Nicht mehr meiner
Text
Katharina Vrana
Ausgabe
Gleich zwei alt-eingesessene St. Pöltner Familien-Unternehmen wurden in den vergangenen Monaten verkauft. Leiner und Rosenberger, die beide ihre Hauptsitze in der Landeshauptstadt haben, sind von deutsch-südafrikanischen bzw. chinesischen Investoren übernommen worden. Noch bevor jemand danach fragen konnte, folgte Beschwichtigung: Es werde sich nichts ändern, für Mitarbeiter bleibe alles beim Alten. Wir fragten nach.
Seit 1910 bildet die Leiner Filiale am Rathausplatz einen Teil der Geschichte der Stadt, und legte gleichzeitig den Grundstein für ein erfolgreiches Familienunternehmen. Noch vor Kurzem feierte der Möbelhändler das 100-jährige Jubliäum, nun folgte um kolportierte 500 Millionen Euro der Verkauf an die südafrikanische Steinhoff-Gruppe. Eine MFG-Interviewanfrage zu Hintergründen und möglichen Konsequenzen wurde seitens des Büros von Paul Koch leider lapidar mit „Kein Kommentar” abgelehnt. Ende Juni gab sich der Geschäftsführer und Sohn des bisherigen Aufsichtsratspräsidenten Herbert Koch gegenüber “Format” noch gesprächiger: „Wir hätten diesem Deal als Eigentümerfamilien nicht zugestimmt, wären wir nicht der festen Überzeugung, dass Steinhoff kika/Leiner in eine aussichtsreiche Zukunft führen wird.“ Er selbst werde weiter Geschäftsführer bleiben, für die Mitarbeiter gebe es keine Konsequenzen, die Steinhoff-Gruppe habe bereits in der Vergangenheit ähnliche Käufe durchgeführt. Tatsächlich gilt auch in Expertenkreisen der Verkauf von kika/Leiner als kluger Schachzug. „Die Familie Koch hat zum richtigen Zeitpunkt das Richtige gemacht!“ Dass alles beim Alten bleibt, halten viele jedoch für unwahrscheinlich. Christian Wimmer von Service & More etwa ist laut „Wirtschaftsblatt“ überzeugt, dass sich kika/Leiner stärker Richtung Billigsegment orientieren wird, was umgekehrt dem Fachhandel zugute kommen werde. Wimmers Kalkül: „Da die kika/Leiner-Kette umsatzmäßig weniger als ein Fünftel der Steinhoff-Gruppe ausmacht, seien deutliche Anpassungen an die Konzernstruktur zu erwarten. Solche Phasen führen üblicherweise zu großer Verunsicherung unter den Mitarbeitern. Wimmer geht deshalb davon aus, dass es zu großen personellen Veränderungen kommen wird. Die Konsumenten würden dies an einer deutlich geringeren Beratungsqualität in diesen Häusern spüren – und zum Fachhändler gehen.“
Ob da nicht eher der Wunsch eines Konkurrenten Vater des Gedankens ist? Leiner-Zentralbetriebsrat Karl Vogl will von Unruhe im Unternehmen jedenfalls nichts wissen und erklärte in einer Lokalzeitung, dass es nicht zu großartigen Veränderungen kommen werde, die Stimmung unter den Mitarbeitern entspannt sei.
Die Stadt St. Pölten wiederum hat mit dem neuen Eigentümer schon Kontakt aufgenommen, wie Christoph Schwarz von der Wirtschaftsservice-Stelle ecopoint bestätigt. „Bürgermeister Stadler hat signalisiert, wie wichtig das Unternehmen für St. Pölten ist!”
Und das ist es allemal. 450 Mitarbeiter hat Leiner in St. Pölten angestellt, davon alleine 300 in der Zentrale, mit dementsprechenden Auswirkungen etwa auf die Kommunalsteuer. Selbstredend hofft man deshalb, dass auch unter dem neuen Eigentümer die Zentrale in St. Pölten verbleibt. „Aber warum sollte man sie anderswohin übersiedeln?“, fragt Schwarz hypothetisch, und auch seitens der Steinhoff-Gruppe signalisiert man Kontinuität. Konkrete Pläne könnten allerdings noch nicht kommentiert werden, da die Übernahme noch von diversen Kartellgerichten überprüft werden muss.
Nach außen hin gelassen gibt sich die Konkurrenz. So meint Thomas Salinger, Unternehmenssprecher von Branchenprimus XXXLutz: „Für uns war die Übernahme etwas überraschend, grundsätzlich erwarten wir aber keine Veränderungen.”
Abfahrt Rosenberger
Ebenfalls über den Ladentisch – angeblich um 20 Millionen Euro – ging der St. Pöltner Autobahnraststätten-Betreiber Rosenberger. Auch bei diesem zeigte man sich gegenüber unseren Anfragen zugeknöpft.
Die genauen Hintergründe für den Verkauf des Familienunternehmens sind nicht bekannt, Kris Rosenberger deutete aber gegenüber dem „Standard“ finanzielle Engpässe für die Weiterentwicklung an. „Es braucht Bankenpartner. Man tut sich heute als Familienbetrieb schwer, die Finanzmittel aufzubringen, will auch privates Risiko reduzieren.“
In einem heiß umkämpften Markt wie Österreich mit 100 Autobahnraststätten ist die Luft dünn. Ohne Background scheint da nichts mehr zu gehen, wobei Rosenberger betont, dass die neuen chinesischen Eigentümer keine „Heuschrecken“ seien. „Sie kommen aus unserem Bekanntenkreis, haben gute Absichten. Es ist für alle die vernünftigste Lösung.“
Mit dem Verkauf endet eine über 40-jährige Familienbetriebsgeschichte, die nicht immer friktionsfrei ablief. So wurde das Rosenberger-Imperium nach Familienstreitigkeiten 2004 zwischen dem Geschwisterpaar Kris und Belinda Rosenberger sowie dem Cousin Wolfgang Rosenberger, der einige der Filialen als „Landzeit” weiterführt, aufgeteilt. Der nunmehrige Landzeit-Chef sieht die Abgabe des Familienunternehmens mit Wehmut: „Der Verkauf von Rosenberger an ausländische Investoren tut mir persönlich sehr leid. Schließlich ist das Unternehmen ein Teil unserer Familiengeschichte. Es ist schade, dass das Familienunternehmen nach zwei Generationen Aufbauzeit nun in fremden Händen ist.”
Traurig auch für St. Pölten, dass Werbungen wie „Der Leiner ist meiner“ durchaus auch in einem realen Sinne verstand. Mit dem Verkauf der Familienbetriebe geht auch ein Stück Identifikation verloren.
Inwiefern der Verlust zudem ein ökonomischer werden könnte, ob allen voran die Firmenzentralen hier situiert bleiben, wird die Zukunft weisen. Ein mulmiges Gefühl bleibt bestehen, denn die Entscheidungen werden in Hinkunft nicht mehr (nur) in, und schon gar nicht mit Rücksicht auf St. Pölten getroffen werden. Ob sie das freilich bisher taten, ist auch keine ausgemachte Sache. LEINER
1910 Rudolf Leiner eröffnet Bettwarengeschäft am Rathausplatz.
1948 Rudolf Leiner junior übernimmt den Betrieb und baut das Sortiment aus.
1973 Herbert Koch gründet kika-Handelsgesellschaft.
2008 Firmengründer Rudolf Leiner verstirbt, Herbert Koch übergibt Firmenführung an Sohn Paul Koch.
2010 100-jähriges Jubiläum.
2013 Leiner wird nach vier Generationen an südafrikanischen Steinhoff-Konzern verkauft.
Kika/Leiner beschäftigt ca. 7.500 Mitarbeiter an 73 Standorten. In St. Pölten sind es ca. 450 Mitarbeiter, 300 davon in der Zentrale. Jahresumsatz ca. 1,2 Milliarden Euro.
ROSENBERGER
1972 Heinz Rosenberger eröffnet das erste Autobahnrasthaus in Völlerndorf bei St. Pölten.
1999 Firmengründer Heinz Rosenberger verstirbt.
2004 übernimmt Cousin Wolfgang Rosenberger einen Teil der damaligen Raststationen und führt sie unter der Marke „Landzeit“ weiter (2012 800 Mitarbeiter/rd. 50 Millionen Euro Umsatz).
2012 Die Raststationskette Rosenberger der Geschwister Kris und Melinda Rosenberger feiert 40-jähriges Jubiläum.
2013 Rosenberger wird nach zwei Generationen an chinesische Unternehmer verkauft.
Die Rosenberger Restaurant GmbH mit Sitz in St. Pölten/Harland betreibt 20 Restaurants, 3 Motels und 7 Tagungs-Center. Sie beschätigt rund 740 Mitarbeiter. Im Jahr 2011 wurden rund 39 Millionen Euro umgesetzt.
Ob da nicht eher der Wunsch eines Konkurrenten Vater des Gedankens ist? Leiner-Zentralbetriebsrat Karl Vogl will von Unruhe im Unternehmen jedenfalls nichts wissen und erklärte in einer Lokalzeitung, dass es nicht zu großartigen Veränderungen kommen werde, die Stimmung unter den Mitarbeitern entspannt sei.
Die Stadt St. Pölten wiederum hat mit dem neuen Eigentümer schon Kontakt aufgenommen, wie Christoph Schwarz von der Wirtschaftsservice-Stelle ecopoint bestätigt. „Bürgermeister Stadler hat signalisiert, wie wichtig das Unternehmen für St. Pölten ist!”
Und das ist es allemal. 450 Mitarbeiter hat Leiner in St. Pölten angestellt, davon alleine 300 in der Zentrale, mit dementsprechenden Auswirkungen etwa auf die Kommunalsteuer. Selbstredend hofft man deshalb, dass auch unter dem neuen Eigentümer die Zentrale in St. Pölten verbleibt. „Aber warum sollte man sie anderswohin übersiedeln?“, fragt Schwarz hypothetisch, und auch seitens der Steinhoff-Gruppe signalisiert man Kontinuität. Konkrete Pläne könnten allerdings noch nicht kommentiert werden, da die Übernahme noch von diversen Kartellgerichten überprüft werden muss.
Nach außen hin gelassen gibt sich die Konkurrenz. So meint Thomas Salinger, Unternehmenssprecher von Branchenprimus XXXLutz: „Für uns war die Übernahme etwas überraschend, grundsätzlich erwarten wir aber keine Veränderungen.”
Abfahrt Rosenberger
Ebenfalls über den Ladentisch – angeblich um 20 Millionen Euro – ging der St. Pöltner Autobahnraststätten-Betreiber Rosenberger. Auch bei diesem zeigte man sich gegenüber unseren Anfragen zugeknöpft.
Die genauen Hintergründe für den Verkauf des Familienunternehmens sind nicht bekannt, Kris Rosenberger deutete aber gegenüber dem „Standard“ finanzielle Engpässe für die Weiterentwicklung an. „Es braucht Bankenpartner. Man tut sich heute als Familienbetrieb schwer, die Finanzmittel aufzubringen, will auch privates Risiko reduzieren.“
In einem heiß umkämpften Markt wie Österreich mit 100 Autobahnraststätten ist die Luft dünn. Ohne Background scheint da nichts mehr zu gehen, wobei Rosenberger betont, dass die neuen chinesischen Eigentümer keine „Heuschrecken“ seien. „Sie kommen aus unserem Bekanntenkreis, haben gute Absichten. Es ist für alle die vernünftigste Lösung.“
Mit dem Verkauf endet eine über 40-jährige Familienbetriebsgeschichte, die nicht immer friktionsfrei ablief. So wurde das Rosenberger-Imperium nach Familienstreitigkeiten 2004 zwischen dem Geschwisterpaar Kris und Belinda Rosenberger sowie dem Cousin Wolfgang Rosenberger, der einige der Filialen als „Landzeit” weiterführt, aufgeteilt. Der nunmehrige Landzeit-Chef sieht die Abgabe des Familienunternehmens mit Wehmut: „Der Verkauf von Rosenberger an ausländische Investoren tut mir persönlich sehr leid. Schließlich ist das Unternehmen ein Teil unserer Familiengeschichte. Es ist schade, dass das Familienunternehmen nach zwei Generationen Aufbauzeit nun in fremden Händen ist.”
Traurig auch für St. Pölten, dass Werbungen wie „Der Leiner ist meiner“ durchaus auch in einem realen Sinne verstand. Mit dem Verkauf der Familienbetriebe geht auch ein Stück Identifikation verloren.
Inwiefern der Verlust zudem ein ökonomischer werden könnte, ob allen voran die Firmenzentralen hier situiert bleiben, wird die Zukunft weisen. Ein mulmiges Gefühl bleibt bestehen, denn die Entscheidungen werden in Hinkunft nicht mehr (nur) in, und schon gar nicht mit Rücksicht auf St. Pölten getroffen werden. Ob sie das freilich bisher taten, ist auch keine ausgemachte Sache. LEINER
1910 Rudolf Leiner eröffnet Bettwarengeschäft am Rathausplatz.
1948 Rudolf Leiner junior übernimmt den Betrieb und baut das Sortiment aus.
1973 Herbert Koch gründet kika-Handelsgesellschaft.
2008 Firmengründer Rudolf Leiner verstirbt, Herbert Koch übergibt Firmenführung an Sohn Paul Koch.
2010 100-jähriges Jubiläum.
2013 Leiner wird nach vier Generationen an südafrikanischen Steinhoff-Konzern verkauft.
Kika/Leiner beschäftigt ca. 7.500 Mitarbeiter an 73 Standorten. In St. Pölten sind es ca. 450 Mitarbeiter, 300 davon in der Zentrale. Jahresumsatz ca. 1,2 Milliarden Euro.
ROSENBERGER
1972 Heinz Rosenberger eröffnet das erste Autobahnrasthaus in Völlerndorf bei St. Pölten.
1999 Firmengründer Heinz Rosenberger verstirbt.
2004 übernimmt Cousin Wolfgang Rosenberger einen Teil der damaligen Raststationen und führt sie unter der Marke „Landzeit“ weiter (2012 800 Mitarbeiter/rd. 50 Millionen Euro Umsatz).
2012 Die Raststationskette Rosenberger der Geschwister Kris und Melinda Rosenberger feiert 40-jähriges Jubiläum.
2013 Rosenberger wird nach zwei Generationen an chinesische Unternehmer verkauft.
Die Rosenberger Restaurant GmbH mit Sitz in St. Pölten/Harland betreibt 20 Restaurants, 3 Motels und 7 Tagungs-Center. Sie beschätigt rund 740 Mitarbeiter. Im Jahr 2011 wurden rund 39 Millionen Euro umgesetzt.