MFG - Fastenzeit
Fastenzeit


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Fastenzeit

Text Johannes Reichl
Ausgabe 02/2007
Fasten ist die Zeit des Verzichts, sagt man. Ein paar Vorschläge, worauf wir in Hinkunft wirklich verzichten können:
1. Auf das selbstgefällige „Ich bin so super!“-Grinsen des Kanzlers (okay, mein Bild hätten wir diesmal austauschen sollen), ebenso wie  auf kluge Aussprüche á la  „Ich geh mit gutem Beispiel voran und geb Nachhilfe, weil das trau ich mir noch zu.“ Super, ich würd auch gern einmal pro Woche den Kanzler mimen (kann ja offensichtlich nicht so schwer sein). Man stelle sich übrigens vor, alle Studenten folgten Gusenbauers Beispiel –  dann bräuchten wir nach dem nächsten PISA-Test wenigstens keine Ursachenforschung betreiben! Fremdwort „Demut“!
2. Auf Wahlversprechen. Okay, liebe Politiker, wir habens endlicht kapiert: Wahlversprechen sind IMMER Gag! Genauso wie es unglaubwürdig aus dem Munde eines Politiker ist, wenn er einen anderen der Lüge zeiht. Andererseits, ist das nicht schön? Es gibt ja doch parteiübergreifende Gemeinsamkeiten!
3. In der Kommunalpolitik auf Aussprüche wie „Dazu kann ich nichts sagen!“ (warum geht man dann in die Politik?) ebenso wie auf die Verunglimpfung von Märchenfiguren oder neuerdings sogar Singvögeln in politischen „Diskussionen“ (Stichwort „Schneekönig“). Wann schreitet endlich der WWF ein?
3. Auf Fotos, auf denen Kinder von Politikern (ca. 10 Sekunden lang) mit Liebe geradezu überschüttet werden (und ein bisserl festgehalten im Hintergrund, damit sie nicht weglaufen können, aber das sieht man nicht). Da bin ich strikt für das Herkunftsprinzip: Wenn man schon mit den lieben Kleinen, weil das ja soo lieb ist und soo gut bei den Leuten ankommt (gleich NACH Bildern mit Hunden und Katzen), posieren möchte, dann bitte mit den eigenen! Wer keine eigenen Kinder hat, Pech gehabt!
4. Auf die Hatz auf Mörtl „Lugner“. Da ist einer mit geradlinigen Aussagen am Opernball wie „Zagts da Mutti [gemeint ist Mama Hilton] den Restroom, die muass Lulu“ ehrlich um die Rettung des österreichischen Sprachgutes bemüht, rappt dabei, Englisch und Deutsch vermischend, wie weiland FALCO, und wird dafür belächelt. Skandal! Dabei trägt niemand den Wiener Charme ehrlicher auf den Lippen als Richie Lugner. Und ein Marketinggenie ist er obendrein, wie übrigens auch Frau Kloiber mit ihrer „Paris Hilton kommt“-Aktion in Karlstetten. Vielleicht könnte man die Wirtin ja als Consulentin der Stadt beiziehen, damit diese auch mal produktive, unkonventionelle, frische und aufsehenerregende Werbe-Ideen entwickelt á la „Paris Hilton kommt mitten in Europa!“
5. Auf Scheinheiligkeit, wobei da insbesondere auch wir Medien gemeint sind. Also bitte kein „Pfui, grauslich“, wenn die Frau Familienminister irgendwann einmal einen Artikel im Buch „Kinderlos, na und?!“ geschrieben hat und der Meinung ist, dass Kids im Nobelrestaurant stören. Keine Angst, den Juniors geht es mit uns beizeiten nicht anders – die sind auch nicht heiß drauf, dass wir ständig den Kapitän vom Playmobil-Piratenschiff mimen, wenn sie ihre Freunde eingeladen haben. Wahrscheinlich war der Medienfeldzug aber nur ein Racheakt, weil man den Namen Kdo.. Kdols..., also diesen komischen Namen der Frau Minister nicht aussprechen kann.
6. Auf mein Editorial meinen Sie? Dabei würd mir noch so viel einfallen! Aber bitte, dann faste ich halt journalistisch die nächsten 40 Tage. Hab ich übrigens schon erwähnt, dass das nächste MFG am 13. April erscheint, also in 47 Tagen?!

Unverzichtbar sind die neuen Kooperationspartner Fachhochschule St. Pölten und Förderverein Kulturbezirk, die ab sofort in jeder Ausgabe über ihre Aktivitäten berichten werden! Wir freuen uns!