Männer vom Feinsten
Text
Rosa
Ausgabe
Rosa hat einen Nachbarn, der unattraktiv nicht ist. Die verlegenen Blicke durch das Küchenfenster über den Hof zu seinem Küchenfenster, gaben schon hie und da den einen oder anderen blanken Augenschmaus preis. Auf einer Skala von 1-10 eine glatte 10, rein körpertechnisch. Und weil J. kein Kostverächter der Gattung Rosa ist, kam es, wie es kommen musste. Aber alles der Reihe nach. Wir leben seit bald einem Jahrzehnt Türe an Türe. Männer gingen, Frauen kamen und zwischendurch blieb uns Zeit für diverse heiße Flirts und lange Beziehungen. Wir flogen aus, plauderten zwischen seiner und meiner Türe und sogar Katze Penelope schwänzelte um seine Beine und gurrte vergnügt, sobald Nachbars Türe für ihre spontanen Entdeckungsreisen ins Land der männlichen Singles offen stand. J’s. Anmachtricks Marke „Rosa Flachlege-Strategie“ hatte ich bald durchschaut, und umso öfter er mit prompt erfundenen Ausreden an meiner Türe halt machte, desto kribbeliger wurde es in letzter Zeit um meine Magengegend. „Rosa, was machst du heute Abend?“, fragte er spitzbubenhaft. „Mit dir in die Kiste hüpfen, Orgien auf dem Friedhof feiern, den Mond anheulen, in Wodka baden, meinen Kopf im Spülkasten ertränken und dazu blaue Socken tragen?“, flimmerte es mir durch den Kopf! Aber, alles Quatsch. „Nichts, mein Guter, gar nichts. Und so gingen wir einmal mehr zu Viktor ums Eck und einmal mehr machte mir der schwere chilenische Rotwein nach drei Gläsern zu schaffen. Ab nach Hause, Türe auf, Penelope schwänzelte und gurrte und J. brachte wieder sein übliches Ständchen von wegen „Schlaf schön Rosa, es war nett. Vielleicht sehen wir uns demnächst wieder mal!“ Hm, krächzten meine Stimmbänder und schon verschwand ich hinter jener Türe, wo sich in dieser Nacht noch viele Geheimnisse auftun sollten.