MFG - Vor-Bildlich?
Vor-Bildlich?


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Vor-Bildlich?

Text Thomas Fröhlich
Ausgabe 04/2016
Haben Sie auch die Broschüre „St. Pölten ganz lebendig“ erhalten? Sie ging, glaube ich, an alle Haushalte unserer Stadt. Und löste beim Schreiber dieser Zeilen ein nachhaltiges Aha-Erlebnis aus: Denn er musste erkennen, dass es in STP offenbar keine bildende Kunst gibt.  Zeitgenössische Malerei, Bildhauerei, Fotografie – all das wurde mit keiner Silbe erwähnt. Schon klar, dass so ein – offensichtlich dem Wahlkampf geschuldetes – rathäusliches „St. Pölten ist urleiwaund“-Büchlein nicht alles beinhalten kann. Immerhin gibt es neben inhaltlichen – durchaus wissenswerten – Kraut und Rüben auch kurze Hinweise auf die florierende Musik- und Literaturszene. Dass aber (mit dem Künstlerbund etwa) eine überregional und auch international relevante Kunstszene existiert (um mit Junek, Nährer, Schönthaler, Fischl, Budweiser, Berger, Kienzl oder dem Prandtauer-Preisträger Sochurek nur einige wenige zu nennen), war nicht einmal eine kurze Erwähnung wert. Und das ist doppelt schade, nicht nur, weil so ein wesentlicher Teil dessen unterschlagen wird, was diese Stadt „lebendig“ macht, sondern auch, weil es in Zeiten der Absiedlung von bildender Kunst aus STP durch das Land Niederösterreich ein völlig falsches Signal an Kunstschaffende und -interessierte darstellt. Was eigenartig ist, weiß man doch, dass die St. Pöltner Stadtregierung ansonsten Gegenwartskunst durchaus zu schätzen weiß, was sie auch immer wieder unter Beweis stellt. Eine Einbettung ins allgemeine Bewusstsein wäre hier eine gute und leicht administrierbare Sache gewesen.
Da scheint jemand ein bissl was übersehen zu haben. Oder – um mit den genial-flappsigen Comic-Helden der 1970er/80er-Jahre Clever & Smart zu sprechen: „Chance erkannt – davongerannt!“