Trockenes Outback oder fruchtbare Oasen?
Text
Johannes Mayerhofer
Ausgabe
Seit dem Ende des legendären Allentsteiger Kulturzentrums „Avalon“ vor 14 Jahren hat sich die jugendliche Musikszene im Norden Niederösterreichs zersplittert. Was hat sich seitdem getan und was bietet die Region Musikern und Fans subkultureller Musik heute?
„Ah, aus dem Waldviertel seid ihr? Spannend! Aber… wo tritt man da so auf?“
Solche und ähnlich ratlos-erstaunte Reaktionen bekommen Bands und Einzelmusiker aus dieser Region nicht selten zu hören. Zumindest, wenn sie für Auftritte in die urbanen Zentren fahren und in verrauchten, biergeschwängerten Backstage-Bereichen mit (groß-)städtischen Musikerkollegen Palaver führen.
Vor allem was subkulturelle Spielarten von Musikgenres angeht, entsteht im Osten Österreichs schnell der Eindruck, jedeR zweiteR Band/Künstler käme aus Wien. Und wer nach nahen Konzertangeboten sucht, brauche sich außerhalb der Bundeshauptstadt, oder zumindest am tiefen Land in der Regel gar nicht erst umzusehen. Dass es eine ungleiche Verteilung von Lokalen, Zentren, Musikern, Künstlern und Publikum zugunsten von Städten gibt, liegt in der Natur der Sache. Und dennoch ist der Blick mancher Großstädter – ob Besucher oder Musiker – auf das vermeintliche „Outback“ in den rustikalsten Flecken des Landes verzerrt. Zumindest, wenn es um das Waldviertel geht.
Vor allem was subkulturelle Spielarten von Musikgenres angeht, entsteht im Osten Österreichs schnell der Eindruck, jedeR zweiteR Band/Künstler käme aus Wien. Und wer nach nahen Konzertangeboten sucht, brauche sich außerhalb der Bundeshauptstadt, oder zumindest am tiefen Land in der Regel gar nicht erst umzusehen. Dass es eine ungleiche Verteilung von Lokalen, Zentren, Musikern, Künstlern und Publikum zugunsten von Städten gibt, liegt in der Natur der Sache. Und dennoch ist der Blick mancher Großstädter – ob Besucher oder Musiker – auf das vermeintliche „Outback“ in den rustikalsten Flecken des Landes verzerrt. Zumindest, wenn es um das Waldviertel geht.
Doch das war nicht immer so…
Die „Arena Wien des Waldviertels“
Allentsteig. Nur wenige Kilometer entfernt vom bekannten Heeresübungsplatz befindet sich das ehemalige Kino des Ortes. Jene Gemäuer beheimateten von 1992 bis 2005 das Aushängeschild der Jugend- und Musikkultur im ruralen Österreich. Ein Zentrum, das sich weit über die Grenzen (Nieder-)Österreichs hinaus einen Namen machte und von Zeitzeugen als „Arena Wien des Waldviertels“ bezeichnet wurde: das Avalon. Federführend aufgebaut wurden die Location durch Christian Rabl, Willie Lehner und dem Verein Avalon, der sich um das Jahr 2000 etwa 60 aktiver Mitarbeiter und 2.200 Vereinsmitglieder erfreute.
Das Avalon war nicht nur durch einen bemerkenswerten Veranstaltungssaal samt Bühne erheblichen Größenausmaßes gesegnet. „Wir hatten die Möglichkeit, Kino zu spielen, mit einer großen Live-Bühne Konzerte zu machen. Mit dem Badesee, dem Jugenddorf und einem kleinen Stück Wiese plus Lagerfeuer konnten wir noch andere Bereiche abdecken. Wie etwa Lesungen bei Lagerfeuer an manchen Nachmittagen“, berichtet Christian Rabl. Soweit der gute Ruf des Avalon Allentsteig als Hort der Jugendkultur reichte, von sofern kamen auch Bands wie Publikum, was den Veranstaltungsort zu viel mehr als nur einem Ankerpunkt einer lokalen Szene machte. Unter den Acts fanden sich namhafte Gruppen wie die nordirische Rockband Therapy?, das österreichische Duo Attwenger und ja: Sogar die Sportfreunde Stiller verschlug es 1998 nach Allentsteig, 2008 dann nochmal ins Avalon Exil, einem Ableger in Krems an der Donau.
Der Umstand, dass der Verein Avalon – ein Projekt, das mit anarchistisch-rebellischem Spirit betrieben wurde – den Landeskulturpreis 2000 des ansonsten stockkonservativen Mutterlandes Niederösterreich erhielt, unterstrich auf geradezu ironische Art und Weise seine Bedeutung. Mit langfristiger Unterstützung und Wertschätzung durch die Politik war es das dann aber auch schon gewesen. „2001 wurden unsere Förderungen dann deutlich gekürzt“, heißt es von Vereinsseite. Hinzu kamen mediale Berichte über angeblichen Drogenmissbrauch bei Veranstaltungen – besonders kurios etwa der Fund „einer Nadel“, den die örtliche Polizei nicht bestätigen konnte –, starke Einschränkungen der zugelassenen Besucherzahlen und erhöhte Sicherheitsauflagen durch die Bezirkshauptmannschaft Zwettl. Das Ergebnis: Planungsunsicherheit, erhöhte Kosten, nervliche Zermürbung aufseiten des Avalon-Teams. 2005 war dann Schluss, Allentsteig war Geschichte. Zwar versuchten Chris Rabl und sein Team im Jahr darauf im Heidenreichsteiner Erlebnispark „Anderswelt“ ein Re-Opening zu organisieren, was kurzzeitig auch gelang. Der Pachtvertrag für das Gelände wurde von der Gemeinde Heidenreichstein aber letztlich nicht verlängert. Die Schließung des Avalon Exil, des letzten Avalon-Refugiums in Krems im Jahre 2009, besiegelte das Ende des Avalon-Vereins in Niederösterreich.
Allentsteig. Nur wenige Kilometer entfernt vom bekannten Heeresübungsplatz befindet sich das ehemalige Kino des Ortes. Jene Gemäuer beheimateten von 1992 bis 2005 das Aushängeschild der Jugend- und Musikkultur im ruralen Österreich. Ein Zentrum, das sich weit über die Grenzen (Nieder-)Österreichs hinaus einen Namen machte und von Zeitzeugen als „Arena Wien des Waldviertels“ bezeichnet wurde: das Avalon. Federführend aufgebaut wurden die Location durch Christian Rabl, Willie Lehner und dem Verein Avalon, der sich um das Jahr 2000 etwa 60 aktiver Mitarbeiter und 2.200 Vereinsmitglieder erfreute.
Das Avalon war nicht nur durch einen bemerkenswerten Veranstaltungssaal samt Bühne erheblichen Größenausmaßes gesegnet. „Wir hatten die Möglichkeit, Kino zu spielen, mit einer großen Live-Bühne Konzerte zu machen. Mit dem Badesee, dem Jugenddorf und einem kleinen Stück Wiese plus Lagerfeuer konnten wir noch andere Bereiche abdecken. Wie etwa Lesungen bei Lagerfeuer an manchen Nachmittagen“, berichtet Christian Rabl. Soweit der gute Ruf des Avalon Allentsteig als Hort der Jugendkultur reichte, von sofern kamen auch Bands wie Publikum, was den Veranstaltungsort zu viel mehr als nur einem Ankerpunkt einer lokalen Szene machte. Unter den Acts fanden sich namhafte Gruppen wie die nordirische Rockband Therapy?, das österreichische Duo Attwenger und ja: Sogar die Sportfreunde Stiller verschlug es 1998 nach Allentsteig, 2008 dann nochmal ins Avalon Exil, einem Ableger in Krems an der Donau.
Der Umstand, dass der Verein Avalon – ein Projekt, das mit anarchistisch-rebellischem Spirit betrieben wurde – den Landeskulturpreis 2000 des ansonsten stockkonservativen Mutterlandes Niederösterreich erhielt, unterstrich auf geradezu ironische Art und Weise seine Bedeutung. Mit langfristiger Unterstützung und Wertschätzung durch die Politik war es das dann aber auch schon gewesen. „2001 wurden unsere Förderungen dann deutlich gekürzt“, heißt es von Vereinsseite. Hinzu kamen mediale Berichte über angeblichen Drogenmissbrauch bei Veranstaltungen – besonders kurios etwa der Fund „einer Nadel“, den die örtliche Polizei nicht bestätigen konnte –, starke Einschränkungen der zugelassenen Besucherzahlen und erhöhte Sicherheitsauflagen durch die Bezirkshauptmannschaft Zwettl. Das Ergebnis: Planungsunsicherheit, erhöhte Kosten, nervliche Zermürbung aufseiten des Avalon-Teams. 2005 war dann Schluss, Allentsteig war Geschichte. Zwar versuchten Chris Rabl und sein Team im Jahr darauf im Heidenreichsteiner Erlebnispark „Anderswelt“ ein Re-Opening zu organisieren, was kurzzeitig auch gelang. Der Pachtvertrag für das Gelände wurde von der Gemeinde Heidenreichstein aber letztlich nicht verlängert. Die Schließung des Avalon Exil, des letzten Avalon-Refugiums in Krems im Jahre 2009, besiegelte das Ende des Avalon-Vereins in Niederösterreich.
Das „schrottigste“ Open-Air-Festival Österreichs
Auch wenn das Avalon der mit Abstand wichtigste sub-, jugend- und musikkulturelle Pfeiler der Region Waldviertel war, so war es eben nur ein Pfeiler. Was die Belebung der Rockmusik im nördlichen Niederösterreich angeht, haben Peter Richter und der 1994 vom begeisterten Heavy-Metal-Fan Alexander Miloczki ins Leben gerufene Musikförderungsverein „Free Eagles“ einiges geleistet. Nach einer Reihe von Rockparties ging mit „Rock am Schrott“ im Sommer 2005 erstmals eines der veranstaltungstechnisch kuriosesten Open-Air-Feste Österreichs über die Bühne. Der Name lässt sich leicht herleiten, denn zum Zwecke des Events wurde der Schrottplatz in Irnfritz (Bezirk Horn) kurzerhand zum Festivalgelände umfunktioniert. Gespielt wurde also zwischen Bergen von Elektroschrott und anderen Abfällen. Wie so viele herausragende Projekte wurde auch diese besondere Festival-Veranstaltung durch eine Mischung aus Leidenschaft und guten Kontakten möglich. „Wir hatten das Glück Gottfried Stark, den Betreiber des Recyclingparks, schon längere Zeit zu kennen. Er hält viel auf Rockmusik und hat uns den Platz zur Verfügung gestellt“, erzählt Richter. So originell der Eindruck des Festgeländes, so professionell gingen Richter und sein 40 bis 50 Köpfe umfassendes Vereinsteam bei der Organisation vor. „Also g’schaut haben wir schon immer auf alles. Von den Getränken und der Verpflegung, bis hin zu vernünftiger bühnen-, sound- und lichttechnischen Ausstattung. Thomas Dvorak und seine Firma Event-Styling haben das immer für uns gemacht“, so der ehemalige „Rock am Schrott“-Initiator.
Nur sechs Jahre nach dem Ende des Avalon, segnete jedoch auch Rock am Schrott das Zeitliche. Die Gründe: Horrender Aufwand und am Ende des Tages oft rote Zahlen. „Man muss beispielsweise eine Reihe von Auflagen erfüllen, Sicherheitsvorkehrungen, Absprachen mit der Feuerwehr und so weiter. Und finanziell kamen wir letztlich in den roten Bereich. Und dazu kommt noch, dass wir meistens nur Pech mit dem Wetter hatten und es ziemlich verregnet war“, so Richter. Beim Ansehen diverser Videos des Festivals, welche auf Youtube zu finden sind, fällt außerdem ein Kuriosum auf: Dem professionellen und teuren Setting des Festes stand in der Regel ein Line-Up aus völlig unbekannten Bands gegenüber. Ihnen eine vernünftige Bühne zu bieten war das hehre Motiv des Vereins. „Aber es ist halt schwer, eine Masse an Publikum zusammen zu bekommen, wenn es sich um kleine Bands handelt“, resümiert der 52-Jährige. Hand aufs Herz: Wer hat jemals schon von den Gruppen Mississippi Queen oder EMEX gehört?
Aufgegeben haben Richter und die „Free Eagles“ allerdings nicht, denn Rock am Schrott war weder der Anfang noch das Ende. „Wir sind dann wieder zu unseren kleineren Rockpartys übergegangen, wie wir sie schon seit 1994 immer wieder geschmissen haben. Die finden einmal jährlich im Meierhof in Raabs an der Taya statt und auch da gibt’s stets Live-Bands“, erzählt Richter, dessen Herz eigentlich eher für Austro-Pop der Marke Ostbahn Kurti schlägt. Sein Verein veranstalte immer wieder auch Austro-Pop-Veranstaltungen, da sähe auch die Abendkasse meist wesentlich besser aus. „Mit dem Geld, das wir da einnehmen, finanzieren wir dann die Rock-Shows wo gerade einmal die Hälfte an Publikum auftaucht.“
Auch wenn das Avalon der mit Abstand wichtigste sub-, jugend- und musikkulturelle Pfeiler der Region Waldviertel war, so war es eben nur ein Pfeiler. Was die Belebung der Rockmusik im nördlichen Niederösterreich angeht, haben Peter Richter und der 1994 vom begeisterten Heavy-Metal-Fan Alexander Miloczki ins Leben gerufene Musikförderungsverein „Free Eagles“ einiges geleistet. Nach einer Reihe von Rockparties ging mit „Rock am Schrott“ im Sommer 2005 erstmals eines der veranstaltungstechnisch kuriosesten Open-Air-Feste Österreichs über die Bühne. Der Name lässt sich leicht herleiten, denn zum Zwecke des Events wurde der Schrottplatz in Irnfritz (Bezirk Horn) kurzerhand zum Festivalgelände umfunktioniert. Gespielt wurde also zwischen Bergen von Elektroschrott und anderen Abfällen. Wie so viele herausragende Projekte wurde auch diese besondere Festival-Veranstaltung durch eine Mischung aus Leidenschaft und guten Kontakten möglich. „Wir hatten das Glück Gottfried Stark, den Betreiber des Recyclingparks, schon längere Zeit zu kennen. Er hält viel auf Rockmusik und hat uns den Platz zur Verfügung gestellt“, erzählt Richter. So originell der Eindruck des Festgeländes, so professionell gingen Richter und sein 40 bis 50 Köpfe umfassendes Vereinsteam bei der Organisation vor. „Also g’schaut haben wir schon immer auf alles. Von den Getränken und der Verpflegung, bis hin zu vernünftiger bühnen-, sound- und lichttechnischen Ausstattung. Thomas Dvorak und seine Firma Event-Styling haben das immer für uns gemacht“, so der ehemalige „Rock am Schrott“-Initiator.
Nur sechs Jahre nach dem Ende des Avalon, segnete jedoch auch Rock am Schrott das Zeitliche. Die Gründe: Horrender Aufwand und am Ende des Tages oft rote Zahlen. „Man muss beispielsweise eine Reihe von Auflagen erfüllen, Sicherheitsvorkehrungen, Absprachen mit der Feuerwehr und so weiter. Und finanziell kamen wir letztlich in den roten Bereich. Und dazu kommt noch, dass wir meistens nur Pech mit dem Wetter hatten und es ziemlich verregnet war“, so Richter. Beim Ansehen diverser Videos des Festivals, welche auf Youtube zu finden sind, fällt außerdem ein Kuriosum auf: Dem professionellen und teuren Setting des Festes stand in der Regel ein Line-Up aus völlig unbekannten Bands gegenüber. Ihnen eine vernünftige Bühne zu bieten war das hehre Motiv des Vereins. „Aber es ist halt schwer, eine Masse an Publikum zusammen zu bekommen, wenn es sich um kleine Bands handelt“, resümiert der 52-Jährige. Hand aufs Herz: Wer hat jemals schon von den Gruppen Mississippi Queen oder EMEX gehört?
Aufgegeben haben Richter und die „Free Eagles“ allerdings nicht, denn Rock am Schrott war weder der Anfang noch das Ende. „Wir sind dann wieder zu unseren kleineren Rockpartys übergegangen, wie wir sie schon seit 1994 immer wieder geschmissen haben. Die finden einmal jährlich im Meierhof in Raabs an der Taya statt und auch da gibt’s stets Live-Bands“, erzählt Richter, dessen Herz eigentlich eher für Austro-Pop der Marke Ostbahn Kurti schlägt. Sein Verein veranstalte immer wieder auch Austro-Pop-Veranstaltungen, da sähe auch die Abendkasse meist wesentlich besser aus. „Mit dem Geld, das wir da einnehmen, finanzieren wir dann die Rock-Shows wo gerade einmal die Hälfte an Publikum auftaucht.“
„Kulturstadt“ Krems mit prekärer Subkultur
Krems a. d. Donau wird eher als „Tor zur Wachau“, denn als südlichste Stadt des Waldviertels gesehen. Aber abseits der geografischen Verortung brüstet sich die Stadt vor allem mit einem: dem Titel als „Kulturstadt“. „Das gilt vielleicht für die etablierten Kultureinrichtungen, wie die Kremser Kunstmeile. Was aber Subkultur im Musikbereich angeht, da gibt es noch einiges an Aufholbedarf“, befindet Thomas Wieser im Gespräch mit dem MFG-Magazin. Er ist der Obmann des Kremser Jazzkellers, welcher unscheinbar inmitten der ehrwürdig-märchenhaften Kremser Altstadt liegt. So unscheinbar, dass selbst Kremser, die inmitten des Stadtzentrums wohnen, bestenfalls von ihm gehört haben, aber nicht in der Lage sind, Ortsunkundigen den Weg zu weisen.
Wieser, der dem Kulturbeirat der Stadt angehört, betont zwar, dass der lokale Politik- und Kulturbetrieb nichts gegen eine lebendige Subkultur habe. Allerdings fehle es diesbezüglich noch ein wenig an Erfahrungswerten und Hintergrundwissen. Seit dem Ende des Avalon Exil im Jahre 2009 ist der Jazzkeller das letzte Lokal, welches in Krems eine Bühne für Live-Shows im kleinen Rahmen bietet. Doch die Geschichte „vom Kölla“ (wie er von seinen treuen Besuchern gerne lapidar betitelt wird) reicht viel weiter zurück: Dieses Jahr feiert der Jazzkeller seinen 51. Geburtstag. „Wir sind kein kommerzielles, sondern ein Vereinslokal des 1. Kremser Jazzvereines. Als solches haben wir einen besonderen Anspruch, was das Programm und die Vielfalt angeht“, erklärt der 41-Jährige. Doch das ist nicht das einzige Unterscheidungsmerkmal zu konventionellen Fortgeh-Spelunken. Das Jazzkeller-Team hält nicht viel von einer allzu strikten Trennung zwischen Anbietern und Nachfragern. Oder weniger ökonomisch gefachsimpelt: Die Besucher können das Programm teilweise mitgestalten. So etwa beim sogenannten „Styleclash“. Egal ob Elektro, Hip Hop oder klangoriginelle Experimental-Musik: Die Besucher können sich für je eine halbe Stunde selbst als DJ austoben.
So blumig all die Schilderungen auch klingen mögen, grenzt es doch an ein Wunder, dass der Jazzkeller Krems als Hort alternativen Fortgeh- und Musikerlebnisses heute überhaupt noch existiert. So wurde die jüngste Vergangenheit durch einen Gerichtsstreit mit einer Anrainerin überschattet, welcher sich ab 2011 seine Bahnen brach. Der Grund: Eine behauptete Lärmbelästigung und Belästigung durch Bassvibrationen, die aber nie über der menschlichen Wahrnehmungsschwelle gemessen werden konnte. Sämtliche Drehungen und Wendungen dieser mehrjährigen Justiz-Odysee nachzuzeichnen wäre ebenso überflüssig wie verwirrend. Als die Klägerin letztendlich auszog, fand der Rechtsstreit im Dezember 2018 ein (für den Jazzkeller) gutes Ende. Wieser dazu zusammenfassend: „Wir haben zwar vor Gericht verloren. Aber dadurch, dass die Frau die Wohnung aufgegeben hat, hat diese Niederlage für uns praktisch keine Auswirkungen.“ Trotz aller Querelen habe er stets ein gewisses Verständnis für die Klägerin gehabt: „Sie wollte ihre Lebenssituation verbessern. Aber leider wurden die Mieter vor dem Einzug unzureichend über unsere Existenz aufgeklärt.“ Der Umzug der Frau habe nach Wiesers Informationsstand übrigens nichts mit dem Gerichtsstreit zu tun gehabt.
Krems a. d. Donau wird eher als „Tor zur Wachau“, denn als südlichste Stadt des Waldviertels gesehen. Aber abseits der geografischen Verortung brüstet sich die Stadt vor allem mit einem: dem Titel als „Kulturstadt“. „Das gilt vielleicht für die etablierten Kultureinrichtungen, wie die Kremser Kunstmeile. Was aber Subkultur im Musikbereich angeht, da gibt es noch einiges an Aufholbedarf“, befindet Thomas Wieser im Gespräch mit dem MFG-Magazin. Er ist der Obmann des Kremser Jazzkellers, welcher unscheinbar inmitten der ehrwürdig-märchenhaften Kremser Altstadt liegt. So unscheinbar, dass selbst Kremser, die inmitten des Stadtzentrums wohnen, bestenfalls von ihm gehört haben, aber nicht in der Lage sind, Ortsunkundigen den Weg zu weisen.
Wieser, der dem Kulturbeirat der Stadt angehört, betont zwar, dass der lokale Politik- und Kulturbetrieb nichts gegen eine lebendige Subkultur habe. Allerdings fehle es diesbezüglich noch ein wenig an Erfahrungswerten und Hintergrundwissen. Seit dem Ende des Avalon Exil im Jahre 2009 ist der Jazzkeller das letzte Lokal, welches in Krems eine Bühne für Live-Shows im kleinen Rahmen bietet. Doch die Geschichte „vom Kölla“ (wie er von seinen treuen Besuchern gerne lapidar betitelt wird) reicht viel weiter zurück: Dieses Jahr feiert der Jazzkeller seinen 51. Geburtstag. „Wir sind kein kommerzielles, sondern ein Vereinslokal des 1. Kremser Jazzvereines. Als solches haben wir einen besonderen Anspruch, was das Programm und die Vielfalt angeht“, erklärt der 41-Jährige. Doch das ist nicht das einzige Unterscheidungsmerkmal zu konventionellen Fortgeh-Spelunken. Das Jazzkeller-Team hält nicht viel von einer allzu strikten Trennung zwischen Anbietern und Nachfragern. Oder weniger ökonomisch gefachsimpelt: Die Besucher können das Programm teilweise mitgestalten. So etwa beim sogenannten „Styleclash“. Egal ob Elektro, Hip Hop oder klangoriginelle Experimental-Musik: Die Besucher können sich für je eine halbe Stunde selbst als DJ austoben.
So blumig all die Schilderungen auch klingen mögen, grenzt es doch an ein Wunder, dass der Jazzkeller Krems als Hort alternativen Fortgeh- und Musikerlebnisses heute überhaupt noch existiert. So wurde die jüngste Vergangenheit durch einen Gerichtsstreit mit einer Anrainerin überschattet, welcher sich ab 2011 seine Bahnen brach. Der Grund: Eine behauptete Lärmbelästigung und Belästigung durch Bassvibrationen, die aber nie über der menschlichen Wahrnehmungsschwelle gemessen werden konnte. Sämtliche Drehungen und Wendungen dieser mehrjährigen Justiz-Odysee nachzuzeichnen wäre ebenso überflüssig wie verwirrend. Als die Klägerin letztendlich auszog, fand der Rechtsstreit im Dezember 2018 ein (für den Jazzkeller) gutes Ende. Wieser dazu zusammenfassend: „Wir haben zwar vor Gericht verloren. Aber dadurch, dass die Frau die Wohnung aufgegeben hat, hat diese Niederlage für uns praktisch keine Auswirkungen.“ Trotz aller Querelen habe er stets ein gewisses Verständnis für die Klägerin gehabt: „Sie wollte ihre Lebenssituation verbessern. Aber leider wurden die Mieter vor dem Einzug unzureichend über unsere Existenz aufgeklärt.“ Der Umzug der Frau habe nach Wiesers Informationsstand übrigens nichts mit dem Gerichtsstreit zu tun gehabt.
Ein Mosaik an Musik-Oasen im Norden
„Im Vergleich zu Städten wie Wien, Linz oder Graz gibt es im Waldviertel nur wenig Angebot alternativer Musik. Der große Vorteil hier am Land ist aber der Zusammenhalt. Es ist wie eine Familie“, erzählt Jürgen Mischke dem MFG-Magazin. Will man etwas über die Underground-Musikerszene des Waldviertels wissen, zählt er wohl zu den besten Gesprächspartnern. Banderfahrung kann er zur Genüge vorweisen, spielte bereits in einer Vielzahl von Gruppen. Momentan ist er Sänger in einer der beständigsten und bestvernetztesten Metal-Bands der nördlichen Hemisphäre Niederösterreichs: Adamon aus Großwolfgers. Mischke singt außerdem auch bei Keltrop und spielt Gitarre bei Sign of Decay. Bei Konzerten seiner Bands, die in weiter entfernten Städten und Regionen stattfinden, habe er in Vergangenheit bereits Busse organisiert, die treue Fan Base sei also meist live dabei. „Oft habe ich erlebt, dass Wiener Bands in Wien kein Publikum haben, was sehr schade ist. Woran das liegt, weiß ich auch nicht genau. Vielleicht gibt es dafür dann doch zu viel Auswahl“, mutmaßt Mischke. Große Stücke gibt Jürgen vor allem auf das Lokal „Rock On Schindler“. Das Lokal liegt im lauschigen Ort Gerweis, etwa auf halber Strecke zwischen Zwettl und Waidhofen an der Thaya. Jürgen ist nicht nur als Musiker aktiv, sondern nutzt auch das „Rock On“, um selbst Veranstaltungen auf die Beine zu stellen.
Wer sich das „Rock On Schindler“ als klassische ländliche Absteige vorstellt, bei dem sich maximal zwei dutzend Leute zu Konzerten irgendwelcher No-Name-Bands treffen, der irrt gewaltig. Volles Haus verzeichnete man schon des Öfteren. So etwa bei der Live-Show der notorisch-ordinären Wiener Partie Die Hinichn (bekannt für Klassiker wie „Die M*schi von der Uschi“).
Ein jährlicher Pflichttermin für Mischke ist zweifelsohne der zweitägige „Metal Outbreak“. Wie der Name schon verrät, steht hier Schwermetall auf der musikalischen Speisekarte. Dabei ist bemerkenswert, welch spektakuläre Entwicklung das Fest seit seinem Debut im Jahr 2012 hingelegt hat. Fanden die ersten beiden Events noch in einem alten Getreidespeicher nahe des unscheinbaren Ortes Brunn am Walde (Bezirk Krems-Land) statt, wechselte man bald in die deutlich größere und angemessenere Margithalle in Heidenreichstein. Ausreichend Platz, professionelle Technik und Line-Ups, welche schon namhafte ausländische Bands wie die melancholische „Letzte Instanz“ und eine Vielzahl ambitionierter Bands aus sämtlichen Bereichen der härteren Rockmusik umfassten, machten das Metal Outbreak in den letzten Jahren zu einer Event-Institution des Waldviertels.
Andernorts blühen Keimzellen für Livemusik-Events gerade erst auf. Wie etwa in der Fun Fabrik in der Gemeinde Brand. Die wurde Anfang 2014 durch Daniel Glaser und Mutter Manuela Steurer ins Leben gestartet. Wie auch an anderen Orten im Waldviertel findet man hier eine kamote, direkte Nachbarschaft aus Bierstadl und angeschlossener Diskothek. In den ersten Jahren des Bestehens waren Rock, Alternative Rock oder Metal Fremdworte in der Fun Fabrik. „ Ich war früher, vor zehn Jahren, immer in Lokalen unterwegs die mehr Alternativ, Metal und Rock gespielt haben und das hat mir jetzt schon sehr gefehlt, weil es im Gmünder Bezirk kein Lokal mit dieser Musikrichtung gibt“, kritisiert Denise Binder, die sich unter anderem um Werbung und Marketing kümmert. Nachdem man dieser Lücke schon im Mai 2018 mit einer eigenen „Hellparty“ Abhilfe verschaffte, stieg im April 2019 schließlich die erste Live-Show mit den Bands Adamon, Magmabay und Teufelskreis. „Das wollen wir nun alle zwei Monate fortführen. Wenn Bedarf herrscht, dann auch öfter“, schaut Binder ambitioniert in die Zukunft.
Über die junge Musikszene im Waldviertel als „Brachland“ zu sprechen, wäre zweifellos eine krasse Fehleinschätzung. An vielen Ecken der Region gibt es Vereine, Lokale und Bands, welche die lokale Szene am Leben erhalten. Nicht isoliert, nicht jeder für sich, sondern gemeinsam. Dieses Mosaik an Musik-Oasen ist sehr bunt, hat viele Gesichter: Von subkulturellen Vereinslokalen, über Open-Air-Festivals bis hin zu „gewöhnlichen“ Diskotheken, die durch Live-Programm ihrem Publikum mehr Abwechslung und Musikern eine Auftrittsmöglichkeit bieten wollen. Und dass dieser Text nicht annähernd den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, zeigt: Das Aushängeschild „Avalon“ ist zwar Geschichte, das musikalische Potential des Waldviertels ist aber geblieben.
„Im Vergleich zu Städten wie Wien, Linz oder Graz gibt es im Waldviertel nur wenig Angebot alternativer Musik. Der große Vorteil hier am Land ist aber der Zusammenhalt. Es ist wie eine Familie“, erzählt Jürgen Mischke dem MFG-Magazin. Will man etwas über die Underground-Musikerszene des Waldviertels wissen, zählt er wohl zu den besten Gesprächspartnern. Banderfahrung kann er zur Genüge vorweisen, spielte bereits in einer Vielzahl von Gruppen. Momentan ist er Sänger in einer der beständigsten und bestvernetztesten Metal-Bands der nördlichen Hemisphäre Niederösterreichs: Adamon aus Großwolfgers. Mischke singt außerdem auch bei Keltrop und spielt Gitarre bei Sign of Decay. Bei Konzerten seiner Bands, die in weiter entfernten Städten und Regionen stattfinden, habe er in Vergangenheit bereits Busse organisiert, die treue Fan Base sei also meist live dabei. „Oft habe ich erlebt, dass Wiener Bands in Wien kein Publikum haben, was sehr schade ist. Woran das liegt, weiß ich auch nicht genau. Vielleicht gibt es dafür dann doch zu viel Auswahl“, mutmaßt Mischke. Große Stücke gibt Jürgen vor allem auf das Lokal „Rock On Schindler“. Das Lokal liegt im lauschigen Ort Gerweis, etwa auf halber Strecke zwischen Zwettl und Waidhofen an der Thaya. Jürgen ist nicht nur als Musiker aktiv, sondern nutzt auch das „Rock On“, um selbst Veranstaltungen auf die Beine zu stellen.
Wer sich das „Rock On Schindler“ als klassische ländliche Absteige vorstellt, bei dem sich maximal zwei dutzend Leute zu Konzerten irgendwelcher No-Name-Bands treffen, der irrt gewaltig. Volles Haus verzeichnete man schon des Öfteren. So etwa bei der Live-Show der notorisch-ordinären Wiener Partie Die Hinichn (bekannt für Klassiker wie „Die M*schi von der Uschi“).
Ein jährlicher Pflichttermin für Mischke ist zweifelsohne der zweitägige „Metal Outbreak“. Wie der Name schon verrät, steht hier Schwermetall auf der musikalischen Speisekarte. Dabei ist bemerkenswert, welch spektakuläre Entwicklung das Fest seit seinem Debut im Jahr 2012 hingelegt hat. Fanden die ersten beiden Events noch in einem alten Getreidespeicher nahe des unscheinbaren Ortes Brunn am Walde (Bezirk Krems-Land) statt, wechselte man bald in die deutlich größere und angemessenere Margithalle in Heidenreichstein. Ausreichend Platz, professionelle Technik und Line-Ups, welche schon namhafte ausländische Bands wie die melancholische „Letzte Instanz“ und eine Vielzahl ambitionierter Bands aus sämtlichen Bereichen der härteren Rockmusik umfassten, machten das Metal Outbreak in den letzten Jahren zu einer Event-Institution des Waldviertels.
Andernorts blühen Keimzellen für Livemusik-Events gerade erst auf. Wie etwa in der Fun Fabrik in der Gemeinde Brand. Die wurde Anfang 2014 durch Daniel Glaser und Mutter Manuela Steurer ins Leben gestartet. Wie auch an anderen Orten im Waldviertel findet man hier eine kamote, direkte Nachbarschaft aus Bierstadl und angeschlossener Diskothek. In den ersten Jahren des Bestehens waren Rock, Alternative Rock oder Metal Fremdworte in der Fun Fabrik. „ Ich war früher, vor zehn Jahren, immer in Lokalen unterwegs die mehr Alternativ, Metal und Rock gespielt haben und das hat mir jetzt schon sehr gefehlt, weil es im Gmünder Bezirk kein Lokal mit dieser Musikrichtung gibt“, kritisiert Denise Binder, die sich unter anderem um Werbung und Marketing kümmert. Nachdem man dieser Lücke schon im Mai 2018 mit einer eigenen „Hellparty“ Abhilfe verschaffte, stieg im April 2019 schließlich die erste Live-Show mit den Bands Adamon, Magmabay und Teufelskreis. „Das wollen wir nun alle zwei Monate fortführen. Wenn Bedarf herrscht, dann auch öfter“, schaut Binder ambitioniert in die Zukunft.
Über die junge Musikszene im Waldviertel als „Brachland“ zu sprechen, wäre zweifellos eine krasse Fehleinschätzung. An vielen Ecken der Region gibt es Vereine, Lokale und Bands, welche die lokale Szene am Leben erhalten. Nicht isoliert, nicht jeder für sich, sondern gemeinsam. Dieses Mosaik an Musik-Oasen ist sehr bunt, hat viele Gesichter: Von subkulturellen Vereinslokalen, über Open-Air-Festivals bis hin zu „gewöhnlichen“ Diskotheken, die durch Live-Programm ihrem Publikum mehr Abwechslung und Musikern eine Auftrittsmöglichkeit bieten wollen. Und dass dieser Text nicht annähernd den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, zeigt: Das Aushängeschild „Avalon“ ist zwar Geschichte, das musikalische Potential des Waldviertels ist aber geblieben.