MFG - Mir san wer!
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St. Pöltens gute Seite

Mir san wer!

Text Herbert „Hebi“ Binder
Ausgabe 06/2015
Krems sei die „Kulturhauptstadt“ Niederösterreichs, rief kürzlich dessen neuer roter Bürgermeister alle Landesbürger zur Ordnung. Den neuen schwarzen Bürgermeister von Wiener Neustadt ließ das nicht ruhen: Seine Stadt sei „die urbanste“ im ganzen Land. Absolut bischofslos, nennen beide trotzdem jeweils einen Dom ihr Eigen – den „Dom der Wachau“ bzw. jenen ehemaligen, seit Josef II in Ungnaden. Und dass Baden mit seiner Bühne die „Theaterstadt“ schlechthin – jedenfalls mit Abstand vor dem dreibühnigen St. Pölten – sei, das lassen sich Operettenafficionados auch nicht nehmen. Boris Pasternak war nach dem Krieg deshalb dort Kulturoffizier!
Und jetzt das jüngste internationale Stadtmarken-Ranking hinsichtlich Einzigartigkeit, bei dem St. Pölten unter den 23 größten österreichischen Kommunen den 21. Platz belegt. Dahinter nur mehr Wels (trotz vier Viersternhotels gegen eins) und Wolfsberg (trotz deutlich besserer Ballesterer). Da hilft den Traisentalern nicht das Herumwacheln mit ihrem etwas wackeligen „ältesten Stadtrecht Österreichs“, die Neustädter waren schließlich viele Jahre eine echte Kaiserstadt und die Kremser eine Supergau-Hauptstadt.
Ein Vorschlag, Freunde: Lasset uns doch abschwören dem kleinkarierten Lokalchauvinismus! Schlagen wir es uns aus dem Kopf, mündigen Bürgerinnen und Bürgern vorschreiben zu wollen, dass sie auf ihre Stadt stolz zu sein, sie hochbedeutend und vor allem urgemütlich zu finden haben. Denn Hinz und Kunz halten es ohnehin mit Karl Kraus, der schon vor 100 Jahren lakonisch zu wissen gab:
„Ich verlange von einer Stadt, in der ich leben soll: Asphalt, Straßenspülung, Haustorschlüssel, Luftheizung, Warmwasserleitung. Gemütlich bin ich selbst“.