St. Pölten & Der Klimawandel - Was muss sich ändern?
Text
Jakob Winter
Ausgabe
GEORG RENNER
Der Wilhelmsburger arbeitet als Journalist bei der „Kleinen Zeitung“.
Der Wilhelmsburger arbeitet als Journalist bei der „Kleinen Zeitung“.
Also: Wie Sie in diesem Heft bereits gelesen haben, ist St. Pölten auf einem ganz günstigen Weg, was die klimatechnische Nachhaltigkeit angeht – oder, sagen wir, zumindest auf einem günstigen Weg im österreichischen Vergleich. Kompakte Städte haben da einen Startvorteil gegenüber zersiedelten Dorflandschaften, was etwa Verkehrsplanung (mehr öffentlich als individuell) und Leitungsplanung (mehr Fernwärme statt böser Einzelheizungen) angeht; und ja, die Landeshauptstadt ist ganz gut dabei, diesen Vorteil auszunutzen.
Das sollte aber keine Aufforderung sein, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen. St. Pölten mag ganz gute Voraussetzungen haben und mag eine solide, nachhaltige Basis für ein emissionsarmes Leben aufgestellt haben – aber jetzt wartet der nächste Level, und der heißt zumindest: überregionale Verkehrsplanung. Das ist um einiges anspruchsvoller als „nur“ im eigenen Gemeindegebiet zu wirken, weil es eine Vielzahl an Akteuren braucht, die alle eigene Interessen (und Budgets) haben: Stadt, Land und ein gutes Dutzend Gemeinden im Traisen-, Pielach- und Perschlingtal, für die St. Pölten das regionale Zentrum ist, in (oder zumindest durch) das Arbeiter, Schüler oder Shopper x-mal wöchentlich pendeln.
Wer aus den Umlandgemeinden nach St. Pölten fährt, kennt zig Probleme: zu kleine Park- and Ride-Anlagen in den Gemeinden und der Stadt, zu wenige Zugverbindungen am Abend, die langsame Traisentalbahn und so weiter. Jetzt ist es vielleicht unfair, St. Pölten diese Herausforderungen umzuhängen – aber wenn wir von flexiblen, mobilen Menschen ausgehen, die in der Heimat leben, im regionalen Zentrum arbeiten und vielleicht ab und zu nach Wien fortgehen wollen, wird die Stadt nicht darum herumkommen, sich auch für deren Anliegen stark zu machen.
Gerade St Pölten und seine nächste Umgebung sind schon durch die flache Landschaft wie geschaffen dafür, auf (auch E-)Fahrradverkehr zu setzen. Mit einer regionalen „Pendlerstrategie“ fänden sich da sicher noch einige Ansätze, St. Pölten und seine Umgebung noch klimafreundlicher zu organisieren.
JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.
Das sollte aber keine Aufforderung sein, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen. St. Pölten mag ganz gute Voraussetzungen haben und mag eine solide, nachhaltige Basis für ein emissionsarmes Leben aufgestellt haben – aber jetzt wartet der nächste Level, und der heißt zumindest: überregionale Verkehrsplanung. Das ist um einiges anspruchsvoller als „nur“ im eigenen Gemeindegebiet zu wirken, weil es eine Vielzahl an Akteuren braucht, die alle eigene Interessen (und Budgets) haben: Stadt, Land und ein gutes Dutzend Gemeinden im Traisen-, Pielach- und Perschlingtal, für die St. Pölten das regionale Zentrum ist, in (oder zumindest durch) das Arbeiter, Schüler oder Shopper x-mal wöchentlich pendeln.
Wer aus den Umlandgemeinden nach St. Pölten fährt, kennt zig Probleme: zu kleine Park- and Ride-Anlagen in den Gemeinden und der Stadt, zu wenige Zugverbindungen am Abend, die langsame Traisentalbahn und so weiter. Jetzt ist es vielleicht unfair, St. Pölten diese Herausforderungen umzuhängen – aber wenn wir von flexiblen, mobilen Menschen ausgehen, die in der Heimat leben, im regionalen Zentrum arbeiten und vielleicht ab und zu nach Wien fortgehen wollen, wird die Stadt nicht darum herumkommen, sich auch für deren Anliegen stark zu machen.
Gerade St Pölten und seine nächste Umgebung sind schon durch die flache Landschaft wie geschaffen dafür, auf (auch E-)Fahrradverkehr zu setzen. Mit einer regionalen „Pendlerstrategie“ fänden sich da sicher noch einige Ansätze, St. Pölten und seine Umgebung noch klimafreundlicher zu organisieren.
JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.
Es ist furchtbar leicht, ein Klimasünder zu sein. Mit dem Auto zum Shoppen in die City brettern, bei jedem Einkauf ein Plastiksackerl verschwenden, mit der Billig-Airline in den Süden fliegen – das alles ist praktisch und bequem. Klimaschonend ist es nicht. Wer denkt schon gerne an die Umwelt, wenn das letztlich darauf hinausläuft, persönlich zu verzichten?
Schuldzuweisungen an Einzelne greifen allerdings zu kurz: Viele Menschen können gar nicht anders, als ihren ökologischen Fußabdruck zu vergrößern. Kolonnen von Pendlern sind auf ihr Auto angewiesen, um rechtzeitig zum Arbeitsplatz zu kommen – das öffentliche Angebot ist nicht immer attraktiv. Und so manche Mieterin kann sich ein Umrüsten ihrer Gasheizung nicht leisten.
Klimapolitik ist nur dann wirkungsvoll, wenn sie vernünftige Anreize setzt. Wenn der Umstieg aufs Fahrrad sicher ist und die Fahrt mit dem Bus leistbar. Die Preisreduktion des Wiener Öffi-Tickets auf 365 Euro im Jahr 2012 belegt das: Die Zahl der Jahreskartenbesitzer verdoppelte sich seither, der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtaufkommen stieg. Klar: Busse und U-Bahnen sind ein Minusgeschäft für die Stadtkassa. Die Alternative lautet aber: Noch mehr Autos und noch mehr Abgase.
Nicht alles lässt sich mit Anreizen lösen. Dann braucht es Verbote. Niemand würde heute in St. Pölten ernsthaft dafür eintreten, den Rathausplatz wieder für Autofahrer zu öffnen. Der autofreie Hauptplatz steigert die Lebensqualität aller Innenstadtbesucher. Wie lange wird es noch dauern, bis das auch für den Domplatz gilt? Manchmal erfordert Klimapolitik eben auch Mut – entgegen aller Widerstände.
Wie es geht, das zeigt der Ausbau der Westbahnstrecke anschaulich: Die schnelle Zugstrecke ist für Fahrgäste derart attraktiv, dass der Flugverkehr zwischen Linz und Wien mit Ende Oktober vollständig eingestellt wurde. Die Vorstandsvorsitzende des Flughafen Linz sprach damals von einer „bedauerlichen“ Entwicklung. Aus Sicht des Klimas ist das alles andere als bedauerlich. Auf der Westbahnstrecke ist es nun furchtbar leicht, kein Klimasünder zu sein.
Schuldzuweisungen an Einzelne greifen allerdings zu kurz: Viele Menschen können gar nicht anders, als ihren ökologischen Fußabdruck zu vergrößern. Kolonnen von Pendlern sind auf ihr Auto angewiesen, um rechtzeitig zum Arbeitsplatz zu kommen – das öffentliche Angebot ist nicht immer attraktiv. Und so manche Mieterin kann sich ein Umrüsten ihrer Gasheizung nicht leisten.
Klimapolitik ist nur dann wirkungsvoll, wenn sie vernünftige Anreize setzt. Wenn der Umstieg aufs Fahrrad sicher ist und die Fahrt mit dem Bus leistbar. Die Preisreduktion des Wiener Öffi-Tickets auf 365 Euro im Jahr 2012 belegt das: Die Zahl der Jahreskartenbesitzer verdoppelte sich seither, der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtaufkommen stieg. Klar: Busse und U-Bahnen sind ein Minusgeschäft für die Stadtkassa. Die Alternative lautet aber: Noch mehr Autos und noch mehr Abgase.
Nicht alles lässt sich mit Anreizen lösen. Dann braucht es Verbote. Niemand würde heute in St. Pölten ernsthaft dafür eintreten, den Rathausplatz wieder für Autofahrer zu öffnen. Der autofreie Hauptplatz steigert die Lebensqualität aller Innenstadtbesucher. Wie lange wird es noch dauern, bis das auch für den Domplatz gilt? Manchmal erfordert Klimapolitik eben auch Mut – entgegen aller Widerstände.
Wie es geht, das zeigt der Ausbau der Westbahnstrecke anschaulich: Die schnelle Zugstrecke ist für Fahrgäste derart attraktiv, dass der Flugverkehr zwischen Linz und Wien mit Ende Oktober vollständig eingestellt wurde. Die Vorstandsvorsitzende des Flughafen Linz sprach damals von einer „bedauerlichen“ Entwicklung. Aus Sicht des Klimas ist das alles andere als bedauerlich. Auf der Westbahnstrecke ist es nun furchtbar leicht, kein Klimasünder zu sein.