Deix in the city
Text
Michael Müllner
Ausgabe
Und zwar diesmal der richtigen. Nicht Krems, nicht Klosterneuburg, sondern St. Pölten - wo er geboren wurde und aufgewachsen ist! Wir haben den Karikaturisten in seinem Haus bei Klosterneuburg besucht und mit ihm über die Heimat geplaudert.
Deix Villa ist ein „klassischer“ Gründerzeitkasten mit Park, das Grundstück ein einziger Hügel - die Hütte steht natürlich ganz oben. Über einen gewundenen Steinweg, entlang dessen einem das eine oder andere Steinkatzerl begegnet, kämpfen wir uns hoch und läuten beim Schmiedeisentor an. Ein Kopf wird aus dem Fenster des 1. Stockes gesteckt. „Ah, St. Pölten ist da. Momenterl!“ Eine Minute später öffnet Deix die Tür und muss über unser Keuchen lachen. Wo der Zufahrtsweg direkt vors Haus ist, wollen wir wissen, weil wir Deppen parken unten, eine mörderische Hatscherei. „Da gibt’s keinen. Wir gehen auch da rauf. Deswegen bin ich so fit.“
Deix world
Drinnen im Erdgeschoß finden wir uns in „DEIX-World“ wieder. Ein großer Raum mit Deix Bildern, Postern und Plakaten an den Wänden. In den Regalen Deix-Bücher, Mousepads, Figuren etc. Österreich wie es singt und lacht. So dargestellt, wie’s nur einer fertig und auf den Punkt bringt: Manfred Deix. Österreichs erfolgreichster Karikaturist, der sich sogar den Luxus leistet, dem New Yorker – quasi das Pantheon für Karikaturisten – eine Abfuhr zu erteilen. „Die haben mich eingeladen und gesagt, sie zahlen 1.500 Dollar. Da hab ich abgelehnt. Die Preise für meine Bilder bestimme immer noch ich.“
Wir nehmen in gemütlichen Lederfauteuilles Platz und bewundern die Deix-Bildbände unter der Glastischplatte. Mindestens 10 Wälzer – ein großes Oeuvre. „A Kaffetscherl?“ Da sagen wir nicht nein. Deix verschwindet in der Küche nebenan. Surren, Geschirrgeklapper, mit einem Tablett kommt er ganz auf Ober zurück. „Tisch Nr. 14, 3 Kaffee, kommt sofort!“
Irgendwie scheint Deix unsere fragenden Blicke zu erraten – der ganze Raum ist von oben bis unten verfliest. „Das war früher das Hallenbad. Wir sitzen praktisch im Becken.“ Jetzt werde der Raum umgebaut und er bekomme „endlich Internet.“ Wie Internet? Seine Zeichnungen wird er ja per mail in die Druckerei schicken? „Nein. Ich hab eine Art Technikangst, schon immer gehabt. Derzeit hetz ich meine Frau - weil ich immer alles am letzten Drücker mach - in die Druckerei. Die kurvt dann wie eine Verrückte durch die Gegend, wird acht mal geblitzt und zahlt 10.000 Euro Strafe. Das ist kein Zustand mehr. Langsam ist‘s peinlich. Das wird die letzte große Herausforderung meines Lebens.“
Letzte Herausforderung - klingt das nicht ein bissl dick aufgetragen für seine 57 Lenze. Hat er etwa ein Problem mit seinem Alter? Deix zündet sich eine Zigarette an. 120 Stück raucht er davon am Tag. „Wenn ich nur fünf Packerl rauch, machen sich die Leut schon Sorgen um mich. Aber ich hab Selbstdisziplin“, lacht er. „Zum 50’er hatte ich eine große Krise, da war ich wirklich angeschlagen. Als 20jähriger waren 50jährige ja Greise für mich. Da wartet nur mehr der Friedhof.“ Die Ärzte hätten ihn vor drei Jahren aber beruhigt und eine Rossnatur attestiert. „Ich war ja überzeugt, dass ich von Krebsen umzingelt bin: Zumindest Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs, Spatzikrebs und Popokrebs. Aber die haben nix gefunden. Da hab ich gesagt: ‚Könnt es sein, dass ihr hier schlechte Ärzte seid?“
Seinen Körper hätt er nie gut behandelt, wie er eingesteht. „Der ist ja ein geschundener, leidender.“ Noch heute pflegt er einen „anarchistischen“ Lebensrhythmus, was mit sich brächte, dass er im Extremstfall schon mal bis 70 Stunden durcharbeite „weil ich nur unter Druck zur Höchstform auflaufe, das Adrenalin brauche“.
Konstanten in Deix Leben gibt es aber sehr wohl. Mit seiner Frau Marietta ist er etwa schon 36 Jahre zusammen. „Es ist der Anachronismus pur - aber ja, es ist wohl eine Jahrhundertbeziehung!“ Und wie schafft man das? Harmonie oder zusammengerauft? „Wir haben 1000 Schlachten geschlagen. Zuletzt haben wir uns gegenseitig besiegt, und damit beide gewonnen. Marietta ist mein Bodyguard, schützt mich vor der bösen Umwelt, hat mich vor mir selbst bewahrt. Allein wär ich schon längst zugrunde gegangen.“ Poetischer kann man eine Liebeserklärung nicht formulieren.
Andere Konstanten sind die Beach Boys und natürlich die Katzen. Wo sind die eigentlich? „Das hier ist Katzensperrgebiet.“ Alles klar. Und wie viel gibt’s noch? Derzeit seien es 28, es waren aber auch schon 80, zu Spitzenzeiten gar 96. „Das hat mir damals rund 100.000 Schilling im Monat gekostet.“ Und wie wird man Herr eines Katzenreiches? „Keine Ahnung. Ich hab das nicht geplant. Begonnen hat es mit zwei Katzen in unserer Wiener Mini-Wohnung. Aber punkto Katzen war ich immer ein Freak. Schon als kleiner Bub, damals in St. Pölten.“
St. Pölten. Die Heimatstadt. Da bleiben wir hängen. Ja, wie war das eigentlich mit St. Pölten? Eine dreistündige Zeitreise beginnt. Reiseführer: Manfred Deix.
Drinnen im Erdgeschoß finden wir uns in „DEIX-World“ wieder. Ein großer Raum mit Deix Bildern, Postern und Plakaten an den Wänden. In den Regalen Deix-Bücher, Mousepads, Figuren etc. Österreich wie es singt und lacht. So dargestellt, wie’s nur einer fertig und auf den Punkt bringt: Manfred Deix. Österreichs erfolgreichster Karikaturist, der sich sogar den Luxus leistet, dem New Yorker – quasi das Pantheon für Karikaturisten – eine Abfuhr zu erteilen. „Die haben mich eingeladen und gesagt, sie zahlen 1.500 Dollar. Da hab ich abgelehnt. Die Preise für meine Bilder bestimme immer noch ich.“
Wir nehmen in gemütlichen Lederfauteuilles Platz und bewundern die Deix-Bildbände unter der Glastischplatte. Mindestens 10 Wälzer – ein großes Oeuvre. „A Kaffetscherl?“ Da sagen wir nicht nein. Deix verschwindet in der Küche nebenan. Surren, Geschirrgeklapper, mit einem Tablett kommt er ganz auf Ober zurück. „Tisch Nr. 14, 3 Kaffee, kommt sofort!“
Irgendwie scheint Deix unsere fragenden Blicke zu erraten – der ganze Raum ist von oben bis unten verfliest. „Das war früher das Hallenbad. Wir sitzen praktisch im Becken.“ Jetzt werde der Raum umgebaut und er bekomme „endlich Internet.“ Wie Internet? Seine Zeichnungen wird er ja per mail in die Druckerei schicken? „Nein. Ich hab eine Art Technikangst, schon immer gehabt. Derzeit hetz ich meine Frau - weil ich immer alles am letzten Drücker mach - in die Druckerei. Die kurvt dann wie eine Verrückte durch die Gegend, wird acht mal geblitzt und zahlt 10.000 Euro Strafe. Das ist kein Zustand mehr. Langsam ist‘s peinlich. Das wird die letzte große Herausforderung meines Lebens.“
Letzte Herausforderung - klingt das nicht ein bissl dick aufgetragen für seine 57 Lenze. Hat er etwa ein Problem mit seinem Alter? Deix zündet sich eine Zigarette an. 120 Stück raucht er davon am Tag. „Wenn ich nur fünf Packerl rauch, machen sich die Leut schon Sorgen um mich. Aber ich hab Selbstdisziplin“, lacht er. „Zum 50’er hatte ich eine große Krise, da war ich wirklich angeschlagen. Als 20jähriger waren 50jährige ja Greise für mich. Da wartet nur mehr der Friedhof.“ Die Ärzte hätten ihn vor drei Jahren aber beruhigt und eine Rossnatur attestiert. „Ich war ja überzeugt, dass ich von Krebsen umzingelt bin: Zumindest Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs, Spatzikrebs und Popokrebs. Aber die haben nix gefunden. Da hab ich gesagt: ‚Könnt es sein, dass ihr hier schlechte Ärzte seid?“
Seinen Körper hätt er nie gut behandelt, wie er eingesteht. „Der ist ja ein geschundener, leidender.“ Noch heute pflegt er einen „anarchistischen“ Lebensrhythmus, was mit sich brächte, dass er im Extremstfall schon mal bis 70 Stunden durcharbeite „weil ich nur unter Druck zur Höchstform auflaufe, das Adrenalin brauche“.
Konstanten in Deix Leben gibt es aber sehr wohl. Mit seiner Frau Marietta ist er etwa schon 36 Jahre zusammen. „Es ist der Anachronismus pur - aber ja, es ist wohl eine Jahrhundertbeziehung!“ Und wie schafft man das? Harmonie oder zusammengerauft? „Wir haben 1000 Schlachten geschlagen. Zuletzt haben wir uns gegenseitig besiegt, und damit beide gewonnen. Marietta ist mein Bodyguard, schützt mich vor der bösen Umwelt, hat mich vor mir selbst bewahrt. Allein wär ich schon längst zugrunde gegangen.“ Poetischer kann man eine Liebeserklärung nicht formulieren.
Andere Konstanten sind die Beach Boys und natürlich die Katzen. Wo sind die eigentlich? „Das hier ist Katzensperrgebiet.“ Alles klar. Und wie viel gibt’s noch? Derzeit seien es 28, es waren aber auch schon 80, zu Spitzenzeiten gar 96. „Das hat mir damals rund 100.000 Schilling im Monat gekostet.“ Und wie wird man Herr eines Katzenreiches? „Keine Ahnung. Ich hab das nicht geplant. Begonnen hat es mit zwei Katzen in unserer Wiener Mini-Wohnung. Aber punkto Katzen war ich immer ein Freak. Schon als kleiner Bub, damals in St. Pölten.“
St. Pölten. Die Heimatstadt. Da bleiben wir hängen. Ja, wie war das eigentlich mit St. Pölten? Eine dreistündige Zeitreise beginnt. Reiseführer: Manfred Deix.
Born in STP
Alles beginnt 1949, als Deix in St. Pölten geboren wird. Ein Kind des „Nordens“. Die ersten neun Jahre wächst er am Mühlweg auf. „Ich hab damals sogar noch die Russen erlebt! Daran erinner’ ich mich wie in einem vergilbten Film.“ Eines Nachts wollen die Russen die Mutter mitnehmen. Der Vater, ein Kriegsinvalide, deutet auf seine Kriegsverletzung, die Mutter weint und gibt geheim auch den zwei Buben Ohrfeigen. „Wir haben auch zum Heulen angefangen, und der Plan der Mutter hat funktioniert: Die Russen, die ja als kinderlieb gegolten haben, sind tatsächlich abgezogen.“ Im Haus leben auch zwei lesbische Frauen, die Tante Steffi und die Tante Gusti. „Das war mein erster Kontakt mit Homosexuellen, obwohl ich das als Kind natürlich nicht mitgekriegt hab. Die waren sehr lieb, haben mich behandelt wie ihr eigenes Bubi.“
Alles beginnt 1949, als Deix in St. Pölten geboren wird. Ein Kind des „Nordens“. Die ersten neun Jahre wächst er am Mühlweg auf. „Ich hab damals sogar noch die Russen erlebt! Daran erinner’ ich mich wie in einem vergilbten Film.“ Eines Nachts wollen die Russen die Mutter mitnehmen. Der Vater, ein Kriegsinvalide, deutet auf seine Kriegsverletzung, die Mutter weint und gibt geheim auch den zwei Buben Ohrfeigen. „Wir haben auch zum Heulen angefangen, und der Plan der Mutter hat funktioniert: Die Russen, die ja als kinderlieb gegolten haben, sind tatsächlich abgezogen.“ Im Haus leben auch zwei lesbische Frauen, die Tante Steffi und die Tante Gusti. „Das war mein erster Kontakt mit Homosexuellen, obwohl ich das als Kind natürlich nicht mitgekriegt hab. Die waren sehr lieb, haben mich behandelt wie ihr eigenes Bubi.“
Lehrjahre im Wirtshaus
Zur Schule geht das Bubi in die Daniel Gran Volksschule, nachher dann ins Gymnasium. Arbeitet der Vater zunächst noch im Expedit beim AKUS „das war der Vorgänger vom Spar“, pachtet die Familie Ende der 50’er Jahre schließlich das „Wirtshaus zur Blauen Weintraube“ an der Oberen Hauptstraße in Böheimkirchen, „Dorthin sind die Leut am Wochenende aus Wien gepilgert, weil meine Mutter eine sehr gute Köchin war. Ich selbst war oft als Schankbursch im Lokal, hab Bierkisten geschleppt, Gläser geholt, Bier gezapft.“, erinnert sich Deix. 10 Jahre lang führen die Deix das Lokal, für den Junior eine prägende Zeit.
„Ich bin hinter der Budel gestanden und hab die Typen beobachtet, hab ihre Gesichter studiert, ihre Körpersprache, hab ihren Reden gelauscht. Das war ein ganz schöner Bruch, weil im Fernsehen liefen Serien wie ‚Inspektor Garrett’, da waren nur schöne Menschen zu sehen. Im Wirtshaus hab ich mich aber gefragt: Warum sind die alle so schirch? Ich hab damals die Gäste auf Bierdeckel gezeichnet, die haben das dann bestaunt und zu den Eltern gesagt: ‚Den miasts nach Wean schicken’.“
Zur Schule geht das Bubi in die Daniel Gran Volksschule, nachher dann ins Gymnasium. Arbeitet der Vater zunächst noch im Expedit beim AKUS „das war der Vorgänger vom Spar“, pachtet die Familie Ende der 50’er Jahre schließlich das „Wirtshaus zur Blauen Weintraube“ an der Oberen Hauptstraße in Böheimkirchen, „Dorthin sind die Leut am Wochenende aus Wien gepilgert, weil meine Mutter eine sehr gute Köchin war. Ich selbst war oft als Schankbursch im Lokal, hab Bierkisten geschleppt, Gläser geholt, Bier gezapft.“, erinnert sich Deix. 10 Jahre lang führen die Deix das Lokal, für den Junior eine prägende Zeit.
„Ich bin hinter der Budel gestanden und hab die Typen beobachtet, hab ihre Gesichter studiert, ihre Körpersprache, hab ihren Reden gelauscht. Das war ein ganz schöner Bruch, weil im Fernsehen liefen Serien wie ‚Inspektor Garrett’, da waren nur schöne Menschen zu sehen. Im Wirtshaus hab ich mich aber gefragt: Warum sind die alle so schirch? Ich hab damals die Gäste auf Bierdeckel gezeichnet, die haben das dann bestaunt und zu den Eltern gesagt: ‚Den miasts nach Wean schicken’.“
Anfänge im Kirchenblatt
Auch im Gymnasium, das Deix vier Jahre samt einmaliger Ehrenrunde besucht, wird man auf das zeichnerische Talent aufmerksam. Ein Tipp von KR Dkfm. Herbert Binder führt uns auf eine heiße Spur: Tatsächlich hat Deix im zarten Alter von 11 Jahren für die Kirchenzeitung (!) eine Geschichte illustriert, 1 Jahr lang. Als wir ihm eine alte Zeichnung zeigen, ist der Künstler für einen Moment „schmähstad“, ja gerührt. „Na, des gibt’s ned!“ Angeheuert hat ihn damals der Religionsprofessor „der mir immer ganz verliebte Blicke zugeworfen hat, warum, das hab ich als Bub natürlich noch nicht verstanden.“ Der gibt Deix einen Abenteuerroman zum Lesen mit der Bitte ihn zu illustrieren. „Der Roman war natürlich unglaublich kitschig und saublöd, wo eine Gruppe aus Deutschland nach Afrika fährt, ein schwarzes Waisenkind befreit, dieses zum Glauben bekehrt, und der will dann Priester werden oder so ähnlich. Ich hab die Geschichte ein bissl auffrisiert, mit Schlägerein und Action.“
Nach einem Jahr wird der Stöpsel mit 1.000 Schilling enlohnt (als Zeichner folgt ihm übrigens ein gewisser Wolfgang Schüssel nach). „Das war für einen 11 jährigen in den 60’ern ein Vermögen. Und ich bin berühmt geworden, weil die Landwirte haben ja alle das Kirchenblattl abonniert gehabt. Im Wirtshaus habens mir auf die Schulter geklopft. ‚Des ist einmalig Bua’.“
Auch im Gymnasium, das Deix vier Jahre samt einmaliger Ehrenrunde besucht, wird man auf das zeichnerische Talent aufmerksam. Ein Tipp von KR Dkfm. Herbert Binder führt uns auf eine heiße Spur: Tatsächlich hat Deix im zarten Alter von 11 Jahren für die Kirchenzeitung (!) eine Geschichte illustriert, 1 Jahr lang. Als wir ihm eine alte Zeichnung zeigen, ist der Künstler für einen Moment „schmähstad“, ja gerührt. „Na, des gibt’s ned!“ Angeheuert hat ihn damals der Religionsprofessor „der mir immer ganz verliebte Blicke zugeworfen hat, warum, das hab ich als Bub natürlich noch nicht verstanden.“ Der gibt Deix einen Abenteuerroman zum Lesen mit der Bitte ihn zu illustrieren. „Der Roman war natürlich unglaublich kitschig und saublöd, wo eine Gruppe aus Deutschland nach Afrika fährt, ein schwarzes Waisenkind befreit, dieses zum Glauben bekehrt, und der will dann Priester werden oder so ähnlich. Ich hab die Geschichte ein bissl auffrisiert, mit Schlägerein und Action.“
Nach einem Jahr wird der Stöpsel mit 1.000 Schilling enlohnt (als Zeichner folgt ihm übrigens ein gewisser Wolfgang Schüssel nach). „Das war für einen 11 jährigen in den 60’ern ein Vermögen. Und ich bin berühmt geworden, weil die Landwirte haben ja alle das Kirchenblattl abonniert gehabt. Im Wirtshaus habens mir auf die Schulter geklopft. ‚Des ist einmalig Bua’.“
Unterricht Aktzeichen
Auch die Zeichenprofessoren Prof. Sturm und Prof. Zöchling wissen um das Talent des Teenagers. Und nachdem der Junge mit Fächern wie Mathematik oder Geometrie auf Kriegsfuß steht, legen sie den Eltern die Grafische Versuchs- und Lehranstalt Wien ans Herz. Das ist 1965. „Das war ein Traum. Während meine ehemaligen Schulkollegen Religion oder Mathe gepaukt haben, hatte ich ein Unterrichtsfach namens Aktzeichnen! Wenn ich um ¾ 8 die Klassenzimmertür aufgemacht hab, ist da auf einmal eine Nackade gesessen. Ich bin fast geplatzt vor Geilheit. Die Bauxitvorkommen in Kolumbien oder wie lang der Yang Tse Yang ist, das hat mich beim Oasch ned interessiert. Aber wie lang das Schamhaar einer Frau ist oder wie man den Anstieg des Schamhügels berechnet, das war schon meins!“
Die Schulbank in Wien drückt Deix im übrigen gemeinsam mit Kapazundern wie Gottfried Helnwein oder Bernhard Paul, der noch heute sein bester Freund ist. „Im 67er Jahr haben wir eine gemeinsame Wohnung genommen. Das war die beste Zeit meines Lebens! Wir kamen ja beide aus relativ mickrigen Elternhäusern, mit vielen Verboten, und dann waren wir plötzlich auf uns allein gestellt, frei! Obwohl diese Jahre von bitterer Armut geprägt waren, war es herrlich, mit viel Blödsinnigkeiten, Sachen fladern im Supermarkt, Mutproben, Burenwurst essen. Er war ein Clown und ich ein Karikaturist. Zwei Jahre haben wir das durchgezogen, dann ist uns die Kohle ausgegangen.“
Auch in der St. Pöltner Heimat gibt es Veränderungen. Nachdem der Vater nach einigen Schlaganfällen das Wirtshaus aufgeben muss, zieht die Familie nach St. Pölten - wo man immer ein Haus hatte - zurück. Der Vater übernimmt als Kriegsinvalide die Führung der Tabaktrafik in der Renner Promenade gegenüber des ehemaligen FORUM Kaufhauses. Auch hier muss der Sohnemann öfter aushelfen. „Für mich war das schrecklich, so ein Abstieg vom Wirtshaus! Ich hab mich geniert. Trafiken, das waren ja richtige Geisterbahnen, Trafikanten die grantigsten, unliberalsten Spießer überhaupt. Die haben ausgeschaut wie die Zombies. Das war die Hölle für mich.“
Auch die Zeichenprofessoren Prof. Sturm und Prof. Zöchling wissen um das Talent des Teenagers. Und nachdem der Junge mit Fächern wie Mathematik oder Geometrie auf Kriegsfuß steht, legen sie den Eltern die Grafische Versuchs- und Lehranstalt Wien ans Herz. Das ist 1965. „Das war ein Traum. Während meine ehemaligen Schulkollegen Religion oder Mathe gepaukt haben, hatte ich ein Unterrichtsfach namens Aktzeichnen! Wenn ich um ¾ 8 die Klassenzimmertür aufgemacht hab, ist da auf einmal eine Nackade gesessen. Ich bin fast geplatzt vor Geilheit. Die Bauxitvorkommen in Kolumbien oder wie lang der Yang Tse Yang ist, das hat mich beim Oasch ned interessiert. Aber wie lang das Schamhaar einer Frau ist oder wie man den Anstieg des Schamhügels berechnet, das war schon meins!“
Die Schulbank in Wien drückt Deix im übrigen gemeinsam mit Kapazundern wie Gottfried Helnwein oder Bernhard Paul, der noch heute sein bester Freund ist. „Im 67er Jahr haben wir eine gemeinsame Wohnung genommen. Das war die beste Zeit meines Lebens! Wir kamen ja beide aus relativ mickrigen Elternhäusern, mit vielen Verboten, und dann waren wir plötzlich auf uns allein gestellt, frei! Obwohl diese Jahre von bitterer Armut geprägt waren, war es herrlich, mit viel Blödsinnigkeiten, Sachen fladern im Supermarkt, Mutproben, Burenwurst essen. Er war ein Clown und ich ein Karikaturist. Zwei Jahre haben wir das durchgezogen, dann ist uns die Kohle ausgegangen.“
Auch in der St. Pöltner Heimat gibt es Veränderungen. Nachdem der Vater nach einigen Schlaganfällen das Wirtshaus aufgeben muss, zieht die Familie nach St. Pölten - wo man immer ein Haus hatte - zurück. Der Vater übernimmt als Kriegsinvalide die Führung der Tabaktrafik in der Renner Promenade gegenüber des ehemaligen FORUM Kaufhauses. Auch hier muss der Sohnemann öfter aushelfen. „Für mich war das schrecklich, so ein Abstieg vom Wirtshaus! Ich hab mich geniert. Trafiken, das waren ja richtige Geisterbahnen, Trafikanten die grantigsten, unliberalsten Spießer überhaupt. Die haben ausgeschaut wie die Zombies. Das war die Hölle für mich.“
Die Entfremdung
Die wirkliche Hölle, die sein Weltbild nachhaltig erschüttert und ihn auch seiner Heimatstadt gehörig entfremdet, erlebt Deix bald darauf. Im Dezember 1970 will er mit seiner Freundin das Espresso Fedrizzi in der Wienerstraße besuchen. „Dort gab es eine Jukebox, haben sich die Jugendlichen getroffen.“ Fast direkt vorm Lokal sieht er, wie zwei Polizisten auf zwei wehrlose Buben einschlagen. „Was ist da los? Ist das nötig, dass sie die zwei schlagen.“, mischt er sich ein. „Der eine Polizist war ja ein richtiger Lackl, 1,95 groß mit 120 kg.“ Die Antwort fällt weniger fein aus. „Wüst a Watschn? Misch di ned ein in a Amtshandlung. Geh weiter.” Deix bleibt demonstrativ stehen. „Daneben war ein Busenhaltergeschäft, da haben wir in die Auslage reingeschaut. ‚Das darf man als Staatsbürger.’, hab ich erwidert. Dann gings schon bumm, und ich hab eine in der Goschn gehabt. Mit der Gummiwurst haben die auf mich und meine Frau eingedroschen. Ich hab gerufen. ‚Feurio! Mordio! Werdet Zeugen! Aufwachen!’ Ich hab noch immer nicht mitbekommen, dass das jetzt bitterer Ernst ist.“
Und wie ernst. Verstärkung trifft ein. Schließlich prügeln an die 10 „Gesetzeshüter“ auf den schmächtigen Deix, der mit seinen langen Haaren damals ein Feindbild darstellt, ein. Zuletzt wird er mit aufs Kommissariat mitgenommen und verhört. Mittlerweile ist es drei Uhr. Deix Hand, die ihm der große Polizist umgebogen hat, schmerzt erbärmlich. Er möchte aufs Klo. „Aufs Klo kannst bei deiner Mama gehen.“ Als er trotzdem aufzustehen versucht, „ist aufeinmal der kleine Gnom hinterm Schreibtisch aufgesprungen, und hat mir eine volle Breitseite gegeben, so dass es mich geschmissen hat.“ Bis zum nächsten Tag um 13 Uhr wird der Jugendliche festgehalten. Die Folgen sind fatal: ein geplatztes Trommelfell, zweijährige Taubheit auf dem Ohr sowie ein gebrochener Mittelhandknochen. Zudem wird er wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt angeklagt. Und nun lässt Kafka grüßen. „Vor Gericht war alles ein abgekartetes Spiel zwischen Richter, Polizei, Polizeipräsident. Selbst mein Anwalt, für den ich einen Studentenkredit aufgenommen hab, war mit von der Partei!“ Deix hat nicht die geringste Chance und wird zu drei Monaten bedingt auf drei Jahre verurteilt. „Das waren böse Menschen. Am liebsten hätt’ ich auf diese Lügner einen gedungenen Killer geschickt, aber das war kohlemäßig nicht drin.“ Eine schlimme Erfahrung, die Deix bisheriges Weltbild und Vertrauen erschüttert. „An dem hab ich lang gekiefelt. Ich hab mich sehr verletzt und gedemütigt gefühlt. Hab am System, am Land, an der Stadt gezweifelt.“ Deix heutige engagierte und kompromisslose Haltung sind ohne Zweifel auch auf dieses Erlebnis zurückzuführen.
Die wirkliche Hölle, die sein Weltbild nachhaltig erschüttert und ihn auch seiner Heimatstadt gehörig entfremdet, erlebt Deix bald darauf. Im Dezember 1970 will er mit seiner Freundin das Espresso Fedrizzi in der Wienerstraße besuchen. „Dort gab es eine Jukebox, haben sich die Jugendlichen getroffen.“ Fast direkt vorm Lokal sieht er, wie zwei Polizisten auf zwei wehrlose Buben einschlagen. „Was ist da los? Ist das nötig, dass sie die zwei schlagen.“, mischt er sich ein. „Der eine Polizist war ja ein richtiger Lackl, 1,95 groß mit 120 kg.“ Die Antwort fällt weniger fein aus. „Wüst a Watschn? Misch di ned ein in a Amtshandlung. Geh weiter.” Deix bleibt demonstrativ stehen. „Daneben war ein Busenhaltergeschäft, da haben wir in die Auslage reingeschaut. ‚Das darf man als Staatsbürger.’, hab ich erwidert. Dann gings schon bumm, und ich hab eine in der Goschn gehabt. Mit der Gummiwurst haben die auf mich und meine Frau eingedroschen. Ich hab gerufen. ‚Feurio! Mordio! Werdet Zeugen! Aufwachen!’ Ich hab noch immer nicht mitbekommen, dass das jetzt bitterer Ernst ist.“
Und wie ernst. Verstärkung trifft ein. Schließlich prügeln an die 10 „Gesetzeshüter“ auf den schmächtigen Deix, der mit seinen langen Haaren damals ein Feindbild darstellt, ein. Zuletzt wird er mit aufs Kommissariat mitgenommen und verhört. Mittlerweile ist es drei Uhr. Deix Hand, die ihm der große Polizist umgebogen hat, schmerzt erbärmlich. Er möchte aufs Klo. „Aufs Klo kannst bei deiner Mama gehen.“ Als er trotzdem aufzustehen versucht, „ist aufeinmal der kleine Gnom hinterm Schreibtisch aufgesprungen, und hat mir eine volle Breitseite gegeben, so dass es mich geschmissen hat.“ Bis zum nächsten Tag um 13 Uhr wird der Jugendliche festgehalten. Die Folgen sind fatal: ein geplatztes Trommelfell, zweijährige Taubheit auf dem Ohr sowie ein gebrochener Mittelhandknochen. Zudem wird er wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt angeklagt. Und nun lässt Kafka grüßen. „Vor Gericht war alles ein abgekartetes Spiel zwischen Richter, Polizei, Polizeipräsident. Selbst mein Anwalt, für den ich einen Studentenkredit aufgenommen hab, war mit von der Partei!“ Deix hat nicht die geringste Chance und wird zu drei Monaten bedingt auf drei Jahre verurteilt. „Das waren böse Menschen. Am liebsten hätt’ ich auf diese Lügner einen gedungenen Killer geschickt, aber das war kohlemäßig nicht drin.“ Eine schlimme Erfahrung, die Deix bisheriges Weltbild und Vertrauen erschüttert. „An dem hab ich lang gekiefelt. Ich hab mich sehr verletzt und gedemütigt gefühlt. Hab am System, am Land, an der Stadt gezweifelt.“ Deix heutige engagierte und kompromisslose Haltung sind ohne Zweifel auch auf dieses Erlebnis zurückzuführen.
STP - Wo die Uhren anders gehen?
Dennoch kommt es nicht zum totalen Bruch mit der Heimatstadt. Noch heute ist Deix alle zwei, drei Monate auf Besuch bei seiner Mutter, die nach wie vor am Eisberg wohnt. Seine Gefühle gegenüber St. Pölten sind aber ambivalent. „Ich bekomm durchaus sentimentale Gefühle in St. Pölten, kenn die Stadt ja in und auswendig. Aber in dieser Stadt funktionieren die Sachen sehr merkwürdig.“
Was er da genau meint? Da sprudelt es richtig aus Deix heraus. Vieles sind Fehler aus der Vergangenheit. Vieles scheint aus dem Blickwinkel des distanzierteren Beobachters treffend analysiert. „Wie waren die etwa immer stolz auf ihre Arbeitergeschichte. ‚Wir sind eine Eisenbahner- und Arbeiterstadt’, hat der Schickelgruber stolz jubiliert. Das ist schon gut, man hat ja wirklich viel geleistet, in den 30’er Jahren und gegen Hitler. Aber Hitler ist bitte lange tot, und die Hakler sind nicht mehr dieselben wie damals. Die Zeit hat sich verändert. Das Eisenbahner- und Arbeiterimage interessiert niemanden mehr!“
Wenn er sich den Bahnhof anschaue, welcher der hässlichste Österreichs sei (wir erläutern, dass er endlich umgebaut wird), dann stehe der in glatten Widerspruch zum Arbeiterimage. „Wenn man eine Arbeiterstadt ist, dann hätt’ man für die Pendler, die ja großteils Hakler sind, dort Palmen und Sofas hinstellen müssen. Stattdessen werden sie von schwarzem Estrich empfangen.“ Selbst mit der vermeintlichen Kunst, die an Lächerlichkeit nicht zu überbieten sei, quäle man die Arbeiter. „Die machen soviel Schwachsinn - und das kommt ihnen dann modern vor. Anstatt einen lieben Springbrunnen mit Bärli wurde im Süden etwa dieser verbogene, rostige Eisenbahnschiene als „Kunst“ aufgestellt. Dort wohnen vor allem Hakler, Eisenbahner. Wenn die nachhaus kommen, wollen die sicher alles sehen, nur keine rostige Eisenbahnschiene!“
Geradezu leuchtende Augen bekommt Deix, wenn er an ein altes Werbevideo der Stadt denkt. „Da fährt ein gschmeidiger Jugo als Römer verkleidet auf einem Einspänner durch die Stadt und erklärt irgendwas in gebrochenem Deutsch. Das war so bizarr, so patschert und schlecht. Sensationell! Das gehört eigentlich in Cannes eingereicht.“
Weniger sensationell, dafür ein bisserl suspekt ist ihm die bisweilen hörige Art, mit der Politiker behandelt wurden. Als er etwa bei einem Espresso-Konzert in der FABRIK Gast ist, hat er ein Erlebnis der anderen Art. „Irgendwann ist ein Sekretär vom Bürgermeister herübergekommen, und hat gemeint: ‚Her Deix, sie dürfen in die Loge des Bürgermeisters kommen. Er würd’ sie begrüßen.’ Eigenartig oder? Ich hab dann gemeint, der Bürgermeister könne gern zu mir kommen.“ Auch die diesbezügliche Propagandamaschinerie quittiert Deix mit Verwunderung. Man staune: Er gehört zu jenen, welche im St. Pölten konkret Bürgermeisterbilder gezählt haben. „Willi Gruber und St. Pölten konkret - das war DDR mal 100. Das war ja abnormal!“
Dennoch kommt es nicht zum totalen Bruch mit der Heimatstadt. Noch heute ist Deix alle zwei, drei Monate auf Besuch bei seiner Mutter, die nach wie vor am Eisberg wohnt. Seine Gefühle gegenüber St. Pölten sind aber ambivalent. „Ich bekomm durchaus sentimentale Gefühle in St. Pölten, kenn die Stadt ja in und auswendig. Aber in dieser Stadt funktionieren die Sachen sehr merkwürdig.“
Was er da genau meint? Da sprudelt es richtig aus Deix heraus. Vieles sind Fehler aus der Vergangenheit. Vieles scheint aus dem Blickwinkel des distanzierteren Beobachters treffend analysiert. „Wie waren die etwa immer stolz auf ihre Arbeitergeschichte. ‚Wir sind eine Eisenbahner- und Arbeiterstadt’, hat der Schickelgruber stolz jubiliert. Das ist schon gut, man hat ja wirklich viel geleistet, in den 30’er Jahren und gegen Hitler. Aber Hitler ist bitte lange tot, und die Hakler sind nicht mehr dieselben wie damals. Die Zeit hat sich verändert. Das Eisenbahner- und Arbeiterimage interessiert niemanden mehr!“
Wenn er sich den Bahnhof anschaue, welcher der hässlichste Österreichs sei (wir erläutern, dass er endlich umgebaut wird), dann stehe der in glatten Widerspruch zum Arbeiterimage. „Wenn man eine Arbeiterstadt ist, dann hätt’ man für die Pendler, die ja großteils Hakler sind, dort Palmen und Sofas hinstellen müssen. Stattdessen werden sie von schwarzem Estrich empfangen.“ Selbst mit der vermeintlichen Kunst, die an Lächerlichkeit nicht zu überbieten sei, quäle man die Arbeiter. „Die machen soviel Schwachsinn - und das kommt ihnen dann modern vor. Anstatt einen lieben Springbrunnen mit Bärli wurde im Süden etwa dieser verbogene, rostige Eisenbahnschiene als „Kunst“ aufgestellt. Dort wohnen vor allem Hakler, Eisenbahner. Wenn die nachhaus kommen, wollen die sicher alles sehen, nur keine rostige Eisenbahnschiene!“
Geradezu leuchtende Augen bekommt Deix, wenn er an ein altes Werbevideo der Stadt denkt. „Da fährt ein gschmeidiger Jugo als Römer verkleidet auf einem Einspänner durch die Stadt und erklärt irgendwas in gebrochenem Deutsch. Das war so bizarr, so patschert und schlecht. Sensationell! Das gehört eigentlich in Cannes eingereicht.“
Weniger sensationell, dafür ein bisserl suspekt ist ihm die bisweilen hörige Art, mit der Politiker behandelt wurden. Als er etwa bei einem Espresso-Konzert in der FABRIK Gast ist, hat er ein Erlebnis der anderen Art. „Irgendwann ist ein Sekretär vom Bürgermeister herübergekommen, und hat gemeint: ‚Her Deix, sie dürfen in die Loge des Bürgermeisters kommen. Er würd’ sie begrüßen.’ Eigenartig oder? Ich hab dann gemeint, der Bürgermeister könne gern zu mir kommen.“ Auch die diesbezügliche Propagandamaschinerie quittiert Deix mit Verwunderung. Man staune: Er gehört zu jenen, welche im St. Pölten konkret Bürgermeisterbilder gezählt haben. „Willi Gruber und St. Pölten konkret - das war DDR mal 100. Das war ja abnormal!“
Falsch verbunden
Irgendwie, so gewinnt man den Eindruck, hat die Stadt nie den richtigen Draht zu ihrem großen Sohn gefunden. Als man Deix anlässlich seines 50’ers für eine Ausstellung gewinnen möchte, stellt man sich ein bisserl patschert an. „Der Anrufer hat gemeint, dass es mir eh nix kosten würd, wenn ich ausstell. Den Druck der Einladung übernehme eh die Stadt, das Buffet koste mir auch nix und wenn ma Glück hätten, würde der Bürgermeister sogar zur Vernissage kommen.“ Überhaupt seien die Künstler der Stadt und deren Leistungen, wie ihm scheint, immer zu wenig beachtet worden. „Da gibt’s so tolle Leute, den Scherner und viele andre, die wurden praktisch ignoriert. Ich kann mich erinnern: 85 haben wir eine Beach-Boys Cover CD rausgebracht, die verkaufte sich in der ersten Woche 27.500 mal. Das war Gold. Wir wurden in Gottschalks Talkshow eingeladen. Da waren schlagartig sechs St. Pöltner und mit ihnen die Stadt in den Medien. Das wurde von der Stadt nicht einmal wahrgenommen.“
Irgendwie, so gewinnt man den Eindruck, hat die Stadt nie den richtigen Draht zu ihrem großen Sohn gefunden. Als man Deix anlässlich seines 50’ers für eine Ausstellung gewinnen möchte, stellt man sich ein bisserl patschert an. „Der Anrufer hat gemeint, dass es mir eh nix kosten würd, wenn ich ausstell. Den Druck der Einladung übernehme eh die Stadt, das Buffet koste mir auch nix und wenn ma Glück hätten, würde der Bürgermeister sogar zur Vernissage kommen.“ Überhaupt seien die Künstler der Stadt und deren Leistungen, wie ihm scheint, immer zu wenig beachtet worden. „Da gibt’s so tolle Leute, den Scherner und viele andre, die wurden praktisch ignoriert. Ich kann mich erinnern: 85 haben wir eine Beach-Boys Cover CD rausgebracht, die verkaufte sich in der ersten Woche 27.500 mal. Das war Gold. Wir wurden in Gottschalks Talkshow eingeladen. Da waren schlagartig sechs St. Pöltner und mit ihnen die Stadt in den Medien. Das wurde von der Stadt nicht einmal wahrgenommen.“
Hardcore - Musikantenstadl
Sehr wohl wahrgenommen wird freilich, als Deix 2003 beim Musikantenstadl im VAZ bei der weinseligen Schunkel-Schlusszene den Stinkefinger zeigt. Die NÖN titelt daraufhin „Skandal um Deix“, drinnen wird von der „Schandtat“ des Klosterneuburgers (!) berichtet. „So schön war dieser Abend, und so garstig hat er geendet... Bei der Krönung des Abends, der großen Schlussszene, rastete Karikaturist nämlich plötzlich aus. Zuerst markierte er einen spastischen Anfall, danach zeigte er Karl Moik und einem Millionenpublikum in ganz Europa den emporgestreckten Mittelfinger.“, so der Redakteur.
Millionen habe das St. Pölten gekostet, wird gemutmaßt, dabei wird die Aufmerksamkeit für diese eher nohc gepusht. Tags darauf ist der Deix-Auftritt und damit St. Pölten selbst bei Stefan Raab auf Pro 7 ein Thema. Der Satiriker kann sich ein Lachen nicht verkneifen. „Dabei hab ich den Mittelfinger gar nicht dem Moik gezeigt, sondern meiner Frau im Zuschauerraum, die mir ganze Zeit gedeutet hat, ich soll mitschunkeln. Deix und schunkeln, das geht ja wirklich nicht! Das war den NÖN eine Titelseite und einen doppelseitigen Bericht wert.“, schüttelt er den Kopf.
Sehr wohl wahrgenommen wird freilich, als Deix 2003 beim Musikantenstadl im VAZ bei der weinseligen Schunkel-Schlusszene den Stinkefinger zeigt. Die NÖN titelt daraufhin „Skandal um Deix“, drinnen wird von der „Schandtat“ des Klosterneuburgers (!) berichtet. „So schön war dieser Abend, und so garstig hat er geendet... Bei der Krönung des Abends, der großen Schlussszene, rastete Karikaturist nämlich plötzlich aus. Zuerst markierte er einen spastischen Anfall, danach zeigte er Karl Moik und einem Millionenpublikum in ganz Europa den emporgestreckten Mittelfinger.“, so der Redakteur.
Millionen habe das St. Pölten gekostet, wird gemutmaßt, dabei wird die Aufmerksamkeit für diese eher nohc gepusht. Tags darauf ist der Deix-Auftritt und damit St. Pölten selbst bei Stefan Raab auf Pro 7 ein Thema. Der Satiriker kann sich ein Lachen nicht verkneifen. „Dabei hab ich den Mittelfinger gar nicht dem Moik gezeigt, sondern meiner Frau im Zuschauerraum, die mir ganze Zeit gedeutet hat, ich soll mitschunkeln. Deix und schunkeln, das geht ja wirklich nicht! Das war den NÖN eine Titelseite und einen doppelseitigen Bericht wert.“, schüttelt er den Kopf.
STP unter Deix Feder
Deix war also schon mehrmals mediales Thema in St. Pölten. Wie schauts umgekehrt aus - hat er die Heimatstadt schon mit seiner spitzen Feder aufs Korn genommen? „Eigentlich nicht. Die hat bislang zu wenig hergegeben.“ Freilich gibt’s Ausnahmen. So ist Kurt Krenn gern karikiertes Modell, “gern“ im doppelten Sinne. „Krenn ist ein Freak - und Freaks mag ich. Er ist ein Fundi, aber er macht kein Hehl daraus. Mit dem kann man trefflich streiten. Außerdem ist er in Wahrheit butterweich und viel liberaler unter der Tuchent, als er sich nach außen hin gibt.“ Nachfolger Klaus Küng hingegen hat es bislang nur einmal zu Deix-Ehren gebracht, in Zusammenhang mit der St. Pöltner Priesterseminar-Affäre. „Da hab ich ihn als strengen Visitator gezeichnet, der einen jungen schüchternen Priesterstudenten abprüft.“ Ist Küng als Charakter weniger interessant? „Nein, er wird schon wieder mal vorkommen. Der ist ja Mitglied des fundamentalistischen Opus Dei, die sich selbst geißeln. Küng in Eisenstrapsen oder so was in der Art - das kann ich mir schon gut vorstellen!“ Muss man da nicht mit Klagen rechnen? „Ich bin erst sechsmal geklagt worden. Immer nur von Parteien, nie von der Kirche. Die Katholiken sind da liberaler!“
Weniger gut vorstellen konnte er sich St. Pölten als EXPO Standort, wie es Siegfried Ludwig in den 90’ern vorgeschlagen hat. „Ich hab damals geglaubt, ich hör nicht richtig. Die Leute haben gemutmaßt, dass Ludwig vielleicht irgendwo runtergefallen ist. Das wollt ich ergründen.“ Auch das wurde zeichnerisch verewigt.
Deix war also schon mehrmals mediales Thema in St. Pölten. Wie schauts umgekehrt aus - hat er die Heimatstadt schon mit seiner spitzen Feder aufs Korn genommen? „Eigentlich nicht. Die hat bislang zu wenig hergegeben.“ Freilich gibt’s Ausnahmen. So ist Kurt Krenn gern karikiertes Modell, “gern“ im doppelten Sinne. „Krenn ist ein Freak - und Freaks mag ich. Er ist ein Fundi, aber er macht kein Hehl daraus. Mit dem kann man trefflich streiten. Außerdem ist er in Wahrheit butterweich und viel liberaler unter der Tuchent, als er sich nach außen hin gibt.“ Nachfolger Klaus Küng hingegen hat es bislang nur einmal zu Deix-Ehren gebracht, in Zusammenhang mit der St. Pöltner Priesterseminar-Affäre. „Da hab ich ihn als strengen Visitator gezeichnet, der einen jungen schüchternen Priesterstudenten abprüft.“ Ist Küng als Charakter weniger interessant? „Nein, er wird schon wieder mal vorkommen. Der ist ja Mitglied des fundamentalistischen Opus Dei, die sich selbst geißeln. Küng in Eisenstrapsen oder so was in der Art - das kann ich mir schon gut vorstellen!“ Muss man da nicht mit Klagen rechnen? „Ich bin erst sechsmal geklagt worden. Immer nur von Parteien, nie von der Kirche. Die Katholiken sind da liberaler!“
Weniger gut vorstellen konnte er sich St. Pölten als EXPO Standort, wie es Siegfried Ludwig in den 90’ern vorgeschlagen hat. „Ich hab damals geglaubt, ich hör nicht richtig. Die Leute haben gemutmaßt, dass Ludwig vielleicht irgendwo runtergefallen ist. Das wollt ich ergründen.“ Auch das wurde zeichnerisch verewigt.
Stahlrohrfabrik
Ludwig ist ein gutes Stichwort. Was sagt er zu 20 Jahre Landeshauptstadt? War er zum Beispiel schon im Regierungsviertel? Deix schüttelt erheitert den Kopf. Auch da hat er so seine Sicht der Dinge. „Ich war vor ca. fünf Jahren dort. Landhausboulevard. Die haben ja gedacht, da spielen die Straßenmusikanten, sind um 12 Uhr die Cafés voll mit den Reichen und Schönen, sprudelt das Leben – und das zwischen eiskalten Stahlklotzen? Das schaut ja aus wie a stillgelegte Fabrik dort. Ich kenn kein Liebespaar, das sagt, ‚Treff ma uns dort zum Pempern.’ Da kriegst sicher kein steifes Spatzi, wenn du dich an den kalten Stahl lehnst. Das ist menschenverachtend - die Architekten gehören heute noch ins Gefängnis.“
Auch hier ein Erlebnis der anderen Art. „Wir waren im Juli dort, wollten am Boulevard flanieren. Im ersten Moment hab ich gedacht, da sind vielleicht Drehaufnahmen. Da war kein einziger Mensch! Es herrschte Grabesruhe! Bei einem Juweliergeschäft stand die Tür sperrangelweit offen, nur - drinnen war auch niemand! Das war der 1. Juwelierladen, der unbewacht war. Aber die haben natürlich logisch gedacht: Wo keine Leute sind, sind auch keine Diebe. Die hätten die Rolex vor die Tür legen können, und niemand hätt sie gefladert. Einen besseren Beweis für die Öde dort gibt es nicht.“
Auch der Klangturm bekommt sein Fett ab, den Deix einfach als „lustiges Phänomen“ bezeichnet. „Der beweist auch diese absolute Ferne zu den Menschen, schaut aus wie der Rohbau einer zuckerrohrverabeitenden Fabrik. Das interessiert keine Sau! Zur Eröffnung haben sie ihn mit Industriegeräuschen aus der VOEST beschallt! Das muss man sich vorstellen: Unten sind 50 Hakler gestanden, die haben sich gedacht: Des hör ich eh den ganzen Tag, das soll Kunst sein?“
Zuletzt wird Deix nachdenklich. „Für St. Pölten hat man sich früher immer genieren müssen. Aber ich bin immer dazu gestanden, hab immer gesagt, ich komm von dort.“ Das kann man in jedem seiner zahlreichen Bände nachlesen. Wie es jetzt sei, fragt er. Es wehe schon ein frischer Wind, versichern wir. „Ich wünsch es mir, ich wünsch es der Stadt. Wirklich! Ich hab etwa gelesen, dass The Who und Roxy Music kommen, das klingt ja schon recht vielversprechend.“
Die Türen sind also nicht zugefallen. Ganz im Gegenteil. Da sind schon noch die Bande zur alten Heimat, die offensichtlich nie vergehen, die Erinnerungen, die einen beizeiten auch mit Wehmut erfüllen. Egal ist ihm St. Pölten nicht.
Es wäre an der Zeit, Manfred Deix, dem wohl bekanntesten lebenden Sohn der Stadt, endlich der Anerkennung der Stadt zu versichern. Ein Zeichen zu setzen! Peinlich genug, dass Wien und seine Wahlheimat Klosterneuburg der Traisenstadt punkto Deix-Auszeichnung schon „zuvorgekommen“ sind. Dabei braucht St. Pölten kritische Geister wie Deix!
Und wenn man ihm den Prandtauerpreis, die höchste kulturelle Auszeichnung verliehe, wie würde er reagieren? „Den würd ich annehmen! Natürlich! Das würd mich freuen!“
Ludwig ist ein gutes Stichwort. Was sagt er zu 20 Jahre Landeshauptstadt? War er zum Beispiel schon im Regierungsviertel? Deix schüttelt erheitert den Kopf. Auch da hat er so seine Sicht der Dinge. „Ich war vor ca. fünf Jahren dort. Landhausboulevard. Die haben ja gedacht, da spielen die Straßenmusikanten, sind um 12 Uhr die Cafés voll mit den Reichen und Schönen, sprudelt das Leben – und das zwischen eiskalten Stahlklotzen? Das schaut ja aus wie a stillgelegte Fabrik dort. Ich kenn kein Liebespaar, das sagt, ‚Treff ma uns dort zum Pempern.’ Da kriegst sicher kein steifes Spatzi, wenn du dich an den kalten Stahl lehnst. Das ist menschenverachtend - die Architekten gehören heute noch ins Gefängnis.“
Auch hier ein Erlebnis der anderen Art. „Wir waren im Juli dort, wollten am Boulevard flanieren. Im ersten Moment hab ich gedacht, da sind vielleicht Drehaufnahmen. Da war kein einziger Mensch! Es herrschte Grabesruhe! Bei einem Juweliergeschäft stand die Tür sperrangelweit offen, nur - drinnen war auch niemand! Das war der 1. Juwelierladen, der unbewacht war. Aber die haben natürlich logisch gedacht: Wo keine Leute sind, sind auch keine Diebe. Die hätten die Rolex vor die Tür legen können, und niemand hätt sie gefladert. Einen besseren Beweis für die Öde dort gibt es nicht.“
Auch der Klangturm bekommt sein Fett ab, den Deix einfach als „lustiges Phänomen“ bezeichnet. „Der beweist auch diese absolute Ferne zu den Menschen, schaut aus wie der Rohbau einer zuckerrohrverabeitenden Fabrik. Das interessiert keine Sau! Zur Eröffnung haben sie ihn mit Industriegeräuschen aus der VOEST beschallt! Das muss man sich vorstellen: Unten sind 50 Hakler gestanden, die haben sich gedacht: Des hör ich eh den ganzen Tag, das soll Kunst sein?“
Zuletzt wird Deix nachdenklich. „Für St. Pölten hat man sich früher immer genieren müssen. Aber ich bin immer dazu gestanden, hab immer gesagt, ich komm von dort.“ Das kann man in jedem seiner zahlreichen Bände nachlesen. Wie es jetzt sei, fragt er. Es wehe schon ein frischer Wind, versichern wir. „Ich wünsch es mir, ich wünsch es der Stadt. Wirklich! Ich hab etwa gelesen, dass The Who und Roxy Music kommen, das klingt ja schon recht vielversprechend.“
Die Türen sind also nicht zugefallen. Ganz im Gegenteil. Da sind schon noch die Bande zur alten Heimat, die offensichtlich nie vergehen, die Erinnerungen, die einen beizeiten auch mit Wehmut erfüllen. Egal ist ihm St. Pölten nicht.
Es wäre an der Zeit, Manfred Deix, dem wohl bekanntesten lebenden Sohn der Stadt, endlich der Anerkennung der Stadt zu versichern. Ein Zeichen zu setzen! Peinlich genug, dass Wien und seine Wahlheimat Klosterneuburg der Traisenstadt punkto Deix-Auszeichnung schon „zuvorgekommen“ sind. Dabei braucht St. Pölten kritische Geister wie Deix!
Und wenn man ihm den Prandtauerpreis, die höchste kulturelle Auszeichnung verliehe, wie würde er reagieren? „Den würd ich annehmen! Natürlich! Das würd mich freuen!“