MFG - MISTER BIOBLO MACHT KINDER FROH
MISTER BIOBLO MACHT KINDER FROH


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St. Pöltens gute Seite

MISTER BIOBLO MACHT KINDER FROH

Text Johannes Reichl
Ausgabe 11/2015

Wie hat einmal LEGO in grauer Vorzeit angefangen, dieser kleine Kunststoffbaustein, bevor er die Welt eroberte und sich zum Spielimperium mit Kinofilmen und Themenparks auswuchs? Dieser Gedanke kommt einem unweigerlich in den Sinn, wenn man mit dem St. Pöltner Hannes Frech über seine BIOBLO Bausteine plaudert. Ein Start-up, das gerade die Kinderzimmer erobert.

Der Rummel um die Bausteine ist in den letzten Wochen rapide angestiegen. Zahlreiche Medien haben sich auf das innovative Spielzeug gestürzt – NÖN, Heute, ORF oder zuletzt die Kronenzeitung – so dass an Hannes Frechs Arbeitsstätte, dem Institut für Naturstofftechnik (IFA) der BOKU mit Sitz in Tulln, neuerdings Omas beim Portier vorstellig werden und BIOBLO kaufen möchten. „Das ist schon ein Wahnsinn“, lacht Frech über den Hype, den er auch ganz unmittelbar zu spüren bekommt: Seitdem in einer Zeitung versehentlich seine Privatnummer anstelle jener der Firma abgedruckt wurde, ist sein Handy im Dauerklingelmodus. „Die Anrufer möchten BIOBLO bestellen, es ergeben sich dann aber ganz nette, sehr persönliche Gespräche, im Zuge dessen mir die Leute sagen, wie super sie die Idee finden.“
Kunststoff ohne Künstlichkeit
Und die hat es tatsächlich in sich, denn BIOBLO sind nicht irgendwelche Kunststoffbausteine, sondern solche, die – aus Sicht des Laien – die Quadratur des Kreises schaffen: Der Kunststoff besteht praktisch zu 100% aus natürlichen Stoffen! Da finden sich weder die schwer ins Gerede geratenen Weichmacher, die immer wieder Billigware aus China in überhöhten Dosen aufweist, und auch nicht das „böse“ Erdöl – die klassische Ingredienz von Kunststoff. Vielmehr sind BIOBLO ein Gemisch aus Holzmehl und Biokunststoff auf Zuckerrohrbasis, „bestehen also zu 100% aus nachwachsenden Rohstoffen!“ Dass gerade Frech ein solches Spielzeug erfunden hat, ist dabei kein Zufall, denn das Forschen und Entwickeln von innovativen Werkstoffen, die einen möglichst hohen Naturstoffanteil in sich tragen und trotzdem – denn das ist die Krux – für industrielle Fertigung, für diverse Formen, die man etwa im Spritzgussverfahren umsetzt, verwendbar sind, gehört zu seinem Kerngeschäft am IFA. „Das ist eine extrem spannende Herausforderung“, lässt er wissen, und vor allem eine, die nicht langweilig wird, weil je nach Partner immer wieder neue Projekte und Herausforderungen am Tisch des gelernten Kunststofftechnikers landen. „Firmen kommen mit verschiedenen Vorstellungen und wir schauen, ob wir das Unmögliche möglich machen können.“
Da Frech ein prinzipiell experimentierfreudiger Geist ist, wirbeln aber auch privat die Ideen durch seinen Kopf, wobei er kein schnöder Theoretiker ist, sondern immer den Zug zur Anwendung hat. Als seine Tochter ins „baufähige“ Kindesalter kam, war es daher fast logisch, dass er sich plötzlich den Kopf über geeignetes und inspirierendes Spielzeug für die kleine Julia zerbrach. „Ich hab sie beim Spielen beobachtet und dachte mir, da muss es doch noch etwas Spannenderes, Dynamischeres geben, als diese ein bisserl faden Holzbauklötze.“ Nach dem Motto, selbst ist der Herr Papa, heckte er daraufhin einen Baustein aus Bio-Kunststoff aus – BIOBLO war geboren. „Außerdem dachte ich mir, warum soll ich teures Geld für Holzklötze ausgeben, wenn ich selbst etwas produzieren kann“, lacht er. Das Erstinvestment war dann freilich doch höher – für das Prototypenwerkzeug berappte Frech gute 1.500 Euro. Dieses zauberte dafür neuartige, bunte Steine hervor, die noch dazu in coolem Design daherkamen, wobei hierfür v.a. ein „schnöder“ wirtschaftlicher Aspekt Geburtshelfer war: „Ein voller Stein ist etwa drei mal so teuer in der Produktion“, so Frech. „Ich suchte daher nach einer Struktur, die möglichst wenig Material verbraucht und trotzdem stabil genug ist, um damit gut bauen zu können.“ Wie so oft, lieferte die Natur die Vorlage – Frech schaute sich für BIOBLO die Wabenform der Bienenstöcke ab.
Aus eins mach drei
Die Steine kamen jedenfalls nicht nur bei der Tochter, sondern alsbald auch bei den Kindern von Freunden und Bekannten bestens an. Auch bei ersten öffentlichen Auftritten schlugen die BIOBLOs bei den Kids voll ein, „ich glaube, weil sie einfach die Fantasie anregen und man sie nicht großartig erklären muss – sie sprechen für sich selbst.“ Frech stellte das Spielzeug in Folge auch einigen Spielzeugfirmen vor, „die sich interessiert zeigten, zu einer Vereinbarung kam es letztlich aber doch nicht“, was er auf ein damals fehlendes durchstrukturiertes Grundkonzept zurückführt. „Ich bin halt Techniker, es mangelte im Zuge der Präsentation am Gesamtauftritt, beginnend bei der Verpackung bis hin zu einem klaren Entwicklungs- und Businessplan.“
So schlief BIOBLO in Folge wieder etwas ein, und wer weiß, vielleicht wäre die Geschichte des innovativen Bausteins an dieser Stelle schon wieder zu Ende gewesen (wie es vielen visionären Start-ups passiert, denen oft das letzte gewisse Etwas zum wirklichen Durchbruch fehlt), wenn es nicht der Zufall (oder das Schicksal) fügte, dass vor ca. einem Jahr Stefan Friedrich am IFA vorstellig wurde. Dieser kam aus der Werbung, hatte erfolgreich für große Agenturen gearbeitet sowie Kampagnen für Bigplayer wie McDonalds, Ottakringer oder KIKA kreiert, war der Werbebranche aber etwas überdrüssig und wollte daher etwas Bodenständigeres angehen. „Er wollte eigentlich nur Recherchen für eine Produktidee anstellen, die im Bereich der Möbelherstellung angesiedelt war. So landete er bei uns am IFA.“
Im Zuge der ersten Gespräche kristallisierte sich aber rasch heraus, dass die Entwicklung eines Prototyps extrem hohe Investitionskosten verschlingen würde, die Friedrich schlicht nicht stemmen konnte. Bei Frech hingegen fiel der Groschen: „Ich hab Stefan dann erzählt, dass ich da ein anderes Produkt hätte, das im Grunde genommen fast fertig ausgefeilt ist, dass mir dazu aber das Know-how für Konzeptionierung und Vermarktung fehlt.“
Nachdem die Bausteine den Crashtest bestanden – Friedrich nahm sie zu seinen drei Kindern im Alter zwischen drei und acht Jahren mit nach Hause und sorgte damit für Begeisterung – stieg der Werbeprofi in das Projekt mit ein. Er gab den Bioblos ihren heutigen Namen und holte seinerseits den Designer Dietmar Kreil an Bord, der das Logo entwarf. Aus Frechs One-Man-Show war somit ein Trio geworden, das gemeinsam eine GmbH gründete und in den kommenden Monaten den Marktauftritt vorbereitete. Und was für einen: Hält man heute etwa die Broschüren in der Hand, erkennt man sofort, dass hier Profis am Werk sind. Alles atmet die Grundbotschaft von BIOBLO, „nicht das xte Plastikspielzeug zu sein, sondern ein inspirierendes und besonderes aus einem neuen, biologischen Material!“ Das reicht vom ansprechenden Webshop über die Farbenfroheit bis hin zum Druck der Werbematerialien auf 100% Recyclingpapier. Dass BIOBLO made in Austria ist, versteht sich ohnedies von selbst. „Dass wir etwa in China produzieren, würde schlicht nicht zum Produkt und unseren Vorstellungen passen!“
Auf der Überholspur
Das Facelifting, wenn man es so nennen möchte, wirkte jedenfalls wie ein Turbo: BIOBLO avancierte, etwa bei den Kindersommerspielen in Herzogenburg oder den Spielefesten auf der Schallaburg, rasch zum Rising Star. Und endlich klappte es auch mit der Listung. Einer der größten Kindergarten-Zulieferer Deutschlands „spielwelle“,  „der über 35.000 Kindergärten zu seinen Kunden zählt!“, nahm BIOBLO in sein Sortiment auf. Mittlerweile hat auch der Tullner Bürgermeister BIOBLO für seine Kindergärten anschaffen lassen, ebenso werden bereits in manch Volksschulen die spannendsten BIOBLO-Gebilde kreiert, so dass Frech hofft, dass das Spielzeug alsbald auch in den Kindergärten und Volksschulen seiner Heimatstadt vertreten ist. Pädagogisch wertvoll ist es allemal, wie auch der „Arbeitsausschuss Kinderspiel und Spielzeug“ urteilte, weshalb man hochoffiziell dessen SPIELGUT-Empfehlungssiegel tragen darf. Und noch eine Auszeichnung heimste man heuer bereits ein: den international ausgeschriebenen „Green Product Award“!
Kein Wunder also, dass BIOBLO aktuell so richtig durch die Decke geht – mit dementsprechenden neuen Herausforderungen für Frech und seine Kompagnons. „Wir erkennen immer mehr, dass neben dem Webshop auch ein Bedürfnis nach stationären Kaufmöglichkeiten besteht, weshalb wir uns neue Vertriebswege überlegen müssen.“ So versucht man verstärkt ins Sortiment diverser Spielzeugfachhandelsgeschäfte aufgenommen zu werden. (In St. Pölten – ein kleiner Tipp – kann man BIOBLO beim „supperiör“ in der Marktgasse erstehen.)
Außerdem wird wohl auch die aktuelle „do it yourself“-Methode auf Sicht nicht haltbar sein. „Jetzt übernehmen wir ja die gesamte Konfektionierung, Etikettierung und Versendung selbst. Unsere BIOBLO sind also alle handverlesen“, witzelt Frech. In Hinkunft wird man auch hierfür einen Partner finden müssen, damit sich die Firmen­inhaber vollends der anderen, strategischen Aufgaben widmen können, wobei Frech festhält, „dass ich meinen spannenden Job bei der IFA sicher nicht aufgeben werde.“
Wer glaubt, dass damit das Thema BIOBLO an sich – dass man also einmal einen Baustein entwickelt hat, der jetzt eben seinen Siegeszug antritt und sich hoffentlich gut verkauft – gegessen ist, der unterschätzt Frechs Kreativitäts- und Aktivitätsdrang. Der brütet nämlich schon wieder über der Weiterentwicklung seines Bausteins. „Ich denke da etwa an verschiedene Längen, eventuell bieten wir zusätzlich auch ein Stecksystem für das Bauen von größeren statischen Teilen an.“ Kurzum, es bleibt spannend, der Fantasie sind keine Grenzen gewachsen. Und wenn Frech auch auf die Frage nach einem BIOBLO-Land in ferner Zukunft nur ein müdes Lächeln für mich über hat, dürfen wir größenwahnsinnige Medien uns durchaus in solch Gedankenspiele versteigen. Das hätte doch etwas: Tausende Kinder, die alljährlich nach St. Pölten ins BIOBLO-Land pilgern ... und warum eigentlich nicht? Der dänische Tischlermeister Ole Kirk Christiansen hat 1932, als er sein Holzspielzeug erstmals unter dem Brand LEGO auf den Markt brachte (der erste Kunststoff-LEGO Stein folgte dann 1949), sicher auch nicht daran gedacht, dass sich daraus einmal der größte Spielzeughersteller der Welt entwickeln würde ...