MFG - Sag, wie hast du's mit der Television
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MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Sag, wie hast du's mit der Television

Text Florian Kogler
Ausgabe 05/2006

Fünf Poser, die zwar nicht so gut singen wie Robert Smith, dafür aber der Meinung sind, dass Fernsehen uns dumm und fett macht, und zu 70 Prozent Gesellschaftskritik üben... Das sind Gretchenfrage. Nur, worüber singen sie die anderen 30 Prozent?

Die Gretchenfrage, interessanter Name! Was ist wohl des Pudel’s Kern? Ein paar koordinierende Anrufe später und Fotograf Hermann und ich sitzen schon gemeinsam mit der Gretchenfrage bei Tisch, leider ohne Doktor Faust. Der Trick mit dem angebohrten Tisch wäre zu schön.
Ich blicke in die Runde und frage mich, warum die Herren sich nicht früher aus ihrem Proberaum gewagt haben. Stefan und Birki spielten schon bei den Schäferischen Kiwaran bzw. Dubios, Peter bei „Ein grüner Feuerlöscher mit Hang zur Kontroverse“, damals aber noch hinter dem Schlagzeug. Seit Oktober 2004 sind sie gemeinsam mit Keyboarder Christoph und Drummer Uli die Gretchenfrage, und machen stilmäßig da weiter, wo die Vorgängerbands aufgehört haben.
Und sie erklären mir: „Wir wollten uns wenn, dann ordentlich präsentieren. Passt der erste Auftritt nicht, kann man sich gleich wieder verziehen.“

Abgemacht ist: Zuerst das Fotoshooting, dann das Interview, der Artikel soll ja auch Substanz haben.
Es herrscht Grübeln über mögliche Fotomotive: Die Gretchenfrage im Ministrantenlook vor dem Dollfuß-Gemälde mit gebügelter Knittel-Falte? Wohl eher nicht. Oder doch lieber in die Sauna? Nein, kein Mainstreaming irgendeiner Art.
Auf einmal ein Einwurf von Sänger Peter Negl, der uns von ihrem neuen Song „Heinz Prüller“ erzählt. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Medium Fernsehen. „Das macht uns nur dumm und fett“. Na wenn sich das mal nicht umsetzen lässt.

Also, ab ins Auto und ab in den Proberaum.  Bei Peter’s Fahrstil stellt man sich die Gretchenfrage unterbewusst selbst. Ein bisschen göttlicher Beistand kann da nicht schaden.

Im Radio laufen die Strokes. Ein Einfluss oder doch eher andere Deutschrocker? Ja, neben Morrissey, The Clash und den Smith. Einflussreichste Band sind aber The Cure, „obwohl ich nicht so gut singen kann wie Robert Smith“. Und die Texte, auch so melancholisch angehaucht? „Nein, zu 70% ist es Protest gegen die Gesellschaft. Ich geh ihr gegen den Strich und sie mir“. Aha, und worum geht es bei den anderen 30%? „Um’s Schustern“.  „Ach neige, // Du Schmerzenreiche, // Dein Antlitz gnädig meiner Not.“

Im Proberaum übernimmt Hermann „paniert’s mi“ Rauschmayr das Kommando. Alle Requisiten sind an ihrem Posten, die Plätze sind eingenommen, Sicherheitsabstand einhalten, auf die Plätze, fertig, klick! „Bedenkt, Ihr habet weiches Holz zu spalten.“
Das Shooting ist zu Ende, die Spuren der Verwüstung halbwegs beseitigt, auf nach drinnen, die Fotos sind ja bekanntlich nicht der Weisheit letzter Schluss.
Es folgt ein kurzes Interview im Proberaum. Ein Blick auf meine vorbereiteten Fragen lässt mich erschaudern, sie wurden alle bereits beantwortet. „Hier steh ich nun ich armer Thor // und bin so klug wie je zuvor.“
Doch halt, eine Frage hätte ich noch: Nun sagt, wie habt ihr’s denn mit der Religion? Einstimmige Antwort: „Das Thema interessiert uns überhaupt nicht, es kommt in unserer Musik auch nicht vor.“ Solche Poser!

Die Band
seit Oktober 2004
Peter Negl (voc)
Stefan Grohs (git)
Patrick Birkfellner (bass)
Christoph Endl (keys)
Ulrich Mayer (drums)
Weitere Infos in Kürze unter www.gretchen-frage.com

Der Name
Peter: „Martin Blumenau hat auf FM4 über dieses Thema gesprochen. Ich fand es witzig, die Band Gretchenfrage zu nennen. Es hat aber nichts mit Religion zu tun. Das Thema interessiert uns nicht.“

Das Original
„Nun sag, wie hast du es mit der Religion?“ aus „Faust, der Tragödie erster Teil“ von Johann Wolfgang Goethe, Zeile 3415