MFG - I bin I
I bin I


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

I bin I

Text Beate Steiner
Ausgabe 09/2024
Das ist typisch und, ja, das hat es immer schon gegeben, dort, wo Menschen zusammenwohnen: Ältere Mitbürger beschweren sich über lautes Kindergeschrei, Eltern haben dafür kein Verständnis. Aktuell erhitzt das gerade die Gemüter in einer Wohnsiedlung in Wagram – spielende Kinder sind den alteingesessenen Anwohnern ein Sig­nal im Hörgerät, lautlos genutzte Spielplätze wären für die kleinen Wagramer wertlos. Neu ist die Aggressivität, mit der die eigene Meinung vertreten wird: Die Oldies fotografieren die spielenden Kids, drohen mit der Polizei. Weil: Das ist ihr Revier, sie wohnen seit Jahrzehnten dort, da hat es ruhig zu sein wie eben schon seit 60 Jahren. I bin I. Wie das öffentliche Gut rund um mein Heim genutzt wird, das bestimme ich. Schon eine interessante Einstellung, die immer öfter durchblitzt: „Auf dem Parkplatz vor meinem Wohnhaus darf kein anderes Auto stehen“. Wie bitte? Auf öffentlichem Grund kann sein Auto abstellen, wer will. Wer einen gesicherten Parkplatz haben möchte, soll einen mieten. Denn: Wie kommt die Allgemeinheit dazu, etwas mitzufinanzieren, auf das Einzelne individuell Anspruch erheben? Es gibt viele Auswüchse dieser aktuellen Ich-Zentriertheit: Autolenker, die durch die Fußgängerzone rasen – I bin I, I derf des; Radler und Scooter, die Seniorenslalom in der City üben – I mach, was mir Spaß macht; laute Nachtschwärmer, denen die gesetzliche Nachtruhe wurscht ist – I hab da jetzt mei Hetz. Wär‘ schon schön, wenn alle ein bisserl empathischer wären – altmodisch heißt das Rücksicht nehmen. Das hat es früher schon häufiger gegeben.