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St. Pöltens gute Seite

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Text Tobias Zuser
Ausgabe 09/2007
Der Legende nach bekommt man ja im Osten von Österreich insbesondere ein Talent in die Wiege gelegt: das in-, an- und beständige Sudern. Und es gibt wohl nichts Geselligeres als all die schrecklichen Umstände zu kommentieren, die uns zwar nicht direkt berühren, aber trotzdem lauthals unsere Meinung fordern. Am Wirtshaustisch, am See, im Café – oder in einer Kolumne. Aber damit ist heute ein für allemal Schluss – garantiert ohne verstecktem Zynismus, dem kleinsten Hauch von Ironie oder anderen geschmacklosen Geschmacksverstärkern! Was nun folgt ist ein zutiefst ernsthafter Hochgesang auf St. Pölten, das jedes Jahr vom definitiv grausamsten Sommerereignis verschont bleibt: dem Tourismus. Ob das gut ist? Und wie! Keine undurchdringlichen Touristenketten, die im Ameisenbärtempo durch die Stadt trippeln; kein Warten auf Godot in den beliebtesten Shoppinghäusern und nicht einmal die geringste Belastung für den eigenen Geduldsfaden bei einem der seltenen Museumsbesuche; keine stickigen U-Bahnschächte, die dir die Schweißperlen auf die sonnenverbrannte Stirn treiben; keine mafiösen Kioske, die dir an einem Tag mit Menschenaffenhitze ein schlecht gekühltes Mineralfläschchen um zwei Euro unter die Nase reiben, und keine unausstehlichen Diskriminierungen, die es nur Leuten mit Kleingeld erlauben sich ihres Bedürfnisses zu entledigen! Also eine Stadt, in der man definitiv den wunderbarsten Urlaub verbringen könnte – aber nicht sollte, denn sonst könnte man es nicht mehr.