Zum Dreissiger
Ausgabe
Zum unglaublichen dreißigsten Geburtstag muss es sein – das perfekte Kleid. Eins, das aussagt: Ich weiß, was ich will, bin erwachsen, sehe blendend aus, stehe fest auf meinen eigenen zwei Beinen und feiere trotzdem total ab. Best friend Sil kommt extra angeflogen, damit nichts schiefgeht. Gemeinsam shoppen: Tag eins zählt nicht – klar, dass wir es da noch nicht finden. Was wir finden: Stripperinnenbekleidung sowie Girliekleidchen, in denen ich recht deplatziert wirke. Batik wird von vornherein ausgeschlossen und in dem Babydoll mit Schleife fühle ich mich wie ein lebendiges Mon Cheri. Tag zwei. Trendige Stores, feine Stoffe. Problem: alles zu teuer. Auch, wenn ich weiß, was ich will, bin ich immer noch Studentin… Tag drei endlich wächst er vor uns aus dem Boden: der perfekte Laden. Die perfekten Kleider. Farbenfroh, leistbar und trotzdem nicht mal auf den dritten Blick billig. Sil atmet auf, ich jubiliere. Eins nach dem anderen wird anprobiert. Eins nach dem anderen scheidet aus. „Für was produzieren die Idioten heutzutage eigentlich“, fauche ich nach einer halben Stunde entnervt, „für Puppen?“ – „Es gab Zeiten“, höre ich von der anderen Seite der schrecklichen Umkleidekabine, „da hattest du kein Problem mit XS.“ – „Es gab auch Zeiten“, brumme ich, angestrengt, da ich mich gerade aus dem fünften extra mini Minischlauch zu befreien versuche, „da habe ich gedacht, Courtney Love wäre ein Vorbild.“ Endlich Tag vier: Happy Birthday in den alten Lieblingsjeans. Ich weiß, was ich will, bin erwachsen, sehe blendend aus, stehe fest auf meinen eigenen zwei Beinen und feiere trotzdem total ab. Aber zum unglaublichen einunddreißigsten Geburtstag muss es dann sein – das perfekte Kleid.