MFG - Der Weg ist das Ziel
Der Weg ist das Ziel


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Der Weg ist das Ziel

Text Johannes Reichl
Ausgabe 12/2012

Die Glanzstoff, wenn als Fabrik auch seit 2008 stillgelegt und somit quasi „tot“, erwies sich zuletzt als Nährboden für Kreativität sowie als örtlicher Rahmen für ebensolche als überaus lebendig.

Ein Aha-Erlebnis diesbezüglich können aktuell Besucher der neuen Zeit.Kunst.Niederösterreich Galerie im Kulturbezirk beim Bestaunen eines Objektes von Hans Kupelwieser machen, wo er Garn, „Glanzstoff“ des gleichnamigen St. Pöltner Werkes, schön drapiert in Kunst überführt hat. Für viele wird damit zum ersten Mal sichtbar, was jahrelang abseits der Öffentlichkeit in der Fabrik – in dem Fall Garn für Autoreifen – produziert wurde.
Diese Vermählung von menschlicher Kreativität und Fabrik schlägt sich aber auch auf ganz konkrete Weise in der ehemaligen Glanzstoff selbst nieder. Dort logiert in einer ehemaligen Fabrikshalle seit September die NDU Factory, eine Art Experimentierwerkstatt der St. Pöltner Privatuni für ihre angehenden Designer, Grafiker und Innenarchitekten.
Damit werden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Als Ergebnis des Gedanken- und Kreativitätsprozesses der Studenten soll nämlich – bereichert um Inputs externer, auch internationaler Designer und Wissenschaftler – neben der konkreten Lehre für die Studenten auch eine mögliche postindustrielle Nachnutzung für das stillgelegte Fabriksareal herausdestilliert werden.
Einen möglichen Rückschluss, wie das Areal nach Vorstellung des Eigentümers Cornelius Grupp künftighin – unter anderem – verwertet werden könnte (nämlich auch in Richtung Bildung und Kreativität), lässt bereits die Präsenz der NDU selbst zu. So detailliert, ja einschränkend möchte Grupp den Anspruch an das Projekt zum aktuellen Zeitpunkt aber noch gar nicht verstanden wissen. Das zarte Pflänzchen des in der NDU Factory hoffentlich stattfindenden Brainstormingprozesses soll – vorerst einmal für den Zeitraum von drei Jahren – die Möglichkeit zum Gedeihen haben. „Wir dürfen uns nicht verkleinhäuseln“, warnt Grupp sodenn in Richtung der allzu positivistisch eingestellten Journalisten, die nach Zahlen, Fakten und Ergebnissen gieren. „Aus Unternehmersicht wäre natürlich am einfachsten, das Areal kurzfristig und ertragreich, Stück für Stück zu verwerten. Aber das ist nicht mein Interesse! Wir verfolgen langfristige Konzepte. Mit der NDU Factory haben wir eine kreative, intellektuelle Plattform, ja eine regelrechte Denkfabrik, auf die wir zugreifen können. Das ist ein gewaltiger Vorteil, gelebte Zusammenarbeit in Sachen Innovation.“ Grupp ist sich der Relevanz des ehemaligen Glanzstoff-Areals für die Stadtentwicklung völlig bewusst. „Unser Wille ist es, gemeinsam mit Stadt und Land, etwas zu entwickeln, das die Stadt neu definiert.“
Gerade diese prozessorientierte Offenheit ist auch Kernpunkt der NDU Factory aus pädagogischer und wissenschaftlicher Sicht. Sie soll, als Ergänzung zu den bisherigen Möglichkeiten der Privatuniversität, ein Ort der Lehre, des Experimentierens, des Gestaltens sein, wo sich die Studenten in einer, und zwar auch räumlich manifestierten offenen Unterrichtssituation sozusagen austoben und ausprobieren können. Dies durchaus in Tuchfühlung mit der Wirtschaft. „Wir sind sehr froh, hier zu sein, dieses Bildungsexperiment umzusetzen“, stellt Rektor Schmidt-Wulffen klar. Zugleich verspricht er auch ganz konkrete Ergebnisse aus diesem Prozess, wobei sein Fokus auch auf ein Aufbrechen des rein regionalen Kontextes abzielt. „Schon im nächsten Jahr veranstalten wir etwa zwei internationale Symposien mit Architekten und  Stadtplanern!“, verrät der Rektor. „In zwei Jahren werden wir etwas vorzuweisen haben!“ Wir sind auf die Ergebnisse gespannt. FAKTEN NDU-FABRIK
Größe: 2.500 Quadratmeter
Anzahl der Studierenden: 120 Studenten der Studiengänge Grafikdesign & mediale Gestaltung sowie Innenarchitektur & 3 D Gestaltung
Nutzung: Seminare, future lab (Schnittstelle zu Wirtschaft & Verwaltung), Konferenzen, Ausstellungen, Kleinkunstbühne
Mietdauer vorerst: ca. 3 Jahre