MFG - In was für einer Stadt leben wir eigentlich...
In was für einer Stadt leben wir eigentlich...


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

In was für einer Stadt leben wir eigentlich...

Ausgabe 09/2014
In der Samir Kesetovic den Schlager „Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frauen“ auf politischer Ebene immer mehr verinnerlicht. So hat der streitbare AK-Kammerrat ging schon für die Grünen ins Rennen, tauchte bei der letzten St. Pöltner  Gemeindratswahlen mit der Liste „Für St. Pölten“ auf, in der er ein Twinni-Duo mit dem BZÖ bildete (und scheiterte) und tritt nun als politischer Wiedergänger bei den Gemeinderatswahlen in Wilhelmsburg an mit den NEOS gemeinsame Sache zu machen. 
Freilich einen Vorwurf muss sich Kesetovic gefallen lassen bei all seiner Anklage, dass die anderen Mandatare ja ohnedies immer nur Sesselkleber. Mitspielen will er doch auch immer, in welcher Farbkonstellation und unter welcher Fahne er segelt, scheint dabei weniger wichtig. 
In der der Magistrat noch nicht einmal seine Aussendung zur „Kommunikationsoffensive“-Pressekonferenz ausgeschickt hatte, und schon vorab eine Replik der ÖVP St. Pölten darauf eintrudelte, welche ätzte: „Offenbar wollte man bereits bestehenden Angeboten einen neuen Anstrich verpassen und sich der Bürgermeister feiern lassen.“ Damit hatte man natürlich absolut recht, denn die im Anschluss an die Frohe Botschaft spontan durchgeführten Autokorsos mit glücklichen, Stadlerfahnen schwingenden Bürgern, die lauthals „konkret – konkret“ und „Vivat Stadler“ skandierten waren ebenso wenig zu übersehen, wie der Streitwagen, auf dem das Stadtoberhaupt rund um den abgesperrten Europaplatz fuhr, um die Ovationen des enthusiasmierten Volkes entgegenzunehmen. Der Bürgermeister versteht halt, auf welch unglaublich publikums- und medienwirksamen Themen er setzen muss – die ÖVP auch?  In der Volksanwälte auf irritierende Weise ihres Amtes walten. So präsentierte Volksanwalt Peter Fichtenbauer bei einer Pressekonferenz  zahlreiche angeblich aktuelle Fotos von Müllbergen beim Frequency 2014 und erregte sich darüber, dass viel zu wenige Sanitäranlagen und Mistkübel für die Menschenmassen bereitstünden: „Dagegen muss etwas unternommen werden.“ Den Einwurf einer Journalistin, dass die vorgelegten bunten Fotos alt und altbekannt seien und der Müll längst auf der Deponie gelandet sei, ließ Fichtenbauer nicht gelten. Er habe Bilder und Information von einer Anrainerin des Festivalgeländes erhalten. Vor Ort selbst überzeugt hat sich der Anwalt des Volkes allerdings nicht, und er hat offensichtlich auch nicht andere Stimmen, Betrachtungen, Meinungen eingeholt. Seltsam. Denn als Jurist sollte ihm ein noch immer gültiger Satz aus dem römischen Recht geläufig sein: „Audiatur altera pars.“ Und Volk kommt noch immer von populus und nicht populismus.