St. Pölten muss das Budget konsolidieren – aber wie?
Text
Georg Renner
, Jakob Winter
Ausgabe
05/2025
GEORG RENNER
Der Wilhelmsburger ist freier Journalist und betreibt den Podcast „Ist das wichtig?“.
„Es braucht einen transparenten Prozess, wie es jetzt weitergehen soll.“
Ich hätte ja aus dem Bauch heraus gleich einige Ideen, wie man das marode St. Pöltner Budget entlasten könnte. Ganz weit oben stünde da z. B. die Frage, warum man anbetrachts der gewaltigen Finanzlücke unbedingt weiter die Promenade umbauen muss, statt das zumindest zu verschieben, meinetwegen auf St. Nimmerlein.
Unangenehmerweise ist der Bauch in aller Regel ein schlechter Ratgeber, wenn es um eine Budgetsanierung geht. Klarerweise hat jeder von uns eine Meinung dazu, welche Leistungen, Investitionen oder Förderungen der Stadt gleich einmal als erstes eingespart werden müssten.
Die Wahrscheinlichkeit ist aber relativ hoch, dass wir da jeweils einen ganzen Rattenschwanz übersehen würden, sagen wir bei einem Straßenumbau: Langfristige Verträge mit den Firmen zum Beispiel, deren Storno Pönalzahlungen nach sich ziehen würde – oder geplante Leitungserneuerungen, die sowieso durchgeführt werden müssen und die man beim Umbau kostenschonend gleich mitnehmen kann.
Einen solchen Rattenschwanz haben so gut wie alle Posten in öffentlichen Budgets. Genau deswegen braucht es weniger Zurufe von außen, was man jetzt alles streichen muss, und mehr Expertise Dass die Stadt sich jetzt Beratung vom KDZ geholt hat, ist ein guter erster Schritt zur Konsolidierung des Budgets – aber eben nur das.
Als nächstes braucht es einen transparenten Prozess, wie es jetzt weitergehen soll: Die Gemeinde sollte von sich aus alle Überlegungen und Spardebatten öffentlich führen – statt verschämt in Hinterzimmern herumzudrucksen und dann vollendete Tatsachen zu produzieren gehört die Frage, was St. Pölten sich noch leisten kann, in den Gemeinderat und damit in die Öffentlichkeit.
Also: Klarheit schaffen und Bürgerinnen und Bürgern offen legen, welche Projekte wie viel kosten und wo welcher Rattenschwanz dranhängt. Dann, wenn es eine Liste mit Preisschildern gibt, ganz klar benennen, warum man was konkret streichen will – und was behalten. So wird aus dem Budgetdesaster am Ende noch eine Übung in Demokratie. Und das ist immerhin auch etwas wert.
JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Digitalchef beim „profil“.
„Die Zeit für Geschenke ist vorerst vorbei.“
Ein großer Teil der Gemeinden ist budgetär derart blank, dass etwa Waidhofen/Ybbs Pläne wälzt, den Gemeinderat von 40 auf 31 Mitglieder zu verkleinern, auch der Verkauf von Gemeindewohnungen ist eine Option.
Die Einnahmen stagnieren, die Abgaben ans Land – etwa für Spitäler – steigen unentwegt. Und die Dreier-Koalition kam dann doch wieder von dem Plan ab, die Grundsteuer nach vielen Jahrzehnten einmal zu erhöhen, sie fließt in die Gemeindekassen. Ein Fehler!
Die Kommunen müssen ihre Budgets vorerst anders in den Griff bekommen. Zur Schicksalsgemeinschaft der Budgetsanierer gehört auch St. Pöltens Stadtchef Matthias Stadler.
Ein kluges Sparpaket sollte die Lasten fair verteilen, neue Einnahmen und gekürzte Ausgaben kombinieren – und ein bisschen Symbolik schadet auch nicht. Bestes Beispiel: Wenn die Bundesregierung den Familien die Valorisierung der Beihilfen verwehrt, dann schadet es atmosphärisch nicht, wenn sie auch die Parteienförderung einfriert. Subtext: Wir sparen nicht nur bei euch, sondern auch bei uns. So ein Signal stünde St. Pölten gut.
Der größte Budgetposten der Stadt ist das Personal. Die Nichtnachbesetzung von Pensionierungen ist eine vergleichsweise sanfte Einsparungsmöglichkeit, die aber nur langsam wirkt. Weniger Personal kann allerdings auch bedeuten, dass Bürgeranliegen länger liegen bleiben. Im besten Fall gelingt es der Stadt, die Personalkürzungen durch Digitalisierung auszugleichen. Spardruck kann manchmal auch die Innovation befördern.
Kurzfristig kann die Stadt nur sparen, indem sie Gebühren erhöht und Ausgaben kürzt. Neben Subventionen für Vereine und Kulturbetriebe könnte es auch Wirtschaftsförderungen treffen. Haben Sie gewusst, dass die Stadt Personalleasingfirmen 25 Prozent der Kommunalabgaben refundiert? Ziel der Übung ist offenbar, viele dieser Mitarbeiter-starken Betriebe in die Stadt zu locken. Mit genau solchen Geschenken minimieren Gemeinden aber ihre Einnahmen.
Und die Zeit für Geschenke ist vorerst vorbei.