Pilgerfahrt zum seligen Erwin von Maria Seedose
Text
Johannes Reichl
Ausgabe
Okay, für „In Bed with Madonna“ hat es noch nicht gereicht, aber immerhin kann ich nunmehr auf „In Boat with Erwin“ verweisen, und das ist mit Sicherheit amüsanter als mit der personifizierten Miss Perfect. Die hätte mir nämlich sicher nicht bereits um 10 Uhr einen wohlschmeckenden Muskateller kredenzt, geschweige denn eine Tretbootfahrt mit mir am Viehofner See unternommen – und wenn doch, dann bestenfalls unter der Bedingung, dass sie treten darf.
Seedose Wirt Erwin Nolz geht es da schon gemächlicher an, und so durchmessen wir mehr treibend als fahrend den Viehofner See, genießen den Postkarten-Ausblick auf Schloss Viehofen, begrüßen in Respektabstand den weißen Schwan, der ein bisserl als gefährlicher Psychopath gehandelt wird, geben der Entenfamilie Vorfahrt oder witzeln über die am Strand Steine abladenden Lastwägen der Firma „Spring“, die offensichtlich rechtzeitig vor Badesaison-Start den Frühling bringt.
Während Nolz auf schunkelnder See kunstvoll ein Achterl einschenkt, ist mein Gehirn derweil im Such-Modus nach einer geeigneten Überschrift für den Artikel und schöpft aus dem Klassiker-Fundus. „Der alte Mann und das Meer“ würde sich etwa anbieten, erscheint aber angesichts der erst 44 Lenze von Nolz dann doch ein bisserl keck, zumal er für einen Wirten bemerkenswert unverbraucht aussieht (nicht böse gemeint, liebe Wirten!). „Caprifischer“ wiederum lässt mich zwar glückselig „Wenn bei Viehofen die rote Sonne im See versinkt und vom Himmel die bleiche Sichel des Mondes blinkt“ anstimmen, aber von den Fischerbooten fehlt jede Spur, zudem heißt Nolz‘ Gattin nicht Marie, sondern Veronika – also ebenfalls unbrauchbar.
Auch FALCOS „Steuermann, halt das Schiff nicht an“ scheint nicht ratsam, ist doch für Nachmittag eine Sturmwarnung angesagt. Bleibt derweil – vielleicht ergibt sich ja noch etwas anderes – Nolz Eigenkreation „Der Sardellenfischer vom Viehofner See“, zeichnet er doch eines seiner Mails mit diesem Titel ab. Wobei Sardellenfischer im Grunde eine bodenlose Tiefstapelei ist, werden aus dem Gewässer doch ganz andere Kaliber herausgefischt. „Ich kann mich noch gut erinnern, als eines Abends ein Fischer bei uns ein paar Krügerl gekippt hat und sich dann auf den Weg machte. Ich dachte mir, naja, das kann nix werden ... Am nächsten Morgen ruft mich der ORF an und fragt mich nach dem Herrn Oberleitner, der einen sechs Meter langen Wels aus dem See gefischt hat!“ Vielleicht sind es gerade Geschichten wie diese, die für Nolz neben all der Naturidylle den Zauber dieses Ortes ausmachen. Geschichten wie auch jene über Eindringlinge, die mehrere Nächte hindurch in der Seedose Party machten. „Unser damaliger vietnamesischer Putzmann hat sie eines Nachts um vier Uhr erwischt und mir am Morgen beruhigend Bericht erstattet: ‚Ach, das sind nur Zigeuner. Die machen so schöne Musik!‘ Sonst nichts, als wär es das Selbstverständlichste der Welt – und vielleicht war ja genau dies der richtige Blickwinkel“, lacht Nolz, zumal die „Einbrecher“ nichts mitgenommen, ja sogar ihre selbst mitgebrachten Fressalien verspeist hatten.
Während Nolz auf schunkelnder See kunstvoll ein Achterl einschenkt, ist mein Gehirn derweil im Such-Modus nach einer geeigneten Überschrift für den Artikel und schöpft aus dem Klassiker-Fundus. „Der alte Mann und das Meer“ würde sich etwa anbieten, erscheint aber angesichts der erst 44 Lenze von Nolz dann doch ein bisserl keck, zumal er für einen Wirten bemerkenswert unverbraucht aussieht (nicht böse gemeint, liebe Wirten!). „Caprifischer“ wiederum lässt mich zwar glückselig „Wenn bei Viehofen die rote Sonne im See versinkt und vom Himmel die bleiche Sichel des Mondes blinkt“ anstimmen, aber von den Fischerbooten fehlt jede Spur, zudem heißt Nolz‘ Gattin nicht Marie, sondern Veronika – also ebenfalls unbrauchbar.
Auch FALCOS „Steuermann, halt das Schiff nicht an“ scheint nicht ratsam, ist doch für Nachmittag eine Sturmwarnung angesagt. Bleibt derweil – vielleicht ergibt sich ja noch etwas anderes – Nolz Eigenkreation „Der Sardellenfischer vom Viehofner See“, zeichnet er doch eines seiner Mails mit diesem Titel ab. Wobei Sardellenfischer im Grunde eine bodenlose Tiefstapelei ist, werden aus dem Gewässer doch ganz andere Kaliber herausgefischt. „Ich kann mich noch gut erinnern, als eines Abends ein Fischer bei uns ein paar Krügerl gekippt hat und sich dann auf den Weg machte. Ich dachte mir, naja, das kann nix werden ... Am nächsten Morgen ruft mich der ORF an und fragt mich nach dem Herrn Oberleitner, der einen sechs Meter langen Wels aus dem See gefischt hat!“ Vielleicht sind es gerade Geschichten wie diese, die für Nolz neben all der Naturidylle den Zauber dieses Ortes ausmachen. Geschichten wie auch jene über Eindringlinge, die mehrere Nächte hindurch in der Seedose Party machten. „Unser damaliger vietnamesischer Putzmann hat sie eines Nachts um vier Uhr erwischt und mir am Morgen beruhigend Bericht erstattet: ‚Ach, das sind nur Zigeuner. Die machen so schöne Musik!‘ Sonst nichts, als wär es das Selbstverständlichste der Welt – und vielleicht war ja genau dies der richtige Blickwinkel“, lacht Nolz, zumal die „Einbrecher“ nichts mitgenommen, ja sogar ihre selbst mitgebrachten Fressalien verspeist hatten.
Der Wow-Effekt
Tatsächlich scheint da eine magische Wirkung vom Viehofner See auszugehen, der die Wahrnehmung ein bisserl weichzeichnet, das Kantige, das Schroffe abrundet und der Gelassenheit Raum lässt. Selbst Nolz – obwohl in Pultendorf auf einem Bauernhof quasi mit einer Überdosis Natur aufgewachsen – konnte sich dem besonderen Reiz der Viehofner Seen nicht entziehen. „Als Ende der 90er das Gerücht ging, die Seen könnten für die Bevölkerung geöffnet werden, bin ich illegal eingestiegen und dachte beim ersten Anblick nur: Wow! Alles war wild verwachsen, die Sonne ging gerade unter, der See ruhte still – und das alles mitten in der Stadt!“ Naherholung im wahrsten Sinne des Wortes nennt das Nolz, „tatsächlich ein Ort in der Nähe, wo man sich erholen kann, die Sorgen, den Stress abstreift, wenn auch vielleicht nur für eine halbe Stunde. Wenn du etwa weiter nach hinten zum kleinen See marschierst, über verschlungene Wege gar bis Radlberg – das könnte genauso gut irgendwo im tiefsten Nebraska sein.“ Und nachher setzt man sich noch gemütlich in die Seedose, genießt ein Achterl Wein, Kaffee oder Sprudel, und lässt die Seele baumeln: „Das ist ein Stück Reichtum – und das hat nichts mit Geld zu tun, sondern mit der Möglichkeit, sich das Leben schön zu machen.“ Freilich auch dem Talent, diese Schönheiten überhaupt erst zu erkennen. „Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich am Morgen nach der Eröffnung der Seedose – es war eine ‚harte‘ Nacht gewesen – schlaftrunken das Lokal aufsperrte. Ich hab mir eine Scheibe Brot runtergeschnitten, mir einen Kaffee gemacht und mich dann auf die Terrasse gesetzt. Oben lag das Schlösschen noch im Nebel, unten glitzerte bereits die Sonne im Wasser, die ersten Vögel zwitscherten, und ich dachte mir: Das war die richtige Entscheidung!“ So empfindet er es auch heute noch, wenngleich die Schönheiten zwischendurch auch durchaus getrübt wurden, weil das Lokal dann doch fordernder war als angenommen.
Tatsächlich scheint da eine magische Wirkung vom Viehofner See auszugehen, der die Wahrnehmung ein bisserl weichzeichnet, das Kantige, das Schroffe abrundet und der Gelassenheit Raum lässt. Selbst Nolz – obwohl in Pultendorf auf einem Bauernhof quasi mit einer Überdosis Natur aufgewachsen – konnte sich dem besonderen Reiz der Viehofner Seen nicht entziehen. „Als Ende der 90er das Gerücht ging, die Seen könnten für die Bevölkerung geöffnet werden, bin ich illegal eingestiegen und dachte beim ersten Anblick nur: Wow! Alles war wild verwachsen, die Sonne ging gerade unter, der See ruhte still – und das alles mitten in der Stadt!“ Naherholung im wahrsten Sinne des Wortes nennt das Nolz, „tatsächlich ein Ort in der Nähe, wo man sich erholen kann, die Sorgen, den Stress abstreift, wenn auch vielleicht nur für eine halbe Stunde. Wenn du etwa weiter nach hinten zum kleinen See marschierst, über verschlungene Wege gar bis Radlberg – das könnte genauso gut irgendwo im tiefsten Nebraska sein.“ Und nachher setzt man sich noch gemütlich in die Seedose, genießt ein Achterl Wein, Kaffee oder Sprudel, und lässt die Seele baumeln: „Das ist ein Stück Reichtum – und das hat nichts mit Geld zu tun, sondern mit der Möglichkeit, sich das Leben schön zu machen.“ Freilich auch dem Talent, diese Schönheiten überhaupt erst zu erkennen. „Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich am Morgen nach der Eröffnung der Seedose – es war eine ‚harte‘ Nacht gewesen – schlaftrunken das Lokal aufsperrte. Ich hab mir eine Scheibe Brot runtergeschnitten, mir einen Kaffee gemacht und mich dann auf die Terrasse gesetzt. Oben lag das Schlösschen noch im Nebel, unten glitzerte bereits die Sonne im Wasser, die ersten Vögel zwitscherten, und ich dachte mir: Das war die richtige Entscheidung!“ So empfindet er es auch heute noch, wenngleich die Schönheiten zwischendurch auch durchaus getrübt wurden, weil das Lokal dann doch fordernder war als angenommen.
Gut Dose braucht Weile
Dabei war die Seedose bzw. das Wirtedasein lange Zeit gar keine Option für Nolz und das obwohl – oder eigentlich gerade weil er die Hotelfachschule in Krems absolviert hatte: „Nach der Schule war mein erster Gedanke ‚nur weg von der Scheiß-Gastro.‘ Du hast miese Arbeitszeiten, es laufen lauter psychisch kranke Typen herum, die Küchenchefs sind manische Choleriker und du bekommst scheiße bezahlt!“, lacht der Wirt angesichts eines nicht zu leugnenden Hauchs von Schizophrenie, weil er letztlich doch in dieser Branche gelandet ist. Als Jungspund war die Gastro aber kein Thema. „Ich habe alles Mögliche gemacht – war Fernmeldemonteur bei der Post, hab im Metro Wagerl geschoben oder war bei Gärtner Reisen. Im Grunde war ich die fleischgewordene Berufsorientierungslosigkeit“, erinnert er sich zurück und fügt dann schmunzelnd hinzu „und genau das hab ich schließlich zum Beruf gemacht und bin Bildungs- und Berufsberater geworden.“ Gut zehn Jahre arbeitet er für AMS und WIFI, der „Gastronomieflow“, wie Nolz es nennt, lässt ihn aber dennoch nie ganz los. Anders ist nicht zu erklären, dass er – nachdem das Gerücht geht, die Viehofner Seen könnten für die Bevölkerung geöffnet werden – beim damaligen Baudirektor mit der Idee eines Lokals am See vorstellig wird. „Der hat aber nur gemeint: ‚Vergessens das. Dort wird nie Gastronomie existieren!‘ Aus wirtschaftlicher Sicht war das damals vielleicht eh besser.“
Nolz geht aber auch mit manch anderem Projekt schwanger. Einmal schwebt ihm ein Lokal im ehemaligen Pittner Kino vor, „weil das so eine grandiose Location war, so in der Art des Wiener Gartenbaukinos“, ein andermal sperrt er um ein Haar in Goldegg ein Wirtshaus auf, „das zuletzt nur an einem dort ansässigen Polizisten gescheitert ist, der meinte ‚Sowas brauch ma do ned!“ Vorgeschwebt hätte ihm etwas in der Art des ehemaligen Gasthof Koll, wo er wie soviele andere St. Pöltner Kids seiner Generation in Sachen Coolness und Westentaschen-Anarchie sozialisiert worden war. „Einfach ein Ort, wo man so sein kann, wie man ist, wo schräge Typen herumlungern, coole Mucke läuft, man immer ein bisserl Angst vor den grantigen Kellnern hat und ich der Psychowirt bin“, lacht er.
Die berufliche Situation als Berufsbegleiter wird jedenfalls zunehmend unbefriedigend, und so sucht er – was fast wie ein Klischee klingt – auf einer Ayurveda-Kur in Indien Antworten auf die klassichen Fragen der in die 30er kommenden Generation Nirvana: „Was möchte ich eigentlich wirklich machen? Wie sieht meine Zukunft aus?“ Die Antwort darauf findet er freilich nicht in einem Hinduschrein beim Aufsagen des Hare Krishna Mantras, sondern unmittelbar nach seiner Rückkehr in good old STP in Form eines NÖN-Zeitungsartikels, den ihm seine Schwester unter die Nase hält: Das Projekt Viehofner Seen nimmt konkrete Formen an, Arbeitskreise seien gebildet worden. „Da ist die Idee mit dem Lokal am See wieder hochgekocht, und ich hab einen neuerlichen Anlauf genommen.“ Dass die Frau Mama mit ihrer skeptisch gemeinten Anmerkung „na auf dich werden‘s gewartet haben“ dann letztlich Recht behalten sollte, hat Nolz damals wohl selbst überrascht: „Plötzlich gab es gar keine Widerstände mehr. Ganz im Gegenteil, der neue Baudirektor Kurt Rameis war sehr offen und meinte nur, er sei neugierig, ‚ob sich die Anarchie selbst eine Ordnung schafft.‘“
Die „Anarchie“, das Improvisierte, ist der Seedose nämlich von Anbeginn an sozusagen behördlich vorgeschrieben: Ein fix gemauerter Gastrobetrieb darf aufgrund der exponierten Lage am See nicht umgesetzt werden. Damit fällt auch Nolz‘ ursprünglich geplanter Pfahlbau ins Wasser – stattdessen schlägt die Stunde der Container! Dass man mit diesen eine ganze Menge anstellen kann, wird der Wirt im Laufe der nächsten 10 Jahre eindrucksvoll unter Beweis stellen. Ja, im Grunde genommen mutieren sie zu einer in Blech und Kunststoff gegossenen Manifestation seines eigenen Lebensmottos bzw. seiner Lebenserfahrung: „Das Leben ist eine einzige Improvisationsgeschichte.“ Alles ist in Bewegung, und es kommt oft anders als man denkt.
Der faulste Wirt der Welt
So scheitert Nolz etwa mit seinem gegenüber seinem Coach formulierten Ziel „der faulste Wirt zu werden, der Erfolg hat“ kläglich. Zwar ist ihm Erfolg nicht abzusprechen, aber das mit dem Faulsein funktioniert so gar nicht. Die Dose war und ist ein zu forderndes Gewächs, das Nolz zu Beginn fast über den Kopf zu wachsen droht und schlaflose Nächte voll Existenzangst beschert. „Im Grunde genommen ist die Seedose ideal für manisch Depressive: Wenn es schön ist, ist es brechend voll und du hältst dich nach ein paar Tagen für den reichsten Mann der Welt. An weniger schönen Tagen sitzt du wiederum allein da und fragst dich panisch: ‚Verdammt, wie soll sich das nur ausgehen?‘“
Vor allem in den ersten Jahren überwiegt das mulmige Gefühl, der Stress ist enorm. „Wir waren heillos überfordert, haben es vom Tempo einfach nicht auf die Reihe gekriegt, vor allem weil ich Sachen umsetzen wollte, wofür das Lokal und seine damalige Infrastruktur schlicht zu klein waren“, stellt Nolz selbstkritisch fest, und wähnt augenzwinkernd die Schuld bei den damaligen Angestellten: „Leider hat sich kein Mitarbeiter zu sagen getraut: ‚Heast Chef, bist du wo ang‘rennt?‘“
Erst als er am Grundsystem etwas ändert, insbesondere Schank und Küche adaptiert, „hat es plötzlich Klacks gemacht. Seitdem haben wir alles gut im Griff und die Gäste sind zufrieden.“ Dass es freilich immer einige geben wird, denen man es nicht recht machen kann, musste Nolz ebenfalls erst als bittere Lehre zur Kenntnis nehmen. „Es ist, wie mein ehemaliger Mentor gewarnt hat: Erwin, der Gast ist unerbittlich!“ Kann er damit heut umgehen, versteht er dennoch nicht „warum ein Gast ein fünftes Mal kommt und schimpft, wenn es ihm die ersten vier Mal schon nicht gefallen hat. Das kommt mir vor wie bei einem frustrierten Mann, der mit einer Schwarzhaarigen zusammenlebt, obwohl er sich immer eine Blondine gewünscht hat. Der ist bei uns einfach im falschen Lokal!“
Vielleicht ist aber auch diese Art von Gast einfach nur neugierig, wie sich die Seedose seit seinem letzten Besuch weiterentwickelt hat, denn diese befindet sich in steter Metamorphose. Nolz baut sein Baby von Beginn an kontinuierlich aus „was zum einen einem gewissen Expansionswahnsinn in meiner Familie geschuldet ist – mein Vater etwa experimentierte als Bauer in Pultendorf schon vor 20 Jahren mit Sojabohnen oder arbeitete mit kanadischen Bauern zusammen – zum anderen war die Expansion schlicht ein Muss, um zu überleben.“ Ein bisserl fühlt man sich bei der Seedose ja an eine Rakete im Steigflug erinnert, nur dass in diesem Fall mit jeder neuen Zündstufe nicht etwas abgeworfen wird, sondern etwas Neues dazukommt: Ein Lagercontainer hier, eine neue Terrasse dort, ein fixes Zelt zwischendurch, ein Kiosk für die Badegäste oder ein eigener Toilettencontainer. „Der war als VIP Abort bei der Fußball-EM 2008 im Einsatz und spielt alle Stückerln“, lacht Nolz und fügt geheimnisvoll hinzu: „Wer weiß, welche Stars die Toilette schon benutzt haben!“ Insbesondre bei der Damenwelt sorgte das neue Edel-Klo für regelrechte Euphoriestürme „so dass man heute ohne Sentimentalität eingestehen muss: Die Seedose ist eigentlich eine Toilette mit angeschlossener Gastronomie!“
Dann aber definitiv St. Pöltens liebstes, im Vollbetrieb gar nicht so stilles Örtchen. Immer wieder finden Veranstaltungen statt, vom Kulturbrunch bis zum Ball der Melancholie, und auch für den kolportierten schönsten Tag im Leben, die Hochzeit, wird die mittlerweile auf 120 Sitzplätze angewachsene Seedose zunehmend öfter gebucht. „Wobei es immer witzig ist, wenn ein junges Paar seinen Eltern offenbart, dass es die Tafel in der Seedose machen möchte. Die Oldies fragen dann meist irritiert ‚Wie, in einer Dose?‘, und die Kids versuchen zu beruhigen ‚Keine Angst, das ist eh so in Containern und Zelten‘ Spätestens dann schrammen die Eltern knapp am Herzinfarkt vorbei und beruhigen sich erst, wenn sie beim Lokalaugenschein sehen, dass das hier wirklich ein ganz nettes Ambiente ist.“
Charmant und originell trifft es ebenso. Da steckt viel Liebe zum Detail drin und die kreative Handschrift von Nolz, die aktuell einen Sixties-Schwung trägt. Die Möbel sammelt der Hausherr von überall zusammen, wobei sein größter Schatz aktuell ein dänischer Fernsehsessel aus den 60ern ist, der freilich nur dem Chef selbst vorbehalten ist. Fürs abschließende Fotoshooting – wir haben mittlerweile wieder angelegt und sind von grimmigen Seeräubern zu biederen Landratten mutiert – wird das Heiligtum ausnahmsweise aus dem Schrein hinter dem großen Vorhang geholt und auf die Mole hinunter getragen, wo es sich Nolz gemütlich macht.
Dabei war die Seedose bzw. das Wirtedasein lange Zeit gar keine Option für Nolz und das obwohl – oder eigentlich gerade weil er die Hotelfachschule in Krems absolviert hatte: „Nach der Schule war mein erster Gedanke ‚nur weg von der Scheiß-Gastro.‘ Du hast miese Arbeitszeiten, es laufen lauter psychisch kranke Typen herum, die Küchenchefs sind manische Choleriker und du bekommst scheiße bezahlt!“, lacht der Wirt angesichts eines nicht zu leugnenden Hauchs von Schizophrenie, weil er letztlich doch in dieser Branche gelandet ist. Als Jungspund war die Gastro aber kein Thema. „Ich habe alles Mögliche gemacht – war Fernmeldemonteur bei der Post, hab im Metro Wagerl geschoben oder war bei Gärtner Reisen. Im Grunde war ich die fleischgewordene Berufsorientierungslosigkeit“, erinnert er sich zurück und fügt dann schmunzelnd hinzu „und genau das hab ich schließlich zum Beruf gemacht und bin Bildungs- und Berufsberater geworden.“ Gut zehn Jahre arbeitet er für AMS und WIFI, der „Gastronomieflow“, wie Nolz es nennt, lässt ihn aber dennoch nie ganz los. Anders ist nicht zu erklären, dass er – nachdem das Gerücht geht, die Viehofner Seen könnten für die Bevölkerung geöffnet werden – beim damaligen Baudirektor mit der Idee eines Lokals am See vorstellig wird. „Der hat aber nur gemeint: ‚Vergessens das. Dort wird nie Gastronomie existieren!‘ Aus wirtschaftlicher Sicht war das damals vielleicht eh besser.“
Nolz geht aber auch mit manch anderem Projekt schwanger. Einmal schwebt ihm ein Lokal im ehemaligen Pittner Kino vor, „weil das so eine grandiose Location war, so in der Art des Wiener Gartenbaukinos“, ein andermal sperrt er um ein Haar in Goldegg ein Wirtshaus auf, „das zuletzt nur an einem dort ansässigen Polizisten gescheitert ist, der meinte ‚Sowas brauch ma do ned!“ Vorgeschwebt hätte ihm etwas in der Art des ehemaligen Gasthof Koll, wo er wie soviele andere St. Pöltner Kids seiner Generation in Sachen Coolness und Westentaschen-Anarchie sozialisiert worden war. „Einfach ein Ort, wo man so sein kann, wie man ist, wo schräge Typen herumlungern, coole Mucke läuft, man immer ein bisserl Angst vor den grantigen Kellnern hat und ich der Psychowirt bin“, lacht er.
Die berufliche Situation als Berufsbegleiter wird jedenfalls zunehmend unbefriedigend, und so sucht er – was fast wie ein Klischee klingt – auf einer Ayurveda-Kur in Indien Antworten auf die klassichen Fragen der in die 30er kommenden Generation Nirvana: „Was möchte ich eigentlich wirklich machen? Wie sieht meine Zukunft aus?“ Die Antwort darauf findet er freilich nicht in einem Hinduschrein beim Aufsagen des Hare Krishna Mantras, sondern unmittelbar nach seiner Rückkehr in good old STP in Form eines NÖN-Zeitungsartikels, den ihm seine Schwester unter die Nase hält: Das Projekt Viehofner Seen nimmt konkrete Formen an, Arbeitskreise seien gebildet worden. „Da ist die Idee mit dem Lokal am See wieder hochgekocht, und ich hab einen neuerlichen Anlauf genommen.“ Dass die Frau Mama mit ihrer skeptisch gemeinten Anmerkung „na auf dich werden‘s gewartet haben“ dann letztlich Recht behalten sollte, hat Nolz damals wohl selbst überrascht: „Plötzlich gab es gar keine Widerstände mehr. Ganz im Gegenteil, der neue Baudirektor Kurt Rameis war sehr offen und meinte nur, er sei neugierig, ‚ob sich die Anarchie selbst eine Ordnung schafft.‘“
Die „Anarchie“, das Improvisierte, ist der Seedose nämlich von Anbeginn an sozusagen behördlich vorgeschrieben: Ein fix gemauerter Gastrobetrieb darf aufgrund der exponierten Lage am See nicht umgesetzt werden. Damit fällt auch Nolz‘ ursprünglich geplanter Pfahlbau ins Wasser – stattdessen schlägt die Stunde der Container! Dass man mit diesen eine ganze Menge anstellen kann, wird der Wirt im Laufe der nächsten 10 Jahre eindrucksvoll unter Beweis stellen. Ja, im Grunde genommen mutieren sie zu einer in Blech und Kunststoff gegossenen Manifestation seines eigenen Lebensmottos bzw. seiner Lebenserfahrung: „Das Leben ist eine einzige Improvisationsgeschichte.“ Alles ist in Bewegung, und es kommt oft anders als man denkt.
Der faulste Wirt der Welt
So scheitert Nolz etwa mit seinem gegenüber seinem Coach formulierten Ziel „der faulste Wirt zu werden, der Erfolg hat“ kläglich. Zwar ist ihm Erfolg nicht abzusprechen, aber das mit dem Faulsein funktioniert so gar nicht. Die Dose war und ist ein zu forderndes Gewächs, das Nolz zu Beginn fast über den Kopf zu wachsen droht und schlaflose Nächte voll Existenzangst beschert. „Im Grunde genommen ist die Seedose ideal für manisch Depressive: Wenn es schön ist, ist es brechend voll und du hältst dich nach ein paar Tagen für den reichsten Mann der Welt. An weniger schönen Tagen sitzt du wiederum allein da und fragst dich panisch: ‚Verdammt, wie soll sich das nur ausgehen?‘“
Vor allem in den ersten Jahren überwiegt das mulmige Gefühl, der Stress ist enorm. „Wir waren heillos überfordert, haben es vom Tempo einfach nicht auf die Reihe gekriegt, vor allem weil ich Sachen umsetzen wollte, wofür das Lokal und seine damalige Infrastruktur schlicht zu klein waren“, stellt Nolz selbstkritisch fest, und wähnt augenzwinkernd die Schuld bei den damaligen Angestellten: „Leider hat sich kein Mitarbeiter zu sagen getraut: ‚Heast Chef, bist du wo ang‘rennt?‘“
Erst als er am Grundsystem etwas ändert, insbesondere Schank und Küche adaptiert, „hat es plötzlich Klacks gemacht. Seitdem haben wir alles gut im Griff und die Gäste sind zufrieden.“ Dass es freilich immer einige geben wird, denen man es nicht recht machen kann, musste Nolz ebenfalls erst als bittere Lehre zur Kenntnis nehmen. „Es ist, wie mein ehemaliger Mentor gewarnt hat: Erwin, der Gast ist unerbittlich!“ Kann er damit heut umgehen, versteht er dennoch nicht „warum ein Gast ein fünftes Mal kommt und schimpft, wenn es ihm die ersten vier Mal schon nicht gefallen hat. Das kommt mir vor wie bei einem frustrierten Mann, der mit einer Schwarzhaarigen zusammenlebt, obwohl er sich immer eine Blondine gewünscht hat. Der ist bei uns einfach im falschen Lokal!“
Vielleicht ist aber auch diese Art von Gast einfach nur neugierig, wie sich die Seedose seit seinem letzten Besuch weiterentwickelt hat, denn diese befindet sich in steter Metamorphose. Nolz baut sein Baby von Beginn an kontinuierlich aus „was zum einen einem gewissen Expansionswahnsinn in meiner Familie geschuldet ist – mein Vater etwa experimentierte als Bauer in Pultendorf schon vor 20 Jahren mit Sojabohnen oder arbeitete mit kanadischen Bauern zusammen – zum anderen war die Expansion schlicht ein Muss, um zu überleben.“ Ein bisserl fühlt man sich bei der Seedose ja an eine Rakete im Steigflug erinnert, nur dass in diesem Fall mit jeder neuen Zündstufe nicht etwas abgeworfen wird, sondern etwas Neues dazukommt: Ein Lagercontainer hier, eine neue Terrasse dort, ein fixes Zelt zwischendurch, ein Kiosk für die Badegäste oder ein eigener Toilettencontainer. „Der war als VIP Abort bei der Fußball-EM 2008 im Einsatz und spielt alle Stückerln“, lacht Nolz und fügt geheimnisvoll hinzu: „Wer weiß, welche Stars die Toilette schon benutzt haben!“ Insbesondre bei der Damenwelt sorgte das neue Edel-Klo für regelrechte Euphoriestürme „so dass man heute ohne Sentimentalität eingestehen muss: Die Seedose ist eigentlich eine Toilette mit angeschlossener Gastronomie!“
Dann aber definitiv St. Pöltens liebstes, im Vollbetrieb gar nicht so stilles Örtchen. Immer wieder finden Veranstaltungen statt, vom Kulturbrunch bis zum Ball der Melancholie, und auch für den kolportierten schönsten Tag im Leben, die Hochzeit, wird die mittlerweile auf 120 Sitzplätze angewachsene Seedose zunehmend öfter gebucht. „Wobei es immer witzig ist, wenn ein junges Paar seinen Eltern offenbart, dass es die Tafel in der Seedose machen möchte. Die Oldies fragen dann meist irritiert ‚Wie, in einer Dose?‘, und die Kids versuchen zu beruhigen ‚Keine Angst, das ist eh so in Containern und Zelten‘ Spätestens dann schrammen die Eltern knapp am Herzinfarkt vorbei und beruhigen sich erst, wenn sie beim Lokalaugenschein sehen, dass das hier wirklich ein ganz nettes Ambiente ist.“
Charmant und originell trifft es ebenso. Da steckt viel Liebe zum Detail drin und die kreative Handschrift von Nolz, die aktuell einen Sixties-Schwung trägt. Die Möbel sammelt der Hausherr von überall zusammen, wobei sein größter Schatz aktuell ein dänischer Fernsehsessel aus den 60ern ist, der freilich nur dem Chef selbst vorbehalten ist. Fürs abschließende Fotoshooting – wir haben mittlerweile wieder angelegt und sind von grimmigen Seeräubern zu biederen Landratten mutiert – wird das Heiligtum ausnahmsweise aus dem Schrein hinter dem großen Vorhang geholt und auf die Mole hinunter getragen, wo es sich Nolz gemütlich macht.
Streetfood am See
Dort, neben den friedlich dahinschunkelnden Tretbooten, die man auch für romantische Bootspicknicks mieten kann, erzählt Nolz von seinen aktuellen Projekten und Visionen. So hat er sich zum Beispiel, um gleich bei der Romantik zu bleiben, im Vorjahr eine hinreißende italienische APE Calessino zugelegt, mit der er Turteltäubchen auf eine gastronomische Lovetour entführt. „Ich hol die Leute vom Bahnhof ab, dann geht’s mal zu einem ausgedehnten Frühstück in die Seedose. Im Anschluss fahren wir zu außergewöhnlichen Platzerln in der Umgebung, picknicken z.B. in einem Schlosspark, treffen befreundete Hauer, die uns im Weingarten edle Tropfen und eine Jause kredenzen und Ähnliches mehr.“ Liebe Männer – falls ihr einmal originellen Geschenknotstand habt (was natürlich niiiieeee passiert) – hier ist die Lösung!
Auch die Frage, „wie wir den See gastronomisch noch besser bespielen können“, beschäftigt Nolz seit geraumer Zeit. „Ich denke da an ähnliche Module wie bei Streetfood, vielleicht marschieren wir mit einem mobilen Griller durch die Reihen oder fahren mit kleinen Foodtrucks den Strand entlang – da gibt’s schon spannende Beispiele aus Finnland.“
Und Nolz träumt von Nächtigungsmöglichkeiten am See. „So eine Art mobile Hausboote, die hab ich mir in einer Werft in Mecklenburg-Vorpommern angesehen. Stell dir das vor, du schaust am Morgen raus auf den See, dann gehst du gemütlich in die Seedose frühstücken. Das hätte schon was.“ Ebenso könnte er sich ein Baumhaus in der Au vorstellen, „dann hätten wir quasi Beherbergung nach den vier Elementen: Wasser – Erde – Luft ... okay, das mit dem Feuer könnte ein bisserl problematisch werden“, lacht er. Auch eine Art mobiles Hotel könnte sich Nolz vorstellen, „Das Wichtigste, Namen und Logo, haben wir schon: Streuhotel Seedose, das Logo ist ein Zuckerstreuer“, flunkert er, meint es aber im Grunde genommen durchaus ernst. „Das Hotel bzw. die ‚Zimmer’ sind immer woanders, einmal zum Beispiel in einem Waggon der Mariazellerbahn, ein andermal auf einem Flachdach in der City, dann hier am See, vielleicht sogar einmal im Landesmuseum ...“ Nolz weiß, dass vieles utopisch klingt, „aber ich würd es wirklich reizvoll finden. Damit könnte eine ehemals imageschwächelnde Stadt wie St. Pölten touristisch sicher überraschen!“ Und – siehe Seedose selbst – nur wer das normative Kastldenken verlässt und das vermeintlich Unmögliche denkt, kann etwas Einzigartiges schaffen. Deshalb wünschte sich Nolz auch weniger Bürokratie, „denn die Hürden, wie mir scheint, werden nicht weniger, sondern mehr. Dadurch gehen der Stadt aber viele spannende Ideen und Köpfe verloren.“
Dort, neben den friedlich dahinschunkelnden Tretbooten, die man auch für romantische Bootspicknicks mieten kann, erzählt Nolz von seinen aktuellen Projekten und Visionen. So hat er sich zum Beispiel, um gleich bei der Romantik zu bleiben, im Vorjahr eine hinreißende italienische APE Calessino zugelegt, mit der er Turteltäubchen auf eine gastronomische Lovetour entführt. „Ich hol die Leute vom Bahnhof ab, dann geht’s mal zu einem ausgedehnten Frühstück in die Seedose. Im Anschluss fahren wir zu außergewöhnlichen Platzerln in der Umgebung, picknicken z.B. in einem Schlosspark, treffen befreundete Hauer, die uns im Weingarten edle Tropfen und eine Jause kredenzen und Ähnliches mehr.“ Liebe Männer – falls ihr einmal originellen Geschenknotstand habt (was natürlich niiiieeee passiert) – hier ist die Lösung!
Auch die Frage, „wie wir den See gastronomisch noch besser bespielen können“, beschäftigt Nolz seit geraumer Zeit. „Ich denke da an ähnliche Module wie bei Streetfood, vielleicht marschieren wir mit einem mobilen Griller durch die Reihen oder fahren mit kleinen Foodtrucks den Strand entlang – da gibt’s schon spannende Beispiele aus Finnland.“
Und Nolz träumt von Nächtigungsmöglichkeiten am See. „So eine Art mobile Hausboote, die hab ich mir in einer Werft in Mecklenburg-Vorpommern angesehen. Stell dir das vor, du schaust am Morgen raus auf den See, dann gehst du gemütlich in die Seedose frühstücken. Das hätte schon was.“ Ebenso könnte er sich ein Baumhaus in der Au vorstellen, „dann hätten wir quasi Beherbergung nach den vier Elementen: Wasser – Erde – Luft ... okay, das mit dem Feuer könnte ein bisserl problematisch werden“, lacht er. Auch eine Art mobiles Hotel könnte sich Nolz vorstellen, „Das Wichtigste, Namen und Logo, haben wir schon: Streuhotel Seedose, das Logo ist ein Zuckerstreuer“, flunkert er, meint es aber im Grunde genommen durchaus ernst. „Das Hotel bzw. die ‚Zimmer’ sind immer woanders, einmal zum Beispiel in einem Waggon der Mariazellerbahn, ein andermal auf einem Flachdach in der City, dann hier am See, vielleicht sogar einmal im Landesmuseum ...“ Nolz weiß, dass vieles utopisch klingt, „aber ich würd es wirklich reizvoll finden. Damit könnte eine ehemals imageschwächelnde Stadt wie St. Pölten touristisch sicher überraschen!“ Und – siehe Seedose selbst – nur wer das normative Kastldenken verlässt und das vermeintlich Unmögliche denkt, kann etwas Einzigartiges schaffen. Deshalb wünschte sich Nolz auch weniger Bürokratie, „denn die Hürden, wie mir scheint, werden nicht weniger, sondern mehr. Dadurch gehen der Stadt aber viele spannende Ideen und Köpfe verloren.“
Die Offenbarung
Zuletzt, Nolz streckt sich schnurrendwie eine Katze in seinem Fauteuil aus und wähnt sich angesichts des Postkartenausblicks vielleicht ein bisschen wie auf der Sanatoriumsterrasse aus Thomas Manns Zauberberg, entledigt er sich der irdischen Bande und verabschiedet sich unter breitem Grinsen ins Metaphysische. „Mir gefiele ja auch ein Wallfahrtsort hier: Maria Seedose, wo es, sagen wir, zu Krampfadern-Spontanheilungen kommt – und ich werde schon zu Lebzeiten selig gesprochen!“, witzelt er und fügt hinzu. „Und wir stellen eine Kapelle auf – selbstverständlich ein Container, die Kirche muss schließlich mit der Zeit gehen!“ Und als dies ausgesprochen ward, da kam die Inspiration über mich und ich hatte endlich die passende Überschrift für diesen Artikel gefunden: „Pilgerfahrt zum seligen Erwin von Maria Seedose“, einem Ort, wo schon jetzt – nicht erst in ferner Zukunft – wahre Wunder passieren: Wo 6m-Welse aus dem See gefischt werden, wo der Frühling mit LKW’s der Firma Spring abgeladen wird, wo vermeintliche Einbrüche zu poetischen Akten mutieren und die Luft voll Zigeunermusik, feinstem Jazz und Vogelgezwitscher ist, wo man sich am Kleinen Viehofner See plötzlich mitten im tiefsten Nebraksa wiederfindet und wo eine in der Au situierte Telefonzelle zwar niemals läutet, dafür aber auf wundersame Weise immer wieder neue Bücher in sich trägt, wo eine Mittagspause den Erholungswert eines Kurzurlaubs in Bella Italia hat und wo wohl selbst Madonna während des Tretbootfahrens faul innehalten würde, um die schöne Landschaft zu genießen (und gar verstohlen am Muskateller zu nippen.) Wo schließlich der selige Erwin, erfüllt von Geist, Fantasie und Originalität, sein Evangelium vom Leben als Dauerprovisorium verkündet und dennoch auf wundersame Weise Ordnung ins Chaos gebracht hat. Freilich – und zum Glück – nur soviel, dass noch immer genug Raum zum Seelebaumeln, Träumen und Genießen bleibt. Halleluja!
Zuletzt, Nolz streckt sich schnurrendwie eine Katze in seinem Fauteuil aus und wähnt sich angesichts des Postkartenausblicks vielleicht ein bisschen wie auf der Sanatoriumsterrasse aus Thomas Manns Zauberberg, entledigt er sich der irdischen Bande und verabschiedet sich unter breitem Grinsen ins Metaphysische. „Mir gefiele ja auch ein Wallfahrtsort hier: Maria Seedose, wo es, sagen wir, zu Krampfadern-Spontanheilungen kommt – und ich werde schon zu Lebzeiten selig gesprochen!“, witzelt er und fügt hinzu. „Und wir stellen eine Kapelle auf – selbstverständlich ein Container, die Kirche muss schließlich mit der Zeit gehen!“ Und als dies ausgesprochen ward, da kam die Inspiration über mich und ich hatte endlich die passende Überschrift für diesen Artikel gefunden: „Pilgerfahrt zum seligen Erwin von Maria Seedose“, einem Ort, wo schon jetzt – nicht erst in ferner Zukunft – wahre Wunder passieren: Wo 6m-Welse aus dem See gefischt werden, wo der Frühling mit LKW’s der Firma Spring abgeladen wird, wo vermeintliche Einbrüche zu poetischen Akten mutieren und die Luft voll Zigeunermusik, feinstem Jazz und Vogelgezwitscher ist, wo man sich am Kleinen Viehofner See plötzlich mitten im tiefsten Nebraksa wiederfindet und wo eine in der Au situierte Telefonzelle zwar niemals läutet, dafür aber auf wundersame Weise immer wieder neue Bücher in sich trägt, wo eine Mittagspause den Erholungswert eines Kurzurlaubs in Bella Italia hat und wo wohl selbst Madonna während des Tretbootfahrens faul innehalten würde, um die schöne Landschaft zu genießen (und gar verstohlen am Muskateller zu nippen.) Wo schließlich der selige Erwin, erfüllt von Geist, Fantasie und Originalität, sein Evangelium vom Leben als Dauerprovisorium verkündet und dennoch auf wundersame Weise Ordnung ins Chaos gebracht hat. Freilich – und zum Glück – nur soviel, dass noch immer genug Raum zum Seelebaumeln, Träumen und Genießen bleibt. Halleluja!