MFG - "Museen sind kulturelle Zukunftsarbeit"


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"Museen sind kulturelle Zukunftsarbeit"

Text Eva Seidl
Ausgabe 12/2007

Anlässlich des fünfjährigen Jubiläums des niederösterreichischen Landesmuseums sprach MFG mit Direktor Carl Aigner über die Erfahrungen der Vergangenheit, den Platz des Landesmuseums in der niederösterreichischen Kulturlandschaft und Pläne für die Zukunft.

Wie fällt Ihr Resümee nach fünf Jahren Landesmuseum aus?
Definitiv sehr gut, es gab wunderbare Überraschungen. Es hat sich in jeder Hinsicht bezahlt gemacht, dass das Landesmuseum neu eröffnet wurde. Besonders freuen wir uns, dass die Architektur so gut angenommen wird. Es handelt sich um eine Art Erlebnisarchitektur im Bereich der Natur, aber im künstlerischen Bereich ist besonders zu bemerken, dass die Räume der Präsentation der Werke dienen und nicht im eigenen Sinn in den Vordergrund drängen.
Was waren die bisher größten Erfolge?
Wir freuen uns, dass das Haus von merklich mehr Besuchern angenommen worden ist, als wir erwarten durften. Wir hatten bislang 370.000, rein rechnerisch war ein Drittel der Niederösterreicher bei uns zu Gast.
Gibt es Zahlen zur Besucherstruktur?
Rund 50 % unserer Gäste ist Jugend, von Schulen bis zu Jugendclubs, das ist für uns eine ganz wichtige Aufgabe. Museen sind nicht Orte, wo man Freizeit totschlägt, sondern kostbare Orte, wo es um die Frage von Sinngewinnung geht, wo man Neues erfahren kann. In unserem Fall ist das eben Neues über die Geschichte, die Kunst und die Identität des Landes.
Viele wünschen sich Ausstellungen mit klingenden Namen wie sie etwa die Kunsthalle Krems zeigt. Ist derlei unrealistisch oder steht es der Konzeption entgegen?
Weder das eine noch das andere. Wir sind ein Museum. Museum heißt, dass das Herz und Hirn der Ausstellungsprogrammatik die Sammlung zu sein hat. Wir sind ein Landesmuseum, wir sollten die Landesschätze von Niederösterreich, Kunst, Natur sowie Werke, die damit verbunden sind, zeigen und nicht davon losgelöste Ausstellungen. Zu uns kommt niemand, der einen Picasso sehen will. Wir machen kein internationales Ausstellungsprogramm, denn das ist in Niederösterreich die Aufgabe der Kunsthalle Krems. Wir möchten nicht nur die schillernden Namen zeigen, wir möchten eine Bezüglichkeit zum Bundesland. Das Wichtige ist, dass unsere Ausstellungen aus den Sammlungen heraus wachsen. Da sind wir in Österreich und im internationalen Kontext unverwechselbar. Wir möchten Schätze und Persönlichkeiten sichtbar machen, die aufgrund des Kontextes vom Landesmuseum transportiert werden können.
Es geht nicht darum, dass wir keine großen Namen wollen, aber es muss die Bezüglichkeit zum Land gegeben sein. Beispielsweise werden wir im nächsten Jahr unsere Sammlungsstücke von Egon Schiele zeigen. Aber nicht wegen des glänzenden Namens, sondern weil sein Werk – speziell sein Frühwerk – mit Niederösterreich, besonders mit Tulln verbunden ist und weil wir ihn in unserer Sammlung haben.
Wir möchten Persönlichkeiten zeigen, die genauso groß sein sollten, es aber in der Öffentlichkeit so nicht sind. Wir haben da auch positive Reaktionen durch die Bürger, die oft sagen „Wenn es das Landesmuseum nicht gäbe, würde dieser Schatz eigentlich verschollen sein“.
Kritik am Landesmuseum gab es wegen fehlender Infrastruktur. Gibt es Pläne, diese zu verbessern?
Wir sind alsbald dabei, einen direkten Lift vom Parkbereich ins Entrée des Landesmuseums zu realisieren. Womit wir gar nicht glücklich waren, ist das Fehlen eines Restaurants/Cafés. Infrastrukturell haben wir darunter sehr gelitten. Da werden wir aber in einem Jahr schon eine ganz andere Situation haben, da ist alles auf Schiene.
Die Ausstellung EISZEIT bringt im nächsten Jahr einen ganz besonderen Gast.
Nächstes Jahr ist es 100 Jahre her, dass die Venus von Willendorf gefunden wurde. Das ist ein Jahrhundertereignis, der kulturgeschichtliche Rang dieses Objektes ist auch international sehr hoch. Für uns ist sehr bedauerlich, dass die „aufregendste Frau Niederösterreichs“ nicht bei uns zuhause ist, aber wir freuen uns sehr, sie im Rahmen der Ausstellung von Mai bis August bei uns zu Gast zu haben.
Ihre Pläne für die nächsten fünf Jahre?
Wir wünschen uns, dass das Haus gut weiter wächst und sich weiter so gut mit Niederösterreich vernetzt. Dass es ein Partner für vergleichbare Projekte in anderen Ländern ist. Durch den europäischen Einigungsprozess fallen die Staatsgrenzen, es entwickelt sich ein Europa der Regionen. Wenn ich beispielsweise nach Südfrankreich fahre, möchte ich dort die Künstler und Schätze der Region kennenlernen. Das müssen sich die Landesmuseen auf die Fahne schreiben.
Wir tragen einerseits Verantwortung gegenüber unseren Sammlungsschätzen, andererseits gegenüber unseren Besuchern. Wir machen Museumsarbeit nicht wegen des Selbstzwecks, sondern weil wir unsere Gäste bereichern wollen.
Sie werden sehen: Wenn wir in fünf Jahren wieder sprechen, werden wir in vielen Dingen schon woanders sein. Ein Museum ist kein Ort, der verstaubt ist. Museen sind heute unglaublich vitale Orte. Es ist nicht Nostalgiearbeit oder eine Gegenwartsekstase, wir verstehen sie als kulturelle Zukunftsarbeit. Das ist unser Ziel, dass wir uns kontinuierlich weiterentwickeln.