News from Youth
Text
Wolfgang Matzl
Ausgabe
Wohlfühlzone vs. Schutzzone
Nachdem in Wien am Karlsplatz die erste österreichische Schutzzone eingerichtet wurde, gibt es Überlegungen, das Modell auf St. Pölten auszuweiten – brauch ma des?Es hört sich ja so verlockend an: man nehme einen Zirkel, steche irgendwo in einen Stadtplan, ziehe einen Kreis rund um eine Schule und nenne das ganze dann Schutzzone. Geschützt durch die Polizei vor dem Bösen in der Welt und vor den Leuten, die selbiges verbreiten wollen. Drogendealer, Obdachlose und lichtscheues Gesindel – bitte draußen bleiben. Unsere Jugend soll behütet aufwachsen, geschützt werden vor den unerwünschten Auswüchsen unserer Gesellschaft. Schnitt. Wie sieht die Situation in St. Pölten denn wirklich aus? Hat bitte irgendjemand eine offene Szene ausmachen können, die sich rund um Schulen gebildet hat und die für die Schulkinder irgendeine Gefahr bedeuten könnte? Oder sollen mit der Etablierung von Schutzzonen nur stereotype Vorurteile - hier Jugend, da Dealer - bedient werden? Die Katze beginnt sich in den Schwanz zu beißen: in der Öffentlichkeit wird immer öfter argumentiert, dass das Drogenproblem vor Schulen offensichtlich groß ist, weil man ja bereits beginnt, über Schutzzonen nachzudenken. Und weil also das Problem so groß ist, brauchen wir Schutzzonen. Die Angst ist ein schlechter Ratgeber – das gilt auch und vor allem in Fragen der Sicherheit. Und gerade die Angst wird momentan geschürt, wo man hinschaut. Angst vor Dealern, Asylanten, Bettlern und anderen Randgruppen, von denen schon die Tante Jolesch sagte: „Mein Gott, was bin ich froh, denn ich bin nicht so!“
Ich meine vielmehr: Sind wir froh, dass wir in einem der sicherstem Länder der Welt leben und in einer der sichersten Städte in diesem Land, einer einzige Wohlfühlzone also. Unsere Kinder wachsen in einer Welt auf, die sicher nicht perfekt ist – durch Schutzzonen und den Ausbau des Überwachungsstaates wird sie aber um nichts besser.