Papier, Stein, Betriebskosten
Text
Michael Müllner
Ausgabe
05/2025
Das vieldiskutierte „Kulturjahr 2024“ ist Geschichte, das Tangente-Festival vorbei. Geblieben ist der Stadt aber eine aufgewertete Kultur-Infrastruktur, allen voran das neu errichtete Kinderkunstlabor im Altoona-Park am Rande der Innenstadt. Über die laufenden Kosten ist nun eine Diskussion entbrannt.
Rund 1,7 Millionen Euro an Ausgaben sind für das erste volle Betriebsjahr 2025 veranschlagt. So viel kostet es also voraussichtlich, das Kinderkunstlabor ein Jahr lang zu betreiben. Als Eigentümer teilen sich die Stadt St. Pölten und das Land Niederösterreich den überwiegenden Teil dieser Kosten. Die finanzielle Lage der Stadt hat sich in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert, vor diesem Hintergrund wird der laufende Betrieb des Kinderkunstlabors derzeit auch immer wieder als ein mögliches Beispiel genannt, wo man sparen könnte. Wir wollen darum wissen, was kostet uns dieses neue Haus am Altoona Park eigentlich – im Versuch jungen Menschen zeitgenössische Kunst näherzubringen?
Mona Jas ist künstlerische Leiterin und kam als ausgewiesene Expertin bereits 2021 nach St. Pölten. So konnte sie sowohl die inhaltliche Ausrichtung des Hauses mitgestalten als auch die bauliche Umsetzung aktiv begleiten: „Bevor ich nach St. Pölten kam, habe ich mich viel mit zeitgenössischer Kunst beschäftigt. Das Kinderkunstlabor ist als Kompetenzzentrum gedacht, das geht weit über die klassische Wissensvermittlung hinaus, wie man sie aus Museen sonst kennt. Kunst kann für die Gesellschaft viel wertvolle Erkenntnis liefern, aber oft habe ich den Eindruck, dass sich dieses Potential von Kunst nicht immer in die Gesellschaft hineinöffnet. Genau das wollen wir hier anders machen, darum sind wir im ständigen Abgleich mit Expertinnen und Experten außerhalb des Kunstbetriebs. Wir tauschen uns mit ElementarpädagogInnen aus, haben laufend Weiterbildungsprogramme im Haus und haben eigentlich alles gemeinsam auf Augenhöhe mit dem Kinderbeirat entwickelt, damit dieses Hauses auch wirklich für Kinder und mit den Kindern gedacht ist.“ Aber hätte man das nicht auch im wenige Meter entfernten Landesmuseum bewerkstelligen können? Wozu braucht es ein eigenes Haus? Weil es eben nicht nur um klassische Wissensvermittlung oder das Ausstellen von Kunstobjekten gehe. Als Kompetenzzentrum bringe man Kinder und Jugendliche mit zeitgenössischer Kunst zusammen, sei aber auch intensiv im Austausch mit ElementarpädagogInnen und LehrerInnen um jene Wege zu finden, wie dieses Zusammenbringen möglichst gut klappt, auch im regen Austausch mit der akademischen Welt. Die Stadt sei zudem in der internationalen Kunst- und Ausstellungswelt angekommen: erste Ausstellungen wandern von St. Pölten schon weiter in andere europäische Städte.
Kleine Füße, kleiner Abdruck
Als vor Jahren im damaligen Planungsteam erste Ideen formuliert wurden, welche Rolle ein neues Haus spielen könnte, war Carolin Riedelsberger bereits an Bord. Heute leitet sie das Kinderkunstlabor: „Anfangs war die Kritik am Standort sehr präsent. Es ist für alle schlimm, wenn etwas zubetoniert wird. Diese Sorgen waren also nachvollziehbar und ich bin froh, dass wir als spätere NutzerInnen in der Planung und Umsetzung des Baus so viele Punkte berücksichtigen konnten.“
Umgesetzt wurde jenes Gebäudemodell, das den kleinsten ökologischen Fußabdruck verursacht. Damit möglichst wenig Grundfläche verbaut wird, entschied man sich für ein mehrgeschoßiges Gebäude und baute in die Höhe. Das hybride Gebäude ermöglicht viel Tageslicht, im Kunstbetrieb eine Besonderheit, wenn man Skulpturen und andere Werke bei natürlichem Tageslicht ansehen kann. Die Architektur öffnet sich zum Park, der auch gezielt „bespielt“ wird. Die Fußwege wurden nicht versiegelt, die Bäume werden im Sinne der Insekten nicht beleuchtet, wo möglich blieb der Baumbestand erhalten, natürlich auch die prächtigen Mammutbäume. Generell sind die Betreiber überzeugt, dass der Park und das ganze Grätzel aufgewertet wurden: „Ein barrierefreies WC im ebenerdigen Bistro war den Nachbarn vom Betreuten Wohnen ein großes Anliegen. Wir haben es durchgesetzt, auch wenn das in der Planungsphase viele Diskussionen bedeutet hat, da man den Platz eigentlich anders nutzen wollte“, bringt Mona Jas ein Beispiel. „Wir freuen uns schon über Stammgäste, Mütter mit Kleinkindern, Großeltern mit Enkeln, die immer wieder kommen, aber auch SchülerInnen aus den benachbarten Schulen, die bei uns Hausaufgaben machen oder chillen – ab 14 Uhr haben wir von Montag bis Freitag für Kinder und Jugendliche keinen Eintritt, wir werden als spannender Raum ohne Konsumzwang wahrgenommen“, freut sich Riedelsberger.
Das alles klingt spannend und erfolgreich. Aber ist das Kinderkunstlabor nicht dennoch ein teurer Luxus, der dem Steuerzahler in der Errichtung 14 Millionen Euro gekostet hat – und für das er nun Jahr für Jahr nochmals 1,7 Millionen Euro zuschießen darf? „Wir empfinden Demut für dieses Projekt. Dafür, dass Stadt und Land diese Kulturpolitik möglich machen. Unser Auftrag ist nun, dass wir für die Leute arbeiten. Es geht nicht darum, dass man das Eigene auf einen Sockel stellt und ausstellt, sondern wir möchten eher unsere Expertise, die jeder hier im Haus mitbringt, in den Dienst der Gesellschaft stellen“, erklärt Mona Jas.
Vom kleinen Budget im großen Ganzen
Zudem habe man ein relativ kleines künstlerisches Budget, mit dem man aber dennoch hervorragende Ergebnisse erzielen würde. Der jährliche Subventionsbedarf sei auch eine Grundlage dafür, dass man mit sehr moderaten Eintrittspreisen ein Angebot schafft: „Denken Sie nur, was ein Eintritt in einen Indoor-Spielplatz kostet. Und dann vergleichen Sie das mit dem, was wir hier bieten“, merkt sie an. Im Sommer 2024 wurde eröffnet, rund 17.000 Gäste zählte man im Eröffnungsjahr. Für 2025 setzt man sich 25.000 Besucher als Ziel, bis Mai war man schon bei 16.000. „Um den Erfolg der Startphase zu bewerten, muss man aber mehr betrachten als nur die Besucherzahlen“, ist Carolin Riedelsberger überzeugt, denn: „Das Konzept greift bereits. Kindergartengruppen und Schulklassen besuchen uns, absolvieren einen Workshop – und dann kommen viele Kinder mit ihren Eltern wieder.“
Wofür die knapp zwei Millionen Euro genau aufgewendet werden, wird nicht verraten, aber wir erhalten einen groben Einblick in die Kostenstruktur. Rund ein Drittel fließt in die Instandhaltung des Gebäudes, das Facility Management und die Verwaltung. Ein weiteres Drittel wird für das Personal ausgegeben, wobei das Kinderkunstlabor, anders als klassische Museen, nicht mit Fremdpersonal, sondern mit eigenem Personal arbeitet. Gerade im Umgang mit den jungen Gästen setzt man auf ein geschultes Team und hat einen hohen Betreuungsbedarf auf den Ausstellungsflächen. Das letzte Drittel bleibt dann über für das Projektbudget, das sind die eigentlichen künstlerischen Kosten, die für Ausstellungen verwendet werden und zu denen auch die Werbekosten gehören, sowie der Pool an freien Kunst- und Kulturvermittlern, die man für konkrete Führungen oder Workshops buchen kann.
Bis 31. August läuft noch die Ausstellung „Papier, Stein, Schere. Materialien und Werkzeuge der Kunst“. Ab 19. September folgt dann „Schattenfänger“. Ob St. Pöltens neuestes Ausstellungshaus in den Herzen der St. Pöltner ankommen wird? Die Protagonistinnen sind zuversichtlich, wie Mona Jas mit einem Lächeln verrät: „Ich gehe gerne durch die Ausstellung und komme mit den Menschen ins Gespräch. So manch großer Skeptiker hat dann nach einem Rundgang seine Meinung revidiert.“
JAHRESBUDGET: 1.700.000 €
• 653.000 Euro als Basisfinanzierung von der Stadt St. Pölten gemäß Fördervertrag
• 653.000 Euro als Basisfinanzierung vom Land Niederösterreich gemäß Fördervertrag
• 250.000 Euro hat man beim Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport beantragt, eine Zusage steht noch aus
• 15.000 Euro werden an „sonstigen Förderungen“ lukriert
• 129.000 Euro kommen aus eigenen Umsatzerlösen durch Eintritte, Führungen, Shopverkäufe oder durch Sponsoring