Gemeinde Bau
Text
Johannes Reichl
Ausgabe
„Leistbares Wohnen“, „Junges Wohnen“, „soziales Wohnen“ – wie im Stakkato „schießen“ die politischen Parteien aktuell mit diesen Schlagwörtern um sich. Angesichts einer steilen Anstiegskurve bei Mieten kein Wunder, wobei zusehends auch die Frage nach der Rolle der Kommunen in den Fokus rückt. Wir sprachen mit den in St. Pölten dafür zuständigen Stadtplayern.
Wenn es um die Stadt und Wohnbau, Gemeindewohnungen im Speziellen geht, landet man unweigerlich am Schreibtisch von Martin Sadler. Der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für die Fachgruppe Immobilien ist Geschäftsführer der städtischen Immobilien GmbH, die sämtliche Gebäude der Stadt, also auch die Gemeindewohnungen, verwaltet. Sadler gilt als grader Michl und Macher, der sich aufgrund seiner direkten Art nicht immer Freunde macht – die möchte er aber auch gar nicht.
Nolens volens gerät der Immo-Boss immer wieder – politisch, aber auch medial – in die Rolle des bösen Buben und Kratzbaums. Die einen beanstanden, die von den Mietern verlangten Kautionen von der Immo seien zu hoch, die anderen fordern den Bau von Gemeindewohnungen und wähnen sich bei Sadler an der richtigen Adresse, die dritten wiederum werfen der Immo Mietpreise wie am freien Markt vor – und spätestens dann wird’s absurd bis verlogen: Denn genau dorthin, auf den freien Markt, entließ die Stadt per Gemeinderatsbeschluss im Jahr 2006 ganz bewusst ihr Immobilienmanagement, indem sie die Immobilien GmbH aus der Taufe hob. Die Gründe hierfür waren u. a. das Lukrieren steuerlicher Vorteile, Maastricht-schonendes Budgetieren sowie vor allem, als Zielsetzung ganz explizit festgeschrieben, effizientes Wirtschaften, was sich im Amtsbericht von damals dann so liest: „Um die Bewirtschaftung der städtischen Objekte möglichst effizient und betriebswirtschaftlich zu gestalten, soll [...] eine Immobilien GmbH & Co. KEG gegründet werden.“
„Ich kann also gar nicht anders, als in diesem Sinne marktwirtschaftlich zu agieren. Möchte man es anders, muss es die Politik so festschreiben“, so der Immochef, der sich in diesem Sinne als Umsetzer, nicht als Entwickler von Grundsätzen versteht.
Dass die Immo, diesem Auftrag entsprechend, einen guten Job macht, untermauert Sadler mit Fakten. „Uns wurden 2006 seitens der Stadt sämtliche Wohnimmobilien mit Drittmietern verkauft – damit brachten wir 35 Millionen Euro in die Stadtkasse ein. Als wir die Immo gründeten, gab es Mietrückstände von 260.000 Euro! Heute haben wir einen Überschuss von ca. 30.000 Euro.“ Auch die Zahl der Delogierungen sei zurückgegangen. Waren es 2006 noch 13 bei 148 eingereichten Verfahren, so sank die Zahl im Vorjahr auf gerade einmal fünf bei 50 eingereichten Verfahren.
Kurzum das, was die Politik mit dem Schritt angestrebt hatte, hat sich erfüllt. Ein Rücküberführen von Stadtgesellschaften ins reguläre Budget, wie von Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer aufgrund veränderter Rahmenbedingungen angenommen, hält Sadler daher für „Schwachsinn. Durch die nunmehrige Form ist gewährleistet, dass rein nach wirtschaftlichen Kriterien gearbeitet und nicht parteipolitisch interveniert wird.“
Wie das „wirtschaftliche Arbeiten“ wiederum mit dem Anspruch „soziales Wohnen“ zusammengeht, ist eine andere Geschichte. Sadler antwortet mit einer Gegenfrage: „Was ist sozialer Wohnbau? In St. Pölten haben wir die Genossenschaften und den freien Markt. Wenn man darunter die Förderung durch direkte Mietzuschüsse versteht, dann gibt es so etwas nicht.“ Wobei die Kommune durchaus, zumeist unterschwellig und für die Allgemeinheit unbemerkt, Hilfestellung bei Härtefällen stellt: „Wir arbeiten eng mit der Sozialhilfe zusammen, die Mietern weiterhilft, wenn es Probleme gibt – bis hin zur Einrichtung, Überbrückungshilfen, Entgegenkommen bei der Kaution und ähnlichem.“ Prinzipiell habe sich die Immobilien GmbH aber am freien Markt zu behaupten und sei an gesetzliche Vorgaben wie den Richtmietzins (aktuell 5,53 Euro netto) gebunden. Bei der Neuvergabe älterer Wohnungen – und dies biete man im Sinne sozialen Abfederns an – „können wir auch Kategorie A vergeben, da bezahlt der Mieter dann ca. zwei Euro weniger pro Quadratmeter.“ Dafür muss er allerdings – so der Deal – die Wohnung selbst sanieren, „nur…“, Sadler hält plötzlich inne und rückt seinen Kopf ganz nahe, als würde er etwas streng Geheimes verraten: „...dieses Angebot nimmt kaum jemand in Anspruch! Jeder will zwar eine schöne, billige Wohnung, aber die Kosten durch eigene Körperkraft minimieren ist vielen schlichtweg zu anstrengend.“
Sadler ortet diesbezüglich eine generelle Diskrepanz zwischen Anspruch und Realitätssinn bei manch Mietern bzw. Interessenten. „Wir erleben immer wieder, dass Personen eine große Wohnung haben möchten, sich eine solche aber in Wahrheit gar nicht leisten können.“
Genau aus diesem Grund – damit nimmt der Immochef eine brennende Frage vorweg, die immer wieder im Raum steht – verlange man auch sechs Monatsmieten als Kaution von den Mietern, während sich die Mitbewerber in der Regel mit drei begnügen. „Natürlich ist das viel. Aber wir bekommen damit – das kann ich nachweisen – einen Indikator über die Leistungsfähigkeit des Mieters: Wer sich nämlich die sechs Monatsmieten Kaution nicht leisten kann, der ist auch nicht imstande, die laufende Miete zu bezahlen.“ Sadler schafft damit also eine bewusste Zugangsschranke, um späterer Unbill vorzubeugen. Dabei gehe es aber nicht darum, die Interessenten vom Angebot auszuschließen, „als vielmehr darum, ihnen bewusst zu machen, dass die große 80 Quadratmeter Wohnung vielleicht nicht die passende ist, sondern eher die leistbare 40 Quadratmeter Wohnung.“ Die sechs Monatsmieten Kaution würden zudem in etwa dem entsprechen, was der Weg bis zur tatsächlichen Delogierung an Mietausfall für die Immo ausmacht, „das kann sich nämlich am Rechtsweg bis zu einem halben Jahr hinziehen.“
Dass finanziell schwache Bevölkerungsgruppen, im Gegensatz zu früher, bei der Immo mittlerweile gar kein passendes Angebot mehr finden, wie böse Zungen behaupten, ja die Immo gar teurer sei als private Anbieter, weist Sadler kategorisch zurück. „Also wir sind mit Sicherheit der billigste Anbieter in St. Pölten!“ Selbst den Preisvergleich mit Genossenschaften scheut er nicht. „Bei uns zahlt man zwar sechs Monatsmieten Kaution – die wir im Übrigen auf ein Sparbuch legen, wo sie sich verzinsen – bei einer Genossenschaft muss man dahingegen erst einmal den Genossenschaftsanteil stemmen, der im Laufe der Jahre aufgrund der Inflation dahinschmilzt.“
Auch ein Angebot wie das aktuell politisch gehypte „Junge Wohnen“ traue er sich jederzeit zu mindestens gleichen Konditionen zu. „Die Frage ist ja, warum das ‚Junge Wohnen‘ in einem neu zu errichtenden Gebäude, wofür die Kommune – um die laufende Mieten niedrig zu halten – wertvolle Grundstücke einbringt, umgesetzt werden muss. Das funktioniert ebenso in einem Altbau. Ich könnte sofort, wenn der Auftraggeber das wünscht, derlei Objekte zur Verfügung stellen.“ Die Politik hätte es in der Hand, ganz klare Förderrichtlinien zu formulieren und junge Mieter mittels Mietzuschüssen über eine gewisse Dauer konkret zu unterstützen. Dass ihm die aktuellen, vom Land vorgegebenen Grundvoraussetzungen für Junges Wohnen mit einer Einkommensgrenze von 35.000 Euro netto, einem Höchstalter von 35 Jahren und einer Verweildauer von maximal zehn Jahren prinzipiell kurios vorkommen, damit hält Sadler auch nicht hinterm Berg. „Ich halte das Ganze für einen Marketing-Gag. Dahinter verbirgt sich eine Wohnbauoffensive des Landes, was ja an sich eine gute Sache ist – nur warum nennt man das Kind nicht beim Namen?“
Die Wohnbauförderung müsse man überhaupt differenziert betrachten. Geförderte Wohnbauträger, wie etwa die Genossenschaften oder auch die Immo selbst im Bereich der Altbausanierung, sind mittlerweile – wie alle stöhnen – mit derart hohen Auflagen konfrontiert, „dass dadurch die Errichtungskosten enorm in die Höhe getrieben werden.“ Dadurch ergibt sich das Paradoxon, dass private Bauträger vielfach billiger bauen können als die Geförderten, ja dass selbst manch Genossenschaft mittlerweile auf die Wohnbauförderung verzichtet. Umgekehrt kommen Mieter aber nur in geförderten Wohnungen in den Genuss von Mietzuschüssen. „Das sollte man überdenken.“
Dass Wohnen für die Mieter in den letzten Jahren generell um etliches teurer geworden ist, liegt Sadlers Ansicht nach weniger an den Vermietern, „für die wird es nämlich selbst zunehmend unrentabel – als Vermieter bist du ja mittlerweile das Letzte“, sondern am Missverhältnis zwischen steigenden Wohnungskosten bei stagnierendem Realeinkommen. „Dadurch ist die Schere auseinander gegangen. De facto sind die Realeinkommen seit 2007 nicht mehr gewachsen!“
Bei näherer Betrachtung der Wohnungskosten fällt zudem auf, dass – neben den kräftig gestiegenen Energiekosten – insbesondere die Betriebskosten einen Kostentreiber darstellen. Während im Zeitraum 2002 bis 2012 der gesetzlich geregelte Hauptmietzins um rund 23% gestiegen ist, sind es im selben Zeitraum die Betriebskosten um ca. 41%. Womit man wieder bei der Politik gelandet ist, denn da geht es um Posten wie Anschlussgebühren, Kanalgebühren, Müllgebühren, Wasserversorgung etc., die seitens der Kommunen laufend erhöht wurden. Aus Sicht der finanziell angeschlagenen Gemeinden völlig nachvollziehbar – irgendwo muss das Geld schließlich herkommen – im Hinblick auf den von Politikern aller Couleur eingeforderten „sozialen Wohnbau“ bei gleichzeitigem Wettern gegen gestiegene Wohnungskosten aber ein Balanceakt hart an der Grenze zur Heuchelei.
Instrumentarien hat man verschiedene zur Hand, wie man den viel beschworenen Begriff „leistbares Wohnen“ mit Leben erfüllt, und macht von einer Reihe davon auch durchaus Gebrauch. So werden seitens der Kommune etwa kostengünstige Baugrundstücke zur Verfügung gestellt, es gibt Aktionen wie den Heizkostenzuschuss für bedürftige Mitbürger. Bei der Frage nach direkten Mietzuschüssen, also einer direkten Subjektförderung, scheiden sich jedoch die politischen Geister. Dabei existiert eine solche bereits im Fall des Innenstadtwohnens, und auch die Baurechtsaktion, im Zuge derer Baugrundstücke auf 100 Jahre zu einem symbolischen Zins verpachtet werden, kann unter diesem Blickwinkel betrachtet werden. Im Bereich des sozialen Wohnbaus im althergebrachten Sinne, als für Personen, die nicht so viel Geld fürs Wohnen aufbringen können, existiert dies jedoch nicht.
Wäre eine derartige Subjektförderung in Form von Mietzuschüssen für die Immo denkbar, oder gar – wie zuletzt aus der historischen Mottenkiste wieder hervorgeholt – der Bau von klassischen Gemeindewohnungen für sozial bedürftige Mitbürger?
Martin Sadler lächelt und sieht‘s pragmatisch: „Wenn die Politik sagt, die Immo soll Gemeindewohnungen bauen, machen wir das. Wenn die Politik sagt, wir sollen einen Teil der Wohnungen unter ganz bestimmten Bedingungen an bestimmte, förderwürdige Personen vergeben, z.B. an junge Menschen, dann machen wir das. Damit habe ich überhaupt kein Problem, es muss nur finanziert werden, denn die Immo aus sich heraus kann das nicht schultern.“
Nolens volens gerät der Immo-Boss immer wieder – politisch, aber auch medial – in die Rolle des bösen Buben und Kratzbaums. Die einen beanstanden, die von den Mietern verlangten Kautionen von der Immo seien zu hoch, die anderen fordern den Bau von Gemeindewohnungen und wähnen sich bei Sadler an der richtigen Adresse, die dritten wiederum werfen der Immo Mietpreise wie am freien Markt vor – und spätestens dann wird’s absurd bis verlogen: Denn genau dorthin, auf den freien Markt, entließ die Stadt per Gemeinderatsbeschluss im Jahr 2006 ganz bewusst ihr Immobilienmanagement, indem sie die Immobilien GmbH aus der Taufe hob. Die Gründe hierfür waren u. a. das Lukrieren steuerlicher Vorteile, Maastricht-schonendes Budgetieren sowie vor allem, als Zielsetzung ganz explizit festgeschrieben, effizientes Wirtschaften, was sich im Amtsbericht von damals dann so liest: „Um die Bewirtschaftung der städtischen Objekte möglichst effizient und betriebswirtschaftlich zu gestalten, soll [...] eine Immobilien GmbH & Co. KEG gegründet werden.“
„Ich kann also gar nicht anders, als in diesem Sinne marktwirtschaftlich zu agieren. Möchte man es anders, muss es die Politik so festschreiben“, so der Immochef, der sich in diesem Sinne als Umsetzer, nicht als Entwickler von Grundsätzen versteht.
Dass die Immo, diesem Auftrag entsprechend, einen guten Job macht, untermauert Sadler mit Fakten. „Uns wurden 2006 seitens der Stadt sämtliche Wohnimmobilien mit Drittmietern verkauft – damit brachten wir 35 Millionen Euro in die Stadtkasse ein. Als wir die Immo gründeten, gab es Mietrückstände von 260.000 Euro! Heute haben wir einen Überschuss von ca. 30.000 Euro.“ Auch die Zahl der Delogierungen sei zurückgegangen. Waren es 2006 noch 13 bei 148 eingereichten Verfahren, so sank die Zahl im Vorjahr auf gerade einmal fünf bei 50 eingereichten Verfahren.
Kurzum das, was die Politik mit dem Schritt angestrebt hatte, hat sich erfüllt. Ein Rücküberführen von Stadtgesellschaften ins reguläre Budget, wie von Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer aufgrund veränderter Rahmenbedingungen angenommen, hält Sadler daher für „Schwachsinn. Durch die nunmehrige Form ist gewährleistet, dass rein nach wirtschaftlichen Kriterien gearbeitet und nicht parteipolitisch interveniert wird.“
Wie das „wirtschaftliche Arbeiten“ wiederum mit dem Anspruch „soziales Wohnen“ zusammengeht, ist eine andere Geschichte. Sadler antwortet mit einer Gegenfrage: „Was ist sozialer Wohnbau? In St. Pölten haben wir die Genossenschaften und den freien Markt. Wenn man darunter die Förderung durch direkte Mietzuschüsse versteht, dann gibt es so etwas nicht.“ Wobei die Kommune durchaus, zumeist unterschwellig und für die Allgemeinheit unbemerkt, Hilfestellung bei Härtefällen stellt: „Wir arbeiten eng mit der Sozialhilfe zusammen, die Mietern weiterhilft, wenn es Probleme gibt – bis hin zur Einrichtung, Überbrückungshilfen, Entgegenkommen bei der Kaution und ähnlichem.“ Prinzipiell habe sich die Immobilien GmbH aber am freien Markt zu behaupten und sei an gesetzliche Vorgaben wie den Richtmietzins (aktuell 5,53 Euro netto) gebunden. Bei der Neuvergabe älterer Wohnungen – und dies biete man im Sinne sozialen Abfederns an – „können wir auch Kategorie A vergeben, da bezahlt der Mieter dann ca. zwei Euro weniger pro Quadratmeter.“ Dafür muss er allerdings – so der Deal – die Wohnung selbst sanieren, „nur…“, Sadler hält plötzlich inne und rückt seinen Kopf ganz nahe, als würde er etwas streng Geheimes verraten: „...dieses Angebot nimmt kaum jemand in Anspruch! Jeder will zwar eine schöne, billige Wohnung, aber die Kosten durch eigene Körperkraft minimieren ist vielen schlichtweg zu anstrengend.“
Sadler ortet diesbezüglich eine generelle Diskrepanz zwischen Anspruch und Realitätssinn bei manch Mietern bzw. Interessenten. „Wir erleben immer wieder, dass Personen eine große Wohnung haben möchten, sich eine solche aber in Wahrheit gar nicht leisten können.“
Genau aus diesem Grund – damit nimmt der Immochef eine brennende Frage vorweg, die immer wieder im Raum steht – verlange man auch sechs Monatsmieten als Kaution von den Mietern, während sich die Mitbewerber in der Regel mit drei begnügen. „Natürlich ist das viel. Aber wir bekommen damit – das kann ich nachweisen – einen Indikator über die Leistungsfähigkeit des Mieters: Wer sich nämlich die sechs Monatsmieten Kaution nicht leisten kann, der ist auch nicht imstande, die laufende Miete zu bezahlen.“ Sadler schafft damit also eine bewusste Zugangsschranke, um späterer Unbill vorzubeugen. Dabei gehe es aber nicht darum, die Interessenten vom Angebot auszuschließen, „als vielmehr darum, ihnen bewusst zu machen, dass die große 80 Quadratmeter Wohnung vielleicht nicht die passende ist, sondern eher die leistbare 40 Quadratmeter Wohnung.“ Die sechs Monatsmieten Kaution würden zudem in etwa dem entsprechen, was der Weg bis zur tatsächlichen Delogierung an Mietausfall für die Immo ausmacht, „das kann sich nämlich am Rechtsweg bis zu einem halben Jahr hinziehen.“
Dass finanziell schwache Bevölkerungsgruppen, im Gegensatz zu früher, bei der Immo mittlerweile gar kein passendes Angebot mehr finden, wie böse Zungen behaupten, ja die Immo gar teurer sei als private Anbieter, weist Sadler kategorisch zurück. „Also wir sind mit Sicherheit der billigste Anbieter in St. Pölten!“ Selbst den Preisvergleich mit Genossenschaften scheut er nicht. „Bei uns zahlt man zwar sechs Monatsmieten Kaution – die wir im Übrigen auf ein Sparbuch legen, wo sie sich verzinsen – bei einer Genossenschaft muss man dahingegen erst einmal den Genossenschaftsanteil stemmen, der im Laufe der Jahre aufgrund der Inflation dahinschmilzt.“
Auch ein Angebot wie das aktuell politisch gehypte „Junge Wohnen“ traue er sich jederzeit zu mindestens gleichen Konditionen zu. „Die Frage ist ja, warum das ‚Junge Wohnen‘ in einem neu zu errichtenden Gebäude, wofür die Kommune – um die laufende Mieten niedrig zu halten – wertvolle Grundstücke einbringt, umgesetzt werden muss. Das funktioniert ebenso in einem Altbau. Ich könnte sofort, wenn der Auftraggeber das wünscht, derlei Objekte zur Verfügung stellen.“ Die Politik hätte es in der Hand, ganz klare Förderrichtlinien zu formulieren und junge Mieter mittels Mietzuschüssen über eine gewisse Dauer konkret zu unterstützen. Dass ihm die aktuellen, vom Land vorgegebenen Grundvoraussetzungen für Junges Wohnen mit einer Einkommensgrenze von 35.000 Euro netto, einem Höchstalter von 35 Jahren und einer Verweildauer von maximal zehn Jahren prinzipiell kurios vorkommen, damit hält Sadler auch nicht hinterm Berg. „Ich halte das Ganze für einen Marketing-Gag. Dahinter verbirgt sich eine Wohnbauoffensive des Landes, was ja an sich eine gute Sache ist – nur warum nennt man das Kind nicht beim Namen?“
Die Wohnbauförderung müsse man überhaupt differenziert betrachten. Geförderte Wohnbauträger, wie etwa die Genossenschaften oder auch die Immo selbst im Bereich der Altbausanierung, sind mittlerweile – wie alle stöhnen – mit derart hohen Auflagen konfrontiert, „dass dadurch die Errichtungskosten enorm in die Höhe getrieben werden.“ Dadurch ergibt sich das Paradoxon, dass private Bauträger vielfach billiger bauen können als die Geförderten, ja dass selbst manch Genossenschaft mittlerweile auf die Wohnbauförderung verzichtet. Umgekehrt kommen Mieter aber nur in geförderten Wohnungen in den Genuss von Mietzuschüssen. „Das sollte man überdenken.“
Dass Wohnen für die Mieter in den letzten Jahren generell um etliches teurer geworden ist, liegt Sadlers Ansicht nach weniger an den Vermietern, „für die wird es nämlich selbst zunehmend unrentabel – als Vermieter bist du ja mittlerweile das Letzte“, sondern am Missverhältnis zwischen steigenden Wohnungskosten bei stagnierendem Realeinkommen. „Dadurch ist die Schere auseinander gegangen. De facto sind die Realeinkommen seit 2007 nicht mehr gewachsen!“
Bei näherer Betrachtung der Wohnungskosten fällt zudem auf, dass – neben den kräftig gestiegenen Energiekosten – insbesondere die Betriebskosten einen Kostentreiber darstellen. Während im Zeitraum 2002 bis 2012 der gesetzlich geregelte Hauptmietzins um rund 23% gestiegen ist, sind es im selben Zeitraum die Betriebskosten um ca. 41%. Womit man wieder bei der Politik gelandet ist, denn da geht es um Posten wie Anschlussgebühren, Kanalgebühren, Müllgebühren, Wasserversorgung etc., die seitens der Kommunen laufend erhöht wurden. Aus Sicht der finanziell angeschlagenen Gemeinden völlig nachvollziehbar – irgendwo muss das Geld schließlich herkommen – im Hinblick auf den von Politikern aller Couleur eingeforderten „sozialen Wohnbau“ bei gleichzeitigem Wettern gegen gestiegene Wohnungskosten aber ein Balanceakt hart an der Grenze zur Heuchelei.
Instrumentarien hat man verschiedene zur Hand, wie man den viel beschworenen Begriff „leistbares Wohnen“ mit Leben erfüllt, und macht von einer Reihe davon auch durchaus Gebrauch. So werden seitens der Kommune etwa kostengünstige Baugrundstücke zur Verfügung gestellt, es gibt Aktionen wie den Heizkostenzuschuss für bedürftige Mitbürger. Bei der Frage nach direkten Mietzuschüssen, also einer direkten Subjektförderung, scheiden sich jedoch die politischen Geister. Dabei existiert eine solche bereits im Fall des Innenstadtwohnens, und auch die Baurechtsaktion, im Zuge derer Baugrundstücke auf 100 Jahre zu einem symbolischen Zins verpachtet werden, kann unter diesem Blickwinkel betrachtet werden. Im Bereich des sozialen Wohnbaus im althergebrachten Sinne, als für Personen, die nicht so viel Geld fürs Wohnen aufbringen können, existiert dies jedoch nicht.
Wäre eine derartige Subjektförderung in Form von Mietzuschüssen für die Immo denkbar, oder gar – wie zuletzt aus der historischen Mottenkiste wieder hervorgeholt – der Bau von klassischen Gemeindewohnungen für sozial bedürftige Mitbürger?
Martin Sadler lächelt und sieht‘s pragmatisch: „Wenn die Politik sagt, die Immo soll Gemeindewohnungen bauen, machen wir das. Wenn die Politik sagt, wir sollen einen Teil der Wohnungen unter ganz bestimmten Bedingungen an bestimmte, förderwürdige Personen vergeben, z.B. an junge Menschen, dann machen wir das. Damit habe ich überhaupt kein Problem, es muss nur finanziert werden, denn die Immo aus sich heraus kann das nicht schultern.“
Ein echter Wiener – zieht nach St. Pölten
Nur geschätzte 50 Meter Luftlinie von Sadler entfernt, in der Linzerstraße, wird seitens der Stadt derweil an einem ganz anderen Projekt in Sachen Wohnen gearbeitet. In der geradezu programmatisch klingenden „Stabsstelle für Zukunftsentwicklung, Wirtschaft, Marketing“ ziehen deren Leiter Christoph Schwarz und Neomitarbeiter Stefan Haiderer eine komplett neue Wohnservicestelle der Stadt hoch. Dass das Projekt bei Schwarz gelandet ist, mag mit dessen Erfahrungen aus der Etablierung der städtischen Wirtschaftsservicestelle „ecopoint“ zusammenhängen, die im Hinblick auf die Zielsetzung (wenn auch mit z.T. anderen Adressaten) eine Art Blaupause für das neue Projekt darstellt: Servicestelle und Drehscheibe für die am Markt befindlichen Protagonisten zu sein. Zudem möchte man das Thema „Wohnstadt St. Pölten“ zentral orchestriert mit Marketingaktivitäten begleiten, was bislang weidlich abgeht.
Schwarz begreift den nunmehrigen Schritt als logische Folge einer gewissen Genese der letzten Jahre, die mit der bewussten Förderung des Innenstadtwohnens ihren Ausgang nahm. „Die Idee war, die Grundbesitzer mit an Bord zu holen und durch Zuschüsse Anreize zu schaffen, dass sie ihre Gebäude sanieren bzw. Wohnraum schaffen.“ Zugleich werden auch die Mieter, die in diese Objekte einziehen, auf drei Jahre mit einem Mietkostenzuschuss belohnt – Investitionen, die sich bezahlt machen, wie Schwarz überzeugt ist: „Wir müssen das globaler, auch gekoppelt an die Betriebsansiedlungspolitik betrachten. Unternehmen siedeln sich dort an, wo die Innenstädte intakt und attraktiv sind!“ In Folge hätten auch die freien Bauträger, wie zum Beispiel die in der City extrem aktive Niederösterreichische Versicherung, das Potenzial der Stadt erkannt. „Man glaubt an eine positive Entwicklung.“
Und damit liegt man wohl nicht falsch, immerhin verzeichnet St. Pölten seit einigen Jahren ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum. „Diese Realität kommt allmählich in den Köpfen der Markteilnehmer an.“ Zum anderen hat die neue Westbahnstrecke St. Pölten noch näher an Wien herangerückt, was die Stadt noch stärker an einem internationalen Trend partizipieren lasse: „Die Speckgürtel um die Metropolen wachsen. Das ist unsere Chance St. Pölten als attraktiven Wohnort zu positionieren – denn unsere Stadt hat definitiv mehr Qualitäten zu bieten als andere Orte im Einzugsgebiet, die eher wie Satellitenstädte daher kommen.“
Schon jetzt merkt Schwarz vermehrt Anfragen von auswärtigen Maklern, die Immobilien für ihre Kunden suchen, weil Wien zu teuer ist, und auch Immobilienentwickler möchte man in Hinkunft verstärkt gewinnen. „In Wien wird es zunehmend schwieriger, relevante Renditen zu erzielen. Warum sollen diese also nicht Wohnraum in St. Pölten schaffen?“
Gerade aus diesem Blickwinkel möchte man sich in der Bewerbung ab sofort – was überfällig ist – auch Wien vorknöpfen. „Die Wanderbewegungen aus der direkten Umlandregion werden auf Sicht z.T. rückläufig sein, weil die Leute von dort dann eben weggezogen sind und keine neuen nachkommen. Wien hingegen zieht Jahr für Jahr 30.000 Menschen an – wenn wir nur einen Teil davon nach St. Pölten lotsen können, wäre das auf Dauer ein großer Gewinn!“
Auftakt der Marketingmaßnahmen macht im März eine Sondernummer von „St. Pölten konkret“ zum Thema „Wohnstadt St. Pölten“, die gezielt in Pendlerzügen aufgelegt wird, und man wird in Wien aktiv werden.“ Freilich richtet sich der Fokus auch auf das Naheliegende: die täglich 36.000 Einpendler. „Unser Ziel ist es, Menschen, die ohnedies schon in St. Pölten arbeiten, vielleicht auch von einer Ansiedlung zu überzeugen“, so Stefan Haiderer, weshalb man auch aktiv in die Betriebe gehen wird.
Stellt sich – als Zwischenstep – die prinzipielle Frage, warum man so auf Zuzug erpicht ist? Schwarz verweist zum einen auf das effektivere Nutzen von städtischen Ressourcen und Infrastruktur, zum anderen „müssen wir Wohnbau als Wirtschaftsfaktor begreifen, und zwar nicht nur während des Baus selbst, sondern weit darüber hinaus: Leute, die in der Stadt wohnen, geben hier auch ihr Geld aus.“
Mit der neuen Wohnservicestelle möchte man beide Ebenen fördern. „Die Servicestelle soll mit den diversen Bauträgern – von Genossenschaften über Freie bis hin zu Maklern – zusammenarbeiten. Sie soll ihnen bei der Suche nach relevanten und passenden Grundstücken helfen, sie bei Behördenwegen unterstützen sowie als generelle Schnittstelle untereinander fungieren“, so Schwarz. Ebenso möchte man aber auch für private Wohnungsinteressenten Anlaufstelle sein, was sich Schwarz idealtypisch so ausmalt. „Da kommt zum Beispiel eine Wiener Familie, die in St. Pölten eine Wohnung sucht. Wir eruieren dann, was sie genau will, also welche Wohnform, welche Größenordnung, welche Preisklasse und versuchen darauf fußend die am Markt befindlichen Angebote, die bei uns zentral zusammenlaufen, direkt weiterzugeben bzw. die Interessenten punktgenau zu den passenden Anbietern weiterzuvermitteln.“
Um nicht ins Blaue zu starten, hat Stefan Haiderer seit Herbst aus verschiedenen Quellen (statistischen Jahrbüchern der Stadt, Statistisches Zentralamt, Immobilienpreisspiegel der WKO) Datenmaterial über die Wohnsituation in St. Pölten zusammengetragen. Zunächst zeigt sich, wie im Falle anderer vergleichbarer Städte, ein überproportionaler Anstieg der Mietkosten in St. Pölten gegenüber früheren Jahren. Haiderer führt dies in St. Pölten u. a. auch auf eine Verknappung des Angebots zurück. „Grundsätzlich zeigt sich, dass die Bautätigkeit in der Stadt St. Pölten im Beobachtungszeitraum merklich zurückgegangen ist. Daraus ergibt sich auch ein überproportionaler Anstieg der Mietkosten in den letzten Jahren.“ So sind seit dem Jahr 2000 die Nettomieten im Schnitt um 30-35% gestiegen. Noch eindeutiger schlägt sich dies beim Kauf gebrauchter Eigentumswohnungen nieder „die seit 2000 um ca. 50% angestiegen sind!“
Dass ein aktives Gegensteuern durch Erhöhung des Angebots unmittelbare Auswirkungen zeitigt, weist Haiderer anhand der Statistik nach: „Verstärkter Wohnbau im Jahr 2003 hat direkten Einfluss auf die Mietpreise bzw. auch auf den Verkauf von gebrauchten Eigentumswohnungen gehabt, und es zeigt sich deutlich, dass diese Maßnahme zu einer massiven Preisreduzierung geführt hat.“
Nachdem St. Pölten in den letzten Jahren mit kontinuierlichem Wachstum gesegnet ist, müsse am Wohnbausektor jetzt aktiv reagiert werden, möchte man nicht ein ähnliches Schicksal wie Krems erleiden. Dort sind die Mieten ab 2008 nämlich geradezu explodiert und liegen heute weit über jenen von St. Pölten. Erreichbar ist dieses Gegensteuern, wie Schwarz überzeugt ist, nur durch konzertiertes Vorgehen. „Wichtig ist in einem Schulterschluss regulierend einzugreifen und seitens der Stadt danach zu trachten, dass nicht irgendwo irgendwer irgendwas baut, sondern eben Wohnraum nach Bedarf errichtet wird – dies läuft gesamtkoordinierend allen voran über die Stadtplanung, die Wohnservicestelle kann hier als Schnittstelle aller am Prozess Beteiligten fungieren“, so Schwarz.
Auch direkte Aktivitäten am Wohnbausektor, insbesondere im Segment „soziales Wohnen“, schließt Schwarz nicht aus: „Die Stadt überlegt durchaus ihr eigenes Angebot auszubauen, um so direkt steuernd auf den Markt einzugreifen. Wir dürfen uns nicht abhängig machen, sondern müssen selbst das Heft in die Hand nehmen!“
Wobei Schwarz eines auch ganz klar betont: Nur der gute Mix an Angeboten, von exklusiv – wo St. Pölten ebenfalls nachhinkt – über den Mittelstand bis hin zu „sozial“ für einkommensschwache Bürger kann St. Pölten insgesamt als Wohnort vorwärtsbringen. Wenn dies gelingt, dann ist auch die Vision vom echten Wiener, der nach St. Pölten zieht, nicht unwahrscheinlich, und dann darf man sich alsbald den Kopf über schneidige Marketingslogans zerbrechen à la: „Zuhaus in St. Pölten – dem schönsten Vorort Wiens!“
FRANZ GUNACKER | SPÖ
Im Hinblick auf „leistbares Wohnen“ bzw. Kriterien ebendesselben verweist die SPÖ auf den großen Bruder im Landhaus: „Alle Förderrichtlinien und Kriterien zu diesem Thema sind Landessache, wobei die finanziellen Mittel von allen Berufstätigen über den Wohnbauförderungsbeitrag geleistet werden“, so Vizebürgermeister Franz Gunacker. Die Rolle der Stadt begreift man in unterstützender Form, etwa „bei der Grundbeschaffung, der Umwidmung, Bauklasse und Dichte. Durch diese Maßnahme kann die Entwicklung am Grundstücksmarkt beeinflusst werden.“ Diesbezügliclh stelle die Stadt „jährlich viele Flächen für Wohnbauträger kostengünstig zur Verfügung und beeinflusst dadurch den Preis.“
Der Bau von Gemeindewohnungen sei hingegen „keine Kernaufgabe der Gemeinde.“
Neu (siehe Hauptartikel) sei die Etablierung einer Wohnservicestelle, „um dem Wohnbauträger behilflich zu sein, günstigen Wohnraum in der entsprechenden Anzahl und Lage zu schaffen.“
Im Hinblick auf die Frage möglicher direkter Subjektförderungen meint der Vizebürgermeister „Es wäre sicherlich notwendig , günstigen Wohnraum für Personen in schwierigen Lebenssituationen anzubieten“, von wem genau, lässt er offen.
Nur geschätzte 50 Meter Luftlinie von Sadler entfernt, in der Linzerstraße, wird seitens der Stadt derweil an einem ganz anderen Projekt in Sachen Wohnen gearbeitet. In der geradezu programmatisch klingenden „Stabsstelle für Zukunftsentwicklung, Wirtschaft, Marketing“ ziehen deren Leiter Christoph Schwarz und Neomitarbeiter Stefan Haiderer eine komplett neue Wohnservicestelle der Stadt hoch. Dass das Projekt bei Schwarz gelandet ist, mag mit dessen Erfahrungen aus der Etablierung der städtischen Wirtschaftsservicestelle „ecopoint“ zusammenhängen, die im Hinblick auf die Zielsetzung (wenn auch mit z.T. anderen Adressaten) eine Art Blaupause für das neue Projekt darstellt: Servicestelle und Drehscheibe für die am Markt befindlichen Protagonisten zu sein. Zudem möchte man das Thema „Wohnstadt St. Pölten“ zentral orchestriert mit Marketingaktivitäten begleiten, was bislang weidlich abgeht.
Schwarz begreift den nunmehrigen Schritt als logische Folge einer gewissen Genese der letzten Jahre, die mit der bewussten Förderung des Innenstadtwohnens ihren Ausgang nahm. „Die Idee war, die Grundbesitzer mit an Bord zu holen und durch Zuschüsse Anreize zu schaffen, dass sie ihre Gebäude sanieren bzw. Wohnraum schaffen.“ Zugleich werden auch die Mieter, die in diese Objekte einziehen, auf drei Jahre mit einem Mietkostenzuschuss belohnt – Investitionen, die sich bezahlt machen, wie Schwarz überzeugt ist: „Wir müssen das globaler, auch gekoppelt an die Betriebsansiedlungspolitik betrachten. Unternehmen siedeln sich dort an, wo die Innenstädte intakt und attraktiv sind!“ In Folge hätten auch die freien Bauträger, wie zum Beispiel die in der City extrem aktive Niederösterreichische Versicherung, das Potenzial der Stadt erkannt. „Man glaubt an eine positive Entwicklung.“
Und damit liegt man wohl nicht falsch, immerhin verzeichnet St. Pölten seit einigen Jahren ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum. „Diese Realität kommt allmählich in den Köpfen der Markteilnehmer an.“ Zum anderen hat die neue Westbahnstrecke St. Pölten noch näher an Wien herangerückt, was die Stadt noch stärker an einem internationalen Trend partizipieren lasse: „Die Speckgürtel um die Metropolen wachsen. Das ist unsere Chance St. Pölten als attraktiven Wohnort zu positionieren – denn unsere Stadt hat definitiv mehr Qualitäten zu bieten als andere Orte im Einzugsgebiet, die eher wie Satellitenstädte daher kommen.“
Schon jetzt merkt Schwarz vermehrt Anfragen von auswärtigen Maklern, die Immobilien für ihre Kunden suchen, weil Wien zu teuer ist, und auch Immobilienentwickler möchte man in Hinkunft verstärkt gewinnen. „In Wien wird es zunehmend schwieriger, relevante Renditen zu erzielen. Warum sollen diese also nicht Wohnraum in St. Pölten schaffen?“
Gerade aus diesem Blickwinkel möchte man sich in der Bewerbung ab sofort – was überfällig ist – auch Wien vorknöpfen. „Die Wanderbewegungen aus der direkten Umlandregion werden auf Sicht z.T. rückläufig sein, weil die Leute von dort dann eben weggezogen sind und keine neuen nachkommen. Wien hingegen zieht Jahr für Jahr 30.000 Menschen an – wenn wir nur einen Teil davon nach St. Pölten lotsen können, wäre das auf Dauer ein großer Gewinn!“
Auftakt der Marketingmaßnahmen macht im März eine Sondernummer von „St. Pölten konkret“ zum Thema „Wohnstadt St. Pölten“, die gezielt in Pendlerzügen aufgelegt wird, und man wird in Wien aktiv werden.“ Freilich richtet sich der Fokus auch auf das Naheliegende: die täglich 36.000 Einpendler. „Unser Ziel ist es, Menschen, die ohnedies schon in St. Pölten arbeiten, vielleicht auch von einer Ansiedlung zu überzeugen“, so Stefan Haiderer, weshalb man auch aktiv in die Betriebe gehen wird.
Stellt sich – als Zwischenstep – die prinzipielle Frage, warum man so auf Zuzug erpicht ist? Schwarz verweist zum einen auf das effektivere Nutzen von städtischen Ressourcen und Infrastruktur, zum anderen „müssen wir Wohnbau als Wirtschaftsfaktor begreifen, und zwar nicht nur während des Baus selbst, sondern weit darüber hinaus: Leute, die in der Stadt wohnen, geben hier auch ihr Geld aus.“
Mit der neuen Wohnservicestelle möchte man beide Ebenen fördern. „Die Servicestelle soll mit den diversen Bauträgern – von Genossenschaften über Freie bis hin zu Maklern – zusammenarbeiten. Sie soll ihnen bei der Suche nach relevanten und passenden Grundstücken helfen, sie bei Behördenwegen unterstützen sowie als generelle Schnittstelle untereinander fungieren“, so Schwarz. Ebenso möchte man aber auch für private Wohnungsinteressenten Anlaufstelle sein, was sich Schwarz idealtypisch so ausmalt. „Da kommt zum Beispiel eine Wiener Familie, die in St. Pölten eine Wohnung sucht. Wir eruieren dann, was sie genau will, also welche Wohnform, welche Größenordnung, welche Preisklasse und versuchen darauf fußend die am Markt befindlichen Angebote, die bei uns zentral zusammenlaufen, direkt weiterzugeben bzw. die Interessenten punktgenau zu den passenden Anbietern weiterzuvermitteln.“
Um nicht ins Blaue zu starten, hat Stefan Haiderer seit Herbst aus verschiedenen Quellen (statistischen Jahrbüchern der Stadt, Statistisches Zentralamt, Immobilienpreisspiegel der WKO) Datenmaterial über die Wohnsituation in St. Pölten zusammengetragen. Zunächst zeigt sich, wie im Falle anderer vergleichbarer Städte, ein überproportionaler Anstieg der Mietkosten in St. Pölten gegenüber früheren Jahren. Haiderer führt dies in St. Pölten u. a. auch auf eine Verknappung des Angebots zurück. „Grundsätzlich zeigt sich, dass die Bautätigkeit in der Stadt St. Pölten im Beobachtungszeitraum merklich zurückgegangen ist. Daraus ergibt sich auch ein überproportionaler Anstieg der Mietkosten in den letzten Jahren.“ So sind seit dem Jahr 2000 die Nettomieten im Schnitt um 30-35% gestiegen. Noch eindeutiger schlägt sich dies beim Kauf gebrauchter Eigentumswohnungen nieder „die seit 2000 um ca. 50% angestiegen sind!“
Dass ein aktives Gegensteuern durch Erhöhung des Angebots unmittelbare Auswirkungen zeitigt, weist Haiderer anhand der Statistik nach: „Verstärkter Wohnbau im Jahr 2003 hat direkten Einfluss auf die Mietpreise bzw. auch auf den Verkauf von gebrauchten Eigentumswohnungen gehabt, und es zeigt sich deutlich, dass diese Maßnahme zu einer massiven Preisreduzierung geführt hat.“
Nachdem St. Pölten in den letzten Jahren mit kontinuierlichem Wachstum gesegnet ist, müsse am Wohnbausektor jetzt aktiv reagiert werden, möchte man nicht ein ähnliches Schicksal wie Krems erleiden. Dort sind die Mieten ab 2008 nämlich geradezu explodiert und liegen heute weit über jenen von St. Pölten. Erreichbar ist dieses Gegensteuern, wie Schwarz überzeugt ist, nur durch konzertiertes Vorgehen. „Wichtig ist in einem Schulterschluss regulierend einzugreifen und seitens der Stadt danach zu trachten, dass nicht irgendwo irgendwer irgendwas baut, sondern eben Wohnraum nach Bedarf errichtet wird – dies läuft gesamtkoordinierend allen voran über die Stadtplanung, die Wohnservicestelle kann hier als Schnittstelle aller am Prozess Beteiligten fungieren“, so Schwarz.
Auch direkte Aktivitäten am Wohnbausektor, insbesondere im Segment „soziales Wohnen“, schließt Schwarz nicht aus: „Die Stadt überlegt durchaus ihr eigenes Angebot auszubauen, um so direkt steuernd auf den Markt einzugreifen. Wir dürfen uns nicht abhängig machen, sondern müssen selbst das Heft in die Hand nehmen!“
Wobei Schwarz eines auch ganz klar betont: Nur der gute Mix an Angeboten, von exklusiv – wo St. Pölten ebenfalls nachhinkt – über den Mittelstand bis hin zu „sozial“ für einkommensschwache Bürger kann St. Pölten insgesamt als Wohnort vorwärtsbringen. Wenn dies gelingt, dann ist auch die Vision vom echten Wiener, der nach St. Pölten zieht, nicht unwahrscheinlich, und dann darf man sich alsbald den Kopf über schneidige Marketingslogans zerbrechen à la: „Zuhaus in St. Pölten – dem schönsten Vorort Wiens!“
FRANZ GUNACKER | SPÖ
Im Hinblick auf „leistbares Wohnen“ bzw. Kriterien ebendesselben verweist die SPÖ auf den großen Bruder im Landhaus: „Alle Förderrichtlinien und Kriterien zu diesem Thema sind Landessache, wobei die finanziellen Mittel von allen Berufstätigen über den Wohnbauförderungsbeitrag geleistet werden“, so Vizebürgermeister Franz Gunacker. Die Rolle der Stadt begreift man in unterstützender Form, etwa „bei der Grundbeschaffung, der Umwidmung, Bauklasse und Dichte. Durch diese Maßnahme kann die Entwicklung am Grundstücksmarkt beeinflusst werden.“ Diesbezügliclh stelle die Stadt „jährlich viele Flächen für Wohnbauträger kostengünstig zur Verfügung und beeinflusst dadurch den Preis.“
Der Bau von Gemeindewohnungen sei hingegen „keine Kernaufgabe der Gemeinde.“
Neu (siehe Hauptartikel) sei die Etablierung einer Wohnservicestelle, „um dem Wohnbauträger behilflich zu sein, günstigen Wohnraum in der entsprechenden Anzahl und Lage zu schaffen.“
Im Hinblick auf die Frage möglicher direkter Subjektförderungen meint der Vizebürgermeister „Es wäre sicherlich notwendig , günstigen Wohnraum für Personen in schwierigen Lebenssituationen anzubieten“, von wem genau, lässt er offen.
MATTHIAS ADL | ÖVP
Die ÖVP hält den Terminus „leistbares Wohnen“ für zu schwammig, weil dieser nach persönlicher Lebenssituation variiere. Was es braucht, sei „ein guter Mix aus Angeboten in allen Preisklassen.“
Aufgabe der Stadt sei in diesem Konnex Rahmenbedingungen zu schaffen „Wir fordern deshalb einen Wohnbaugipfel, der zumindest einmal im Jahr Wohnbauträger und politische Vertreter an einen Tisch holt und wo die zukünftige Entwicklung der Wohnstadt St. Pölten geplant werden kann.“
Im Bereich junges Wohnen möchte man den eingeschlagenen Weg fortführen. „Junges Wohnen soll Startschwierigkeiten vermindern. Dabei sind einerseits die Wohnbauträger gefragt, die entsprechend der Richtlinien der NÖ Wohnbauförderung zu bauen und anzubieten haben. Andererseits ist es auch die Stadt, die entsprechende Grundstücke für solche Projekte zur Verfügung zu stellen hat.“
Im Bereich „sozialer Wohnbau“ ortet man Versäumnisse: „Dort, wo der Markt versagt und es nicht schafft, entsprechende Angebote zu schaffen, soll unserer Meinung nach die öffentliche Hand eingreifen. Seit Jahren wurden in St. Pölten keine Gemeindewohnungen mehr errichtet, die sich auch als sozialer Ausgleich eignen würden. Dies könnte durch einen Auftrag an die Immo St. Pölten erfolgen. Die Höhe der Mieten könnte sich an dem Verdienst der Mieter orientieren.“ Wobei man für eine verschränkte Form der Förderung ist. „Die Subjektförderung unabhängig von der entsprechenden Wohnung zu machen, halten wir nicht für sinnvoll, denn es würde zu einer Marktverzerrung führen, die noch weiter steigende Mietpreise für die St. Pöltner bedeuten würde.“
Die ÖVP hält den Terminus „leistbares Wohnen“ für zu schwammig, weil dieser nach persönlicher Lebenssituation variiere. Was es braucht, sei „ein guter Mix aus Angeboten in allen Preisklassen.“
Aufgabe der Stadt sei in diesem Konnex Rahmenbedingungen zu schaffen „Wir fordern deshalb einen Wohnbaugipfel, der zumindest einmal im Jahr Wohnbauträger und politische Vertreter an einen Tisch holt und wo die zukünftige Entwicklung der Wohnstadt St. Pölten geplant werden kann.“
Im Bereich junges Wohnen möchte man den eingeschlagenen Weg fortführen. „Junges Wohnen soll Startschwierigkeiten vermindern. Dabei sind einerseits die Wohnbauträger gefragt, die entsprechend der Richtlinien der NÖ Wohnbauförderung zu bauen und anzubieten haben. Andererseits ist es auch die Stadt, die entsprechende Grundstücke für solche Projekte zur Verfügung zu stellen hat.“
Im Bereich „sozialer Wohnbau“ ortet man Versäumnisse: „Dort, wo der Markt versagt und es nicht schafft, entsprechende Angebote zu schaffen, soll unserer Meinung nach die öffentliche Hand eingreifen. Seit Jahren wurden in St. Pölten keine Gemeindewohnungen mehr errichtet, die sich auch als sozialer Ausgleich eignen würden. Dies könnte durch einen Auftrag an die Immo St. Pölten erfolgen. Die Höhe der Mieten könnte sich an dem Verdienst der Mieter orientieren.“ Wobei man für eine verschränkte Form der Förderung ist. „Die Subjektförderung unabhängig von der entsprechenden Wohnung zu machen, halten wir nicht für sinnvoll, denn es würde zu einer Marktverzerrung führen, die noch weiter steigende Mietpreise für die St. Pöltner bedeuten würde.“
KLAUS OTZELBERGER | FPÖ
Die FPÖ geht nicht näher auf Details ein, stößt sich im Hinblick auf die Gemeindewohnungen aber vor allem an einem Aspekt: „Es wäre endlich an der Zeit die Kautionen bei Gemeindewohnungen zu senken. Derzeit ist St. Pölten mit sechs Bruttomonatsmieten in Niederösterreichs Städten am teuersten!
Gerade Gemeindewohnungen sollten für Familien, Alleinverdiener, junge Menschen und Bürger mit geringem Einkommen leistbar sein. Derzeit können sich viele Bürger diese hohe Kautionshürde aber nicht leisten.“
Die FPÖ geht nicht näher auf Details ein, stößt sich im Hinblick auf die Gemeindewohnungen aber vor allem an einem Aspekt: „Es wäre endlich an der Zeit die Kautionen bei Gemeindewohnungen zu senken. Derzeit ist St. Pölten mit sechs Bruttomonatsmieten in Niederösterreichs Städten am teuersten!
Gerade Gemeindewohnungen sollten für Familien, Alleinverdiener, junge Menschen und Bürger mit geringem Einkommen leistbar sein. Derzeit können sich viele Bürger diese hohe Kautionshürde aber nicht leisten.“
NICOLE BUSCHENREITER | DIE GRÜNEN
Die Grünen sehen das Thema „leistbares“ Wohnen insbesondere mit dem Energieaspekt verknüpft: „Nicht eine relativ niedrige Miete entscheidet über das Auskommen, sondern die laufenden Betriebskosten, vor allem für Energie. Zusätzlich belasten viel zu hohe Kautionen und ebenso zu hohe Genossenschaftsanteile Jungfamilien.“
Die Stadt müsse ihre freiwerdenden Wohnungen jeweils umgehend sanieren, zudem solle die Stadt Wohnbauträgern vor Neubauten erst dann Bauland widmen bzw. zur Verfügung stellen, wenn sie die Bestandswohnungen energetisch sanieren.
Im Hinblick auf Junges Wohnen fokussiert man auf die Zielgruppe junger Menschen bis zum 26. Lebensjahr, wobei man die aktuellen Fördermittel von 4.000 Euro als unzureichend einstuft und stattdessen für „Wohnraum ohne Kaution, ohne Provision, einwandfreie Grundausstattung in Küche und Bad, energetisch tiptop, angebunden an den öffentlichem Verkehr“ plädiert.
Im Bereich des sogenannten sozialen Wohnbaus solle die Stadt über Subjektförderung unterstützend eingreifen, „z. B. über direkte Mietzuschüsse, durch vertragliche Fördermodelle für Startwohnungen, betreutes Wohnen, durch diesbezügliche Agendasetzung der stadteigenen Immo GmbH etc. Eigene Wohnungen zu errichten ist eher der letzte Schritt in dieser Reihe.“
Dafür solle die Wohnbauförderung gerechter gestaltet werden „die zwar von allen Arbeitnehmern einbezahlt wird, häufig aber v.a. vom oberen Mittelstand genutzt wird – sie verteilt also von unten nach oben. Das ist abzustellen!“
Die Grünen sehen das Thema „leistbares“ Wohnen insbesondere mit dem Energieaspekt verknüpft: „Nicht eine relativ niedrige Miete entscheidet über das Auskommen, sondern die laufenden Betriebskosten, vor allem für Energie. Zusätzlich belasten viel zu hohe Kautionen und ebenso zu hohe Genossenschaftsanteile Jungfamilien.“
Die Stadt müsse ihre freiwerdenden Wohnungen jeweils umgehend sanieren, zudem solle die Stadt Wohnbauträgern vor Neubauten erst dann Bauland widmen bzw. zur Verfügung stellen, wenn sie die Bestandswohnungen energetisch sanieren.
Im Hinblick auf Junges Wohnen fokussiert man auf die Zielgruppe junger Menschen bis zum 26. Lebensjahr, wobei man die aktuellen Fördermittel von 4.000 Euro als unzureichend einstuft und stattdessen für „Wohnraum ohne Kaution, ohne Provision, einwandfreie Grundausstattung in Küche und Bad, energetisch tiptop, angebunden an den öffentlichem Verkehr“ plädiert.
Im Bereich des sogenannten sozialen Wohnbaus solle die Stadt über Subjektförderung unterstützend eingreifen, „z. B. über direkte Mietzuschüsse, durch vertragliche Fördermodelle für Startwohnungen, betreutes Wohnen, durch diesbezügliche Agendasetzung der stadteigenen Immo GmbH etc. Eigene Wohnungen zu errichten ist eher der letzte Schritt in dieser Reihe.“
Dafür solle die Wohnbauförderung gerechter gestaltet werden „die zwar von allen Arbeitnehmern einbezahlt wird, häufig aber v.a. vom oberen Mittelstand genutzt wird – sie verteilt also von unten nach oben. Das ist abzustellen!“