Chicken
Text
Althea Müller
Ausgabe
“Well we’re sharing a drink that’s called loneliness but it’s better than drinking alone”, schmettert Billy Joel, während ich mich mal wieder bei fab friend Sil einquartiere und ihren Kaffee trinke. „Werd erwachsen“, sagt sie in mein Seelendilemma hinein und nimmt den Mops auf den Schoß. Ich kann den Mops nicht leiden. Ich mag Bassetts. (Nur Bassetts.) Der Mops glotzt immer so. „Das ist das Problem“, sage ich, „ich werde nur alt. Nicht erwachsen.“ – „Oh, da hatte ich Glück“, murmelt Sil, „ich bin erwachsen und trotzdem jung wie der Frühling.“ – „Das hilft mir nicht weiter“, grantle ich. „Hilf dir selbst“, gähnt Sil. Sie liebt mich, sie zeigt es nur nicht so. Weil sie hart wie Stahl ist – und damit aber auch der Panzer, den ich vor mir herhalten kann, wenn mir die Welt mal wieder Angst macht. „Sollte demnächst mein Schädel explodieren“, tue ich mir weiter selbst leid, „könntest du dann wohl bitte die Fetzen aufklauben und mein Wissen in einer kleinen schicken Metalldose sammeln für die Nachwelt?“ – „Wehe“, droht sie mir mit einem Finger, dessen Nagel wie immer perfekt aufgetragene Diorschwärze ziert, „nicht hier in meiner Küche.“ – „Wie ist das eigentlich, wenn man sein Leben immer unter Kontrolle hat?“ frage ich gereizt. Mehr Kaffee! Mehr Nikotin! Mehr Mehr! „Keine Ahnung, meine Liebe“, sagt Madame und krault den Mops (der eventuell doch ganz lieb ist, mal sehen, Glupschaugen hin oder her), „hab sie schon vor Jahren abgegeben.“ – „Was – abgegeben?“, frage ich. Als nächstes gebe ich Radiohead rein, ich schwör’s euch, gleich isses soweit, wuah! „Die Kontrolle“, sagt Sil und grinst breit. Aha. Vielleicht ist DAS ja die Zauberformel?