MFG - YOLO
YOLO


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

YOLO

Text Tina Reichl
Ausgabe 09/2020
Um die Kommunikation mit meinem Nachwuchs zu gewährleisten, muss ich neuerdings den Google Translator bemühen. Das war bis jetzt noch einfach. Ein- und Zweiwortsätze beim Abholen von der Schule waren stets aussagekräftig und verständlich.
Wie wars? „Alles gut!“ Habt ihr viel Aufgabe? „Nö!“ Was habt ihr so gelernt? „Hm.“
Jetzt aber unterhält sich der Sohn mit Freunden am Telefon nur mehr so: „Hey Digga! Was los? Ist ja nice! LOL! Ehrenbruder! Safe!“ Übersetzung für Nichteltern und solche, die es bleiben wollen: „Hallo mein Freund! Wie geht es dir! Das ist ja toll! Ich lach mich kaputt! Du bist wirklich ein guter Kumpel! Das ist sicher!“
Mit mir redet er natürlich nicht so, da sagt er nur Sachen wie „Chill mal!“, falls sich meine Stimme überschlägt, weil er wiedermal sein Zeug nicht wegräumt, oder „Ehrenfrau!“, wenn ich ihm sein Lieblingsmüsli ausnahmsweise ins Zimmer serviere.
„YOLO!“, antworte ich dem verdutzten Kind. Ja, ich bilde mich auch weiter. Hab ich neulich in einer Zeitung gelesen. YOLO bedeutet „You only live once“ und meint in etwa das Gleiche wie Carpe diem. Nur dass es noch nicht hundert Wandtattoos und Türmatten davon gibt. Aber das kommt sicher noch und dann bin ich aber sowas von vorbereitet.
Inzwischen ist der Mann heimgekehrt und ich frage ihn liebevoll: Willst du noch etwas essen? „Nö.“ Wie war dein Tag so? „Alles gut.“ Und wie geht’s in der Arbeit? „Hm!“
Wenigstens auf den ist Verlass!