Park? Platz? Problem?
Text
Johannes Reichl
Ausgabe
Ein bisschen kommt es einem vor, als würde man auf Zeit spielen – nach wie vor harrt man der Präsentation des Architektenvorschlages für die Domplatzneugestaltung sowie der damit einhergehenden Beantwortung der Gretchenfrage: Parkplätze ja oder nein, und wenn ja – wie viele?
Derweil gibt man sich auch innerhalb der Bevölkerung der Spekulationslust hin, wobei eine Frage immer wieder auftaucht: Warum ist eigentlich eine Tiefgarage unter dem Domplatz kein Thema? Für einen Alt-St. Pöltner wie Baumeister Sepp Weidinger, der noch erlebte, wie am Herrenplatz (am Rathausplatz sowieso) geparkt wurde und am Riemerplatz die Autos brausten, völlig unverständlich. „Ich habe bereits Anfang der 70er-Jahre gemeinsam mit Julius Eberhardt ein Parkraumkonzept entwickelt – damals war ganz klar, dass auf Sicht drei Standorte für eine Tiefgarage Sinn machen: Der Bahnhof, wo nunmehr das Parkhaus entsteht; der Rathausplatz, der umgesetzt wurde, aber leider zu klein; und der Domplatz. Das versteht doch keiner, dass das dort nicht möglich sein soll.“
Weidinger spricht damit vielen aus der Seele, welche ebenso wenig nachvollziehen können, dass der Platz – nachdem er alsbald archäologisch dokumentiert ist – einfach wieder zugeschüttet wird und nur oberflächlich gestaltet werden darf. Der Grund dafür liegt in einem Bescheid des Bundesdenkmalamtes, welches Teile des Domplatzes (nicht den ganzen) als erhaltungswürdiges Bodendenkmal klassifiziert hat. Was unter dem sperrigen Terminus zu verstehen ist, erläutert der Abteilungsleiter für Archäologie des Bundesdenkmalamtes, Bernhard Herbert: „Laut Denkmalschutz handelt es sich dabei um von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände oder Bodenformationen von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung“, und die Stoßrichtung der Unterschutzstellung bezwecke: „An erster Stelle die Bewahrung des Denkmals in all seiner Materialität als Zeugnis der Vergangenheit. Daher sind im Wesentlichen Veränderungen oder Zerstörungen eines Denkmals so gering wie möglich zu halten oder überhaupt zu vermeiden.“ Für Weidinger wie andere „im Falle des Domplatzes ein Irrsinn. Ich kann doch nicht aus jedem Scherben eine Wissenschaft machen und zulassen, dass das Denkmalamt die Nutzung eines derart zentralen Platzes verhindert. Da ist die Politik gefordert, dem Rechtsempfinden des Volkes Rechnung zu tragen und einzugreifen.“ Dies wird wahrscheinlich nicht geschehen, denn die derart Adressierten haben den Bescheid quer durch alle Lager widerspruchslos hingenommen. „Ich kann die Sichtweise des Bundesdenkmalamtes durchaus nachvollziehen. St. Pölten stellt österreichweit ein besonderes Gebiet dar, nirgends sonst sind historisch relevante Funde in dieser Dichte zu finden“, lässt etwa Vizebürgermeister Franz Gunacker (SPÖ) wissen, und auch Klaus Otzelberger von der FPÖ („Wenn das Bundesdenkmalamt diesen Platz als ‚Bodendenkmal‘ einstuft, ist dieser Bescheid zu akzeptieren“) und Vizebürgermeister Matthias Adl von der ÖVP („Es gibt keine Diskussion darüber, ob diese Entscheidung richtig oder falsch ist, denn sie ist ein Faktum“) schlagen in dieselbe Kerbe. Freilich, in Frage gestellt hat „das Faktum“ bislang niemand, denn wie Herbert Auskunft gibt: „Gegen den Bescheid wurde kein Einspruch erhoben.“
Ein Grund für das nicht stattgefundene „Engagement“, so wird gemunkelt, liege auch darin, dass viele an der Rentabilität einer wohl nur mit großem Aufwand realisierbaren Tiefgarage am Domplatz zweifeln bzw. die Stadt befürchtet, dass die Kosten letztlich an ihr allein hängen bleiben. Dazu passen indirekt auch die Ausführungen von Vizebürgermeister Gunacker auf die Frage nach Alternativparkplätzen. „Schon jetzt gibt es in unmittelbarer Nähe Parkhäuser mit freien Kapazitäten, und auch die neue P&R-Anlage am Bahnhof liegt direkt in der Innenstadt. Gerade aufgrund der freien Kapazitäten in den anderen Parkhäusern ist es nicht so einfach Betreiber zu finden. St. Pölten hat schon jetzt auf die Einwohner gerechnet die höchste Parkplatzdichte in der Innenstadt, bei teilweise geringer Auslastung.“
Dies freilich wirft, wie immer wieder von Parkplatzgegnern aufgezeigt, die Grundsatzfrage auf, warum man dann überhaupt auf Parkplätze beharrt, wenn es doch ohnedies genügend freie Kapazitäten gibt bzw. neue Flächen – Stichwort Parkhaus am Bahnhofsplatz – geschaffen werden. Die Parteien SPÖ, ÖVP und FPÖ argumentieren diesbezüglich ziemlich ähnlich. „Wir werden nicht über die Interessen der Anrainer und Innenstadtkaufleute drüberfahren“, erklärt etwa Vizebürgermeister Gunacker, und Vizebürgermeister Adl sowie Klaus Otzelberger verweisen auf Parkgewohnheiten. „Es sind zurzeit keine entsprechenden Oberflächenparkplätze als Ersatz in Sicht. Viele können und wollen auch keine Tiefgaragen und Parkhäuser nutzen, zum Beispiel Familien, die Kinderwägen transportieren müssen“, so Adl, und Otzelberger ist überzeugt: „Vor allem Frauen und Pensionisten benützen nicht so gerne Parkgaragen und parken lieber am zentralen Domplatz.“ Autofrei könnte sich seine Partei nur vorstellen „wenn dementsprechende zentrale Ersatzplätze geschaffen werden, die es den Innenstadtkunden ermöglichen, die Geschäfte der City in fünf Minuten fußläufig zu erreichen – dann wäre das ein gangbarer Weg.“ Wie MFG in einem Selbsttest – langsamen Schrittes – eruiert hat, ist dies aber, wenn man den Rathausplatz als Zentrum definiert, aber schon jetzt von praktisch allen bestehenden Stellflächen und Parkgaragen rund um die City der Fall, und 115 Ersatzparkplätze für Kunden werden mit dem neuen Parkhaus geschaffen.
Die einzige Fraktion, die sich ganz klar für einen autofreien Domplatz einsetzt, sind die Grünen, wobei Fraktionsvorsitzende Nicole Buschenreiter aber auch der Tiefgaragendiskussion nichts abgewinnen kann. Zum einen widerspricht sie dem Befund, dass es nicht genügend freie Stellflächen außerhalb des Domplatzes gäbe – „das ist ein Wahrnehmungsproblem, es ist immer etwas frei“ – zum anderen glaubt sie auch nicht an eine Erziehbarkeit der Autofahrer. „Du wirst die Leute nicht dazu bringen, freiwillig in eine Tiefgarage zu fahren. Die würden, wenn es möglich wäre, am liebsten direkt mit dem Auto in den DM hinein fahren.“
Die Grünen fordern deshalb einen prinzipiellen Paradigmenwechsel, der die Autos außen vor lässt. „Man könnte sich die ganze Diskussion sparen, wenn man öffentliche Alternativen schafft. Wenn das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln attraktiv ist, nehmen es die Leute auch an – dazu genügt ein Blick nach Wien, und das hat nichts damit zu tun, weil Wien eine Großstadt ist, sondern weil dort das Angebot stimmt.“ Wenn man sie danach fragt, woher das Geld für eine bessere Vertaktung und Anbindung der Öffis kommen soll, tritt sie für eine Umschichtung ein. „Wir geben es ja auch für die Parkplätze aus. Wenn ich mir etwa anschaue, was uns das Parkhaus am Bahnhofsplatz kostet – da müsste es von den ÖBB ja zu jedem Parkplatz eine Dusche vorort, einen persönlichen Portier, der mein Gepäck zum Bahnsteig bringt, und persönliche Lektüre meiner Wahl geben.“
Dem sich abzeichnenden „Kompromissweg“ der anderen Parteien, der unter dem Schlagwort multifunktional firmiert und jedenfalls Parkplätze am Domplatz vorsieht, kann sie überhaupt nichts abgewinnen. „Das ist doch absoluter Blödsinn – eine typische St. Pöltner Lösung, die weder Fisch noch Fleisch ist. Wie stellt man sich das vor? Dass die Kids dann neben den Abgasen spielen, und man gemütlich neben den Autos seinen Kaffee trinkt – da kann man gleich einen Drive-In bauen. In der Frage gibt es keine Form der Vereinigung der Ansätze – da gibt’s nur zwei Optionen: Entweder autofrei, oder man lässt gleich den Parkplatz bestehen.“ Interview RONALD RISY: "Bester Schutz ist unter der Erde" Nach wie vor wird am Domplatz archäologisch gegraben. Wir sprachen mit Ausgrabungsleiter Ronald Risy über die bisherigen Erkenntnisse. Sie haben intensiv den Domplatz erforscht – was waren bilsang die bemerkenswertesten Funde?
Kurz zusammengefasst: Erstens die Entdeckung eines römischen Verwaltungspalastes aus dem 4./5. Jahrhundert n. Chr., der nahelegt, dass die Bedeutung von Aelium Cetium in der Spätantike offensichtlich viel höher war als bisher angenommen, was auch Auswirkungen auf unser Wissen über die spätantike Verwaltungsstruktur hat. Zweitens konnten wir eine der ältesten Kirchen Niederösterreichs aus dem 9. Jahrhundert n. Chr. nachweisen und auch der „Beginn“ des Friedhofes liegt in dieser Zeit und nicht, wie bisher angenommen, im 11. Jahrhundert. Wir haben weiters den vollständigen Grundriss der romanischen Kirche aus dem 12. Jahrhundert n. Chr. und den vollständigen Grundriss der gotischen Kirche aus dem 14./15. Jahrhundert n. Chr. freigelegt, zudem bislang 5.834 Bestattungen. Was dabei europaweit sicherlich einzigartig ist: Wir haben dadurch in ihrer Bedeutung noch nicht abschätzbare Informationen über die Lebensbedingungen und den Gesundheitszustand der Bevölkerung in St. Pölten im Mittelalter erhalten. Auch Teile des mittelalterlichen Klosters mit Latrine aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts n. Chr. haben wir ausgegraben, und das sind nur die bedeutendsten Erkenntnisse.
Weidinger spricht damit vielen aus der Seele, welche ebenso wenig nachvollziehen können, dass der Platz – nachdem er alsbald archäologisch dokumentiert ist – einfach wieder zugeschüttet wird und nur oberflächlich gestaltet werden darf. Der Grund dafür liegt in einem Bescheid des Bundesdenkmalamtes, welches Teile des Domplatzes (nicht den ganzen) als erhaltungswürdiges Bodendenkmal klassifiziert hat. Was unter dem sperrigen Terminus zu verstehen ist, erläutert der Abteilungsleiter für Archäologie des Bundesdenkmalamtes, Bernhard Herbert: „Laut Denkmalschutz handelt es sich dabei um von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände oder Bodenformationen von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung“, und die Stoßrichtung der Unterschutzstellung bezwecke: „An erster Stelle die Bewahrung des Denkmals in all seiner Materialität als Zeugnis der Vergangenheit. Daher sind im Wesentlichen Veränderungen oder Zerstörungen eines Denkmals so gering wie möglich zu halten oder überhaupt zu vermeiden.“ Für Weidinger wie andere „im Falle des Domplatzes ein Irrsinn. Ich kann doch nicht aus jedem Scherben eine Wissenschaft machen und zulassen, dass das Denkmalamt die Nutzung eines derart zentralen Platzes verhindert. Da ist die Politik gefordert, dem Rechtsempfinden des Volkes Rechnung zu tragen und einzugreifen.“ Dies wird wahrscheinlich nicht geschehen, denn die derart Adressierten haben den Bescheid quer durch alle Lager widerspruchslos hingenommen. „Ich kann die Sichtweise des Bundesdenkmalamtes durchaus nachvollziehen. St. Pölten stellt österreichweit ein besonderes Gebiet dar, nirgends sonst sind historisch relevante Funde in dieser Dichte zu finden“, lässt etwa Vizebürgermeister Franz Gunacker (SPÖ) wissen, und auch Klaus Otzelberger von der FPÖ („Wenn das Bundesdenkmalamt diesen Platz als ‚Bodendenkmal‘ einstuft, ist dieser Bescheid zu akzeptieren“) und Vizebürgermeister Matthias Adl von der ÖVP („Es gibt keine Diskussion darüber, ob diese Entscheidung richtig oder falsch ist, denn sie ist ein Faktum“) schlagen in dieselbe Kerbe. Freilich, in Frage gestellt hat „das Faktum“ bislang niemand, denn wie Herbert Auskunft gibt: „Gegen den Bescheid wurde kein Einspruch erhoben.“
Ein Grund für das nicht stattgefundene „Engagement“, so wird gemunkelt, liege auch darin, dass viele an der Rentabilität einer wohl nur mit großem Aufwand realisierbaren Tiefgarage am Domplatz zweifeln bzw. die Stadt befürchtet, dass die Kosten letztlich an ihr allein hängen bleiben. Dazu passen indirekt auch die Ausführungen von Vizebürgermeister Gunacker auf die Frage nach Alternativparkplätzen. „Schon jetzt gibt es in unmittelbarer Nähe Parkhäuser mit freien Kapazitäten, und auch die neue P&R-Anlage am Bahnhof liegt direkt in der Innenstadt. Gerade aufgrund der freien Kapazitäten in den anderen Parkhäusern ist es nicht so einfach Betreiber zu finden. St. Pölten hat schon jetzt auf die Einwohner gerechnet die höchste Parkplatzdichte in der Innenstadt, bei teilweise geringer Auslastung.“
Dies freilich wirft, wie immer wieder von Parkplatzgegnern aufgezeigt, die Grundsatzfrage auf, warum man dann überhaupt auf Parkplätze beharrt, wenn es doch ohnedies genügend freie Kapazitäten gibt bzw. neue Flächen – Stichwort Parkhaus am Bahnhofsplatz – geschaffen werden. Die Parteien SPÖ, ÖVP und FPÖ argumentieren diesbezüglich ziemlich ähnlich. „Wir werden nicht über die Interessen der Anrainer und Innenstadtkaufleute drüberfahren“, erklärt etwa Vizebürgermeister Gunacker, und Vizebürgermeister Adl sowie Klaus Otzelberger verweisen auf Parkgewohnheiten. „Es sind zurzeit keine entsprechenden Oberflächenparkplätze als Ersatz in Sicht. Viele können und wollen auch keine Tiefgaragen und Parkhäuser nutzen, zum Beispiel Familien, die Kinderwägen transportieren müssen“, so Adl, und Otzelberger ist überzeugt: „Vor allem Frauen und Pensionisten benützen nicht so gerne Parkgaragen und parken lieber am zentralen Domplatz.“ Autofrei könnte sich seine Partei nur vorstellen „wenn dementsprechende zentrale Ersatzplätze geschaffen werden, die es den Innenstadtkunden ermöglichen, die Geschäfte der City in fünf Minuten fußläufig zu erreichen – dann wäre das ein gangbarer Weg.“ Wie MFG in einem Selbsttest – langsamen Schrittes – eruiert hat, ist dies aber, wenn man den Rathausplatz als Zentrum definiert, aber schon jetzt von praktisch allen bestehenden Stellflächen und Parkgaragen rund um die City der Fall, und 115 Ersatzparkplätze für Kunden werden mit dem neuen Parkhaus geschaffen.
Die einzige Fraktion, die sich ganz klar für einen autofreien Domplatz einsetzt, sind die Grünen, wobei Fraktionsvorsitzende Nicole Buschenreiter aber auch der Tiefgaragendiskussion nichts abgewinnen kann. Zum einen widerspricht sie dem Befund, dass es nicht genügend freie Stellflächen außerhalb des Domplatzes gäbe – „das ist ein Wahrnehmungsproblem, es ist immer etwas frei“ – zum anderen glaubt sie auch nicht an eine Erziehbarkeit der Autofahrer. „Du wirst die Leute nicht dazu bringen, freiwillig in eine Tiefgarage zu fahren. Die würden, wenn es möglich wäre, am liebsten direkt mit dem Auto in den DM hinein fahren.“
Die Grünen fordern deshalb einen prinzipiellen Paradigmenwechsel, der die Autos außen vor lässt. „Man könnte sich die ganze Diskussion sparen, wenn man öffentliche Alternativen schafft. Wenn das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln attraktiv ist, nehmen es die Leute auch an – dazu genügt ein Blick nach Wien, und das hat nichts damit zu tun, weil Wien eine Großstadt ist, sondern weil dort das Angebot stimmt.“ Wenn man sie danach fragt, woher das Geld für eine bessere Vertaktung und Anbindung der Öffis kommen soll, tritt sie für eine Umschichtung ein. „Wir geben es ja auch für die Parkplätze aus. Wenn ich mir etwa anschaue, was uns das Parkhaus am Bahnhofsplatz kostet – da müsste es von den ÖBB ja zu jedem Parkplatz eine Dusche vorort, einen persönlichen Portier, der mein Gepäck zum Bahnsteig bringt, und persönliche Lektüre meiner Wahl geben.“
Dem sich abzeichnenden „Kompromissweg“ der anderen Parteien, der unter dem Schlagwort multifunktional firmiert und jedenfalls Parkplätze am Domplatz vorsieht, kann sie überhaupt nichts abgewinnen. „Das ist doch absoluter Blödsinn – eine typische St. Pöltner Lösung, die weder Fisch noch Fleisch ist. Wie stellt man sich das vor? Dass die Kids dann neben den Abgasen spielen, und man gemütlich neben den Autos seinen Kaffee trinkt – da kann man gleich einen Drive-In bauen. In der Frage gibt es keine Form der Vereinigung der Ansätze – da gibt’s nur zwei Optionen: Entweder autofrei, oder man lässt gleich den Parkplatz bestehen.“ Interview RONALD RISY: "Bester Schutz ist unter der Erde" Nach wie vor wird am Domplatz archäologisch gegraben. Wir sprachen mit Ausgrabungsleiter Ronald Risy über die bisherigen Erkenntnisse. Sie haben intensiv den Domplatz erforscht – was waren bilsang die bemerkenswertesten Funde?
Kurz zusammengefasst: Erstens die Entdeckung eines römischen Verwaltungspalastes aus dem 4./5. Jahrhundert n. Chr., der nahelegt, dass die Bedeutung von Aelium Cetium in der Spätantike offensichtlich viel höher war als bisher angenommen, was auch Auswirkungen auf unser Wissen über die spätantike Verwaltungsstruktur hat. Zweitens konnten wir eine der ältesten Kirchen Niederösterreichs aus dem 9. Jahrhundert n. Chr. nachweisen und auch der „Beginn“ des Friedhofes liegt in dieser Zeit und nicht, wie bisher angenommen, im 11. Jahrhundert. Wir haben weiters den vollständigen Grundriss der romanischen Kirche aus dem 12. Jahrhundert n. Chr. und den vollständigen Grundriss der gotischen Kirche aus dem 14./15. Jahrhundert n. Chr. freigelegt, zudem bislang 5.834 Bestattungen. Was dabei europaweit sicherlich einzigartig ist: Wir haben dadurch in ihrer Bedeutung noch nicht abschätzbare Informationen über die Lebensbedingungen und den Gesundheitszustand der Bevölkerung in St. Pölten im Mittelalter erhalten. Auch Teile des mittelalterlichen Klosters mit Latrine aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts n. Chr. haben wir ausgegraben, und das sind nur die bedeutendsten Erkenntnisse.
Der Domplatz ist als Baudenkmal eingestuft – viele sagen, dies sei angesichts der ohnehin erfolgten Dokumentation ein Luxus, weil es u. a. eine Tiefgaragenlösung verhindere. Wie sieht das der Archäologe?
Als wichtiger Punkt ist festzuhalten, dass wir nicht alles ausgegraben und dokumentiert haben, sondern nur in kleinen Abschnitten wirklich bis auf den gewachsenen Boden gegraben haben. Das bedeutet, dass noch immer historische Schichten unerforscht am Domplatz vorhanden sind. Bei einer Tiefgaragenlösung müssten daher weitere Grabungsjahre mit den entsprechenden Kosten eingeplant werden. Und prinzipiell stehe ich aufgrund der Bedeutung des festgestellten Gebäudeensembles von der Spätantike bis in das Spätmittelalter jedenfalls voll hinter der Entscheidung des Bundesdenkmalamtes, dieses zu bewahren – und der beste Schutz ist der unter der Erde.
Als wichtiger Punkt ist festzuhalten, dass wir nicht alles ausgegraben und dokumentiert haben, sondern nur in kleinen Abschnitten wirklich bis auf den gewachsenen Boden gegraben haben. Das bedeutet, dass noch immer historische Schichten unerforscht am Domplatz vorhanden sind. Bei einer Tiefgaragenlösung müssten daher weitere Grabungsjahre mit den entsprechenden Kosten eingeplant werden. Und prinzipiell stehe ich aufgrund der Bedeutung des festgestellten Gebäudeensembles von der Spätantike bis in das Spätmittelalter jedenfalls voll hinter der Entscheidung des Bundesdenkmalamtes, dieses zu bewahren – und der beste Schutz ist der unter der Erde.