NÖ wählt. Same Procedure as Every (Election) Year?
Text
Georg Renner
, Jakob Winter
Ausgabe
GEORG RENNER
Der Wilhelmsburger arbeitet als Journalist bei der „Kleinen Zeitung“.
In den kommenden Wochen wird der Wahlkampf über Niederösterreich hereinbrechen, und es steht zu befürchten, dass man schon jetzt ganz genau sagen kann, wie er gelaufen sein wird. Die ÖVP, die wenn schon nicht ihre Absolute, dann zumindest den 4er vor dem Ergebnis verteidigen will, wird landauf, landab das angebliche „Miteinander“ inszenieren, das v. a. aus der Landeshauptftrau und dann lange niemandem besteht. Die SPÖ wird nicht wissen, wo sie zwischen sozialer Wärme und kantiger Oppositionspolitik zu liegen kommen soll. Die FPÖ wird Udo Landbauer und die böse Migrationskrise zeigen und versuchen, vergessen zu lassen, dass sie in der Landesregierung für Asyl verantwortlich ist. Die Grünen werden versuchen, daran zu erinnern, dass sie eh da und grün sind, und die Neos erinnern schon seit Wochen daran, dass sie auch eine Spitzenkandidatin haben.
Es wird, kurz gesagt, im Wahlkampf sehr viel darum gehen, wer atmosphärisch wo steht, wessen Bundespartei die bösere ist – und nur wenig um landespolitische Auseinandersetzung in der Sache. Das mag damit zu tun haben, dass ÖVP, SPÖ und FPÖ schon jetzt gemeinsam in der Landesregierung sitzen und daher vieles gemeinsam beschlossen haben. Aber auch damit, dass jene Politikfelder, die im Landtag verhandelt werden, weit komplexer sind, als einem die Parteien im Wahlkampf zutrauen.
Etwa die Frage nach der Raumordnung: Braucht es die Einkaufszentren am Ortsrand, die mittlerweile ikonischer sind als die Burgen und Kirchen des Landes? Wo sollen neue Windräder entstehen? Wie verhandeln wir die Frage, wo große Photovoltaik-Anlagen Platz bekommen – auf Kosten von Feldern? Braucht es neue Straßen, Bahnen, Radwege? Hat Niederösterreich die Pandemie gut bewältigt, bräuchte es neue Strukturen? Und was genau ist im Land eigentlich förderwürdig?
Man kann schon verstehen, dass die Parteien von solchen Fragen wenig wissen wollen – es ist einfacher, auf Gemeinsamkeit, Heimat, Wärme usw. zu setzen. Aber das sollte uns nicht hindern, darüber zu reden.
JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.
Zum ersten Mal seit langer Zeit herrscht in Niederösterreich so etwas wie eine Wechselstimmung. Nur mehr 31 Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, dass sich ihr Land in die richtige Richtung entwickelt. Und trotzdem sprechen zwei Gründe dafür, dass sich an der Spitze der Landesregierung wenig ändern wird. Erstens: Es ist den Konkurrenten der ÖVP in den vergangenen fünf Jahren nicht gelungen, einen Herausforderer aufzubauen, dem die Wählerinnen und Wähler zutrauen, Mikl-Leitner in ihrem Amt zu beerben. Politische Swings sind in den Bundesländern äußerst selten, in fünf der neun Länder gibt seit 1945 durchgängig eine einzige Partei den Ton an. Wenn es zu Wechseln kam, dann meist, weil die regierende Partei von einem Skandal erschüttert wurde und weil charismatische Gegenkandidaten das Momentum nutzten.
An Skandalen würde es nicht mangeln, die Korruptionsermittlungen gegen führende Vertreter der ÖVP – darunter der Niederösterreicher Wolfgang Sobotka – wären geneigt, Wähler umzustimmen. Doch Mikl-Leitners persönliche Beliebtheitswerte haben davon nur minimalen Schaden genommen. Die ÖVP wird an Zustimmung verlieren, um die Macht muss sie aber kaum zittern.
Zweitens: Mikl-Leitner lässt der Konkurrenz wenig Raum, sich zu profilieren. Ihr „Strompreisrabatt“ kommt auf den Energiepreisdeckel des Bundes noch obendrauf. Der FPÖ hat Mikl-Leitner die Asyl-Agenden in der Landesregierung übertragen – die Freiheitlichen können nun schwer ihre eigene Politik kritisieren.
Und die SPÖ? Die würde gerne darauf hinweisen, dass Niederösterreich bei den Öffnungszeiten von Kindergärten, Krippen und Horten noch Aufholbedarf hat. Bloß hat die Landeshauptfrau auch dieses Thema zu ihrem gemacht – und kürzlich einen massiven Ausbau versprochen.
Bleibt zu hoffen, dass sie es ernster meint als mit manchen ihrer Versprechen vor der Wahl 2018. Oder haben Sie jemals wieder etwas von der Verlängerung der Wiener U-Bahnen nach Niederösterreich gehört?
Der Wilhelmsburger arbeitet als Journalist bei der „Kleinen Zeitung“.
In den kommenden Wochen wird der Wahlkampf über Niederösterreich hereinbrechen, und es steht zu befürchten, dass man schon jetzt ganz genau sagen kann, wie er gelaufen sein wird. Die ÖVP, die wenn schon nicht ihre Absolute, dann zumindest den 4er vor dem Ergebnis verteidigen will, wird landauf, landab das angebliche „Miteinander“ inszenieren, das v. a. aus der Landeshauptftrau und dann lange niemandem besteht. Die SPÖ wird nicht wissen, wo sie zwischen sozialer Wärme und kantiger Oppositionspolitik zu liegen kommen soll. Die FPÖ wird Udo Landbauer und die böse Migrationskrise zeigen und versuchen, vergessen zu lassen, dass sie in der Landesregierung für Asyl verantwortlich ist. Die Grünen werden versuchen, daran zu erinnern, dass sie eh da und grün sind, und die Neos erinnern schon seit Wochen daran, dass sie auch eine Spitzenkandidatin haben.
Es wird, kurz gesagt, im Wahlkampf sehr viel darum gehen, wer atmosphärisch wo steht, wessen Bundespartei die bösere ist – und nur wenig um landespolitische Auseinandersetzung in der Sache. Das mag damit zu tun haben, dass ÖVP, SPÖ und FPÖ schon jetzt gemeinsam in der Landesregierung sitzen und daher vieles gemeinsam beschlossen haben. Aber auch damit, dass jene Politikfelder, die im Landtag verhandelt werden, weit komplexer sind, als einem die Parteien im Wahlkampf zutrauen.
Etwa die Frage nach der Raumordnung: Braucht es die Einkaufszentren am Ortsrand, die mittlerweile ikonischer sind als die Burgen und Kirchen des Landes? Wo sollen neue Windräder entstehen? Wie verhandeln wir die Frage, wo große Photovoltaik-Anlagen Platz bekommen – auf Kosten von Feldern? Braucht es neue Straßen, Bahnen, Radwege? Hat Niederösterreich die Pandemie gut bewältigt, bräuchte es neue Strukturen? Und was genau ist im Land eigentlich förderwürdig?
Man kann schon verstehen, dass die Parteien von solchen Fragen wenig wissen wollen – es ist einfacher, auf Gemeinsamkeit, Heimat, Wärme usw. zu setzen. Aber das sollte uns nicht hindern, darüber zu reden.
JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.
Zum ersten Mal seit langer Zeit herrscht in Niederösterreich so etwas wie eine Wechselstimmung. Nur mehr 31 Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, dass sich ihr Land in die richtige Richtung entwickelt. Und trotzdem sprechen zwei Gründe dafür, dass sich an der Spitze der Landesregierung wenig ändern wird. Erstens: Es ist den Konkurrenten der ÖVP in den vergangenen fünf Jahren nicht gelungen, einen Herausforderer aufzubauen, dem die Wählerinnen und Wähler zutrauen, Mikl-Leitner in ihrem Amt zu beerben. Politische Swings sind in den Bundesländern äußerst selten, in fünf der neun Länder gibt seit 1945 durchgängig eine einzige Partei den Ton an. Wenn es zu Wechseln kam, dann meist, weil die regierende Partei von einem Skandal erschüttert wurde und weil charismatische Gegenkandidaten das Momentum nutzten.
An Skandalen würde es nicht mangeln, die Korruptionsermittlungen gegen führende Vertreter der ÖVP – darunter der Niederösterreicher Wolfgang Sobotka – wären geneigt, Wähler umzustimmen. Doch Mikl-Leitners persönliche Beliebtheitswerte haben davon nur minimalen Schaden genommen. Die ÖVP wird an Zustimmung verlieren, um die Macht muss sie aber kaum zittern.
Zweitens: Mikl-Leitner lässt der Konkurrenz wenig Raum, sich zu profilieren. Ihr „Strompreisrabatt“ kommt auf den Energiepreisdeckel des Bundes noch obendrauf. Der FPÖ hat Mikl-Leitner die Asyl-Agenden in der Landesregierung übertragen – die Freiheitlichen können nun schwer ihre eigene Politik kritisieren.
Und die SPÖ? Die würde gerne darauf hinweisen, dass Niederösterreich bei den Öffnungszeiten von Kindergärten, Krippen und Horten noch Aufholbedarf hat. Bloß hat die Landeshauptfrau auch dieses Thema zu ihrem gemacht – und kürzlich einen massiven Ausbau versprochen.
Bleibt zu hoffen, dass sie es ernster meint als mit manchen ihrer Versprechen vor der Wahl 2018. Oder haben Sie jemals wieder etwas von der Verlängerung der Wiener U-Bahnen nach Niederösterreich gehört?