Anstandslos
Text
Michael Müllner
Ausgabe
Eine junge Frau geht morgens nach Hause. Sie ist betrunken, wird von einem Freund geführt. Ein Passant bemerkt den holprigen Heimweg und filmt die Szene mit dem Handy vom Auto aus. Als die Frau am Gehsteig liegen bleibt, steigt er aus und filmt sie aus der Nähe, fragt ob sie Hilfe brauche. Ist er ein Stalker? Meint er es gut und filmt nur um sich selber „abzusichern“? Normalerweise hätte er diese Geschichte sicher am nächsten Morgen wieder vergessen.
Doch im konkreten Fall ist die Dame eine Politikerin. Sie hat zwar kein Mandat, aber in einer begrenzt interessanten Stadtparteiorganisation ist sie Obfrau, sprich der siebente Zwerg von links. Macht das einen Unterschied? Hat der Filmer eine politische Motivation? Rechtlich kann man ihr nichts vorwerfen, doch darf man als Politikerin besoffen nach Hause gehen? Klar, die Geschichte ist peinlich, aber normalerweise wäre sie nach ein paar Tagen vom Tisch.
Doch unsere Gesellschaft ändert sich. Der Autofahrer stellt das Handyvideo wenig später ins Internet, über soziale Netze wird es rasant verbreitet, Spott und Häme sind der Frau sicher. Und das Internet vergisst nicht. Doch dürfen wir wirklich verlangen, dass unsere Politiker(innen) sogar blunzenfett noch einen schlanken Fuß machen müssen?
Wenn es um Persönlichkeitsschutz geht, so gelten für Medien strengere Regeln, als für irgendwelche Internet-Nutzer. Schließlich richten wir mit unserer Auflage mehr Schaden an, als wenn Herr X über Frau Y am Stammtisch auspackt. Manche Blätter haben wohl scharf kalkuliert: Was kostet eine Strafe, was bringen die zusätzlichen Klicks? Tatsache ist: Mangelndes Berufsethos, auch bei ganz kleinen, ganz lokalen „Geschichten“, ist für uns Medienmenschen eine Schande. Es macht hoffentlich auch in Zukunft einen Unterschied, ob „ein Medium“ oder „irgendwer“ postet.
Doch im konkreten Fall ist die Dame eine Politikerin. Sie hat zwar kein Mandat, aber in einer begrenzt interessanten Stadtparteiorganisation ist sie Obfrau, sprich der siebente Zwerg von links. Macht das einen Unterschied? Hat der Filmer eine politische Motivation? Rechtlich kann man ihr nichts vorwerfen, doch darf man als Politikerin besoffen nach Hause gehen? Klar, die Geschichte ist peinlich, aber normalerweise wäre sie nach ein paar Tagen vom Tisch.
Doch unsere Gesellschaft ändert sich. Der Autofahrer stellt das Handyvideo wenig später ins Internet, über soziale Netze wird es rasant verbreitet, Spott und Häme sind der Frau sicher. Und das Internet vergisst nicht. Doch dürfen wir wirklich verlangen, dass unsere Politiker(innen) sogar blunzenfett noch einen schlanken Fuß machen müssen?
Wenn es um Persönlichkeitsschutz geht, so gelten für Medien strengere Regeln, als für irgendwelche Internet-Nutzer. Schließlich richten wir mit unserer Auflage mehr Schaden an, als wenn Herr X über Frau Y am Stammtisch auspackt. Manche Blätter haben wohl scharf kalkuliert: Was kostet eine Strafe, was bringen die zusätzlichen Klicks? Tatsache ist: Mangelndes Berufsethos, auch bei ganz kleinen, ganz lokalen „Geschichten“, ist für uns Medienmenschen eine Schande. Es macht hoffentlich auch in Zukunft einen Unterschied, ob „ein Medium“ oder „irgendwer“ postet.