MFG - In was für einer Stadt leben wir eigentlich ...
In was für einer Stadt leben wir eigentlich ...


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

In was für einer Stadt leben wir eigentlich ...

Ausgabe 02/2025
... in der der nächste St. Pöltner Traditionsbetrieb bzw. dessen Nachfolger die Segel streicht. Kurz vor Drucklegung flatterte von der Walstead-Leykam Druckerei, situiert im Pressehaus, die Information ein, dass der Vorstand „mit den Arbeitnehmervertretern am Standort St. Pölten in Beratungsgespräche getreten ist, um den Betrieb an diesem Standort zu schließen.“ Damit geht eine lange Geschichte zu Ende. Die Gründung des Pressehauses geht bis ins Jahr 1874 zurück, ab 1876 war man in St. Pölten situiert. 100 Jahre später, 1976, wurde das Pressehaus in der Gutenbergstraße eröffnet. 2018 verkaufte das Pressehaus schließlich seine Drucksparte an die Walstead, die sich nun aus St. Pölten zurückzieht, wie Geschäftsführer Maximilian Luger bestätigt: „Die Schließung ist spätestens zum Jahresende avisiert.“ Davon betroffen sind direkt am Standort ca. 70 MitarbeiterInnen. „Bedauerlicherweise wird es Kündigungen geben“, so Luger, „für einige unserer Mitarbeiter“ werde es aber die Möglichkeit geben, an anderen Walstead-Leykam Standorten unterzukommen. Aktuelle Geschäftszahlen wollte Luger nicht nennen, als Gründe für die Schließung führt man „grundlegende Veränderungen in der Druckindustrie in Europa in den letzten Jahren, darunter Marktveränderungen, steigende Kostenbelastungen und infolgedessen eine mangelnde Rentabilität“ an.

... in der die Bertha von Suttner Privatuniversität vor einem Neustart steht. Gegründet wurde sie 2017 von der Stadt und dem Österreichischen Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik (kurz ÖAGG). Um ihre Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, schießt die Stadt jährlich Geld nach, stolze 1,2 Millionen Euro im Vorjahr. Im September 2024 präsentierte das Rathaus überraschend einen neuen Partner, die Eigentümer der bereits etablierten Sigmund-Freud-Universität kaufen sich um 300.000 Euro zur Hälfte in die Suttneruni ein und wollen mit ihrem Know-how die Studierendenzahlen steigern und den jährlichen Zuschussbedarf senken. Schon damals stand aber fest: Bis zur Erreichung einer schwarzen Null zahlt die Stadt anfallende Verluste als „Altlast“ weiterhin alleine. Im Jänner folgte nun der nächste Plot-Twist. Aus der angekündigten Fortsetzung der fachlichen Zusammenarbeit mit dem ÖAGG wird nichts, dafür verlangt der ÖAGG eine Ablöse von 250.000 Euro. Bleiben 50.000 Euro für eine halbe Uni, fast ein Geschäft, möchte man ironisch anmerken. Im Gemeinderat übte ÖVP-Mandatarin Susanne Binder-Novak heftige Kritik und sprach von unerklärlichen Samthandschuhen, mit denen die Stadt den ÖAGG aus seiner Pflicht entlässt, während die Steuerzahler Jahr für Jahr mehr zuschießen, als ursprünglich vom Rathaus budgetiert. Zeit für einen Sesselkreis!

... in der einige Parteien zum Halali auf „St. Beton“ und den regen Wohnungsbau blasen, sich die Immobilien-Goldgräberstimmung der letzten Jahre aber ohnedies dem Ende zuneigen dürfte. Nachdem die SIGNA-Turbulenzen auch in St. Pölten für gehörig Seegang gesorgt hatten (WWE-Gründe, Rossmarkthöfe), Nachfolge-Besitzer SÜBA anstelle eines Baubeginns der „Rossmarkthöfe“ zuletzt mit der Insolvenz einer SÜBA-Tochter auffiel, meldete nun auch 6B47 Insolvenz an. 6B47 setzt das Wohnbauprojekt „Steingötterhof“ am ehemaligen Metro-Areal um, das im Vorfeld ein besonderes Objekt der (Spekulations?)Begierde gewesen war. Pressesprecherin Katharina Rathammer betont, „dass die AG und nicht die österreichische Projektgesellschaft, kurz 6B47 Austria, zu der auch das Projekt Steingötterhof zählt, nach heutigem Stand von der Insolvenz betroffen ist.“ Bei „nach heutigem Stand“ wird man freilich hellhörig, ebenso wie bei Formulierungen wie „Derzeit sind weder die bereits bestehende Wohnanlage noch die unbebauten Baufelder 2 und 3 vom Konkurs betroffen.“ Zu sehr hat die SIGNA-Pleite samt anschließendem Domino-Effekt das Vertrauen in die Branche erschüttert. Der Wohnungsverkauf  gehe ungehindert weiter, die brachliegenden Baufelder 2 und 3 werden abgestoßen. „Es läuft eine strukturierte Ausschreibung und es gibt bereits Interessenten.“ Derzeit.