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“Gibt es das dort auch?” Diese Frage durfte ich die letzte Woche in etwa 200 Variationen immer und immer wieder hören. Das erfordert zum einen enorme Geduld, zum anderen aber noch viel nötigere Aufklärungsarbeit. Um dabei das Gegenüber nicht zu überfordern, wird die zu vermittelnde Grundaussage zunächst auf das Allernötigste heruntergeschraubt. „Hong Kong ist kein Dritte-Welt-Land.“ Was etwas schroff klingt, ist in Wahrheit ein sehr wandlungsreicher Satz. Man kann ihn hauchen, flüstern, diplomatisch kommunizieren und – wenn’s sein muss – auch schreien. Natürlich ist es eine andere Kultur, am fast anderen Ende der Welt, dies ist aber nicht Rechtfertigung genug, um die Existenz von Kuriositäten wie „Scheidung“ und „kabelloses Internet“ anzuzweifeln (auch wenn mir schon manche Deutsche begegnet sind, die tatsächlich überrascht sind, was es in Österreich nicht alles gibt). In solchen Momenten stell ich mir gerne einen Chinesen vor, der gerade in Europa gestrandet ist und von Verständnisproblemen geplagt wird: Wieso kann ich im Bus nicht bargeldlos bezahlen? Warum ist es in der U-Bahn so dreckig? Warum trägt der schwer verkühlte Mann keinen Mundschutz, sondern steckt uns alle an? Wieso bestellt hier jeder nur ein Gericht im Restaurant? Warum ist hier keine Rolltreppe? Was ist eine „Laden-Öffnungszeit“? Wo ist bitte der nächste Fußmassage-Salon? Und warum zum Teufel gibt es hier keine Hauszustellung von McDonalds? Nur vorm geschlossenen Supermarkt wird er am Sonntag niemals stehen...weil er vergeblich auf den Bus wartet.