MFG - Sparefrohe Politiker
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St. Pöltens gute Seite

Sparefrohe Politiker

Text Sascha Harold
Ausgabe 03/2012

In der Diskussion um „Einsparungspotentiale“ fällt aktuell auch gerne reflexartig das Wort „Verwaltungsreform“. Auch auf Kommunalebene. Wirklich konkret wird man dann aber doch nicht wirklich.

Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) versucht den Hype rund um die Verwaltungsreform etwas zu dämpfen: „Es handelt sich hier um einen Prozess, der von der Stadt bereits vor Jahren begonnen wurde. Effekte treten natürlich aufgrund von aufrechten Dienstverhältnissen und gesetzlichen Auflagen für behördliche Dienstleistungen, die erst überprüft und entsprechend geändert werden müssten, verzögert auf.“ Konkrete kommunale Leistungskürzungen stehen noch nicht fest. „Wir überprüfen derzeit den Leistungskatalog der Stadt St.Pölten, der über 600 Leistungen umfasst, und werten aus, wo man da etwas kürzen könnte.“ Für die grüne Gemeinderätin Nicole Buschenreiter gilt es vor allem quasi die Betroffenen selbst mit zu involvieren. „Man muss die Beamten mehr einbinden, die wissen meist sehr genau, woran es scheitert, werden aber selten gehört.“ Aus 2 mach 1. Wirklich strukturelles und nachhaltiges Einsparungspotential wähnen viele in einer Zusammenlegung von Magistrat und Bezirkshauptmannschaft (BH). Die ÖVP hatte bereits im Wahlkampf den Vorschlag aufs Tapet gebracht, den Magistrat soweit wie möglich in die BH einzugliedern. Dazu Vizebürgermeister Matthias Adl (ÖVP): „Wir gehen davon aus, damit fünf Millionen Euro einsparen zu können. Mit der SPÖ hat es Gespräche gegeben, die hat allerdings nur die umgekehrte Vorstellung – die Eingliederung der Bezirkshauptmannschaft in die Stadt.“ Was Stadler indirekt bestätigt: „Studien zeigen, dass sich Statutarstädte sehr effizient mit geringem Personalstand verwalten. Was ich mir allerdings vorstellen kann, ist einige Leistungen bürgernäher zu gestalten und in die Gemeinden zu verlagern. Beispielsweise das Ausstellen von Pässen oder auch Führerscheinen.“ Schließlich verweist die Stadt darauf, dass die Möglichkeiten einer Änderung legistisch ohnedies bei Land und Bund lägen – dort müssten entsprechende Gesetze geändert werden. „Die Initiative in der Sache liegt bei Bund und Land, wenn die das wollen, werden wir das umsetzen“, so Stadler lapidar. Eine Initiative von der Stadt selbst aus, in diese Richtung zu lobbyieren und auf eine Gesetzesänderung hin zu wirken, gibt es offensichtlich nicht. Die ÖVP ist jedenfalls überzeugt, dass aktuell „die absolute rote Mehrheit diesbezügliche Änderungen verunmöglicht.“ Aber auch seitens der Bezirkshauptmannschaft winkt man ab. „Eine Anfrage seitens der Stadt St. Pölten liegt nicht vor“, so Bezirkshauptmann Josef Kronister, und weiter. „Auch wenn der Magistrat St. Pölten die bei weitem kleinere Bezirksverwaltungsbehörde ist – eine Zusammenlegung der Behörden ist für mich kein Thema.“ Gerechte Entlohnung. Ein weiteres Thema, das zuletzt in Diskussion geriet, sind Anzahl sowie Gehalt der Gemeinde- und Stadträte in St. Pölten. Stadtrat Hermann Nonner (FPÖ) kritisiert das gültige Stadtrats-Konzept hart: „Der Stadtrat macht fast nichts! Er beruft die Sitzung ein, die Tagesordnungspunkte sind bereits vorgegeben, und er trägt keine Verantwortung. Durch die Einführung von amtsführenden Stadträten [diese verantworten eigene Ressorts. Anm. der Redaktion] könnte auch dem Bürgermeister, der an sich gute Arbeit leistet, Verantwortung abgenommen werden.“ Vizebürgermeister Adl stößt ins selbe Horn und findet, „dass amtsführende Stadträte eine Alternative wären, die aber anscheinend für St. Pölten nicht gewünscht ist.“
Zum Vergleich: Andere Hauptstädte wie Graz, Salzburg oder Linz verfügen über amtsführende Stadträte und kommen hierbei mit zwei bzw. vier Stadträten aus. St. Pölten hingegen braucht elf, deren Jahresgehalt rund 50.000 Euro pro Mandatar beträgt. Nicht zu viel für jemanden ohne Verantwortung?
Bürgermeister Stadler relativiert: „In anderen Städten gibt es zwar weniger Stadträte, diese brauchen dafür aber alle ein eigenes Büro mit entsprechendem Personal – das erspart man sich in St. Pölten. Der Bevölkerung kommen amtsführende Stadträte teurer!“, ist er überzeugt. Was noch nicht die Frage beantwortet, ob man die Zahl der Stadträte nicht prinzipiell kürzen möchte – dies bedeutete jedenfalls eine Ersparnis. Diesbezüglich bringt der Bürgermeister aber auch Demokratieüberlegungen ins Spiel. „Man kann natürlich immer über die Größe von Stadt- und Gemeinderat diskutieren, allerdings stellt sich bei einer Verkleinerung die Frage, ob nicht kleinere Parteien überproportional verlieren.“ Außerdem verweist das Stadtoberhaupt wieder auf die Gesetzeslage. Die Anzahl der Stadträte sei im St. Pöltner Stadtrecht festgeschrieben. Müßig nachzufragen, ob es seitens der Stadt aktive Lobbying-Bemühungen gibt, das Gesetz in Richtung Reduzierung der Stadtratsposten zu ändern.
Grundsätzlich in Ordnung findet auch Nicole Buschenreiter das aktuelle Stadtratssystem, wenngleich sie im Hinblick auf die Bezahlung die Frage aufwirft, ob es notwendig sei, „dass ein nicht-amtsführender Stadtrat mehr als das Doppelte eines einfachen Gemeinderats bekommt?“
Das Salär eines Gemeinderates (ca. 1100 Euro im Monat) halten übrigens alle Parteienvertreter für angebracht, weil es sich um eine Aufwandsentschädigung handle, die nicht nur versteuert werden müsse, sondern de facto zum größten Teil für die Tätigkeit ausgegeben wird. Vizebürgermeister Adl ist überzeugt, „dass das Gehalt für Gemeinderäte in Ordnung ist, die sich engagieren und für das Volk einsetzen.“
Dass sich Menschen, und somit auch Mandatare und Körperschaften, prinzipiell schwer damit tun, sich quasi selbst wegzurationalisieren oder zu beschneiden, mag in der Natur des Selbsterhaltungstriebes liegen. Auf Bundes- und Landesebene stellt sich die Situation nicht anders dar.
Zu wirklichen Verwaltungsreformen, die diesen Namen auch verdienen, scheint man offensichtlich noch nicht bereit – vielleicht geht es uns ja doch noch zu gut.