erlebnisse aber nicht, wie er einräumt, wenngleich sie natürlich schön sind. „Das werden dann eben ‚normal life‘-Begegnungen, da ja all diese Damen und Herren letztendlich absolut genauso ticken wie Du und ich! Und als Trauzeugen hat man dann eben den Gitarristen John Doyle, der einige Jahre musikalischer Direktor von Joan Baez war und zuletzt mit Eric Clapton und Ronnie Wood in den Apple Studios aufgenommen hat.“