Lost generation
Text
Michael Müllner
Ausgabe
Die Welt verändert sich, aber die österreichische Delegation hat es sich in der ersten Reihe gemütlich gemacht und schaut zu. Anstatt nachhaltig am Sozial- und Pensionssystem zu schrauben, das Bildungswesen an die veränderten Anforderungen anzupassen oder gar eine große Verwaltungsreform anzugehen, wird lieber in Arbeitsgruppen Kaffee getrunken. Politiker investieren in Frühpensionisten, nicht in Schüler und Studenten. Der Erhalt der „Realverfassung“ und ihrer politischen Einflusskreise scheint wichtiger als ein nachhaltiges Steuersystem, das auch einen fairen Ausgleich zwischen Alten (im Ruhestand) und Jungen (im Erwerbsleben) ermöglicht. Während Asien und Lateinamerika Erfolgsgeschichte schreibt, nehmen wir neue Kredite auf und sehen zu, wie unser finanzieller und somit politischer Handlungsspielraum schrumpft. Unliebsame Fragen beantworten wir flapsig und schieben die Schuld bösen Spekulanten und Kapitalisten zu. Die „Aufbaugeneration“ habe sich all das verdient (verdammt noch mal)! Doch womit haben es die Jungen verdient, die Zeche der Verstorbenen zu bezahlen? Während sich Kleinformat und zugehörige Kleingeistpolitik vor Einwanderern fürchten, übersehen wir die wahre Gefahr: Dass die leistungswillige Generation, die gerade heranwächst, ihr Glück im Auswandern findet. Verkommt Österreich zum landschaftlich schönen Pensionistenreservat? Schauen Sie sich mal um, wenn Sie auf Urlaub sind! Wohlhabende, noch mobile Alte on Tour. Das ist würdig und recht, aber klären wir dazwischen bitte auch, wie dieses System in Zukunft läuft?! Bis dahin zeigen uns spanische Jungakademiker, was passiert, wenn die Arbeitslosigkeit bei 40 Prozent steht und jede Perspektive fehlt. Wir sollten uns fürchten – und endlich unsere Probleme angehen.