MFG - Daddy Cool
Daddy Cool


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Daddy Cool

Text Johannes Reichl
Ausgabe 09/2013

In der Theorie klingt ja alles eitel Wonne, und der Staat hat mit Einführung der verschiedenen Karenzmodelle in den letzten Jahren tatsächlich grundlegende Weichen gestellt, um „Väterkarenz“ hierzulande nicht nur möglich, sondern auch Wirklichkeit werden zu lassen. Dennoch hinkt Mann in Österreich im internationalen Vergleich nach wie vor eklatant hinterher.

Während nämlich im diesbezüglichen Vorzeigeland Schweden mittlerweile fast 90% (!) der Väter in Karenz gehen und sich der gesellschaftliche Spin ehemals konservativer Jahrzehnte praktisch in sein Gegenteil verkehrt hat („Mittlerweile ist die Väterkarenz gesellschaftlich so anerkannt, dass nur wenige Väter es wagen würden, sie nicht in Anspruch zu nehmen“, erklärt hierzu Ulrika Hagströmt von TCO gegenüber dem „Standard“), während etwa auch in unserem Nachbarland Deutschland immerhin schon 27% der Väter eine Zeitlang Kind & Haushalt schupfen, während die Gattin arbeiten geht, stagniert die Zahl in Österreich bei etwa 5%. Wahrlich nicht aufregend, wenngleich die Tendenz – was hoffen lässt – unverkennbar steigend ist.
Wunsch und Realität
Grund zur Hoffnung bietet auch der Umstand, dass – wie etwa im Zuge der 2010 vorgelegten Studie „Elternorientierte Personalpolitik mit Focus auf Väter in Niederösterreich“ im Auftrag des Landes NÖ und der WKO NÖ eruiert – „62% der befragten Männer grundsätzlich die Bereitschaft signalisieren, in Karenz zu gehen. 75% könnten sich sogar vorstellen, Teilzeit zu arbeiten, um sich verstärkt an der Kinderbetreuung zu beteiligen.“
Allein – Bekenntnis und Realität klaffen weit auseinander: „Tatsächlich haben sich 6% der befragten Männer für Väterkarenz entschieden und 7% der Väter haben ihre Arbeitszeit aus Gründen der Kinderbetreuung reduziert“, lässt die selbe Studie wissen. Dass hier der Prozentsatz sogar höher als der Österreichschnitt liegt, ist Folge einer anderen österreichischen Realität: Im öffentlichen Dienst (eine große Gruppe der Befragten stand im Landes- oder Gemeindedienst) gehen proportional mehr Väter in Karenz als in der Privatwirtschaft.
Offensichtlich vertraut man im Öffentlichen Dienst mehr darauf, wirklich wieder am alten Arbeitsplatz zu denselben Bedingungen zu landen als in der Privatwirtschaft. Möglicherweise mag dies auch mit einer prinzipiell stärkeren Förderung zu tun haben bzw. der Rolle des Öffentlichen Dienstes als Experimentier- bzw. Pionierfeld. So ist es im Öffentlichen Dienst etwa seit 2011 auch möglich, einen Papamonat zu nehmen.
Karrierek(n)ick
Gerade die Angst vorm sogenannten „Karriereknick“ lässt viele Männer nämlich davor zurückschrecken, ihren Wunsch nach Väterkarenz zu realisieren. Dabei fußt diese weniger – wie neueste Studien belegen – auf Fakten, als vielmehr irrationalen Ängsten. Während im Musterland Schweden etwa Väterkarenz mittlerweile aktiv von den Unternehmen gefördert wird „denn kein Unternehmen will als altmodisch gelten“, wie Finanzexpertin Annika Creutzer im „Standard“-Gespräch erklärt, wird das Vorurteil auch für Österreich durch die brandaktuelle Studie „Karenzväter in Zahlen“ des Joanneum sowie des Zentrums für Wirtschafts- und Innovationsforschung widerlegt: „Wie unsere Daten zeigen, ist in weiten Teilen des akademischen Beschäftigungsfeldes die häufig geäußerte und in der Literatur dokumentierte Sorge von Männern, dass sie zwar gern in Karenz gehen würden, jedoch nicht können, weil Einkommens- und/oder Jobverlust drohen, nicht begründet.“ Ja, es ergibt sich sogar fast so etwas wie ein Karrierekick, heißt es doch weiter: „Im Vergleich zu Akademikern ohne Karenzunterbrechung verdienen Karenzväter zwei Jahre nach der Karenz durchschnittlich sogar etwas besser.“ Dies auch deshalb, weil sie sich während der Karenz neue Fähigkeiten aneignen, die sie auch beruflich weiterbringen.
Begründeter als „Karenz-Abschreckung“ ist da schon die Angst vorm Einkommensverlust während der Karenzzeit. „Für rund zwei Drittel (63%) der Befragten stellt der befürchtete Einkommensverlust das größte Hindernis dar, Berufsarbeit zugunsten von Kinderbetreuung in Form von Karenz oder Teilzeitarbeit zu reduzieren“, lässt bereits erwähnte Landesstudie wissen. Insbesondere für einkommensschwache Familien „stellt der finanzielle Aspekt eine beträchtliche Hürde bei der Entscheidung für Väterkarenz oder –teilzeit dar.“ Zwar hat der Gesetzgeber mit dem 12+2 Karenzmodell (s. Kasten) reagiert (die Langversion schließt Einkommensschwache aber de facto aus), ein soziales Gefälle ist dennoch nachweisbar. So gehen gut verdienende Väter häufiger in Karenz als einkommensschwache. Dass dies teilweise auch mit tradierten Geschlechterrollen (Männer arbeiten, Frauen hüten Heim und Kind) zu tun hat, die sich in einkommensschwächeren Schichten resistenter halten, legen manch Studien aber ebenfalls nahe.
Der „überholte“ Mann
Jedenfalls einem alten männlichen Rollenbild geschuldet scheint der der Glaube, „dass Kolleginnen zum Großteil positiv auf die Karenzabsicht eines Vaters reagieren würden, während fast die Hälfte der Befragten davon ausgeht, dass männliche Kollegen und Vorgesetzte [in der Regel ebenfalls Männer, Anm.] eher nicht erfreut wären.“
Da scheint sich schon eher das in Wahrheit auf irrationale Ängste basierende Machogehabe durchzuschlagen, wonach Karenzgehen unmännlich ist. Eine krasse Fehleinschätzung, wie die Statistik nachweist. „Der Karenzvater wird grundsätzlich positiv konnotiert. Der Großteil der Befragten beurteilt den Karenzvater als verantwortungsbewusst, als gutes Beispiel und mutig!“, heißt es in der Studie des Landes dazu.
Kurzum, es gibt kaum Gründe gegen die Väterkarenz, umso mehr aber dafür – durchaus auch im volkswirtschaftlichen Sinne. So schreibt Gudrun Osterman im „Standard“: „Die Vorteile einer gerechten Verteilung von Arbeit und Kinderbetreuung werden von Studien untermauert: Die Scheidungsrate ist deutlich niedriger, wenn auch der Vater in Karenz geht, die Väter sind gesünder. Familien, in denen beide Eltern in Karenz gehen, haben häufiger ein drittes Kind. Und: Auch die unbezahlte Hausarbeit wird nach der Elternkarenz beider fairer aufgeteilt.“
In diesem Sinne meine Herren: Echte Männer gehen in Karenz, alle anderen sind Weicheier! DIE KARENZMODELLE
30 + 6: 1 Elternteil maximal bis zum 30. Lebensmonat, Verlängerung um maximal 6 Monate, wenn die Eltern sich die Betreuungszeit aufteilen. Summe: ca. 436 Euro pro Monat
20 + 4: 1 Elternteil maximal bis zum 20. Lebensmonat, Verlängerung um maximal 4 Monate, wenn die Eltern sich die Zeit aufteilen. Summe: ca. 624 Euro pro Monat
15 + 3: 1 Elternteil maximal bis zum 15. Lebensmonat, Verlängerung um maximal 3 Monate, wenn die Eltern sich die Betreuungszeit aufteilen. Summe: ca. 800 Euro pro Monat
12 + 2 pauschal: 1 Elternteil maximal bis zum 12. Lebensmonat, Verlängerung um maximal 2 Monate, wenn die Eltern sich die Bezugszeit aufteilen. Summe: ca. 1.000 Euro pro Monat
12 + 2 einkommensabhängig: 1 Elternteil maximal bis zum 12. Lebensmonat, Verlängerung um maximal 2 Monate, wenn die Eltern sich die Zeit aufteilen. Summe: 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens, mindestens 1.000 und maximal 2.000 Euro. MARTIN FRISCHMANN. Der Pionier.
„Da ist der ‚Kleine‘“, lacht Martin Frischmann, als Sohnemann Patrick seinen Wuschelkopf bei der Tür hereinsteckt. Der „Kleine“ ist mittlerweile 16 Jahre, arbeitet bereits und hat gerade das „Frequency“-Wochenende hinter sich gebracht.
Der Phrasenklassiker „An den Kindern sieht man, wie die Zeit vergeht“ drängt sich auf, immerhin ist es schwer vorstellbar, dass der junge Mann seinen Vater dereinst während der Karenz ordentlich auf Trab gehalten hatte. Damals, Ende der 90er, „galt man schon noch ein bisserl als bunter Papagei“, wie es Frischmann formuliert, wenn man als Mann den Beruf gegen Windelwechseln und Haushalt eintauschte. Tatsächlich war Frischmann, der schon damals am Magistrat arbeitete, einer der Pioniere, „möglicherweise sogar der erste Mann überhaupt bei uns in der Verwaltung, der in Karenz gegangen ist.“ Die „Altherrenriege“ hätte damals schon die Stirn gerunzelt, „und hinter meinem Rücken wurde sicher blöd geredet, aber mir war das wurscht. Zählen muss bei der Entscheidung sowieso nur, was die Familie möchte, ob du es dir zutraust und ob es auch vom Job her möglich ist.“ Denn, so schränkt Frischmann ein, „wenn du Angst hast, dass du zwei Tage später deine Position los bist oder wenn es finanziell einfach nicht drin ist, weil du vielleicht einen Kredit laufen hast, geht es sowieso nicht.“ In diesem Sinne sei er auch kein „Hardcorefanatiker, der Väterkarenz um jeden Preis einfordert.“ Er selbst sei Beispiel für beide Fälle, hat er bei seinem zweiten Kind doch auf Väterkarenz verzichtet, „weil ich damals auf einer neuen Position war, wo ich mich gerade zu setteln begann – die wollte ich nicht aufs Spiel setzen.“
Im Falle von Patrick stimmten aber die Parameter – wobei auch hier persönliche Überlegungen miteinflossen, wie Frischmann unverhohlen zugibt: „Ich war damals nicht unbedingt zufrieden in meinem Job, da war die Karenz auch ein willkommener Anlass, etwas zu verändern. Dadurch ergab sich eine win-win Situation.“
Und dass die Karenzzeit ein unglaublicher Gewinn ist, steht für Frischmann außer Streit. „Karenz ist extrem lässig, weil sie dir die Möglichkeit bietet, deinem Kind beim Wachsen zuzuschauen, mit ihm wirklich viel Zeit zu verbringen – und diese Chance bietet sich eben nur einmal im Leben!“ Ob man sie ergreift, müsse jeder für sich selbst entscheiden, „aber schau dir klassische Karrieretypen mit 40, 50 Jahren an. Wieviel haben die mitgekriegt vom Aufwachsen ihrer Kinder? Man muss schon wissen, was es mir wert ist.“
Die Karenz sei jedenfalls ein Stück Lebensqualität, zugleich Lebensschule. „Natürlich ist es auch eine große Herausforderung – ich hab im Vorfeld sicher unterschätzt, wie tagesfüllend und anstrengend das wird“, schmunzelt Frischmann. „Mein Ehrgeiz war ja, den Haushalt auf dem selben Standard zu schupfen wie meine Frau – wenngleich es da schon unterschiedliche Auffasungen gab: Denn was für mich sauber war, war es für meine Frau noch lange nicht“, lacht er, „aber wir sind auf einen grünen Zweig gekommen. Am Anfang war es jedenfalls ganz schön hart – ich musste ja alles erst lernen, bügeln, waschen, kochen. Bei mir war das Fleisch immer schon durch, wenn die Pommes noch tiefgekühlt waren.“ Frischmann lernte aber auch die „kleinen Freuden des Hausmannes“ kennen: „Um mich nicht falsch zu verstehen: Die Zeit mit dem Junior war genial, aber es war auch schön, wenn er Mittags sein einstündiges Schläfchen hielt und ich während des Bügelns eine CD anhören konnte.“
Patrick steckt noch einmal seinen Kopf herein. „Tschüss, ich geh noch fort“, verabschiedet er sich. Frischmann blickt nachdenklich drein: „Die Zeit vergeht schon verdammt schnell!“
CHARLY ZÖCHLING. Der Wiederholungstäter.
Als wir an einem herrlichen Augusttag Charly Zöchling zuhause in den Pampas des Tullnerfeldes besuchen, fühlt man sich ein bisschen an „Schöner Wohnen“ erinnert: Der dreijährige Emil düst auf seinem Elektromobil durch den schön angelegten Garten, die kleine Lea kuschelt selig auf Papas Arm, Princesa – wie Zöchling seine Gattin nennt – serviert Kaffee und Kuchen, und im Hintergrund tuckelt gemächlich ein Traktor über den Acker. Die Familie wirkt extrem entspannt. „Ich war schon bei Emil in Karenz und es war für uns ganz selbstverständlich, dass ich auch diesmal eine Zeitlang zuhause bleibe“, erzählt der Topmanager, und erklärt auch gleich warum: „Ich finde die gemeinsame Zeit extrem wichtig, denn es ist doch so: Wenn du arbeiten gehst, hast du als Vater die Kinder ja relativ wenig. In der Früh schlafen sie oft noch, am Abend vielleicht auch schon wieder, d. h. die wirkliche gemeinsame Zeit beschränkt sich aufs Wochenende.“ Für Zöchling, seines Zeichens Präsident des Raiffeisenclubs Wien/Niederösterreich, eindeutig zuwenig, wobei seine Karenz ein paar Besonderheiten aufweist. So sind seine Frau und er gemeinsam zuhause. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir uns das leisten können – und das wissen wir auch zu schätzen! Das Schöne ist dabei, dass wir dadurch als Familie viel Zeit gemeinsam verbringen können.“
Zum anderen ist Zöchling nicht nur zwei Monate zuhause, sondern hat mit seinem Arbeitgeber ein Sabbatical von drei Monaten ausgemacht. „Raiffeisen ist da einfach großartig! Es gibt ein eigenes Programm für Familien, für Väterkarenz – das wird sehr gefördert!“ Und zwar nicht nur am Papier. Unvergessen ist Zöchling die Reaktion seiner Vorgesetzten, als er sie in Kenntnis vom nahenden Nachwuchs (damals Emil) setzte: „Alle haben mir gratuliert und die erste Frage war ‚Gehst eh in Karenz?‘ Da hab ich wirklich Gänsehaut bekommen. Das war so eine unglaubliche Wertschätzung – das könnte keine Gehaltserhöhung zum Ausdruck bringen!“, schwärmt er noch heute. Ein Aspekt, den sich väterkarenzskepitsche Arbeitgeber ins Stammbuch schreiben sollten, denn das Entgegenkommen (obwohl gesetzlich gar keines) kommt doppelt zurück. „Das ist eine unglaubliche Motivation!“
Freilich räumt Zöchling ein, „dass es für Klein- und Mittelbetriebe sicher schwieriger ist, einen Mitarbeiter eine Zeit lang zu ersetzen“, andererseits sei vieles auch eine Frage der Organisation und der Solidarität. „Da kann ich meinen Kollegen einfach nur danken, die meine Agenden derweil übernehmen. Und man ist ja nicht aus der Welt, wir stehen laufend in Kontakt. Aber diese Unterstützung ist schon genial!“
Genial wie die Väterkarenz an sich. „Ich bin davon überzeugt, dass die Karenz extrem viel bringt – und zwar nicht nur dem Kind, sondern vor allem auch einem selbst. Die Beziehung zum Kind wird gefestigt und gestärkt, ebenso wie jene zum Partner, denn erst so bekommst du überhaupt erst einen Begriff davon, was Frauen wirklich leisten und kannst nachvollziehen – was dich vorher vielleicht gewundert hat – warum sich Frauen verändern.“ Mag sein, so mutmaßt Zöchling, dass gerade die Angst vor der Arbeit sowie der großen Verantwortung manche Männer abschreckt, „denn natürlich ist es anstrengend den Haushalt zu schupfen und das Kind zu umsorgen. Dazu kommt noch der Schlafentzug, den man bei kleinen Kindern oft hat“, andererseits sei es aber „einfach nur cool, gemeinsam Zeit zu verbringen. Ich würde es sofort wieder machen!“
Einen fundamentalen Aspekt im Hinblick auf Väterkarenz bringt zuletzt noch Princesa ein, die sich zu uns gesetzt hat: „Kindererziehung ist ja nach wie vor sehr weiblich geprägt. Für die Kinder ist aber auch die männliche Seite extrem wichtig, weil Väter mit Kindern zum Teil ganz andere Dinge machen als Mütter, zum Beispiel herumschrauben, im Auto sitzen oder – wie erst heute der Fall – auf dem Traktor mitfahren. Männer ticken anders, und wo ich vielleicht die schlimmsten Befürchtungen hege, was alles passieren könnte und deshalb etwas nicht erlaube, darüber denkt Charly gar nicht erst großartig nach, sondern sie machen es einfach. Umgekehrt ist es genauso. Der Mix ist einfach wichtig, das tut den Kindern sicher gut!“ Wie zur Bestätigung verkündet Emil, dass er jetzt AC-DC schauen möchte und macht das Rock & Roll Zeichen. Dreimal darf man raten, von wem er das gelernt hat...
JOE DOLLFUSS. Der Rookie.
Joe Dollfuss begrüßt uns mit dem kleinen Jonas am Arm. Der Blondschopf hat vor zwei Wochen seinen 1. Geburtstag gefeiert, als größtes Geschenk hat er sozusagen seinen Papa für die nächsten zwei Monate nonstop bekommen. „Für mich war völlig selbstverständlich, dass ich das machen möchte, obwohl ich fast ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatte, weil es für eine kleine Firma wie unsere schon auch eine Belastung ist. Aber es helfen zum Glück alle zusammen“, so der technische Direktor von NXP, wo Väterkarenz eine Selbstverständlichkeit ist. Länger als zwei Monate wollte Dollfuss dann aber aus Rücksicht auf die Kollegen auch nicht nehmen, zudem sei die 12+2 Variante für die Familie auch die finanziell sinnvollste. „Wir waren ja beide voll berufstätig. Da macht die einkommensabhängige Variante am meisten Sinn.“ Was Dollfuss weniger nachvollziehen kann, ist die Tatsache, „dass es beim Kinderbetreuungsgeld keine Inflationsanpassung gibt – das sollte selbstverständlich sein.“ Und er sieht Paare mit extremen Gehaltsunterschieden zwischen den Partnern als benachteiligt an, „denn dadurch ist es – in der Regel dem Mann – fast unmöglich, in Karenz zu gehen, überhaupt wenn man vielleicht noch einen Kredit laufen hat.“ Prinzipiell müsse man aber froh sein, „dass es so etwas überhaupt gibt in Österreich. Früher war das gar nicht möglich. Das ist heute schon großartig!“
Dieser Meinung ist auch der kleine Jonas, der seinen Papa – wie sich das gehört – völlig in Beschlag genommen hat. „Also, ich muss gestehen, ich hatte es mir tatsächlich etwas gemütlicher vorgestellt“, lacht Dollfuss, der sich quasi noch in der Warm-Up-Phase befindet. „Du bist eigentlich ununterbrochen unterwegs, es gibt immer irgendetwas zu tun: wickeln, waschen, saugen, aufwischen, einkaufen, kochen – und bist du mit etwas fertig, könntest du, wie Sisyphus, damit schon wieder von vorne beginnen.“ Eine erste große Lektion hat er allerdings schon gelernt – es bedarf auch einer gewissen Gelassenheit. „Man muss halt akzeptieren, dass das Wohnzimmer jetzt ein großer Kinderspielplatz ist. Und wir machen im Haushalt alles so, dass es für Mama gerade noch durchgeht“, zwinkert er seinem Sohnemann zu, der – als wollte er die Ausführungen seines Papas bestätigen – gerade damit beginnt, die untere Küchenlade auszuräumen.
Missen möchte Dollfuss die gemeinsame Zeit jedenfalls nicht. Ganz im Gegenteil hat er sich schon fix vorgenommen, auch nach der zweimonatigen Karenzzeit zumindest zwei Vormittage in der Woche Kinderdienst zu übernehmen, und so es geht, verbringt er auch jeden Mittag mit seiner Familie und kommt abends nicht zu spät nach Hause: „Ich finde es einfach extrem wichtig, dass ein Kind beide Eltern um sich hat. Es kriegt dadurch zwei unterschiedliche Lebensweisen mit. Und die Eltern können sich auch gut ergänzen – spielen vielleicht good cop und bad cop.“ Und wer ist wer? Dollfuss lacht. „Ich glaube, Manu ist schon die Strengere, weil sie das vom Beruf – sie ist Kindergartenpädagogin – besser drauf hat. Aber bislang waren wir noch nicht wirklich in der Situation, dazu ist Jonas glaub ich noch zu klein – das kommt erst.“
Was dahingegen gegangen ist, sind dumme Vorurteile gegenüber Vätern in Karenz à la Weichei, unmännlich & Co., wie Dollfuss überzeugt ist.. „Also da hat sich schon ein Meinungswandel vollzogen. Ich wäre für mich auch gar nie auf die Idee gekommen, mich so zu fühlen. Ganz im Gegenteil bin ich sogar ein bisschen stolz, weil es ja auch eine Challenge darstellt: ‚Wie werde ich den Laden schupfen?’“
Unter lautem kirren wirft Jonas zum gefühlten 100. Mal den Turm aus Bausteinen um, den sein Papa immer wieder aufs Neue vor ihm aufbaut. Also wir finden, er schupft den Laden super!