MFG - In was für einer Stadt leben wir eigentlich...
In was für einer Stadt leben wir eigentlich...


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

In was für einer Stadt leben wir eigentlich...

Ausgabe 06/2016
… in der im Zuge des Bürgertheaters einmal mehr klar wurde: St. Pölten ist eine kleine Welt, in der die große Probe hält. Ein St. Pöltner Bürgermeister zwischen Genie und Wahnsinn, der zuletzt über Liebe, Korruption und Intrigen stolpert. Die Flüchtlingskrise, die den Zynismus eines mitunter herzlosen Landes decouvriert, das sich gern in der Attitüde des weltoffenen Gönners gefällt. Ein Land ohne Landeshauptstadt, das mit St. Pölten endlich den erhofften Saft zum Gulasch bekommt. Der Führer, der sich im Goldenen Buch des Hotel Pittners verewigte. Starke Frauen – so manche Elevin des Instituts der Englischen Fräulein – die den Weg für ihre nachkommenden Geschlechtsgenossinnen bereiten. Ein St. Pöltner Dandy, der im 19. Jahrhundert als Kunstreiterin Corinna reüssiert, bevor er als Schriftsteller Karriere macht. All das aus der Feder von St. Pöltner Autoren. All das gespielt von St. Pöltnern, die in ihrer Professionalität den Eindruck erweckten, als hätten sie nie etwas anderes getan. All das grandios umgesetzt von Renate Aichinger, der ob ihrer Verdienste um die Selbstreflexion St. Pöltens das Ehrenzeichen gebührte. All das … ließ rund 1.000 (!) Besucher sprachlos, weil begeistert zurück! … in der Landesrätin Petra Bohuslav ihr Wort gehalten hat: Nach der ersten – durchwachsenen – Saison in der um 26 Millionen Euro neu gebauten NV Arena meinte die Landesrätin anno 2013 hinsichtlich eines, durchaus auch politischen Aufstiegs-Drucks seitens der Bevölkerung: „Das sollte uns gemeinsam, und damit meine ich den Verein, die Fans, Sponsoren und die Politik in den kommenden drei Jahren gelingen.“ Sie hat Wort gehalten, auch wenn viele am Einhalten des Versprechens so ihre Zweifel hegten. Zu viele Trainer wurden in Folge verschlissen, zu viele Spieler geholt, die nicht entsprachen … Spätes­tens mit dem Duo Fallmann/Nentwich wurde aber der Turnaround geschafft und mit Karl Daxbacher der ultimative Meistermacher geholt. Wobei Sir Karl ja geflunkert hat: Er kündigte an, in seiner zweiten Saison nach dem Titel greifen zu wollen. Gelungen ist ihm das Meisterstück aber gleich in seiner ersten, und die SKN Familie – Spieler wie Funktionäre – haben mit ihrer Parole „we believe“ letztlich recht behalten. Die Antwort auf die Kritiker hat man sozusagen sportlich am Platz gegeben. Jetzt sind die Fans am Zug, die Mannschaft auch vorort im Stadion zu unterstützen. Sie hat es verdient! … in der die Zahl der Gemeinderatsausschüsse reduziert wurde, wobei die Argumentation des  Bürgermeisters originell anmutete: „Mit der Reduzierung der Ausschüsse reagieren wir auch auf die Forderung der Opposition im Wahlkampf, die Zahl der Stadträte zu verringern. Die ist zwar gesetzlich geregelt, aber sollte das Land die gesetzliche Vorschrift in dieser Funktionsperiode ändern, haben wir damit kein Problem.“ Das Land hat aber gar keine diesbezüglichen Ambitionen, wie suggeriert wird, und – noch relevanter – offensichtlich auch die Stadt nicht, denn eine Anfrage auf Gesetzesänderung liegt laut Anna-Margaretha Sturm von der Landesamtsdirektion nicht vor: „Bei der Abteilung Gemeinden sind derzeit keine aktuellen Initiativen dazu bekannt.“ Dabei wäre eine Diskussion über eine Reduzierung der elf Stadträte oder zumindest deren Salär angesichts der Tatsache, dass sie nicht amtsführend sind, durchaus lohnend. Vielleicht überrascht uns ja die SPÖ gemeinsam mit der FPÖ noch mit einer Resolution ans Land. Andernfalls möge man bitte – wie vom Bürgermeister formuliert – „die Arbeit mit Hochdruck fortsetzen“ und von Populismus oder verbalen roten Revanchefouls absehen.