MFG - "Unsere Frauen, so wie sie sind"


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St. Pöltens gute Seite

"Unsere Frauen, so wie sie sind"

Text Eva Seidl
Ausgabe 09/2008

Auf 30 Metern Leinwand zeigt die Malerin Ingrid Reichel Frauen aus der Region St. Pölten. Am 20. September wird das Plakat im Rahmen des Höfefestes im Frauenhof präsentiert.

Die Helmut-Newton-Retrospektive in der Kremser Kunsthalle war der ursprüngliche Auslöser für dieses Projekt. Ingrid Reichel: „Ich habe mir die Frage gestellt, warum Frauen sich nackt und mit Stöckelschuhen fotografieren lassen. Dem bin ich nachgegangen und habe Frauen aus der Region eingeladen, sich von mir für die Ewigkeit malen zu lassen. Keine einzige hat sich ausgezogen. Das ist kein typisches Frauenverhalten.“

Unkompliziert
Auch für ein Kunstwerk ziehen sich die Frauen nicht aus, wie Reichel feststellen musste. Die Frauen kommen direkt von der Arbeit, von den Kindern, von ihrem Tagewerk und nehmen sich nicht mal die Zeit, sich umzuziehen oder darüber nachzudenken, was sie eigentlich darstellen möchten. „Die Durchschnittsfrau scheißt auf die Ewigkeit“, präzisiert die Künstlerin. „Alles, was uns die Werbung zeigt, ist Show, ist bezahlt, ist unnatürlich.“
30 Meter lang und zwei Meter hoch ist das Plakat, das die Frauen von St. Pölten präsentieren soll. Groß genug, dass es niemand übersehen kann. „Ein Plakat ist in der heutigen Zeit ein gutes Medium, um eine Botschaft loszuwerden. Die Größe ist eine gute Voraussetzung, um bemerkt zu werden.“ Gleichzeitig zeigt sich der Widerspruch zwischen Kunstwerk und dem vergänglichen Medium des Plakats, das Wind und Wetter ausgesetzt ist.

Gleichberechtigung
Für Ingrid Reichel ist die Frau selbst an ihrer Stellung in der Gesellschaft schuld: „Unser Bild der Frau besteht seit 2.000 Jahren und dass es noch immer besteht, ist Schuld der Frau, weil sie es so gelassen hat. Ich wende mich an Frauen, die stark genug sind, um dieses Bild zu kippen.“ Die Gesellschaft zu verändern, braucht Zeit. „Jetzt haben wir eine weibliche Justizministerin, noch weiß man nicht, ob sich dadurch für die Frauen etwas ändern wird.“ Trotzdem bleibe die Hoffnung, dass die Selbstverständlichkeit der Rollenklischees nicht ungefragt übernommen wird. „Meinen Kindern hat man in der Schule beigebracht, dass auch Männer in der Küche tätig sind. Das muss aber auch zuhause umgesetzt werden. Die Klischees existieren weiterhin, sie brauchen nur zum Nachbarn zu schauen.“ Das Bild zeigt die kontroversen Anforderungen, die Frauen im Alltag umzusetzen haben, es entwickelt eine Doppelmoral. „Ich hätte auf keinen Fall eine Politikerin gemalt, ich wollte ein politisches Statement abgeben ohne eine Politikerin!“

Das Bild der Frau
„Ich male, was mich bewegt und ich hoffe, dass Leute hinschauen“, erklärt Ingrid Reichel ihre Motivation. Das Ziel bei diesem Projekt war, Frauen so zu vermarkten, wie sie ihrer Meinung nach wirklich sind. „Das sind keine Fotomodelle, das sind die Frauen, die Männer heiraten und mit denen sie Familien gründen. Es geht um Akzeptanz. Es sind die Frauen, die wir lieben, unsere Mütter, Frauen, Töchter oder Schwestern. So schauen sie aus, so wollen sie gesehen werden.“