MFG - Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht
Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht

Text Michael Müllner
Ausgabe 11/2015

An zwei Fronten streitet die Stadt St. Pölten seit Jahren geduldig um Millionen. An einer gibt’s nichts Neues. An der anderen ist jedoch ein Ende in Sicht.

St. Pölten gegen Raiffeisen
Bei der unsicheren SWAP-Klage gegen die Raiffeisen-Landesbank NÖ-Wien (RLB) hat es die Stadt nicht eilig. Seit 18 Monaten gab es keinen Verhandlungstermin. Im Mai 2014 gerieten St. Pöltens Rechtsanwalt Lukas Aigner und Richter Martin Ogris aneinander, in kritischen Äußerungen des Handelsrichters sah Aigner die mangelnde Objektivität des Richters – und beantragte diesen abzusetzen und mit einem Ersatzrichter weiterzumachen. Ein Ablehnungssenat stellte jedoch fest, dass der Richter nicht parteiisch gehandelt habe, Aigner ging in die nächste und letzte Instanz – und hatte auch dort das Nachsehen.
Unterdessen stellte die Stadt die Zahlungen an die Bank aus diesem strittigen Geschäft ein, worauf die Bank mit einer Klage reagierte. Beide Klagen (Stadt gegen Bank und Bank gegen Stadt) wurden vernetzt, da bei inhaltlich gleichgelagerten Fällen auch der gleiche Richter beide Klagen entscheiden soll. Auch hier deponierte St. Pölten sein Misstrauen gegen den Richter – und beantragte einen Richtersenat statt dem üblichen Einzelrichter. Viel Geplänkel, aber seit eineinhalb Jahren wurde in der Causa-Prima der St. Pöltner Stadtpolitik nicht öffentlich verhandelt. Nun hätte es endlich wieder weitergehen sollen, doch die beiden geladenen Zeugen, eine Mitarbeitern der RLB sowie St. Pöltens Magistratsdirektor Thomas Dewina, brauchten am 24. November nicht nach Wien zum Handelsgericht fahren – wegen Terminkollisionen wurde auf Antrag der Parteien der Termin wieder abberaumt: „Einen neuen Termin wird es erst im Jänner 2016 geben“, erfährt man dazu aus dem Handelsgericht. Kommt Zeit, kommt Rat.
St. Pölten hat also an dieser Front keine Eile, vor der Gemeinderatswahl im nächsten Jahr wird Bürgermeister Matthias Stadler seinen Wählern ein erstinstanzliches Urteil wohl weder erklären müssen, noch wird er sich dafür feiern lassen können.

St. Pölten gegen den Bund
Etwas schneller könnte es dem Bürgermeister jedoch in einer anderen Streitfrage gehen. Seit zwei Jahrzehnten streiten Gemeinden mit dem Bund. Der Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds (KRAZAF) wurde 1996 aufgelöst, beim Übergang auf das neue System entstand eine „Lücke“ in Form von Beiträgen, die den Gemeinden (als damaligen Spitalserhaltern) nicht ersetzt wurden. Jahrelang war im österreichischen Behördendschungel nicht klar, wer nun für diesen Streitfall zuständig ist. Eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien sorgt nun in zweiter Instanz für die begründete Hoffnung, dass der Streit sich dem Ende zuneigt und der Bund auf ein letztmögliches, außerordentliches Rechtsmittel verzichtet. Die Stadt Hainburg hatte einen Musterprozess gegen den Rechtsnachfolger des Fonds angestrengt und nun in zwei Instanzen gewonnen. Da die rechtliche Ausgangslage bei St. Pölten gleich gelagert ist, darf die Stadt bei einer Klagseinbringung auf einen Geldregen von 20 Millionen zuzüglich Zinsen für das Stadtbudget hoffen.