Einfach so vom Sockel holen
Text
Andreas Reichebner
Ausgabe
Landauf und landab werden Denkmäler gestürzt, zerstört, von der Historie stark belastete Persönlichkeiten von ihrem Sockel geholt und überall die Rufe lauter, Straßennamen, deren Namensträger unrühmliche, nicht selten abscheuliche Taten gesetzt haben, umzubenennen. Auch in St. Pölten gibt es fragwürdige Beispiele der Würdigung Unwürdiger, aber wie damit umgehen?
Belgien hat seinen König Leopold II., der die Menschen seines im Eigenbesitz befindlichen Freistaates Kongo auf das Schändlichste missbrauchte und ausbeutete. Wien muss sich nicht nur mit dem ehemaligen Bürgermeister Karl Lueger, der seinen Antisemitismus geradezu stolz vor sich hertrug, herumschlagen, auch St. Pölten hat einige Verdächtige, wenn nicht sogar historisch übelriechende Persönlichkeiten, die mit Straßennamen bedacht wurden. Während Personen wie Josef Weinheber, das NSDAP-Mitglied Heimito von Doderer oder Wilhelm Frass, ein St. Pöltner Bildhauer, der besonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein umfangreiches Werk schuf, schon seit vielen Jahren auf der äußerst problematischen Seite zu finden waren, kamen scheinbar unbedenkliche Namensträger heimischer Straßen erst seit einiger Zeit auf die Sperrliste.
Problematische Straßennamen
Umbenennungen schon erfolgt
In der Stadt ist man sich des Themas bewusst. „Wie in fast allen Städten Österreichs gibt es auch in St. Pölten Straßenbenennungen nach Persönlichkeiten, die aufgrund ihrer Verdienste mit der Benennung einer Straße ausgezeichnet wurden, deren Biographie sich aber nach eingehenderen Untersuchungen, insbesondere in letzter Zeit, im Nachhinein als problematisch herausstellte oder wo es zumindest Diskussionsbedarf gibt“, weiß Kulturamtsleiters Thomas Karl, „in St. Pölten hat man in den letzten Jahren, wo es leicht möglich war, einige Fälle durch Umbenennungen geklärt.“ So hat man etwa die Wilhelm Frass Gasse in die Jakob Schindele Gasse umbenannt. „Da derartige Lösungen jedoch nicht immer umsetzbar sind und Umbenennungen, vor allem längerer Straßenzüge aufgrund des damit verbundenen Aufwandes vielfach nicht machbar sind – etwa würde eine Umbenennung der Porschestraße mit einer Adressänderung für alle Firmen verbunden sein – sollen die bereits erhobenen belasteten Straßen in St. Pölten (insgesamt elf, Anm.) analog Wien noch im heurigen Jahr mit Zusatztafeln versehen werden“, so Karl. Er verweist hier auf das Beispiel der Wiener Porschestraße, wo folgender Text angebracht wurde: „Prof. Dr. Ferdinand Porsche (1875 – 1951) ‚Vater des Volkswagens‘ und des ‚Porsche‘. Er beeinflusste durch zahlreiche Erfindungen die Geschichte des Autos. Problematisch in seiner Biografie sind seine Mitgliedschaft bei NSDAP und SS, die Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie seine Tätigkeit in der NS-Rüstungsindustrie.“
Dem St. Pöltner Autor Manfred Wieninger, von dessen Feder das Standardwerk „St. Pöltner Straßennamen erzählen“ stammt, ist vor allem eine Person ein veritabler Dorn im Auge. „Problematisch finde ich, dass es noch eine Dr. Otto Tschadek-Straße in St. Pölten gibt“, so der Historiker, der schon manch vergessene und verdrängte geschichtliche Episode ausgegraben, recherchiert und in Erinnerung gerufen hat. „Denn Tschadek hat über sein ganzes Leben eine Art Camouflage gezogen“, erklärt Wieninger, der in der Neuauflage seines Buches auch einen längeren Passus über das schändliche Wirken des Dr. Tschadek einfügte. Wie erst vor zirca zehn Jahren bekannt – ausgehoben vom Historiker Thomas Geldmacher – war Tschadek ein Blutrichter des NS-Regimes, der als Marinerichter vier Todesurteile fällte, die auch vollstreckt wurden. Dass er nach dem Krieg 1946 in den österreichischen Nationalrat einzog, zugleich von 1949 bis 1952 und von 1956 bis 1960 Justizminister war, zeigt nur die Verlogenheit und das bewusste Vergessen der österreichischen Gesellschaft und Politik nach dem Krieg gegenüber der Gräuel während des nationalsozialistischen Regimes. Nebenbei war Tschadek übrigens auch Landeshauptmann-Stv. von Niederösterreich und Klubobmann der SPÖ im niederösterreichischen Landtag. Hier wäre also Erklärungsbedarf und schnelles Handeln seitens der Stadt gefragt. „Bei den meisten Fällen sehe ich das Anbringen einer Zusatztafel, wo eine historische Information angebracht ist, als zeitgemäße Lösung, in diesem Fall wäre es aber angebracht, eine Umbenennung durchzuführen“, gibt sich Wieninger mit einer einfachen Lösung nicht zufrieden. Obwohl er natürlich weiß, dass eine Veränderung von Straßennamen auch viele Dokumentenänderungen von Bewohnern mit sich bringt.
In der Stadt ist man sich des Themas bewusst. „Wie in fast allen Städten Österreichs gibt es auch in St. Pölten Straßenbenennungen nach Persönlichkeiten, die aufgrund ihrer Verdienste mit der Benennung einer Straße ausgezeichnet wurden, deren Biographie sich aber nach eingehenderen Untersuchungen, insbesondere in letzter Zeit, im Nachhinein als problematisch herausstellte oder wo es zumindest Diskussionsbedarf gibt“, weiß Kulturamtsleiters Thomas Karl, „in St. Pölten hat man in den letzten Jahren, wo es leicht möglich war, einige Fälle durch Umbenennungen geklärt.“ So hat man etwa die Wilhelm Frass Gasse in die Jakob Schindele Gasse umbenannt. „Da derartige Lösungen jedoch nicht immer umsetzbar sind und Umbenennungen, vor allem längerer Straßenzüge aufgrund des damit verbundenen Aufwandes vielfach nicht machbar sind – etwa würde eine Umbenennung der Porschestraße mit einer Adressänderung für alle Firmen verbunden sein – sollen die bereits erhobenen belasteten Straßen in St. Pölten (insgesamt elf, Anm.) analog Wien noch im heurigen Jahr mit Zusatztafeln versehen werden“, so Karl. Er verweist hier auf das Beispiel der Wiener Porschestraße, wo folgender Text angebracht wurde: „Prof. Dr. Ferdinand Porsche (1875 – 1951) ‚Vater des Volkswagens‘ und des ‚Porsche‘. Er beeinflusste durch zahlreiche Erfindungen die Geschichte des Autos. Problematisch in seiner Biografie sind seine Mitgliedschaft bei NSDAP und SS, die Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie seine Tätigkeit in der NS-Rüstungsindustrie.“
Auch Denkmäler belastet
Sieht man von den Adressänderungen einmal ab, verhält sich die Sachlage bei Änderungen von Straßennamen vielfach einfacher als bei Denkmälern, dort ergeben sich meist mehrere Aspekte. Ist es die Persönlichkeit, der man ein Denkmal errichtet hat oder der Künstler, der das Werk vollbrachte oder auch das zu berücksichtigende Zeitgefühl, in dem ein Kunstwerk entstand? Denkmalstürmer, die auf fragwürdige Personen am Sockel spähen, werden in St. Pölten wenig fündig. Und doch gibt es in der Landeshauptstadt einige Skulpturen mit Erklärungsbedarf. Vor allem das umfangreiche Oeuvre des St. Pöltner Bildhauers Wilhelm Frass gibt zu denken. Stadtmuseumsdirektor Thomas Pulle weiß davon ein Lied zu singen. „Auf der einen Seite war der extrembelastete Künstler Frass unheimlich begabt, aber politisch absolut fehlgeleitet“, erzählt Pulle von den Widersprüchen im Werk von Frass. Sieht man das Kriegerdenkmal in der Hofstatt, Nähe der Bezirkshauptmannschaft (1928 errichtet), das einen nackten Mann im Augenblick des Fallens zeigt, „erkennt man die unheroische Darstellung, die eher dem Zeitgefühl der Sozialdemokratie als dem typischer NS-Kunst entspricht.“
Pulle sieht sich nicht als Denkmalstürmer, „man muss ein Denkmal aus der Zeit heraus verstehen. Die Zerstörung eines Denkmales nimmt auch einen wichtigen Teil der Vergangenheit weg. Natürlich gibt es Dinge, die so unmenschlich sind, dass sie aus dem öffentlichen Raum entfernt werden sollten, aber dann ins Museum, versehen mit einem deutenden Kontext.“ Aber bei vielen Skulpturen sieht er die Möglichkeit „einer Kontextualisierung, etwa in Verbindung mit Werken zeitgenössischer Künstler. Tafeln mit erklärenden Texten, die den historischen Hintergrund aufbereiten, sind mir da dann zu wenig.“ Er denkt da auch an die Herausgabe eines Denkmalführers, einer Broschüre, denn viele Denkmäler können vom Betrachter in ihrer ganzen Dimension nur selten verstanden werden. „Nach 1945 hat man bei Figuren an Hauswänden, wie in der Josefstraße 69/70 zum Beispiel den NS-Spruch heruntergeklopft und gedacht, das war es damit. Wir sollten uns unserer Vergangenheit stellen, wir leben ja nicht im luftleeren Raum, aber die Sicht auf die Geschichte muss immer wieder nachgeschärft und justiert werden, nicht einfach zerstört.“
Sieht man von den Adressänderungen einmal ab, verhält sich die Sachlage bei Änderungen von Straßennamen vielfach einfacher als bei Denkmälern, dort ergeben sich meist mehrere Aspekte. Ist es die Persönlichkeit, der man ein Denkmal errichtet hat oder der Künstler, der das Werk vollbrachte oder auch das zu berücksichtigende Zeitgefühl, in dem ein Kunstwerk entstand? Denkmalstürmer, die auf fragwürdige Personen am Sockel spähen, werden in St. Pölten wenig fündig. Und doch gibt es in der Landeshauptstadt einige Skulpturen mit Erklärungsbedarf. Vor allem das umfangreiche Oeuvre des St. Pöltner Bildhauers Wilhelm Frass gibt zu denken. Stadtmuseumsdirektor Thomas Pulle weiß davon ein Lied zu singen. „Auf der einen Seite war der extrembelastete Künstler Frass unheimlich begabt, aber politisch absolut fehlgeleitet“, erzählt Pulle von den Widersprüchen im Werk von Frass. Sieht man das Kriegerdenkmal in der Hofstatt, Nähe der Bezirkshauptmannschaft (1928 errichtet), das einen nackten Mann im Augenblick des Fallens zeigt, „erkennt man die unheroische Darstellung, die eher dem Zeitgefühl der Sozialdemokratie als dem typischer NS-Kunst entspricht.“
Pulle sieht sich nicht als Denkmalstürmer, „man muss ein Denkmal aus der Zeit heraus verstehen. Die Zerstörung eines Denkmales nimmt auch einen wichtigen Teil der Vergangenheit weg. Natürlich gibt es Dinge, die so unmenschlich sind, dass sie aus dem öffentlichen Raum entfernt werden sollten, aber dann ins Museum, versehen mit einem deutenden Kontext.“ Aber bei vielen Skulpturen sieht er die Möglichkeit „einer Kontextualisierung, etwa in Verbindung mit Werken zeitgenössischer Künstler. Tafeln mit erklärenden Texten, die den historischen Hintergrund aufbereiten, sind mir da dann zu wenig.“ Er denkt da auch an die Herausgabe eines Denkmalführers, einer Broschüre, denn viele Denkmäler können vom Betrachter in ihrer ganzen Dimension nur selten verstanden werden. „Nach 1945 hat man bei Figuren an Hauswänden, wie in der Josefstraße 69/70 zum Beispiel den NS-Spruch heruntergeklopft und gedacht, das war es damit. Wir sollten uns unserer Vergangenheit stellen, wir leben ja nicht im luftleeren Raum, aber die Sicht auf die Geschichte muss immer wieder nachgeschärft und justiert werden, nicht einfach zerstört.“
Ausstellung über NS-Zeit geplant
Obwohl eine große Ausstellung über die NS-Zeit für 2024 geplant ist, in der minutiös dieses Thema aufgearbeitet werden soll und auch der öffentliche Raum miteinbezogen wird, sieht er die Kontextualisierung von belasteten Skulpturen im Zeithorizont von zwei Jahren. „Themen, die Zeitgeschichte betreffen, wo viel Hintergrundwissen gefordert ist, dürfen keine Schnellschüsse sein. Wir brauchen auch reale Zeugnisse, wie die Konzentrationslager, um das Ungeheuerliche vermitteln zu können.“ Damit spielt er auf die hysterischen und aufgeregten Aktionen in vielen Städten und Ländern an, wo Denkmäler und Straßenbezeichnungen aus dem Affekt und falsch interpretierter politischer Korrektheit zerstört und beschmiert werden und so einer wissenschaftlichen und historischen Aufarbeitung entzogen werden.
Obwohl eine große Ausstellung über die NS-Zeit für 2024 geplant ist, in der minutiös dieses Thema aufgearbeitet werden soll und auch der öffentliche Raum miteinbezogen wird, sieht er die Kontextualisierung von belasteten Skulpturen im Zeithorizont von zwei Jahren. „Themen, die Zeitgeschichte betreffen, wo viel Hintergrundwissen gefordert ist, dürfen keine Schnellschüsse sein. Wir brauchen auch reale Zeugnisse, wie die Konzentrationslager, um das Ungeheuerliche vermitteln zu können.“ Damit spielt er auf die hysterischen und aufgeregten Aktionen in vielen Städten und Ländern an, wo Denkmäler und Straßenbezeichnungen aus dem Affekt und falsch interpretierter politischer Korrektheit zerstört und beschmiert werden und so einer wissenschaftlichen und historischen Aufarbeitung entzogen werden.
Nicht nur aus NS-Zeit
Zumal einige fragwürdige Skulpturen auch aus anderen antidemokratischen Zeiten stammen, wie etwa der Passauer Wolf von Ferdinand Andri am Neugebäudeplatz, der 1937/38 während des Austrofaschismus errichtet wurde. Kommen wir zur Person Wilhelm Frass, der im Denkmal des toten Soldaten in der Krypta am Wiener Heldenplatz ein Huldigungsschreiben an den Nationalsozialismus verbarg, zurück. Würde man alle seine Werke aus dem öffentlichen Raum entfernen, „hätten wir keine Denkmäler aus dem 20. Jahrhundert mehr.“ Da sieht Pulle eher die Lösung in einem wissenschaftlich und geschichtlich fundiert aufbereitenden Stadtrundgang, einer umfassenden Publikation. „Frass ist ja kein neues Thema, darauf haben wir immer in vielen Artikeln hingewiesen“, so Pulle, der hier für ein Gesamtpaket eintritt. „Wir sind alle vermutlich keine Monarchisten mehr und trotzdem sprengen wir keine Bauten aus dieser Zeit.“
Auch bei anderen Werken wie den Malereien eines Sepp Zöchling oder den Steinreliefs von Kunibert Zimmer etwa am Haus in der Mariazeller Straße 45, die im Dienst des nationalsozialistischen Formenkanons und der NS-Propaganda standen, herrscht Auf- und Erklärungsbedarf. „Jedes Kunstwerk ist Ausdruck der Zeit. Aus heutiger Sicht kann man das nicht verstehen, wenn man sich nicht damit auseinandersetzt. Zeitgeschichtliche Zusammenhänge gehören erklärt“, so der leidenschaftliche Kunsthistoriker Pulle und verweist auch auf skurrile Details etwa bei den Glasfenstern der Pfarrkirche St. Pölten-Wagram, denn dort ist in einem Bau, der während des Austrofaschismus errichtet wurde, just auch der hl. Engelbert vertreten, der wohl auch ein wenig an den antidemokratisch regierenden Bundeskanzler Engelbert Dollfuß erinnern sollte. Und da wäre auch noch die „Bimbo“ Binder-Promenade, nach dem St. Pöltner Spitzenfußballer Franz „Bimbo“ Binder, dessen Spitzname wohl auch nicht mehr den Kriterien aktueller politischer Korrektheit entspricht.
Stadtmuseumsdirektor Thomas Pulle: „Eine einfache Lösung wäre das Anbringen von Tafeln mit erklärenden Texten. Das ist mir in vielen Fällen zu wenig, hier sehe ich in der Neukontextualisierung von Denkmälern in Verbindung mit zeitgenössischer Kunst eine gute Methode.“
BEDENKLICHE STRASSENNAMEN
Liste der elf bedenklichen, von der Kulturabteilung erhobenen Straßennamen:
• Ferdinand Andri-Gasse
• Christian Artl-Gasse
• Heimito von Dodererstraße
• Fahrngruberpromenade
• Hötzendorfstraße
• Ernst Klebel-Gasse
• Porschestraße
• Anton Scheiblin-Gasse
• Dr. Schinnerl-Gasse
• Dr. Otto Tschadek-Straße
• Weinheberstraße
Zumal einige fragwürdige Skulpturen auch aus anderen antidemokratischen Zeiten stammen, wie etwa der Passauer Wolf von Ferdinand Andri am Neugebäudeplatz, der 1937/38 während des Austrofaschismus errichtet wurde. Kommen wir zur Person Wilhelm Frass, der im Denkmal des toten Soldaten in der Krypta am Wiener Heldenplatz ein Huldigungsschreiben an den Nationalsozialismus verbarg, zurück. Würde man alle seine Werke aus dem öffentlichen Raum entfernen, „hätten wir keine Denkmäler aus dem 20. Jahrhundert mehr.“ Da sieht Pulle eher die Lösung in einem wissenschaftlich und geschichtlich fundiert aufbereitenden Stadtrundgang, einer umfassenden Publikation. „Frass ist ja kein neues Thema, darauf haben wir immer in vielen Artikeln hingewiesen“, so Pulle, der hier für ein Gesamtpaket eintritt. „Wir sind alle vermutlich keine Monarchisten mehr und trotzdem sprengen wir keine Bauten aus dieser Zeit.“
Auch bei anderen Werken wie den Malereien eines Sepp Zöchling oder den Steinreliefs von Kunibert Zimmer etwa am Haus in der Mariazeller Straße 45, die im Dienst des nationalsozialistischen Formenkanons und der NS-Propaganda standen, herrscht Auf- und Erklärungsbedarf. „Jedes Kunstwerk ist Ausdruck der Zeit. Aus heutiger Sicht kann man das nicht verstehen, wenn man sich nicht damit auseinandersetzt. Zeitgeschichtliche Zusammenhänge gehören erklärt“, so der leidenschaftliche Kunsthistoriker Pulle und verweist auch auf skurrile Details etwa bei den Glasfenstern der Pfarrkirche St. Pölten-Wagram, denn dort ist in einem Bau, der während des Austrofaschismus errichtet wurde, just auch der hl. Engelbert vertreten, der wohl auch ein wenig an den antidemokratisch regierenden Bundeskanzler Engelbert Dollfuß erinnern sollte. Und da wäre auch noch die „Bimbo“ Binder-Promenade, nach dem St. Pöltner Spitzenfußballer Franz „Bimbo“ Binder, dessen Spitzname wohl auch nicht mehr den Kriterien aktueller politischer Korrektheit entspricht.
Stadtmuseumsdirektor Thomas Pulle: „Eine einfache Lösung wäre das Anbringen von Tafeln mit erklärenden Texten. Das ist mir in vielen Fällen zu wenig, hier sehe ich in der Neukontextualisierung von Denkmälern in Verbindung mit zeitgenössischer Kunst eine gute Methode.“
BEDENKLICHE STRASSENNAMEN
Liste der elf bedenklichen, von der Kulturabteilung erhobenen Straßennamen:
• Ferdinand Andri-Gasse
• Christian Artl-Gasse
• Heimito von Dodererstraße
• Fahrngruberpromenade
• Hötzendorfstraße
• Ernst Klebel-Gasse
• Porschestraße
• Anton Scheiblin-Gasse
• Dr. Schinnerl-Gasse
• Dr. Otto Tschadek-Straße
• Weinheberstraße