MFG - Wir jammern auf sehr hohem Niveau!
Wir jammern auf sehr hohem Niveau!


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Wir jammern auf sehr hohem Niveau!

Ausgabe 03/2010

Sechs Jahre ist er nun bald Bürgermeister. Matthias Stadler hat einen großen Teil seines Arbeitsprogramms abgearbeitet und sitzt fest im Sattel der St. Pöltner SPÖ. Schon wird gemunkelt, dass es nach der Wahl 2011 abgeht in die Bundespolitik. Doch wie fällt seine persönliche Bilanz als Stadtoberster aus? MFG bat zum Gespräch.

Als am Stadtrand von St. Pölten Werbeplakate aufgestellt wurden, wonach Baden die schönere Stadt sei, gingen die Wogen hoch. Waren die Reaktionen nicht überzogen?
Als ich von dieser Tafel gehört hab, war mir sofort klar, dass die Wellen hochgehen werden. Da wollten uns die Badener beim Stadtstolz treffen, einem ohnedies sensiblen Thema. Die Aktion war jedenfalls wenig ausgeklügelt, wir wollen als St. Pölten nicht in andere Gemeinderatswahlen hineingezogen werden. Und das Vorgehen entspricht auch nicht dem respektvollen Umgang der Städte untereinander, wie ich ihn kenne. Man soll sich nicht auf Kosten des anderen profilieren. Alles in allem eine unüberlegte Aktion – aber vielleicht hatten das die Verantwortlichen in Baden ja nötig…

Sie haben von einem sensiblen Thema für St. Pölten gesprochen. Warum eigentlich? Haben wir zu wenig Selbstbewusstsein, um solche Provokationen zu ignorieren?
Im Gegenteil, ich werte das sogar als positives Zeichen! Ich glaube da hat sich einfach gezeigt, dass die St. Pöltner sehr wohl stolz sind auf ihre Stadt und dieser Stolz – der sonst vielleicht eher unauffällig dahinschlummert – wurde eben durch die Plakat-Aktion geweckt.

Wenn die FPÖ mit ihren Plakaten gegen einzelne Randgruppen der Gesellschaft polarisiert und polemisiert, regt sich aber scheinbar niemand auf? Ist das nicht bedenklich?
So ist es nicht, dass man das unwidersprochen zur Kenntnis nimmt. Ich verfolge auch diese Plakatierungen und finde sie nicht korrekt. Zwar wird argumentiert, dass auch viele Nicht-St. Pöltner in die Stadt kommen und darum auch für Wahlkämpfe außerhalb von St. Pölten bei uns geworben werden kann. Aber ich sehe vielmehr die Bundespräsidentenwahl als Motiv, dass man hier auch schon jetzt in St. Pölten Stimmung macht. Diesbezüglich werden wir unsere städtischen Plakatierungs-Regeln überdenken, um das in Nichtwahlkampfzeiten zu unterbinden.
Zum Inhalt dieser dümmlichen, emotionalen Wahlkämpfe: Ich bedaure sehr, dass diese leider mit Wahlerfolg bestätigt werden. Ich bin überzeugt, dass ein parteipolitischer Wahlkampf nicht alles darf. Hetze gegen Minderheiten oder Randgruppen – oder das Ausspielen von Städten – kann nicht toleriert werden. Dieses Brunnenvergiften um jeden Preis ist tatsächlich ein Problem. Ich verleugne nicht, dass wir unsere Hausaufgaben machen müssen, etwa im Bereich der Migration, aber bitte differenziert. Und wir müssen uns schon die Frage stellen, warum gerade dieses „Vereinfachen“ und „Ausspielen“ auf so fruchtbaren Boden fällt. Beispielsweise bei den Jugendlichen und Migranten müssen wir die Probleme an den Wurzeln packen und uns damit auseinandersetzen. Vieles kann hier nicht auf der kommunalen Ebene der Gemeindeverwaltung passieren, da muss auch Land und Bund die Verantwortung wahrnehmen. Nicht für alles ist der Bürgermeister verantwortlich.

Ist es nicht so, dass gerade die SPÖ im Gegensatz zu früher viele Aktionen der FPÖ gewähren und sich treiben lässt, anstatt klar Konter zu geben?
Gerade in Zeiten wie diesen geht es mehr denn je um die Grundwerte der SPÖ. Ich bin überzeugt, dass sich die Wirtschafts- und Finanzkrise noch gar nicht spürbar auf alle Ebenen durchgeschlagen hat. Heikel wird es, wenn die Leute kein Arbeitslosengeld mehr bekommen und von der Nothilfe nicht mehr anständig leben können. Wenn sich Teile der Gesellschaft den täglichen Einkauf nicht mehr leisten können, dann sind wir bei der Frage, was das soziale bzw. solidarische Gewissen der Gesellschaft ausmacht! Spenden ist schön und gut, aber wenn es darum geht solidarisch einen Beitrag zu leisten für die Gesellschaft, dann wird es spannend. Fragen sie mal die Leute auf der Straße, wer das Gros der Personen stellt, die den SOMA-Markt besuchen: Da werden die meisten auf die Migranten tippen. Tatsächlich sind es aber Bezieherinnen von Mindestpensionen!
Zur FPÖ. Es ist leider sehr leicht mit populistischen, reißerischen Sagern in die Medien zu kommen, viel leichter als mit Sachthemen. Da sind auch die Medien gefordert. Nehmen Sie nur das Thema Baden: Wie oft bin ich zu diesen Plakaten befragt worden, in der Hoffnung auf eine Schlagzeile? Wenn ich aber sage, dass wir auch 2010 keine Kürzungen bei den Sozialausgaben in St. Pölten schaffen werden, dann bringt mir das keine Headline.
   
Die SPÖ scheint trotzdem in einer Sinnkrise, wie Initiativen wie „SPÖ Linke“ vermitteln. Sie haben die Grundwerte der Partei angesprochen – wofür steht die SPÖ heute eigentlich genau?
Ich würde sagen, die soziale Komponente in all ihren Facetten. Vor dem Hintergrund von nationalem bis faschistischem Gedankengut haben wir den Auftrag dafür zu sorgen, dass die demokratischen Werte nicht ins Wanken kommen. Wohin das führen kann, haben wir schon einmal erlebt. H.C. Strache macht mir natürlich Sorgen, da muss die SPÖ darauf reagieren. Ein großer Teil der Jugend ist ihm ja mit seinen Sagern durchaus auf den Leim gegangen. Wir müssen klarmachen, wofür wir stehen. Und dass man in einer Koalitionsregierung im Sinne des staatlichen Gesamtwohles auch Kompromisse eingehen muss, nicht 100 Prozent der eigenen Linie durchbringt. Diese Kompromisse werden einem oft als Schwäche ausgelegt.

Sind Sie eigentlich mit der Performance der SPÖ unter Faymann zufrieden? Von der notwendigen großen Koalition mit breiter Mehrheit für die großen Würfe ist ja nicht viel zu sehen.
Das Problem ist, dass die Stimmung nicht stimmt. Da gehört endlich mehr Staatsräson her, auch bei der Opposition, die nicht einfach bei jedem heiklen Thema auf Konfrontation gehen darf! Eine offene Diskussion über Standpunkte zu unterschiedlichen Themen, von Steuererhöhungen bis zur Staatsreform. Keiner sagt offen, dass sich das bisschen Wachstum nie ausgehen kann, um die vorhandenen Lücken im Budget zu schließen.

Kann es sich auf der kommunalen Ebene ausgehen?
Nein. Mit dem, was die Gemeinde leisten muss nicht. Da geht es um eine gerechte Aufteilung der Bundesertragsanteile und so weiter. Wir haben alleine aus dieser wichtigsten Einnahmequelle von 2009 auf 2010 minus 15,4% verloren. Es ist meiner Meinung nach daher fahrlässig von der Opposition, wenn immer ein Aufschrei kommt, sobald man heikle Themen anspricht. Natürlich hat jeder seine Position, aber man muss auch mal im Sinne des Ganzen Kompromisse eingehen können.

Am 9. Juli 2010 sind sie sechs Jahre Bürgermeister. Die Vorbereitungen für Ihre Wiederwahl im Oktober 2011 nehmen langsam Formen an, die SPÖ verschickt Fragebögen und ein Unterstützungskomitee bereitet sich vor. Wie würden Sie Ihre bisherige Performance beurteilen?
Grundsätzlich lernt man immer dazu. Ich würde sagen, ich habe sogar etliches dazugelernt. Es ist ja keine neue Erkenntnis, dass man nachher immer klüger ist. Manche Dinge würde ich heute anders angehen. Der wesentliche Hintergrund für mich ist aber mein Wahlprogramm. Darauf bin ich stolz, denn sehr vieles von dem, was ich versprochen habe, habe ich auch gehalten.
Meine ganze Administration ist ständig gefordert, die werden das stöhnend bestätigen können (lacht). Auch die eigene Fraktion steht unter Druck. Mir geht vieles zu langsam. Ich hätte nicht geglaubt, wie langwierig oft die Details bei Entscheidungsprozessen sind.
Ein Indikator für mich ist auch die Opposition. Wenn wir nicht so gut unterwegs wären, dann hätten die anderen Parteien wohl mehr gegen mich vorzubringen als plumpe Stehsätze.
Eines ist klar: Die nächsten Jahre werden eklatant schwieriger. Die Krise ist nicht vorbei! Die gesamte Gesellschaft wird kräftig daran zu löffeln haben, was uns da manche eingebrockt haben. Alles wird kurzlebiger, es ist fast unmöglich über mehrere Jahre zu planen. Vor diesem Hintergrund müssen wir unsere Hausaufgaben machen, nicht nur in St. Pölten, auch im Städtebund bzw. wenn es darum geht bei Land und Bund Stimmung für die Städte zu machen. Auf dieser Ebene werden einzelne kosmetische Tropfen nicht helfen, da bedarf es großer Würfe, etwa der Verwaltungsreform. Und es darf nicht auf Kosten der Kommunen gehen, die brauchen Spielraum, um investieren zu können – jeder weiß um die wichtigen Effekte auf die Gesamtwirtschaft. Ein stupides Zurückfahren von Ausgaben – sprich bei Leistungen für den Bürger – ist sicher keine Alleinlösung! Und ich möchte nicht Situationen erleben wie zuletzt bei einem Dresden-Besuch, wo  nach 20 Uhr die öffentliche Beleuchtung abgeschaltet wird, weil es sich die Stadt nicht mehr leisten kann.

Hat St. Pölten nicht das typisch österreichische Problem, dass in den letzten Jahren der Hochkonjunktur und sprudelnder Steuereinnahmen strukturelle Reformen verschlafen wurden?
Das denke ich nicht. Wir haben sicher nicht geprasst. Rund die Hälfte unserer Schulden im Bereich der Hoheitsverwaltung kommt aus dem Bereich Krankenhaus. Seit wir die Trägerschaft ans Land abgegeben haben, sehen wir, dass dennoch dieselben Probleme geblieben sind, das Land hat einfach nur einen längeren Atem. Es bedarf in der Frage der Spitalsfinanzierung und des Gesundheitswesens allgemein einer prinzipiellen Reform, da wurden die Hausaufgaben bislang nicht gemacht auf übergeordneter Ebene. Wenn wir keine Zwei-Klassen-Medizin wollen, wird das eines der bestimmenden Themen der Zukunft sein.
Im Magistrat selbst haben wir sehr wohl gehandelt. Abteilungen wurden zusammengelegt, die Organisation gestrafft – das ganze halt relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit. Früher hatte der Hilfsdienst rund 25 Mitarbeiter, jetzt sind es drei oder vier. Früher gab es 15 Abteilungen, jetzt gibt es nur mehr fünf Fachbereiche und fünf Stabsstellen. Also da muss man die Kirche im Dorf lassen. Dazu kommt, dass wir auf Kommunalebene durch neue Gesetze auch mehr Arbeit bekommen haben, etwa beim Fremdenwesen. Keine Frage, viele Dinge haben wir uns auch gewünscht, wie etwa kleinere Kindergartengruppen – aber das hat natürlich Auswirkungen: Wir haben zuletzt 24 neue Kindergartengruppen geschaffen, das heißt auch 24 neue Kindergartenbetreuer! Das erhöht die Personalkosten gewaltig. Schließlich werden auch Behördenverfahren immer komplizierter und kostenintensiver, wo uns nicht zuletzt die Haftungsfrage beschäftigt. Ich kann ja nicht z. B. einfach beim Streudienst im Winter einsparen. Was, wenn jemand stürzt? Wobei da frag ich mich schon oft, wo wird der Rechtsstaat und die Haftung übertrieben, wo müsste man an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen appellieren. Einen Schuldigen um jeden Preis gibt’s halt nicht immer.

Kommen wir zu einem Punkt, der derzeit für heftige Diskussionen sorgt. Viele kleine Kulturinitiativen verstehen nicht, dass ihre Förderungen gekürzt werden, aber in den Ausbau des ohnedies höchst erfolgreichen Cinema Paradiso neuerlich viel Steuergeld fließen soll. Sie sind ja persönlich für das Kulturressort verantwortlich. Können Sie diese Kritik nachvollziehen?
Erstens stimmt es nicht, dass wir Förderungen kürzen. Es gab einen Vorschlag, dass wir generell im gesamten Subventionsbereich einsparen. Der kommt so für 2010 nicht, das heißt wir werden unsere Subventionszusagen erfüllen, auch wenn es beim Sport, bei der Kultur und auch im Sozialen sehr schwierig ist, die Subventionshöhe zu halten. Ganz schwierig ist es, wenn es um neue Projekte geht, oder um Projekte, die mehr Subventionen brauchen, weil private Sponsoren – oft in Folge der Wirtschaftskrise – ausfallen. Ich möchte aber schon betonen, dass wir diesbezüglich prinzipiell auf sehr hohem Niveau jammern – egal ob es um den Straßenbau geht oder um die Kultursubventionen. Die Stadt St. Pölten sponsert im Vergleich zu anderen Städten sehr großzügig, und dass wir 2010 die Subventionen nicht zurückfahren müssen, ist für mich ein Erfolg! Es wäre auch falsch, als erstes bei der Kultur den Rotstift anzusetzen. Die Menschen brauchen gerade in schwierigen Zeiten dieses Ventil, um das Leben zu genießen – genauso wie sie den Sport brauchen.

Das erklärt aber noch nicht, warum man eben gerade angesichts dieses allgemeinen Sparkurses scheinbar überproportional in eine bestehende Institution investiert, die auch ohne Ausbau gut aufgestellt ist?
Diese Ausbau-Pläne werden ja nicht erst seit gestern gewälzt, sondern schon seit Jahren. Wenn wir jetzt als Stadt St. Pölten gesagt hätten, dass wir nicht außerordentlich mitfinanzieren und das Projekt auf die lange Bank schieben wollen, beispielsweise bis die Effekte der Wirtschaftskrise überwunden sind, dann hätten auch Land und Bund die Unterstützung zurückgezogen. Diese Entscheidung der Stadt hätte also wohl das Scheitern des Projektes mit sich gebracht – wie populär wäre das gewesen? Faktum ist, dass Bund und Land dieses Projekt bewusst in St. Pölten machen, jetzt – und wenn jemand 1,2 Millionen Euro in der Stadt investiert, dann sind das auch, abgesehen von der Kultur, positive wirtschaftliche Effekte, die man gerade in Zeiten wie diesen, wo wir jeden Bauauftrag brauchen wie einen Bissen Brot, nicht missen will.

Was geht bei der Verwertung des ehemaligen Glanzstoffareals voran? Sie brachten ja mal eine universitäre Nutzung ins Spiel – gibt es da schon substantielle Gespräche?
Ich habe den Eindruck, dass die Dinge in Bewegung gekommen sind. Interessenten schauen beim Eigentümer Cornelius Grupp laufend vorbei, wie konkret deren Absichten sind, kann ich aber nicht beurteilen. Unbestritten ist die tolle Qualität des Standorts als möglicher Campus. Als Stadt sind wir für verschiedene Ansätze bereit, etwa wenn es um Umwidmungen geht, wir vermitteln auch Interessenten. Die Letztentscheidung liegt aber beim Eigentümer.

Und wie schaut’s beim Dauerbrenner Kasernenareal aus?
Wir haben viele Überlegungen auf den Tisch gelegt. Die Visionen sind bunt, alles was intensiven Verkehrsanschluss braucht, würde dort gut passen – von Gewerbe bis hin zu Wohngebieten im nördlichen Teil. Die Unterstützung des Landes NÖ wird nötig sein, genauso wie bei der Thematik VAZ. Das zählt auch zu den zwei Punkten, die für mich die vorhin angesprochene Performance betreffend noch offen, sind: Zum einen die Lösung für eine zusätzliche Park & Ride Anlage beim Bahnhof. Zum anderen eine Lösung für das VAZ. Seit geraumer Zeit laufen Gespräche und ich hoffe, dass wir diese genauso erfolgreich abschließen wie bei anderen Großprojekten, angefangen bei der GZU-Umfahrung und der S34 über 24 neuen Kindergartengruppen, Masterplan und neue Gewerbeansiedelungsgebiete bis hin zum Hotelprojekt.

Das Hotelprojekt hat Ihnen ja sicher einiges an Nerven gekostet? Das erinnerte an die unendliche Geschichte...
Bei diesem Thema habe ich Lehrgeld bezahlt. Da könnte ich Ihnen viel erzählen… Naja, heben wir uns das für meine Memoiren auf (lacht). Ich habe jedenfalls viel dazu gelernt.
Im Übrigen: Wenn man mit Kennern der Hotelbranche spricht, meinen diese, dass der Realisierungszeitraum für das Hotelprojekt sehr gut sei. Immer eine Frage der Perspektive (lacht).

Welche Rolle wird die Stadt beim Hotel spielen?
Gar keine. Wir haben im Rahmen des Vertrages ein paar Freitage für städtische Veranstaltungen gesichert. Aber wichtig ist für uns, dass ein privater Betreiber investiert. Gerade die Achse Schießstattring steht ja städtebaulich vor einer gewaltigen Entwicklung: Die Sanierung des HTL-Schulbereiches, das neue Hotel mit den Stadtsälen, der Ausbau der Landesgerichts, die evangelische Kirche wird saniert und ausgebaut und die freie Fläche am Europaplatz wird zukünftig einen XXX-Lutz beheimaten. Da geht schon was weiter!

Apropos weitergehen: Die „Marketing St. Pölten GmbH“ steht auch immer wieder im Fokus der Aufmerksamkeit. Wie zufrieden sind sie mit deren Arbeit?
Diese Plattform soll ja den Standort St. Pölten, die Innenstadt, den Handel vermarkten und positionieren. Ich finde schon, dass rund um den Masterplan und die „Vision 2020“ viel passiert ist, was aber oft nicht zur Bevölkerung durchgedrungen ist.
Es gab viele Impulse, die Stimmung ist gut, das geförderte Wohnen in der Innenstadt nimmt Schwung auf, vieles ist in Bewegung, die Hausbesitzer investieren in ihre Immobilien, Schanigärten entstehen und wir investieren in den Ausbau der Fußgängerzonen und die Verschönerung der Innenstadt. Ein WIR-Bewusstsein macht sich zusehends breit!

Das oft kritisierte Film- und Kulturfestival am Rathausplatz hängt in der Luft. Wird es das Festival heuer geben?
Wir sind im Gespräch mit mehreren Anbietern, es steht aber noch nichts fest. Wir wollen jedenfalls mehr Qualität im Sinne von ansprechenden Ständen und Einbindung der bestehenden Lokale am Rathausplatz. Das Open-Air-Kino wird es ganz sicher geben, ich denke, dass man auch mehr Kapazitäten für Sitzplätze braucht, als nur die ohnehin bestehenden Schanigärten.

Wird man auch mit dem bisherigen Betreiber Andreas Pesl verhandelt?
Wir reden mit jedem. Mal schauen, wie es um seine finanziellen Möglichkeiten bestellt ist.

Seit längerem ist auch die Frage um die Zukunft des Kulturvereins LAMES ungeklärt. Dieser ist ja – ohne Mietvertrag – am Spratzerner Kirchenweg 83 nur geduldet. Wie kann da eine Lösung aussehen?
Ich finde, dass LAMES eine tolle Einrichtung ist, ich schätze, was sie machen. Beim Areal am Spratzerner Kirchenweg gibt es aber Verpflichtungen aus der Vergangenheit, die wir nicht ignorieren können. (Anmerkung: Das Areal wurde von der Stadt an eine Wohnungsgenossenschaft verkauft, die dort Wohnbauten plant.) Wir haben verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wo der Verein seine Tätigkeit an einem anderen Ort entfalten könnte, wo auch auf längere Sicht keine Interessenskonflikte mit Anrainern entstehen würden und wo gewaltiges Potential für eine unabhängige und künstlerische Nutzung gegeben wäre. Ich verstehe aber die Position von Lames, sie haben an dem Standort viel gemacht. Andererseits sollte man sich auch vor Alternativen nicht verschließen. Vielleicht würde eine andere Lösung sogar eine Verbesserung bringen? Wichtig ist, dass sich beide Seiten nicht einzementieren. Es ist ja auch für Lames nicht lustig, dass sie dort ein Areal betreuen, ohne jede Absicherung oder Perspektive. Wir lassen sicher niemand hängen.

Im Oktober 2011 wird in St. Pölten gewählt. Es heißt, Sie arbeiten auf diesen Wahltermin hin, was danach kommt ist ihnen egal, da dann der Sprung in die Bundesebene ansteht. Sie werden ja als jemand gehandelt, der für Höheres bestimmt ist?
(Lacht.) Ich hätte diese Chance schon gehabt. Aber glauben Sie mir, ich fühle mich in St. Pölten sehr wohl. Mir ist der direkte Kontakt zur Bevölkerung sehr wichtig, da bleibt einem eine gewisse Bodenhaftung. Was bringt es mir, wenn ich vielleicht für drei oder vier Jahre Bundesminister bin? Da kann man nur sehr begrenzt etwas beeinflussen. Nein, ich sehe mich eigentlich nicht irgendwo anders.

Infos zum Thema:
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Kurti’s Piz und Keb in der Herzogenburgerstraße liegt am Schnittpunkt von Welten. Die studentische Szene hat das kleine Kebab- und Pizzalokal längst zum heimlichen Szenetreff von STP gekürt. Frisch entlassene Patienten des nahegelegenen Krankenhauses holen sich hier ihr erstes „Reparaturseidl“ (am besten das türkische „Efes“ vom Fass), zahlreiche St. Pöltner mit Migrationshintergrund bereichern das Publikum und genießen das freundlich-familiäre Ambiente, das in einer Metropole wie Berlin nicht besser sein könnte. Nach unserem Interview stärkte sich Bürgermeister Stadler mit Fladenbrot mit Lammfleisch und einer vorzüglichen Schale Tzatziki. Bürgermeister-Sekretär Michael Koppensteiner schaut die Ladung skeptisch an, Stadler lacht: „Das passt genau für den heutigen Gemeinderat!“ Die Schale hat er bis zum letzten Rest ausgelöffelt.