MFG - Soldate Jeannette
Soldate Jeannette


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Soldate Jeannette

Text Gotthard Gansch
Ausgabe 09/2013

Der österreichische Film hat in letzter Zeit einen kleinen Aufschwung erlebt. „Soldate Jeannette“ schickt sich an, diese Entwicklung fortzusetzen, hat man doch bereits Preise einheimsen können.

Soldate Jeannette handelt von zwei starken Frauen, die aus ihrer jeweiligen Umgebung ausbrechen: Die gutbürgerliche Fanni, gespielt von Johanna Orsini-Rosenberg, lässt das gutbürgerliche Stadtleben und den üppigen Lebensstil hinter sich und findet Anna, gespielt von Christina Reichsthaler, welche die vermeintliche Bauernhofidylle satt hat. Der Plot des Films erinnert stark an die Biographien der beiden Hauptdarstellerinnen: So entstammt Orsini-Rosenberg einer Familie aus dem Hochadel, Reichsthaler wiederum verrichtete nach Abschluss der Studien der multimedialen Künste Lohnarbeit auf einer Biohühnerfarm gegen Kost und Logis. Diese Parallelen sind kein Zufall, so suchte der aus der Loich stammende Regisseur Daniel Hoesl explizit nach zwei starken Frauen mit interessanten und fesselnden Lebensgeschichten, die schließlich mit einer Portion Fiktion verwoben das stilisierte Grundgerüst des Films bilden.
Ohne Moos
Dieser Zugang erscheint sehr unkonventionell und war auch mit einigen Problemen verbunden. So existierte kein Drehbuch im herkömmlichen Sinne, lediglich grobe skizzenhafte Ideen für die Handlung. Deshalb konnte man aber auch nicht um „große“ Beträge bei der Filmförderung ansuchen, wie die in Böheimkirchen lebende Produzentin Kathi Posch leidvoll berichtet: „Beim Drehstart im Oktober 2012 hatten wir noch keine einzige Förderzusage. Wir wussten nicht, ob der Film ausfinanziert ist.“ So trugen sie zu dritt anfangs selbst das finanzielle Risiko. Schließlich kamen 65.000 Euro an Förderungen der öffentlichen Hand zusammen. Selbst im Vergleich zu österreichischen Spielfilmen mit Mindestbudgets ab 1,5 Millionen, eher ab 2 Millionen Euro, ist das ein verschwindend kleiner Anteil. „Das war eigentlich totale Selbstausbeutung, sowas machst du nur einmal im Leben“, ergänzt Posch. „Daher war das Team sehr klein, statt 40 Leuten waren nur sieben bis acht am Set. Alle bekamen aber Geld, wenn auch nicht viel. Jeder von uns hat zudem einen Beruf, dem er nebenbei nachging.“ Gerade dadurch wirkt der Film mit seiner offenen Kapitalismus- und Gesellschaftskritik noch authentischer, weil man selbst finanzielle Risiken auf sich nahm.
Ausgezeichnet
Dieses Risiko hat sich bezahlt gemacht: Neben einer bedeutungsvollen Einladung zum US-amerikanischen Sundance Film Festival, einem der größten und wichtigsten Festivals für unabhängige Produktionen, gewann der Film sogar den Tiger Award beim International Film Festival Rotterdam, dem europäischen Pendant zum Sundance. Auch für die Schauspieler oder die Musik gab es Preise, wie bei der Diagonale, dem Festival des österreichischen Films in Graz. Weitere Festivaltermine folgen nun, Auszeichnungen wohl auch. Premiere feiert der Film am 3. Oktober im Cinema Paradiso in St. Pölten, er wird aber auch in anderen Bundesländern zu sehen sein. Wem beim Filmgenuss manche Schauplätze bekannt vorkommen, der hat gutes Auge bewiesen: Es wurde im Waldviertel nähe Zwettl, Lilienfeld und St. Pölten gedreht.