Haufenweise
Text
Thomas Fröhlich
Ausgabe
Ein Aktionismus, den (fast) niemand mitbekommen hat.
Samstag, 23. März 2024, ein paar Minuten nach 11: Auf dem Domplatz findet, wie üblich, der Wochenmarkt statt, um die so genannte skulpturale Intervention (was für ein Wort!) „Ein Bad für Florian“ herum tummeln sich Kinder, die Sonne scheint und es ist beinahe frühsommerlich warm. Plötzlich tauchen zwei kostümierte Gestalten auf, die die Älteren unter uns als Waldorf und Statler, ewig grantelnde Figuren aus der TV-Serie „Die Muppets“, identifizieren. Sie setzen tänzelnd eine nach oben spitz zulaufende Holz-Glaskonstruktion ab, in der sich ein bunter Haufen befindet, der seiner Form nach durchaus einem ausgiebigen Kackhaufen entspricht. Dazu wird eine Tafel an eins der „Florian“-Elemente angelehnt, ohne dass jedoch irgendetwas beschädigt wird oder gar an Vandalismus gemahnt. Auf besagter Tafel, die auf eine „Sekante St. Pölten“ hinweist und sich offenbar als pop-up plug-in art versteht, ist u.a. in verschiedenen Sprachen, darunter auch auf Deutsch, zu lesen: „Was Dung war, wird Dung bleiben!“ Ein paar der Anwesenden staunen, einige machen Fotos – dann ist der Spuk vorbei.
Dass es sich also um eine Aktion von Menschen handelt, die in den nicht nur kulturpolitischen Vorgängen der Stadt St. Pölten, allen voran jenen der Tangente, offenkundig keine Bereicherung der Stadt sehen, ist evident. „Es sollte ein Kontrapunkt zu all dem sein, was in St. Pölten zum Himmel stinkt“, sollte einer der kostümierten Protagonisten im Anschluss daran im Hinblick auf den hinterlassenen Haufen sagen. Von hohlem Bobo-Geschwätz ist da die Rede: „Re-Directing Distancies“ (der Bewerbungs-Slogan um die Kulturhauptstadt) – ein mediokres Englisch reiche halt nicht und sei an pseudo-intellektueller Einfalt schwer zu überbieten. Und der nicht nur von der Tangente gebetsmühlenartige Begriff „divers“ sei laut Waldorf sowieso ein Pejorativ geworden. „Doch wir, Waldorf und Statler, hoffen inständig, dass aus diesem dargebrachten Dung etwas wirklich Fruchtbares entstehen könnte.“ G’spaßigerweise blieben die zurückgelassenen Artefakte (Tafel und Kackhaufen) dieser Guerilla-Intervention wochenlang unberührt. Vielleicht nahmen manche Sankt Pöltner das Ganze sogar als Teil des offiziellen, von der Stadt gut bezahlten Kunstwerks wahr; und den Meisten wird’s wahrscheinlich wurscht gewesen sein. In Summe ist die großteils achselzuckende Hinnahme des „Florian“ durch die Bevölkerung der Gleichgültigkeit gegenüber so mancher Kunst im öffentlichen Raum zu verdanken, von wem auch immer diese gestaltet wurde.
Vor Pfingsten gab es dann noch eine nächtliche Neuauflage der Aktion – diesmal war man mit dem amtlichen Wegräumen etwas rascher. Der Impact auf die Stadt war jedoch in jeder Hinsicht endenwollend. Schade eigentlich: Denn auch eine ablehnende, zudem nicht unoriginelle Reaktion ist immer noch besser als gar keine.
Auf Youtube: „Waldorf & Statler beschenken Florian - STP 2024“